Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

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Ausgabe 4. 
Tagesbericht. 
Lübeck, 16. September. 
W. Das Regiment Lübeck im Kaisermanöder. Die Tage des 
Kaisermanövers waren für das Regiment Lübeck recht anstren— 
gende. Es war von seinem 9. Armeekorps abgezweigt und 
der 41. Division zugeteilt worden, die zusammen mit der 3. Garde— 
division das neue 20. Armeekorps bildete. Dieses stand mit 
dem Gardekorps dem 9. und 2. Armeekorps gegenüber. Dem 
Regiment Lübeck war als linker Flügel des 20. Armeekorps 
an allen Schlachttagen eine besonders wichtige Aufgabe zuer— 
teilt, nämlich die Umgehung durch den Feind (rote Partei) zu 
verhindern, und es ist ihm dies nicht nur in vollem Maße ge— 
lungen, sondern es hat auch an allen Tagen durch rechtzeitiges 
Eingreifen in die Schlachten in hohem Grade die Entscheidung 
zugunsten ven Blau beeinflußt, wodurch es sich denn auch das 
besondere Lob seines allerhöchsten Kriegsherrn verdient hat. Es 
waren für das Kaisermanöver Jeine Quartiere, sondern Biwaks 
in kriegsmäßigster Weise vorgesehen. In der Nacht zum 12. d. M. 
biwakierte das Regiment Lübeck bei Krumbek in der Nähe des 
Bredenfelder Holzes. Aber schon nach nur 2h2stündiger Nacht— 
ruhe mußte es zusammen mit der Eardedivision den Vormarsch 
gegen den Feind antreten und im Laufe des Tages an 50 km zu⸗ 
rüchlegen. In der Nacht zum 13. Sept. lagerte das Regiment 
bei Bredenfelde und in der Nacht zum 14. d. M. bei Heinrichs⸗ 
hagen. Da die Truppen an beiden Tagen gleichfalls zwischen 
40 und 50 km marschiert und an den Schlachten teilgenommen 
hatten, war für die letzte Nacht das Biwak auf Befehl des 
Kaisers mit Rüchsicht auf die außerordentliche Anstrengung der 
Truppen ohne Alarmzustand. Die großen Märsche an den ein—⸗ 
zelnen Tagen vernotwendigten sich durch die stetigen Zurück— 
weisungen der Umgehungsversuche des Feindes. Am letzten 
Manövertage marschierte das Regiment Lübeck von Heinrichs— 
hagen über Pratt, Leppin, durch den Forst Rowa, über Kulpin 
nach Pragshagen, wo im entscheidenden Moment mit vereinten 
Kräften der rechte Flügel von Rot energisch angegriffen und zu— 
rüdgeschlagen wurde. Am Donnerstag gegen 10 Uhr vormit— 
tags wurde „das Ganze halt“ geblasen; das diesjährige Kaiser— 
manöver war zu Ende und es erfolate der Abmarsch der Truppen 
in ihre Quartiere. Das Regiment Lübeck bezog teils Orts— 
unterkunft in der Nähe von Eneetzka und Oertzenhof, teils lag 
es im Biwak. Gegen 11 Uhr abends wurde das Regiment bei 
Dertzenhof in Eisenbahnzüge verladen. Die in und bei Eneetzka 
einquartierten Teile dMes Regiments Lübeck wurden am Don— 
nerstag abend beim Abendessen durch das Großfeuer im benach— 
barten Kublank, worüber wir bereits berichteten, aufge— 
— 
mehreren großen Gebäuden bestehende Pfarrhof und die Kirche 
in Flammen auf. Nur durch das tatkräftige Eingreifen einer 
Kompagnie des 9. Pionierbataillons, die im nahegelegenenFried— 
richshof einquartiert war, und der umsichtigen Leitung der Lösch— 
arbeiten durch Leutnant der Reserve Brandmeister Ulrich vom 
Inf.Regt. Nr. 76 ist es zu danken, daß der Brand auf seinen 
Herd beschränkt wurde. Das neue Psfarrhaus und die benach— 
barten Gebäude schwebten infolge des Wassermangels in größter 
Gefahr. Leider fielen den Flammen neben verschiedenem an— 
