Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

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Ausgabe 
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Cagesbericht. F 
Lübeck, 21. Seplember. 
AESeNeuwahlen zur Bürgerschaft. Der Bürgerausschuß hat 
m seiner gestrigen Sitzung bestimmt, daß die in diesem Jahre 
in sämtlichen Wahlbezirken der Wählerabteilungen J,. II und 
III, sowie im 5./6. Wahlbezirk der Abteilung IV vorzunehmen⸗ 
den Wahlen zur Ergänzung der Bürgerschaft am Dienstag, 
dem 14. Nov., im Städtchen Travemünde und im Landgebiet 
und am Freitag, dem 17. Nov., in der Stadt und den Vor— 
städten stattfinden sollen. Es wurde ferner beschlossen, den 
ersten, zweiten, dritten und vierten Wahlbezirk derart in je 
puei Unterbezirke zu zerlegen, daß die vier Quartiere der 
inneren Stadt je einen Unterbezirk, und die Vorstadt St. 
Gertrud. der nordöstliche Teil der Vorstadt St. Lorenz, der 
füdwestliche Teil der Vorstadt St. Lorenz und die Vorstadt 
ESt. Jürgen ebenfalls je einen Unterbezirk ausmachen. Außzer⸗ 
dem wurden der 9. Wahlbezirk (Mühlentor⸗Landbezirk) und 
bder 10. Wahlbezirk (Ritzerauer Landbezirh) derart in je zwei 
Unterbezirke geteilt, daß 1. die Gemeinden Strecknitz, Genin, 
Moisling. Niendorf, Reeche und Moorgarten, 2. die Gemeinden 
Wulfsdorf, Vorrade, Blankensee, Beidendorf, Krummesse, Krons⸗ 
forde, Niederbüssau und Oberbüssau, 3. die Gemeinden Tüchels- 
dorf, Sierksrade, Hollenbech, Behlendorf, Albsfelde, Giesens- 
dorf und Harmsdorf, 4. die Gemeinden Nusse, Ritzerau, Poggen- 
jee, Groß⸗Schretstaken, Klein-Schretstaken und Tramm je einen 
Unterbezirk ausmachen. Ferner hat der Bürgerausschuß in seiner 
gestrigen Sitzung die Wahlvorstände für die einzelnen Wahl- 
bezirke ernannt. 
Fise Erhaltung der Fassade des Sau'es Kohlmarkt Nr. 13. 
Zu Mitgliedern der Kommission zur Vorprüfung des Gesetz⸗ 
entwurfes; betr. die Erhaltung der Fassade des Hauses Kohl⸗ 
markt Nr. 13 wurden berufen die Herren Schöh, Dr. von 
Brocken, Fehling, Dr. Görtz und Scharff, sowie als Ersatz⸗ 
männer die Herren Reimpell und Behn. 
Bedingungen für die Lieferung von Gas und 
Elektrizität durch die städtischen Gemeindeanstalten. Die Bür⸗ 
zerausschußkommission zur Vorprüfung der Senatsvorlage betr. 
Neuregelung der Bedingungen für die Lieferung von Gas und 
Elektrizität durch die städtischen Gemeindeanstalten beantragt in 
ihrem Bericht, daß die Preise jür Gas einheitlich und unab- 
hängig von dier Verwendungsart, wie folgt, festgesetzt werden: 
a) bei Verwendung gewöhnlicher Gasmesser und solcher Gasauto—⸗ 
maten, deren Leitungsanlagen iebst Gebrauchsgegenständen vom 
Gasabnehmer selbst beschafft sind, auf 122/3 Pfg. für 1 chm 
sder Senat beantragt 14 Pfg.); b) bei Verwendung von Gas— 
vutomaten, deren Leitungsanlagen nebst Gebrauchsgegenständen 
dem Gasabnehmer von den Gaswerken leihweise überlassen sind 
zuf 15 Pfg. für 1 chm (der Senat beantragt 17 Pfg.), sowie 
bahß der Verwaltungsbehörde für städtische Gemeindeanstalten 
die Ermächtigung erteilt werde, sämtlichen Abnehmern von Gas 
bei einer jährlichen Abnahme von über 10000 ebm in gleicher 
Weise Rabatte in angemessener Höhe zu gewähren (der Senat 
beantragte, Daß der Verwaltungsbehörde für städtische Ge— 
meindeanstalten die Ermächtigung erteilt werde, Großabnehmern 
von Gas auf ihren Antrag Rabatte in angemessener Höhe zu 
zewähren). Weiter bringt die Kommission einen Tarif für die 
Hasmessermiete in Vorschlag; er steigt von 2,40 Mufür einen 
zfläͤmmigen Gasmesser auf 48 Mefür einen 200flammigen. — 
Jerner beantragt die Kommission eine Reihe von Abänderungen 
‚zu den vom Senat vorgeschlagenen neuen Bedingungen für den 
Anschluß elektrischer Leitungen und die Lieferung von elektri— 
7— Strom. Die wohl am meisten interessierende Aenderung 
hürfte die sein, daß auch hier ein Einheitspreis, nämlich 40 Pfg. 
