Im Laufe dieses Sonmers hat ie Wasserentnahme aus
dem Leitungsnetz der Wasserkunst —
an e'nzelnen Tagen 20 000 000 Lte.
sage und schreibe zwanzig Millionen Liter, betragen,
das sind durchschnittlich mehr als 200 Liter pro
Kopf der Bevölkerung. Bei einer so kolossalen täg—
lichen Wasserentnahme aus der Wakenitz und dem nur geringen
Zuflutz von Quellwasser aus dem Ratzeburger See ist es
aͤllerdings kein Wunder, daß für die Müller kein Wasser
für den Betrieb ihrer Mühlen übrig blieb, die Straßen⸗
besprengung auf das alleräußerste Maß eingeschränkt, schließlich
sogar ganz eingestellt, die Wakenitz aufgestaut und das Polizei⸗
amt jegliche Wasservergeudung mit Strafe bedrohen mußte. Ferner
ergibt sich aus dem ungeheuren Wasserverbrauch, daß die
technischen Einrichtungen des Wasserwerkes wochenlang bis zum
ãußersten haben ausgenutzt werden müssen, um das Leitungsnetz
allezeit unter vollem Drudk zu erhalten. J
Mit dem Fortschreiten der Jahreszeit und der Abnahme
der Hitze ist natürlich der Wasserverbrauch gleichfalls allmählich
zurückgegangen. Er beträgt a ber auch jetzt immer noch täg⸗
lich etwa 15000 000 6is 16 000 000 Liter und wird
auch mit dem weiteren Fortschreiten der Jahreszeit kaum
wesentlich weiter sinken. Die Erfahrung lehrt, daß der Waiser⸗
verbrauch pro Kopf der Bevöllkerung hier nicht oder nur un—
wesentlich unter 150 Liter täglich heruntergeht. Auch dieser
Verbrauch ist noch ein sehr großer zu nennen, der durch
nichts zu rechtfertigen ist, denn ein nicht unwesentlicher Teil
des Wassers wird einfach verschwendet. Das hi: sige Publikum
ist hinsichtlich des Wasserverbrauchs ganz außeordent ich ver⸗
wöhnt. Es weih offensichtlich nicht, wie es anderwärts in dieser
Beziehung aussieht, dah z. B. ein Kubikmeter Wasser
mit 1Mebezahlt werden muß. daß die Wasserwerke
täglich nur zu bestimmten Stunden Wasser
Jie fern, und wie sparsam man darum anderwärts mit dem
Leitungswasser wirtschaften mun und auch kann. Das muß
bis zu einem gewissen Grade auch hier angestrebt werden,
und ist auch hier durchführbar, ohne dan deswegen der Rein—
lichkeit irgendwie Abbruch getan zu werden braucht. Infolge
der ständig wachsenden Bevölkerungszahl Lübecks ist es ganz
außer Zweifel, daß das Wasserwerk unter den gegenwärtigen
Verhältnissen im Wasserverbrauch gar bald die Grenze seiner
Leistungsfähigkeit orreicht haben und dann eine kostspielige
Vergrößerung des Werkes notwendig werden wird. Andererseits
kann sie aber noch auf längere Zeit vermieden werden, wenn
der Wasserverbrauch auf ein vernünftiges Maß herabgemindert
wird. Kann sich das Publikum hierzu nicht aus eigenem An—
trieb verstehen, bleibt nichts anderes übrig als die allge—
meine Einführ ung von Wassermessern, gegen die
sich die Bürgerschaft hisher hekanntlich ablehnend verhalten hat.
In den Ruhestand versetzt hat der Senat zum 30. Sept.
d. J. die Handarbeits- und Turnlehrerin an der Ernelstinen—
schule Frl. Johanna Wehner.
