Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

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Dienstag, den 19. September 191. Abend⸗Blatt Nr. 475. 
Aus den Nachbargebieten. 
Großherzogtum Oldenburg, Fürstentum Lübed. 
Fr. Eutin, 19. Sept. Der Gemeinderat nahm 
in seiner gestrigen Sitzung Stellung zu einer Eingabe des ge⸗ 
meinnützigen Vereins, betr. den schon viel erörterten Brücken- 
bau über die Fissauer Bucht. Der gemeinnützige Verein, dem 
die Badeanstalten unterstehen, plant die Neuerrichtung der Ba⸗ 
deonstalten am kleinen Eutiner See, die dem Verkehr nicht 
mehr genügen. Statt des anfanas dafür ausersehenen Platzes 
an der Hopfenwiese am diesseitigen Ufer des großen Eutiner 
Sees hat man jetzt am jenseitigen Ufer bei Bebensund einen 
Platz ausersehen, der wegen seiner schönen Lage am Seeschaar⸗ 
wald vorzüglich dazu geeignet ist. Man beabsichtigt, gleich 
zeitig ein Herren- und Damenbad, verbunden mit einem Luft 
bad, zu errichten. Die Errichtung der Badeanstalten bei Beben⸗ 
sund ist ohne die Brücke aber nicht gut denkbar. Der Ge— 
meinderat hat sich nun, wohl einsehend, welchen Nutzen die 
Brüde für den Fremdenverkehr bringt, im Prinzip für die 
Errichtung derselben ausgesprochen und den Magistrat ersucht, 
die erforderlichen Unterlagen zu beschaffen. Da das jenseitige 
Ufer zum Krongut gehört, ist aber noch die Genehmigung 
der Regierung und des Großherzogs erforderlich; man hofft, 
diese zu erhalten. Durch die Brücke wird eine bequeme Ver— 
bindung nach den den Fremden bisher noch nicht genügend 
belannten herrlichen Waldungen am großen Eutiner See und 
den Kasseedorfer Tannen hergestellt. — Auf der Tagesordnung 
stand weiter die zweite Lesung des Gehaltsregulativs, das mit 
einigen unwesentlichen Abänderungen festgestellt wurde. — In 
Das Kuratorium der landwirtschastlichen Winterschule wurden 
die Gemeinderatsmitglieder Privatmann Weiss und Privatmann 
ESpethmann gewählt. — Zu Vertrauensmännern bei der Bil⸗ 
dung der Schöffen- und Geschworenen-Listen wurden die Rats— 
Herren Schöning und Estorff wiedergewählt. — Es wurde 
ferner beschlossen, das Wasserleitungsnetz bis zum Galgenberg 
zu verlängern und dafür 1200 Mebewilligt und weiter ein mit 
der Eisenbahndirektion abgeschlossener Wasserlieferungsvertrag 
genehmigt. Die Bahn erhält danach die ersten 60 000 cbm 
Wasser für 11 Pfg. pro ebm; der Preis fällt dann staffel⸗ 
mäßig bei einer Mehrabnahme. — In gemeinschaftlicher Sitzung 
mit dem Realschulkommissar wurden sodann noch zu Ober— 
lehrern an der städtischen Realschule Oberlehrer Vogt aus In⸗ 
srbags und Dr. phil. Ernst Lehmann aus Niesky (ESchlesien) 
gewählt — 
J Lauenburg. 
Na beburg,. 19. Sept. Eine große Tagesübung 
bder Sanitätskolonnen findet hier am nächsten Sonntag 
stlatt, an der außer der Ratzeburg⸗St. Georgsberger die Möllner 
und Tüschenbeker und als Gäste die beiden Lübecker 
Sanitätskplonnen vom Roten Kreusz teilnehmen 
werden. Die Uebung beginnt nachmittags 232 Uhr mit Parade—⸗ 
qufstellung auf dem Marktplatz und dem Abmarsch ins Uebungs⸗ 
gelände (Exerzierplatz, Kessel und Sedanwiese). Geplant ist 
eine Land⸗ und Wasserübung. Nach deren Beendigung findet 
nuf der Sedanwiese ein Abkochen für sämtliche Mannschaften statt. 