für die Kilowattstunde, vorgeschlagen wird. Auch sollen die 
Rabattskala, Sperrzeiten usw. in Fortfall kommen und dafür 
nur einfach gesagt werden: „Es bleibt der Verwaltungs— 
vehörde für städtische Gemeindeanstalten vorbehalten, bei einer 
ährlichen Abnahme von mehr als 10000 Kilowattstunden zu 
Rrafta und Beleuchtungszwechen Rabatte in angemessener Höhe 
su gewähren.“ Endlich beantragt die Kommission, den neuen 
Tarif zum 1. Juli 1911 in Kraft treten zu lassen. (Der Bericht 
der Kommission ist allerdings vom 27. April d. J. datiert.) 
Der Bürgerausschuß hat in seiner gestrigen Sitzung den An— 
krägen seiner Kommission hinsichtlich der Preise mit der Maß— 
gabe zugestimmt, daß die Preise für Gas nach Ablauf von 
3 Jahren einer Revision von Senat und Bürgerschaft zu unter⸗ 
ziehen sind. Zugestimmt hat der Bürgerausschuß auch dem Tarif 
der Gasmessermiete. Die Beratung mußte schließlich der vorge— 
rückten Zeit wegen abgebrochen werden. 
. » Eine Nachtturnfahrt nach Oldesloe unternahm am letzten 
Sonnabend der Männerturnverein. Unter Vorantritt des 
Trommler- und Pfeiferkorps marschierten um 9 Uhr vom 
Lindenplatz etwa 40 Turner über Schönböcken, Badendorf nach 
Reinfeld, um in dem dortigen Kurhause kurze Rast zu 
machen. Nach einem einstündigen Ausenthalt gings dann wreater 
der Chaussee entlang nach Oldesloe. Hier wurde den Betei— 
ligten allerdings eine recht unangenehme Ueberraschung zuteil. 
Obgleich der Turnfahrtenausschuß schon vor acht Tagen sich 
mit dem Besitzer des Tivoli dahin verständigt hatte, daß die 
Turner dort bis zur Abfahrt des ersten Zuges verbleiben 
könnten, brachte doch kein Trommelschlag und kräftiges Rütteln 
an der Tür den Wirt aus seiner nächtlichen Ruhe. Auf diesen 
Weckruf wurde dann der nebenan wohnende Cafetier aufmerksam, 
der die Turner freundlich aufnahm und bewirtete. Um 8 Uhr 
trafon dann alle Turner mohlbehalten in Lübeck wieder ein. 
SDer Lübecdcer Turnverein Gut Heil veranstaltete Sonn⸗ 
tag ein Spielfest auf der Falkenwiese. Vormittags 
wetteiferten sämtliche Abteilungen des Vereins, Männer, Zög— 
linge, Knaben und Mädchen, um den höchsten Preis des 
Turners, den Eichenkranz oder das Eichenreis, zu erringen. 
Nachmittags fanden Spiele mit befreundeten Vereinen statt. 