O Die Teuerung und die Frauen. Ueber dieses Thema
sprach am Sonnabend abend Frau Henriette Fürth—
Frankfurt im Verein für Frauenstimmrecht. Mehrere hun—
dert Gäste, vorwiegend Frauen, waren der Einladung des ver—
anstaltenden Vereins nach den Zentralhallen gefolgt, um die be—
tannte Vorkämpferin in der Frauenbewegung über ein augenblick
lich sehr aktuelles Thema sprechen zu hören. Die Referentin ver
breitete sich in ihren Ausführungen über die allgemeine Teurungs
lage. Sie ging dann den Ursachen nach, die Ke zur Hauptsache
in der Haltung der Agrarier überhaupt, insbesondere aber bei
der Abstimmung über die Reichsfinanzreform und den Zolltarif
von 10906 erblickte. Ueber die Folgeerscheinungen der Dürre,
sowie über die internationale Teuerungskalamität ging
sie jedoch recht schnell hinweg, um, wie das in dem Frauenstimm-
rechtsverein so üblich zu sein pflegt, über alle möglichen, zum
eigentlichen Thema laum gehörenden Dinge so ausführlich wie
möglich zu plaudern. Als erster Diskussionsredner sprach Dr.
Schlomer, der, sich mit den Ausführungen der Referentin identi—
fizierend, die Gelegenheit einmal wieder benutzte, um eine sehr
ausgedehnte sozialdemokratische Keilrede von Stapel zu lassen.
Wir haben uns gewundert, daß die Geschäftsleitung sich dieser
unerwartet geschaffenen Situation absolut nicht gewachsen zeigte
Zwar wissen wir nicht, wie eng der Verein jetzt mit der Sozial⸗
demokratie liiert ist. So viel ist sicher, daß viele bürgerliche
Besucher daurch dien Verlauf der Versammlung arg vor den
Kopf gestoßen worden sind, und wir können wohl mit Recht
annehmen, daß der Verein für Frauenstimmrecht von dieser
Seite nur wenig oder üihersanunt kboinon Me
y —9— —
erfundene visionärisch-efrömmelnde Schwester aus dem Klost
heraus als weinerliche Geburtshelferin seines Entschlusses zur
Seite stellt! Aber auch König Hakon, der sonnenhafte, ist
in Wahrheit nichts anderes als ein Held der großen und
schönen Worte, dessen „Größe“ wir gleichfalls nur ihm und
den anderen glauben müssen, der aber selbst vor unseren
Augen nichts Großes wirklich tut, der zwar mit schöner Geste
die Mutter, die für ihn das schwerste getragen, in die
Verbannung schickt, „weil ein König niemand um sich haben
darf, der seinem Herzen allzu teuer ist“, der sie dann aber
doch gerührt wieder in die Arme schließt, der sich aus dem—
selben Grunde von der Heißgeliebten seiner Jugend trennt
und dann, ehe noch im eigentlichen Sinne des Wortes die
Tinte des Absagebriefes trocken geworden, schlankweg mit der
Zeugin dieses Vorganges, der Tochter seines Gegners, verlobt,
der vor allem nach langen akademischen Auseinanderseßungen mit
seinen Mitbewerbern um das Reich mit deren bedeutendsten, dem
Jarl, sich verträgt, wieder erzürnt und trotz stärkster Heraus⸗
forderung immer wieder von neuem verträgt, ihm erst das
Königssiegel entzieht, dann ein Drittel, endlich gar die Hälfte
des Reiches überläht, und statt entschlossen zu handeln, sogar den
schon Abgefallenen immer nur zu versöhnen hofft. Nein, „der
Stoff, aus dem Könige gemacht werden“, — das soll der
Titel des Stückes in der Ursprache bedeuten —, er war
dauch bei der Formung des Hakon dem Dichter noch nicht
zur Hand. Ueber alle diese dramatischen Schwächen, die
übrigens meistens gerade da liegen, wo sich die Stärken des
alten Dichters finden, können dann auch nicht einzelne wahr⸗
haft packende Momente, wie das Sterben des Bischofs, auch
nicht einzelne bewegte und lebendige Massenszenen hinweghelfen.
Doch genug für den, der mit mir froh ist, daß die „Welt—
literatur“ doch noch recht viele andere, viel größere Dramen, als
dieses hat! Man könnte sich nun fragen, warum Direktor
Fuchs die neue Spielzeit gerade mit diesem Stück habe er—
öffnen müssen. Aber warum nicht? Die ihm anhaftenden
Mängel wären auch durch ein schon mehr zusammen einge—
arbeitetes Schauspielerpersonal nicht auszugleichen gewesen, sie
mußten mit der Aufführung selbst, die man doch ja nicht
entbehren wollte, eben in Kauf genommen werden. Auf der
anderen Seite gaher gaob das Setijck einem aroßen Teile der
ruf seiner herumgehenden Liste hat feststellen können. Uebrigens
and das Verhalten des Herrn Tr. Schlomer von einem
peiteren Diskussionsredner, Herrn Posisekretär Klein, eine ge—
ührend scharfe Zurechtweisung.