Großherzogtümer Medlenbura 
Schwerin, 19. Sept. Mechlenburgische Steuer—⸗ 
reform. Die Regierung plant eine Steuerreform, nicht, um 
die Steuern zu verstärken, sondern sie anderweit zu verteilen. 
Das jetzige sogen. Kontributionsedikt kennt sieben verschiedene 
Steuerarten: landwirtschaftliche Steuer, Mietssteuer, Gewerbe 
steuer, Besoldungssteuer von Gehältern, Pensionen usw., Lohn⸗ 
teuer, Erwerbssteuer und Zinsensteuer. Jede Steuerart hat ihre 
eigene Skala, nach der eine gesonderte Berechnung stattfindet. 
Tas projektierte Steuersystem, über das vom 21. d. M. im 
Ständehause beraten wird, ist das System einer Nettoein⸗ 
kommensteuer mift Ergänzungssteuer, wie es nach dem Vor— 
gange Preußens in fast allen deutschen Bundesstaaten bereits 
eingeführt ist. Voraussichtlich wird das Schidsal des Reform— 
werkes noch in diesem Herbst entschieden werden. — Dem 
Landgerichtsgefängnis hierselbst zugeführt 
wurde Sonnabend das Apotheler Schrödersche Ehepaar, das 
nach seiner vor Jahresfrist erfolgten Verheiratung Schwin⸗ 
deleien in Höhe von ũüher 20 0000 MW hegina.Als Stra— 
Graf Pafsy in Amerihba. 
Ein Brief des Hochstaplers. 
Der Aufenthalt des „Grafen de Passy“, der vor einigen 
Wochen mit Hilfe eines Gefängnisbeamten aus dem Gefängnis 
in Heilbronn ausgebrochen ist, steht munmehr fest. Der „Graf“ 
hält sich mit seiner ihm nach der Flucht in London angetrauten 
Frau in Amerika im Staate Poughkeepfsi auf. Da der 
„Graf“ die amerikanische Staatsangehörigkeit besitzt, so kann 
er nicht ausgeliefert werden. Aber auch nach den amerika⸗—⸗ 
mischen Gesetzen kann eine Bestrafung des „Grafen“ nicht erfol 
gen. Eine Urkundenfälschung dürfte kaum in Frage kommen, 
da er tatsächlich amtliche amerikanische Dokumente besitzt, nach 
denen ihn ein Graf de Passy adoptiert hat. Wegen Betruges 
kann er aber deshalb nicht bestraft werden, da der Betrug 
nach amerikanischem Strafrecht nur dann geahndet wird, wenn 
der Geschädigte einen Strafantrag stellt. Die Personen, die 
in Heilbronn durch den „Grafen“ geschädigt sein sollen, haben 
inzwischen sämtlich ihr Gesd erhalten und haben auch dem 
Gericht mitgeteilt, daß sie sich nicht mehr geschädigt fühlen 
und kein Interesse mehr an der Strafpverfolaung Schiemanaks 
haben. 
Jetzt ist ein Brief bekannt geworden, den der „Graf“ 
an eine Heiratsvermittlerin in Offenbach geschrieben hat. Dieser 
Brief, der gleichsam eine Autobiographie Schiemangks 
enthält, wirft ein interessantes Licht auf die Psyche dieses 
merkwürdigen Verbrechers. Wir entnebmen dem Brief fol- 
gende Stellen * 
„Ich denke, es ist am besten, wenn ich mich Ihnen so gebe, 
wie ich es bin, und alle Schattenseiten hervorkehre. Sie 
durfen glauben, daß ich das Leben in vier Weltteilen, ebenso 
das Elend, alle Tiefen und Höhen des menschlichen Daseins 
nus einener Erfalincg kenne und menschliche Schwächen und 
benräuber verhaftet wurde der 31jährige galizische 
Schnitter Peter Komasa, der mit einem Komplizen in der 
Racht zum 10. Aug. bei dem medlenburgischen Dorf Sanitz 
das Schnitterehepaar Jurga überfiel, es schwer verletzte und 
einer Barschaft und Legitimationspapiere beraubte. 