Den Schluß der Veranstaltung bildete ein 300-m-Hindernis- 
laufen, welches von den zahlreich erschienenen Zuschauern mit 
größtem Interesse verfolgt wurde. Die Preisverteilung für 
die Zöglinge, Knaben und Mädchen fand auf der Falken— 
wiese durch den Vereinsvorsitzenden Herrn Rud. Jacob statt, 
welcher in seiner Ansprache besonders hervorhob, daß unter 
den beutigen Verbältnissen die Turnvereine für Judendturnen 
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Donnerstag, den 21. September 191. 
Morgen⸗Blatt Kr. 478. 
und Spiele das größte Interesse zeigen müßten, um die 
rüngere Generation auf den ernsten Wettkampf des Lebens 
orzubereiten. Den Zöglingen W. Heinrich, W. Blöcker, 
zöttcher, Fr. Block, P. Müller und Bohnhoff, sowie 17 
dnaben und 18 Mädchen gelang es, die vorgeschriebene 
Bunktzahl zu erreichen. Die Männerabtellung begab sich so⸗ 
»ann mit ihren Gästen in die Falkenburg, um noch einrge 
zjemütliche Stunden bei humoristischen Vorträgen und Gesang 
u verleben. Im Fünfkampf der Männer waren folgende 
zieger zu verzeichnen: 1. Preis: Hans Steen mit 84 
Punkten; 2. Preis: Emil Range mit 79 Punkten; 8. Preis: 
Max Heinrich und Karl Löscher mit 71 Punkten; 4. Preis: 
Theod. Melchert und Otto Meyer mit 66 Punkten; 5. Preis: 
dichard Kleeblatt und Robert Teßmer mit 64 Punkten 
ind 6. Preis: Karl Nehlsen mit 62 Punkten. Außer Kon— 
urrenz erreichte Adolf Lauxmann 72 Punkte. Erster im 
zindernislaufen wurde Otto Meyer. — Die beiden Faust— 
allmannschaften des Vereins spielten auf dem Kreis— 
S„pielfest in Elmshorn die laut Programm vorge 
ehenen Wettspiele, und zwar: 1. Mannschaft gegen Männer— 
urnverein Lübtheen (gewonnen), gegen Männerturnvereinm 
Zergedorf (Protest), gegen Hamburger Turnerschaft von 1816 
gewonnen); 2. Mannschaft gegen Itzehoer Männerturnverein 
hut Heil (gewonnen), gegen Altonager Turnerschaft von 1880 
gewonnen). Da in Gruppe B der 2. Klasse drei Mann 
chaften die gleichen Punktzahlen hatten, wurde durch das 
dos entschieden, welcher Verein in den Endkampf um die 
Meisterschaft zu treten habe. Das Los entschied für Berge— 
dorf; mithin kam die 1. Mannschaft des Lübecker Turnvereins 
Gut Heil nicht in Konkurrenz. Im Entscheidungsspiel für 
die 3. Klasse siegte der Hamburger Männerturnverein von 
1872. Bei den volkstümlichen Wettkämpfen errang Fritz 
Schulz mit 44 Punkten den 17. Preis. 
ka. Eine neue Fessel für die Freiheit des Dienstvertrages. 
Fin Kaufmann M. in Posen hat scheinbar einen neuen Weg 
zesunden, um seine Angestellten in unbillige wirtschaftliche 
Abhängigkeit zu bringen und ihre Freizügigkeit anzutasten. Er 
bereinbart nämlich mit seinen Angestellten, daß er die ihm 
durch 8 63 des Handelsgesetzbuches auferlegte Pflicht, im 
Falle der Erkrankung des Angestellten bis zur Dauer von 
echs Wochen das Gehalt zu zahlen, für sich ausschließt. 
Zeider ist ihm dieses noch möglich, da unsere Rechtsprechung die 
Frage, ob der in Frage kommende 8 63 des Handelsgesetz- 
zuches nicht seinem ganzen sozialen Wesen nach als zwingendes 
Kecht anzusehen sei, in den meisten Fällen verneint. Schrift⸗ 
ich bestätigt der Kaufmann seinen Angestellten, um sie zu 
zeruhigen, gern: „Jeder wird das Vertrauen zu mir haben 
können, daß ich in wirklichen Krankheitsfällen das Gehalt, 
wohl auch ohne irgend welche Verpflichtungen zu haben, zahlen 
verde.“ Wenn nun ein Angestellter erkrankte, dann zahlte 
hm der „vertrauenswürdige“ Arbeitgeber auch das Gehalt 
edoch unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufes. Die 
ibrigen Arbeitsverhältnisse der Firma waren entsprechende. 