SKreistag des Kreises Lübeck⸗Wesimedlenburg des deutscht
nationalen Handliengsgeh lfenverbandes. Sonntag wurde in
Lübeck im Restaurant Fredenhagen der zweite Kreistag des
treises Lübeck Westmecksenburg im D. H.V. abgehalten, der
ich eines außerordentlich zahlreichen Besuches zu erfreuen hatte
Der Kreisvorsteher Haack-Lübedk eröffnete die Tagung mit herz
ichen Begrükungsworten, Woltmann-Hamburg als Vertreter
des Gauvorstandes überbrachte die Grüße des Gauvorstandes
und der Verwaltung, der Vorsitzende der Lübecker Ortsgruppt
ewillkommte die auswärtieen Kollegen namens seiner Orts—
Iruppe und Gramann-Neu'tadt i. Ho st. im Kreise Ostholstein
jkermittelte die Grüße der Nusädter Verbandsbrüder. Aus
»en Berichten der Ortsgruppenvertreter, die von erfreul'chem
Fortschritt zu erzählen wußten, sei hervorgehoben, daß Schlu⸗
up für den Anschluh an das Kaufmannsgericht Lübeck çe
irbeitet hat, Lübtheen wirkt ganz hervorragend für die Spar
asse und neben anderen Ortsgruppen namentlich Lũbeck ein
beraus regsame soz'a politische Tätizkeit entfadtt hat. Der
zreisvorsteher erstattete darauf seinen Jahresbericht, aus den
hervorging, dah die Mitg'iederzahl im Kreise ständig im
Wachsen begriffen ist und zur eit etwa 700 beträgt. U berall
m Kreise herrscht arbe'tsfreudise Stimmung. Der Kaisenbe
icht des Kreisrechners fand nach Anhörung der Rechnungs
prüfer einstimmige Genehmigung. Eine lbhafte Aussprach
intspann sich über die beabsichtigte Verlegung der Gaugschästs
telle von Hamburg nach Kiel und die Neuregelung der
treisgrenzen im Gau. In den Kreisvorstand wurden gewählt:
zaack-Lübeck, Albrecht-Lübtheen. Clasen-Lübeck, Blohm-Lübeck
ind Ebel-Wismar. Der nächstjährige Kre'stag soll in Wismar
tattfinden. Ortsgruppen des Kreises bestehen in Lübeck, Schlu—
lup, Wismar, Schwerin, Lübtheen, Ludwigslust, Grabow,
Parchim, Lübz und Schönberg i. M.
S Zwangsverkäuse. Am 15. September 1911 wurde im
Termin vor dem Amisgerichte versteigert: J1. Das dem
kestaurateur C. F. Leukefeld, Lübeck, gehörige, mit 52500 M
zeschwerte Grundstück Fleischhauerstraße Nr. 34. Meistbieten—
der war der Privatmann A. H. W. Jack, Schwartau, mit
einem Gebot von 33800 M. Zuschlag 22. Sept. 19117
2. das Wirtschaftsinventar als Zubehör des Grundstücke
Mühlenstraße Nr. 46, früher dem Restaurateur H. H. Wullen—
veber, Lübeck, gehörig. Meistbietende mit einem Gebot von
30 Meublieb die Witwe des G. W. A. Kiesewetter geb.
Bevilaqua, Lübeck, welche im früheren Versteigerungsverfahren
auch das Grundstück erworben hatte. Der Zuschlag wurde
sofort erteilt. — Bezüglich des dem Werkführer J. H. Pagel,
Hamburg, gehörigen Grundstücks Hüxstraße Nr. 48 wurde
der Termin aufgehoben, weil die betreibenden Gläubiger teile
den Versteigerungsantrag zurückgenommen, teils die einst
veilige Einstellung des Verfahrens bewilligt hatten. — Zu—
Jgeschlagen wurde 1. das Grundstück Marlistraße Nr. 42
zem Frl. E. J. Ph. v. Melle, Lübech, für das am 1. Sept,
1911 von dem Weinhändler J. G. G. v. Melle, Lübeck,
Wgegebene und nachträglich an Frl. v. Melle abgetretene
Sebot von 13000 M; 2. das Grundstück Falkenstraße
Nr. 16, dem Landmann W. Hauschild, Schlagresdorf bGei
Schlagsdorf i. M. für das am 1. Sept. 1911 abgegebene
Gebot von 80000 M.