Neubrandenburg, 19. Sept. Manöver-⸗Ruüch- 
transporte. Im ganzen lind etwa 140 Militär-Sonder⸗ 
üge von hier abgelassen worden, an einem Tage allein 65 bis 
70. Die Beladung eines Militärzuges dauerte etwa 15 bis 
20 Min. Einige Direktionsmitglieder und auch Eisenbahn⸗ 
betriebsdirektor Brüssow, Schwerin, waren während der Haupt⸗ 
militärtage hierselbst zur oberen Leitung anwesend. Um diese 
große Zahl von Sonderzügen pünktlich ablassen zu können, waren 
von veischiedenen preußischen Eisenbahndirektionen Lokomotiven 
ausgeliehen worden. 
Neustrelitz, 19. Sept. Von einem Rehbol auf— 
respießt. Sonnabend nachmittag spielte die sechsjährige 
Tochter des Rentiers Behnke mit anderen Kindern im Tier—⸗ 
zarten in der Nähe der Wildmeister-Wohnung. Plötlich sab 
»er Vater der Kleinen, der einige Schritte entfernt stand, einen 
Rehbod auf sein Kind zueilen. Ehe er es verhindern konnie, 
hatte das Tier die Kleine Aufgespieht und über sich we g⸗ 
geschleudert. Tas bedauernswerte Kind ist schwer ver⸗— 
Letztt, die Bauchhöhle ist aufgerissen und die Eingeweide sind 
beschädigt. Die gestern abend im Carolinenstift ausgeführte Ope— 
zation ist gut verlaufen, jedoch ist der Zustand der Verleßlen 
ehr besorgniserregend. ⸗ 
q“o Tassow, 19. Sept. Schlägerei. Nachdem schon 
in der Nacht von Freitag zum Sonnabend v. W. eine wüste 
Schlägerei manchen zu einem verbeulten Kopf verholfen hatte, 
machten in der Nacht zum Montag ein paar Messerhelden 
unseren Ort unsicher. Ein Lübecker, der mit dem IUhr⸗ 
Zuge hier anlangte und ruhig seines Weges ging, wurde in 
her Nähe der Steerschen Wirtschaft plötzlich überfallen und 
so zerstochen, daß er sofort einen Arzt aufsuchen mußte, der 
die Wunden vernähte und verband. Ein Arbeiter wurde 
durch einen Stich in den Nacken schwer verletzt. Ein Schaffner 
konnte sich nur durch schleunige Flucht vor den Rowdys' retten 
Ein ehrsamer Handwerksmeister erhielt beim Verlassen eines 
dotels einen Hieb über den Kopf, verlor den Hut und trug 
eine klaffende Kopfwunde davon. Die sofort herbeigerufene 
Polizei fahndete vergeblich auf die Attentäter, kam ihnen 
sedoch gestern auf die Spur und wird sie hoffentlich energisch 
zur Rechenschaft »iehen 
Sportnachrichten. 
Mitgeteilt vom Sportbureau Joh. Ganzel, 
SHamburg J. F.: IV. 3790/3791.) 
Rennen zu Berlin-⸗Grunewald, 17. Sept. Priortor— 
Hürden-Rennen. Kommandeur (Torke) J. Sturmwind? 
Buddissin 713. Fichte 739. Tot.: 71: 10, Platz: 18, 17, 7, 
7:310. — Preis von Woil. Pantagruel (J. Childs) 1. 
Tot.: 15: 10. — Maiden-Rennen. Marc Aurel GBullock) 
4. Mansfeld 2. Farnese 3. Tot.: 85: 10, Platz: 22, 17, 
14: 10. — Plaisanderie-Rennen. Amfortas (Childs) 1. 
Firlefanz 2. Mars 3. Tot.: 46: 10, Platz: 22, 26, 26: 10. 