Als nun ein Angestellter der Firma, so teilt Der kaufmännische 
Angestellte“, das Organ des Bundes der kaufmännischen An— 
zestellten, mit, einige Zeit nach seiner Erkrankung diesem Dorado 
den Rücken zu kehren wagte, forderte der noble Chef das 
vährend der Krankheit gezahlte Gehalt vor dem Kaufmanns 
zericht in Posen wieder zurück. Seine Forderungen wurden 
edoch von dem Kaufmannsgericht abgewiesen mit der Be— 
zründung, der Arbeitgeber habe sich mit dem Vorbehalt der 
kückferderung des Geldes nur das Recht sichern wollen, zu 
iner ihnr gelegenen Zeit die einmal erfolgte Gehaltszahlung 
wieder rückgängig zu machen. Dieses Verhalten widerspreche 
aber den guten Sitten, denn mit diesem Recht des Arbeit— 
gebers, jederzeit das Gehalt für die Fehltage zurückfordern 
zu können, würde dauernd eine Unsicherheit in die wirtschaft⸗ 
iche Lage des Angestellten gebracht. Und gerade der Ange— 
tellte, der nur auf sein Gehalt angewiesen sei, müsse mil 
klaren Verhältnissen rechnen. Außerdem sei eine derartige 
Bindung geeignet, dem Angestellten eine unbillige Fessel bei 
der Lösung des Dienstverhältnisses anzulegen. — Dieser Fall 
zeigt wieder einmal deutlich, was der Angestellte zu erwarten 
hat, wenn er statt eines sicheren Rechtsanspruches sich mit dem 
Vertrauen auf die anständige Gesinnung seines Chefs begnügt. 
I Echöffengericht. Sitzung vom 19. Sept. Eines Ver— 
ehens gegen das Kinderschutzgesetz hat sich der 
Wirt Ludwig K. schuldig gemacht, indem er im August bei 
zffentlichen Schaustellungen duldete, daß in seiner Wirtschaft. 
ibends 9124 Uhr, der 14 Jahre alte Sohn und die 11 Jahre 
alte Tochter des Kapellmeisters Zi. einen Schuhplattler und 
Figurentanz aufführten. Er wird zu 20 MGeldstrafe event 
Tagen Gefängnis verurteilt. — Des Diebstahls wird 
der bereits bestrafte Handlungsgehilfe Heinrich Se. schuldig 
zefunden. Am 29. August erschen er in der Wohnung eines 
Fräulein We. hier und fragte, ob dort alte Gold- oder 
Zilbersachen zu verkaufen seien. Als er dabei kurze Zeil 
illein im Wohnzimmer gelassen wurde, eignete er sich ein 
zZwanzigmarkstück an. Er wird zu vier Wochen Gefängnis 
erurteilt. — Des Hausfriedensbruchs haben sich die 
Irbeiter Heinrich Gr. und der Seemann Robert T. schuldig 
zemacht, indem sie am 7. August, als sie in der Gaststube des 
Wirtes Wi. mit anderen Gästen Streit machten und deshalb 
don Wi. zum Verlassen seiner Wirtschaft aufgefordert wurden 
dieser Aufforderung nicht nachkamen, sondern entfernt werden 
nußten. Es werden verurteilt Gr. zu 3 Wochen Gefängnis 
T. zu 1 Woche Gefängnis. Gr. soll dabei die Wir'sche Haus— 
ür durch Messerstiche beschädigt haben. Dieserhalb wird die 
Verhandlung ausgesetzt. — Wegen Widerstands gegen 
die Staatsgewalt und Versuchs der Gefange— 
renbefreiung sind angetlagt der Matrose Fritz We. und 
der Heizer Wilfried Ka. Am Abend des 7. Sept. sammelte sich 
dei der Drehbrücke eine Menschenmenge an, weil dort ein Pferd 
zestürzt war. Dabei betrug We. sich derart ungebührlich, daß 
er von einem Schutzmann zur Wache sistiert wurde. We. griff 
jen Schutzmann tätlich an und wehrte sich nach Kräften gegen 
eine Abführung. Ka. soll den Versuch gemacht haben, We. der 
Hewalt des Schutzmannes zu entreitzen. We. erhält 14 Tage Ge— 
zängnis. Ka. wird freigesprochen. — Wegen Diebstahls 
zat sich der Arbeiter Wilhelm Tr. aus Magdeburg zu verant⸗ 
vorten. Anfandg dieses Monats war Tr. von dem KGufner Go 
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ain Kurau aus der Arbeit entlassen. Er trieb sich nun tags— 
uber umher und logierte nachts in einer Scheune seines fruheren 
Arbeitgebers. Um sich nun Geld zu seinem Unterhalt zu ver— 
schaffen, brach er von der Scheune des Ho. Dachrimen ab, schrob 
drei Türdrüdker und mehrere Rosetten aus Messing ab und eig— 
nete sich ferner einmal 20 Pfund und ein andermal 35 Pfund 
Kartoffeln an, um alle diese Sachen in Lübeck zu verkaufen. 