deren Vieh auch 7 Vferde des Dirisionsstabes, darunter 3 wert— 
volle Tiere des Generalleutnants Nikisch v. Rosenegk, Kom— 
mandeurs der 17. Division, zum Opfer. Sein Adjutant, Major 
v. Stockhausen, der seine Pferde seibst retten wollte, geriet 
hierbei unter das herniederstürzende brennende Strohdach und 
erlitt am Hinterkopf, am Rücken und den Händen sehr schwere 
Brandwunden, und nur durch die Geistesgegenwart und das 
entschlossene, wagemutige Handeln einer Stabsordonnanz — der 
Soldat trug den Offizier aus den Flammen — wurde dieser 
vom Feuertode gerettet. Der Soldat wurde bei dieser Rettungs— 
arbeit selbst erheblich verletzt. Exzellenz Nikisch v. Rosenegk, 
der bei diesen traurigen Szenen zugegen war, ließ die beiden 
Verletzten in seinem Automobil nach Neubrandenburg ins Kran— 
kenhaus bringen. — Das 1. und 2. Bataillon des Regiments 
Lübech trafen gestern vormittag 11 Rhr 17 Min. das 3. Bataillon 
nachmittags 2 Uhr 5 Min. hier wieder ein. Die Reservisten 
werden heute vormittag 10 Uhr entlassen. Se. Majestät der 
Kaiser hat seine hohe Zufriedenheit mit dem Regiment Lübeck 
bereits in einem Schreiben an den Senat zum Ausdrud gebracht 
und dem Regiment als äußeres Zeichen seiner Anerkennung eine 
Fahnenschleife verliehen. Aber auch die unmittelbaren Vorge— 
setzten der Soldaten unterließen es nicht, ihnen ihre Anerkennung 
und ihren Dank für ihre vortrefflichen Leistungen auszusprechen. 
Der Kameradschaftsbund der 76er und 162er hielt 
Mittwoch im Restaurant Hohenzollern eine Monatsversamm— 
lung ab. Zunächst wurde der verstorbenen Kameraden Körner 
und Kaaksteen gedacht, deren Andenken die Versammlung 
durch Erheben von den Sitzen ehrte. Hierauf wurden neun 
Kameraden in den Verein aufgenommen. Es wurde über 
den Verbandstag in Kücknitz, ferner über die Ausflüge des 
Vereins nach Schwerin und nach der „Hölle“, sowie über 
das Sommerfest berichtet. Letzteres brachte einen Ueberschuß 
von 180 M. Sodann erstatteten die Kassenprüfer Bericht 
über die Kassenprüfung im August. Ferner wurde mitge— 
keilt, daß von Mitgliedern des Kameradschaftsbundes vom 
l1. bis 21. Dez. die Werningschen Festspiele im Hansa⸗ 
theater zur Aufführung gelangen. Der etwaige Ueberschuß 
ioll der Unterstützungskasse in Sterbefällen zugeführt werden, 
Das Stiftungsfest wird Montag, 4. Dez., gefeiert werden. 
— Die Stellenvermittlung für die Reservisten ist wieder in 
Tätigkeit getreten und es werden insbesondere die Kameraden 
Arbeitgeber gebeten, dieselbe tatkräftigst zu unterstützen. Etwaige 
offene Stellen sind freundlicht dem Kameraden J. Green, 
Lindenstraße 402, anzuzeigen. Ebenso wollen sich stellung— 
suchende Kameraden dort melden. — Weiter wurde beschlossen, 
ijin diesem Jahre wieder eine Tombola zu veranstalten. — 
Dem Verein ist von Herrn Kaufmann Stolterfoth ein Säbel 
geschenkt, welchen einst Herr Nikolaus Stolterfoth als An— 
gehöriger der Hanseatischen Legion in den Freiheitskriegen 
zgetragen hat. Dem Spender wurde durch Erheben von den 
Sitzen gedankt. Hierauf erhielt Kamerad Herr Pastor Müller 
das Wort zu seinem Vortrag „Eine Wisbyfahrt“. In an— 
chaulicher Weise wußte er den Anwesenden seine diesjährigen 
Reiseerlebnisse vor Augen zu führen. Dem Vortragenden 
wurde nach Schluß seiner sehr interessanten Ausführungen 
rauschender Beifall zuteil 
5 
— 
v 
1 
Sonnabend, den 16. September 1941. 