— Preis von Bonn. Mrs. Girdle (v. Mitzlaff) 1. Rost—⸗ 
jestwensky 2. Freude 3. Tot.: 29: 10, Platz: 14, 13, 37: 10. 
— Saphir-Rennen. Quirl (Blades) 1. Marzipan 2. 
Tot.: 33: 10, Platz: 10, 20: 10. — Preis von Kartzow. 
Mazeppa (Torke) 1. Nihilist 2. Tot.: 17: 10, Platz: 11, 
11: 10. F 
Rennen zu Dresden, 17. Sept. Wettiner Bür den— 
Rennen. Eisenkönig (T. Bastian) 1. Leib-Husar 2. Tot.: 
18: 10, Platz: 11, 14: 10. 
Rennen zu Wien, 17. Sept. Jubiläums-Preis. 
40 000 Kr. Verona GKorb) 1. Briton 2. Logos 3. Tot.: 
38: 10, Platz: 28, 32, 30: 20.. 
Rennen zu Paris, 17. Sept. Prix Royal Oak. 50000 
Franken. Combourg (J. Reiff) 1. Alcantara II 2. La 
Bohema 3. Tot.: 33: 10, Platz: 13, 15, 39: 10. — Omnium. 
25 000 Frs. Tripolette (J. Reiff) 1. Coppelia 2. Laghet 3. 
Tot.: 36: 10. Platz: 17. 23, 28: 10. 
— 
Fehler von ganzem Herzen verzeihe. Ich will Ihnen nur 
sagen, daß ich ein sogenannter wilder Bursche war. Ich habe 
nach langen Jahren des Kampfes, wo ich besonders in der 
Heimat allerlei Spott und Hohn über mich ergehen lassen 
mußte, überall den Sieg davongetragen und erfreue mich in 
allen Heeren der Kulturstaaten eines großen Namens. Ich 
bin von Geburt einfacher Landmannssohn aus hochachtbarer 
Familie. wurde schon im Jünglingsalter von 18 Jahren Offi— 
ier. Um jedoch meine Talente besser zu verwerten, ging ich 
ins Ausland, wo ich schnell avancierte. Durch Auszeichnungen 
m Kriege erwarb ich mir das Wohlwollen eines Grafen des 
altberühmten französischen Geschlechts de Passy und wurde am 
25. Febr. 1899 als Sohn des Grafen adoptiert. Ich nahm 
dann meinen Abschied aus dem Heer und beschäftigte mich mit 
Frfindungen auf militärischem Gebiet. Ich könnte fast täglich 
Milionenerbinnen heiraten. Leider sind diese Engländerinnen 
»der Französinnen, und da ich diese Damen zur Genüge 
enne, so ziehe ich bei weitem eine deutsche Dame vor, die 
nir zugleich treuester Freund und Berater ist. Ich habe keine 
deidenschaft außer der Vorliebe für das schöne Geschlecht, 
und ein Weib, das mir sympathisch ist, würde keine Mühe 
haben, meine vollste Liebe zu erringen. Ich bin ein kern— 
gesunder Mensch. 1,73 Meter groß, sehr dunkel, schwarzen 
rroßen Schnurrbart, blaue Augen und kräftigen athletischen 
Körperbau. Ich soll das verjüngte Ebe b'ld des verstorbenen 
Fürsten Herbert Bismard sein; ich stehe im räeerzigsten Lebens— 
ahre, fühle mich aber wie 26 Jahre alt,. lasse mich durch 
nichts entmutigen und erzwinge mir den Erfolg zum Leben. 
Fürsten und Präsidenten zählen zu meinen Gönnern, und 
brauche ich mich nicht meiner Abkunft zu schämen. Zählt 
doch das Grafengeschlecht zu den berühmtesten Diplomaten- 
familien Frankreichs und ist auch häeer sehr bekannt. Sollten 
Sie eine vassende Dame haben,. die vielleicht Vermßgen 
X 
Rennen zu Berlin⸗Hoppegarten, 18. Sept. Glocke— 
Rennen. Erlkönig (Rice) 1. Tiefland 2. Hascham 3. Tot. 