Travemünder Seewasserwärme
16. Sepk., mittags 1694 Grad Cels., abends 16/ Grad Cel.
17. Sept. morgens 15954 Grad Cels., mittags 16 Grad Cels.
abends 16 Grad Cels.
18. Sept. morgens 15124 Grad Cels. — Wind: Süd-West.
Lauenburg.
Ratzeburg, 18. Sept. Der auf der Hochzeits—
reise befindliche Kaufnann J. Koch aus Hamburg starb
Sonnabend morgen im Hotel „Ratzeburger Schweiz“. wo er
logierte, an Herzschlag.
ARatzeburg, 18. Sept. Sine neue wichtige Be—
stimmung enthalten die neuen allgemeinen Versicherungs—
bedingungen der Schleswig-Holsteinischen Landesbrandkasse zr
Kiel, welche am 1. Sept. d. J. in Kraft getreten sind
Kraft dieser Bestimmung gelten die Versicherungsverträge be
der Landesbrandkasse von jetzt ab, salls nicht im einzelnen Falle
e?ns andere Noreinharung getroffen wird Wue moitaras ale
neugewonnenen Künstler Gelegenheit, sich dem Publikum vor—
zustellen. Da kann denn erfreulicherweise berichtet merden,
daß wir in Herrn Nowacdk einen Charakterspieler bester Art
vewennen zu haben scheinen. Sein Bischof von Oslo —
vie schon oben gesagt, die weitaus bestgezeichnete
Figur des ganzen Stückes, — war eine fein ausge—
rrbeitete, durchgeistigte, von wildem, unheimlichen Leben
rfüllte künstlerische Darbietung, die nicht sobald dem Gedächt—
nis des empfänglichen Zuschauers entschwinden wird. Auch
zerr Hoß bemühte sich, wenn auch in einer etwas zu
chablonenhaften Siegfriedmaske, mit bestem Erfolge um die
sdolle des Hakon. Wir lernten in ihm, wie in der Ver—
reterin der Tochter Skules und Gemahlin Hakons, Irl.
Vuttke, sympathische Bühnenerscheinungen mit angenehmen
Irgane kennen. Eine schwierige und wenig lohnende Auf—
jabe hatte Herr Brunow, den wir erfreulicherweise wieder
n unserm Künstlerverbande begrüßen konnten, in der Rolle
des Skule zu erfüllen. Er bestrebte sich leider auch ver—
jebens, mit seiner in wenig unterhaltsamem Wechsel zwischen
orte, più forte und fortissimo schwankenden Deklamation aus
»iesem Herzog mit dem kranken Herzen so irgend etwas
vie einen Helden zu machen. Mit Lebhaftigkeit und Feuer
varf sich Herr Schürer auf die Darstellung des jugend—
ichen Sohnes des Jarl, dieses norwegischen Euphorions. Er
nachte aus ihr, was daraus zu machen war. Die übrigen
Mitspielenden traten nicht so sehr hervor, als daß man, be—
onders bei einer ersten Aufführung der Spielzeit, über sie
in Urteil hätte gewinnen können. Die Spielleitung lag
nuden altbewährten Händen des Herrn Fuchs. So braucht
s denn kaum gesagt zu werden, daß die Massenszenen, gleich
u Anfang die Szene vor der Kirche, dann die in der
Zurghalle usw., vortrefflich gestellt waren und sich gut be—
degten. Nur hätte das aufrührerische Volk vor dem Königs
chlosse und nachher vor dem Kloster sich nicht nur so 'in
zwischenräumen mit Pausen gänzlichen Verstummens bemerk
ich machen dürfen. Doch sind das kleine Anstände, deren An—
aß bei weiterm Einspielen des Personals sich kaum wieder—
holen dürfte. Also frisch voran, und möge das Publikum
er neuen Direktion bei ihren Bemühungen um die Förderung
»es Schaulniels treu hleih⸗— Moma«
auf die Tauer von 10 Jahren abgeschlossen. Diese Bestimmung
rnitt mit Beginn des nächsten Versicherungsiahres in Kraft und
war stillschweigend. Jeder Versicherte, welcher etwa aus Un⸗
kenntnis oder Unachtsamkeit nicht bis zum 30. Sept. d. J.