Er wird zu 1 Woche Gefängnis verurteilt. 
Die Wasserwärme in den städtischen Badeanstalten be⸗ 
trug am 20. Sept.: im Krähenteich 16 Grad Celsius, auf dem 
Falkendamm 16 Grad Celsius. 
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b. Staditheater. Aus der Theaterkanzlei schreibt man uns: 
Freitag geht zum zweiten Male — Tannhäuser“ und zwar mit 
Frl. Hedwig Weingarten als „Elisabeth“ in Szene. Sonn⸗ 
bend, neueinstudiert, „Des Meeres und der Liebe Wellen“ 
von Grillparzer. 
b. Oeffentliche Trinlerfürsorgestelle Lübeck (Parade 1) 
Nächste Sprechstunde am Freitag, dem 22. d. M., abends 6 bis 
7 5 51 
7 AUhr — — 
Travemünder Seewasserwärme. 
19. Sepkember, mittags, 16 Gr. Cels.; abends 16 Gr. Celß 
20. September. morgens, 152/3 Gr. Cels. Wind: Süd-⸗West. 
—XEEA 
Schleswia⸗Sohteiinin. 
Altbo na, 21. Sept. Gedächtnisfeier. Im Winter 
1713, Januar, wurde Altona bekanntlich von den Schweden 
unter General Steenbod fast vollständig eingeäschert. Der 200- 
jährige Erinnerungstag dieser für Altona schrecklichen Kata— 
itrophe soll, wie schon jetzt verlautet, durch eine Gedächtnisfeiet 
der jetzigen Generation in die Erinnerung gerufen werden. Au 
der Gedächtnisfeier, deren Leitung die kommunalen Vereine über⸗ 
nehmen wollen, soll sich die gesamte Altonaer Bevölkerung be—⸗ 
zeiligen. — Aufsehen erregt die Verhaftung des hie— 
sigen Zigarrenfabrikanten Kainz. Er ist geständig, große Posten 
Zigarren, die von einem Einbruch in Hamburg, herrühren, von 
der bereits in Haft befindlichen Diebesbande zu Spottvpreisen 
angekauft zu haben. he 
Kiel, 21. Sept. Dise Vorarbeiten für die Er— 
richtung eines Schwimmhallenbads hierselbst sind 
jeendet. Das Projekt ist fertiggestellt und wird in kurzem 
die Stadtkollegien beschäftigen. Lehnt die Stadt die Beteili— 
gaung ab, so wird der Bau von einer zu bildenden Gesellschaft 
errichtet. Die Kosten sind recht erheblich; sie dürften sich auf 
innähernd 4 Mill. Mistellen. Weite Kreise der Bürgerschaft 
wünschen den Bau und werden ihn finanziell unterstützen. Prinz 
heinrich und die Marinebehörden treten lebhaft für den Bau 
ein. Der Prinz hat die Beteiligung der Marine in Aussicht 
jestellt. Ter Plan sieht zwei Hallen am Hohenzollernpark vor, 
da sich dort der Dampf des städtischen Elektrizitätswerks und das 
Wasser des städtischen Schreventeichs benutßen läßt. Kiel ist 
übrigens die einzige Großstadt Teutschlands, die keine Schwimm⸗ 
halle besitzt. Bei der Ungunst der städtischen Finanzen ist mit 
einer Stadtanlage kaum zu rechnen, doch dürfte die Stadt einen 
Teil des Baulapitals zeichnen und der Aktiengesellschaft beitreten. 