38: 10, Platz: 15, 14, 23: 10. — Bollendorfer San— 
dikap. Nuscha (Warne) 1. Frühwach 2. Rahana 3. Tot. 
32: 10, Platz: 20, 14: 10. — Falkenhausen-Memorial. 
Granit (Bulloch) 1. Alvarez 2. Seimdall 3. Tot.: 60: 10, 
Platz: 42, 19: 10. —- Alpheda-Rennen. Eilige Gulloch 1. 
Zobden 2. Haubenlerche 3. Tot.: 73: 10, Platz: 17, 14. 
17:10. — Schadow-Rennen. Decameron (Foy) 1. 
Pelleas 2. Libelle II 3. Tot.: 24: 10. Platz: 12, 14, 15: 10 
— September-Handikap. Taftjoy (Ghurgold)' 1. 
Aschanti 257. Apache 25. Tot.: 29: 10, Platz: 16, 26, 68: 10 
— Realist-Rennen. Principal (H. Aylin) 1. Loreley 2. 
Septimus 8. Tot.: 41: 10, Platz: 11, 19, 14: 10. 
Rennen zu Saint⸗Cloud, 18. Sept. Handikap D'Au 
tomne. Benedictin de Soulac (Garner) 1. Flor Fina 2 
Le Gréͤsil 3. Tot.: 50: 10, Platz: 27, 29: 10. 
Dem Großherzoglich Medllenburgischen Jachttkiub in Rostock 
ist vom Großherzog mit Genehmigung des Kaisers ein 
besonderes Abzeichen verliehen worden. Dieses Ab—⸗ 
zeichen besteht darin, daß die linke Eche der schwarz⸗weiß⸗ 
roten Nationalflagge auf einem Viertel ihrer Größe die 
alten medklenburgischen Seefarben blau⸗weiß⸗rot mit dem 
Wappen des Großherzoglich Meclenburgischen Jachtklubs und 
der darüber schwebenden wendischen Krone aufweist. Von 
allen deutschen Jachtklubs besaßen bisher nur der Kaiserliche 
Jachtklub in Kiel und der Segelklub Rhe“ in Königsberg 
ein Abzeichen. Zu ihnen ist jetzt der Großherzoglich Mecklen⸗ 
burgische Jachtklub in Rostock mit einem weiteren besonderen 
Abzeichen für seine Jachten getreten. n 
—— M— 
OÄàô 
Internat'onales Schachturwmier in Karlsb ad; 18. Sept. 
Stand nach der 20. Runde: Teichmann 1410 (1), Schlech⸗ 
ter und Rotlewi je 1324, Rubinstein 13 (1), Vidmar und Niem⸗ 
zowitsch je 1192, Marshall, Alechin und Tartakower je 11, 
Duras 1092 (1), Spielmann 1025, Cohn 10, Leonhardt 
90 (I), Süchting 94, Perlis 9 (2), Loewenfisch 9, Kostic und 
Salwe je 814, Fahrni 8 (1), Rabinowitsch und Burn je 8, 
Chotomirsti 7u2 (1). Jaffé und Johner je 79u2, Chajes 7, 
Alavin 65. 
—— ———— 
Vermischtes. 
Frau Toselli, die, wie berichtet, gegenwärtig in London 
weilt, um die Ausgabe ihrer Memoiren zu überwachen, ist 
höchst befriedigt über das Resultat ihres Planes, sich zu 
rechtfertigen. Die erste Ausgabe ihres Buches in England 
sei schon verkauft, und die zweite sei auf dem Wege der 
Herstellung. — Ueber die Entstehung der Memoiren ñußerte 
ich der Londoner Verleger der Frau Toselli nach dem B. L. A. 