der Landesbrandkasse in Kiel gegenüber diese Bestimmung aus—⸗
drücklich kündigt, begibt sich für die nächsten 10 Jahre des
Rechts, dort austreten zu knönen.
MASandesneben, 18. Sept. Zum stellvertreten
den Gemeindevorsteher in Lüchow wurde der Vollhufner
Heintich Koop daselbst auf die gesetzliche Dauer von sechs Jahren
zewählt. — Personalnachricht. Für den verstorbenen
Lehrer und Organisten Brockmann zu Seedorf wurde Lehrer
Voß, welcher die Stelle bereits interimistisch verwaltet, vom
»ortigen Schulvorstand zum Lehrer und Organisten gewählt. —
Folgen der Maul- und Klauenseuche. Der Hufner
5. Lembcke zu Schiphorst hatte, als auf seiner Hofstelle die
Maul-⸗ und Klauenseuche herrschte, die auf einer Koppel wei—
»enden Kühe umgeweidet. Er erhielt deshalb von dem Amts-
vorsteher einen Strafbefehl von 15 Muäevent. 3 Tagen Saft.
zäierauf beantragte L. richterliche Entscheidung und erklärte vor
em Schöffengericht zu Steinhorst, daß ein Notstand vorge—
egen habe. Wegen Futter- und Wassermangel seien die Tiere
uicht mehr gewaltsam auf der alten Weide zu halten gewesen.
das Schöffengericht trug diesem Umstand Rechnung und er—
näßigte die Strafe auf 5 Meevent. 1 Tag Haft. Hiergegen
egte der Staatsanwalt Berufung ein und verlangte, daß die
rolizeiliche Strafverfügung wiederhergestellt werde. Die Straf—⸗
ammer zu Altona kam aber nach einer glänzenden Verteidigung
»es L. durch Rechtsanwalt Dr. Sürgens zu dem Erkenntnis,
»ie Berufung des Staatsanwalts zu verwerfen, da offenbar
in Notstand vorgelegen habe. Bedauerlich sei, daß nicht auch
ber Beklagte Berufung eingelegt babe, da er sicheérlich freige—
prochen Iorden wäre. — Der Schützenverein feiert am
Sonntag, dem 24. Sept. sein Sommerfest, bestehend in Preis—
chießen und Ball im Hotel Lauenburger Hof hierselbst. Am
Preisschießen können auch auswärtige Schützen teilnehmen.
Großherzogtümer Medlenburg.
Ludwigslust, 18. Sept. Tödlicher Unglücksfall.
Beim Bau der Kleinbahn Brahlsdorf—Neuhaus wollte ein
34jähriger galizischer Arbeiter auf einen an ihm vorüber—
fahrenden Kippwagen springen, glitt aber aus und kam unter
die Räder des Wagens. Im Stift Bethlehem, wohin er
gebracht wurde, mußte das verletzte Bein abgenommen wer—
den, doch ist der Verunglückte bald darauf seinen Verletzungen
erlegen.
Parchim, 18. Sept. Im Streite erstochen. Als
Freitag abend gegen 9 Uhr der Bäarbierlehrling Schröder aus
zagenow in der Langenstraße spazieren ging, wurde er von
„wei Männern angehalten, die versuchten, ihmm die Tabaks⸗—
ofeife aus dem Mund zu schlagen. Schröder versuchte fortzu—
aufen, wurde aber von den beiden, und besonders von dem
25jährigen Maurer Schohhnecht aus Demmin am Kopf fest—⸗
zehalten. In seiner Angst zog Schröder nun sein Dolchmesser,
zon dem aber das Futteral abfiel, so daß er, als er damit
im sich stieß, dem Schohkknecht eine klaffende Wunde anr
Iberarm beibrachte, an der Sch. noch bevor ärztliche Hilfe
zur Stelle war, verblutete. Eine breite Blutspur be—
zeichnete auf der Straße die Stelle, von der der Verletzte sich
noch in ein Haus geschleppt hatte, wo er sehr schnell an
Verblutung star Schrador jist ia Saft genommen.