Man hält die Anlage für rentabel. 
Neumünster, 21. Sept. Für 400 000 Mver—- 
kauften Gebrüder Lachs, Düren, ihre Brennerei an der Al— 
tonaer Chaussee und das dazu gehörige Gut Augustenhof an 
Gutsbesitzer Krüll, Düsseldorf. Die Uebernahme eusolgte so— 
fort. — FSin Kriess veteran von 18661n8 1870,71, 
der 70jährige Rentenempfänger Karl May, wurde, mit Orden 
und Ehrenzeichen geschmücht, auf der Straße kot aufgen 
funden; er war einem Herzschlag erlegen. — Ent kommen. 
Ein Postaushelfer, der dem hiesigen Postamt mehrere hundert 
Mark unterschlug, ist nach Holland entkommen. — Plötzz lich 
wahnsinnig wurde auf einer hieligen Herberge ein Diensta 
knecht. Vier Beamte waren erforderlich, um den Tobenden 
zu fesseln. i seieheee 24 
3Itehve, 21. Sept. Die Vyphuserkrankungen 
nehmen bis auf einige Ausnahmen normalen Verlauf. Ge⸗ 
storben sind vier Personen. Von neuen Krankheitsfällen hört 
man nichts mehr 
Vermischtes. 
Einem bedauerlichen Versehen der Betl'ner politischen Po⸗ 
tizei ist ein auf der Durchreise in Berlin weilender ausländi— 
scher Diplomat zum Opfer gefallen. Der span ische Ko nfuf 
in Petersburg wurde in der Friedrichstadt beim Verlassen 
eines Wagens auf offener Strabe verhaftet und tro tz Vor— 
zeigung seiner in spanischer und russischer Sprache verfaßlen 
Legitimationspapiere von zwei Kriminalbeamten zum Polizei⸗ 
präsidium geführt, da er irrtümlich für einen steckbrieflich 
verfolgtenn Verbrecher gehalten wurde. Auf dem Po— 
lizeipräsidium wurde die Identität des Konsuls festgestellt 
und der irrtümlich Verhaftete, dessen Aussehen übrigens den 
Steckbriefangaben gar nicht entsprechen soll, wurde natürlich 
sofort entlassen. 
Verhaftung eines Pariser Pseudobanliers. Donnerstag ver⸗ 
fügte der Untersuchungsrichter die Beschlagnahme der Bücher 
und die Verhaftung des Pseudobankiers Xavier Valen— 
tins, des Direktors der Pariser „Banque inter- 
médiaire“. Der Bankier hatte ein Geschäftslokal inne, 
für das er 4000 Frs. Jahresmiete zahlte; er beschäftigte 
15 Angestellte. Kleine Leute veranlaßte er, ihre ihm an— 
vertrauten Spargelder in Franzosenrenten anzulegen 
und versprach ihnen dafür Riesengewinne. Er erklärte den 
Ldeuten, daß er für jeden Anteil von 500 Frs. für das 
Jahr 18908 300 Frs., 1909 250 Frs. und 10910 215 Frs. 
Dividende ausgezahlt habe. Die Gesamtsumme seiner be— 
trügerischen Manipulationen wird auf drei Millionen 
Franken angegeben. Einzelne Kunden sind bis 50 000 Frs. 
geschädigt. Hauptsächlich arbeitete Valentins mit dem Miltel— 
stand, speziell mit Leuten, die in Börsensachen nicht bewan— 
dert sind. In Wirklichkeit soll er umfangreiche Häuser— 
spekulationen betrieben haben, die aber fehlschlugen. Valentins 
war auch Administrator einer Anzahl industrieller Unter. 
nehmungen 
— ——
	        
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