wie folgt: Der Verleger Eveleigh Nash teilte einem. Ver— 
treter der Evening News solgende Einzelheiten über das Buch 
der Frau Toselli mit: Schon seit langer Zeit habe Frau 
Toselli an die Niederschreibung ilrer Geschichte gedacht. das 
Buch wurde jedoch erst am 15. März d. J. begonnen und 
war Anfang Juni vollkommen drudfertig. Frau Toselli dik— 
tierte das Manuskript der Mrs. Foulkes, einer literarischen 
Gehilfin Nashs in Florenz, auf Französisch, und Mrs. Foulkes 
abersetzte es ins Englische. Sie besaß nur wenig Aufzeich- 
rungen, doch ihr Gedächtnis war erstaunlich. Im Juni kam 
Frau Toselli nach London und korrigierte die Abzüge in drei 
Sprachen. Die Aufnahme des Buches sei großartig. Der 
deutsche Verleger telegraphierte, er wünsche weitere 10000 
Exemplare. — Der Verlag Vita, Berlin-⸗Ch., gibt im Fachblatt 
der Buchhändler bekannt: „Wir neten von dem Verlag der 
Memoiren Luise von Toscanas zurück. Wir be— 
merken ausdrücklich, daß eine Strafverfolgung wegen Ver— 
öffentlichung dieser Memoiren weder Erfolg haben kann, noch 
von irgend einer Seite beabsichtigt ist, daß diese Ausgabe 
sich schon jetzt auf dem Wege zu einem der größten Bucherfolge 
der letzten Jahre befindet, und daß unser Entschluß durchaus 
freiwillig und ohne irgendwelche Rüchsicht auf äußere Einflüsse 
4 
mit Krone vereinigen möchte, so seien Sie sidher, daß ich 
Ihnen nmuir Ehre bere'ten werde. Sollten Sie etwas für 
mich tun können, so sende ich Ihnen sofort ein Bild eventuell 
auch Honorarschein. Ich könnte auch sal's nötig, mal auf 
einen Tag zur Vorstellung dorthin kommen. Es darf auch 
eine Jüdin sein oder eine geschiedene Frau. Ich sehe das 
Leben in tolerantester Weise an und verachte niemanden. 
Ich bin also zufrieden, wenn sch dann 300 bis 350 Mille er—⸗ 
halten würde. Ich zahle Ihnen prompt am Hochzeitstage 
oder einen Tag später bei einer Million Mitgift 35 Mille, bei 
größerer Mitgift (2 Millionen) das Doppelte. Sie dürfen 
frei und offen auftreten, ich habe mich so niedrig wie möglich 
eingeschätzt und beweise alles. Ich habe so offen zu Ihnen 
gesprochen und bitte S'e gütigst, dasselbe zu tun. Ich kann 
Ihnen noch einige Gardeoffiziere zuführen. falls Sie es 
wünschen.“ 
Dieser Brief ist vor der Verlobung des Grafen mit seiner 
setzigen Frau geschrieben. Laila Allendorf, die Gattin Schie— 
nangks, soll sehr vermögend sein, unter anderen Vermögens⸗ 
objekten soll sie auch Bergwerke in Mexiko besitzen. Der 
Brief gelangte in die Hände der Staatsamwaltschaft und 
beranlaßte diese, noch kurz vor dem bereits angesetzten Haupt— 
verhandlungstermin den Gerichtsarzt, Medi inalrat Dr. Haag 
mit der Untersuchung des Geisteszustandes des Hochstaplers 
u beauftragen. Der Verteidiger des Grafen, Rechtsanwalt Dr. 
Alsberg, hatte beantragt, die Sachverständigen aus den 
früheren Prozessen in dem neuen Verfahren wieder zu hören. 
Schiemangk hat es vorgezogen, die Entscheidung der Straf⸗ 
tammer auf diesen Antrag seines Verteidizers erst gar nich? 
abzuwarten, sondern vorher zu fliehen. Man darf mit Rechl 
annehmen, dah eine Verhandlung gegen den „Grafen Marcel 
de Passy“ alias Max Schiemangk nemals stattfinden wird, und 
daß seine Straftaten ungesühnt Bleiben werden
	        
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