Neueste Rachrichten und Telegramme.
Die Wiener Teuerungskrawalle.
W. Wien, 18. Sept. Gegen 11 Uhr nachts ist im Bezirk
Dttakring Ruhe eingetreten. Ein Aufruf der sozialdemo—
kratischen Parteileitung fordert unter Hinweis, daß nach der
ruhigen Arbeiterkundgebung disziplinlose Elemente Kämpfe
nit der Polizei und dem Militär begonnen hätten, die Ar—⸗
beiter auf, sich jeder weiteren Demonstration zu enthalten
und Montag früh wie gemöhnlich die Arbeit wieder auf—⸗
zunehmen.
Zwei Uhr morgens. Nach den bisherigen Fest—⸗
tellungen wurden bei den Ausschreitungen in Ottakring eine
Person durch einen Baionettstich des anrückenden Militärs
zetötet und durch die von den Truppen abgegebene Salve
nehrere Unruhestifter schwer verletzt. Die Zahl der mehr
»der minder schwer Verwundeten, einschließlich der Sicher—
heitswachmannschaft und des Militärs, beträgt 58.
W. Wien, 18. Sept. Bei den Angriffen der Kavallerie
auf die widersetzliche Masse auf der Schmelz wurden, wie
verlautet, sechs Personen getötet. Abends nahmen die Exzesse
mm Bezirk Ottakring einen ernsteren Charakter an. Die
Demonstranten zertrümmerten in den Hauptstraßen die Gas—
aternen, so daß die Beleuchtung nicht funktionierte, und
errichteten Barrikaden, um das Militär am weiteren Vor—
rücken zu hindern. Als aus den Reihen der Demonstranten,
ceils aus finsteren Wohnungen verschiedene Wurfgeschosse auf
das Militär geschleudert wurden, gebrauchte das Militär
die Schußwaffe. Bis 10 Uhr abends hieß es, eine Person
sei getötet, vier schwer verletzt und gegen 80 Personen
nehr oder minder verletzt. Seitens des Militärs wurden
leichfalls mehrere Mann verwundet und auf seiten der
Bolizeimannschaft mehrere schwer verletzt. Im Laufe des
Tages wurden in der inneren Stadt 70 und in Ottakring
100 Personen verhaftet. Die Exzesse blieben auf den Bezirk
Ottakring beschränkt.
W. Berlin, 18. Sept. Als in Tegel gesitern abend
um 7 Uhr ein aus drei Wagen bestehender elektrischer Straßen—
bahnzug einlief, standen etwa 250 Personen an der End—⸗
haltestelle, die dem Zuge entgegenrannten, um sich einen
Platz zu sichern. Bei dem großen Gedränge wurde die Sliährige
Frau Krebs von der nachdrängenden Menge gegen den erjlten
Anhängewagen gedrückt. Obwohl die Frau mit aller Kraft
die hinter ihr stehenden Personen zurückzudrängen versuchte
und rief, man möge ihr Raum geben, wurde sie so heftig
zescheben, daß sie den Halt oerlor und zwischen den zweiten
und dritten Anhängewagen geriet. Die Frau stürzte so
uinglücksich daß sie unter den Schutzrahmen kam und, da das
Straßenbahnpersonal in dem furchtbaren Durcheinander den
Unfall nicht soaleich pbemerken konnte. zu Tode geaguetschf
wurde.
Der Direktor der Siemens-Schuckert-Werfké
und Siemens C Halske A.G. Geheimer Baurat
Schwieger, als Pionier der elektrischen Bahnbauten weit
belannt. ist gestern in Wiesbaden, wohin er sich zum Kur—
aufenthalt begeben hatte, im Alter von 66 Jahren plötzlich
an einem Herzschlag gestorben.
DTet bekannte Direktor des Residenztheaters,
Richard Alexander, legt dem B. T. zufolge am 1. Sep.
teniber 1912 die Direktion des Residenztheaters nieder.
Er wils von da ab nur seiner künstlerischen Tätigkeit leben.