Morgen⸗Blatt Nr. 469. 
Aeues Fernsprechteilnehmer⸗Verzeichnis. Von dem ver— 
neichnis der Teilnehmer an den Fernsprechnetzen im Ober— 
dostdirektionsbezirk Hamburg wird im Monat Oktober 
ine neue Auflage veranstaltet werden, die in der zweiten 
zälfte des Monats November zur Ausgabe gelangt. 
ks wird darauf aufmerksam gemacht, daß Anträge auf 
Aenderungen bestehender Eintragungen, falls sie in der Neu— 
rusgabe noch Berücksichtigung finden sollen, spätestens bis zum 
8. Sept., und zwar in Hamburg an das Fernsprechamt 
Binderstraße 26), in den übrigen Orten an die Postanstalten 
einzureichen sind 
— — 
Die Wasserwürme in den städt'schen VBadeanstalten betrug 
am 15. September im Krähenteich 17 Gr. Cels., auf dem 
Falkendamm 17 Gr. Cels. 
e äÔ ÛÒUŸIJÊÆAAS 
b. Staditheater. Aus der Theaterkanzlei schreibt man uns? 
Sonntag geht als erste Opern-Vorstellung dieser Spielzeit 
„Tannhäuser“ in Szene. Die Besetzung der Hauptpartien 
ist folgende: Tannhäuser: Herr Pistori, Elisabeth: Frl. Wein—⸗ 
garten, Venus: Frau Kruse-Tiburtius, Wolfram: Herr Holm⸗ 
fuist, Landgraf: Herr Fabian, Walter: Herr Kollwitz. Die 
Inszenierung des Werkes liegt in Händen des Herrn Ober— 
ꝛegisseurs Beyer, die musikalische Leitung hat Herr Kapell— 
neister Pfeiffer. — Montag zum 1. Male „Glaube und 
deimat“ von Schönherr. 
b. Overbeck-Cornelius-Fest der Gesellschaft Löbecker Kunst⸗ 
freundinnen. Im Sinblick auf das im November stattfindende 
IverbeckCornelius-Fest der Gesellschaft Lübecker Kunstfreundinnen 
ist erwähnenswert, daß die persönliche Bekanntschaft der beiden 
in Rom durch Lübecker vermittelt wurde. Im Jahre 1811 ver— 
nittelten Overbecks Schwager Plessing und der spätere Lübecker 
Zenator Roeck durch Briefe an Overbeck die Vorstellung des 
Fornelius. Am 14. Okttober 1811 meldet Overbecks Tagebuch 
ven Besuch von Cornelius, der gleich am Tage seiner Ankunft in 
sRom Briefe und Grüße überbracht hatte. 100 Jahre sind also jetzt 
verflossen, seit die Namen Overbeck und Cornelius verbunden 
im Gedächtnis der Lübecker Freunde fortleben. 
b. Hansatheater. Aus der Theaterkanzlei schreibt man 
uns: Sonnabend, 16. Sept., findet die erste deutsche Auf— 
ührung des amerikanischen Ausstattungsstückes, Das Mädchen 
zus Wild-West“ statt. Die Regie liegt in Händen des 
derrn Robert Zimmermann vom Residenztheater Dresden. 
die Titelrolle spielt Frl. Claire Helliot vom Berliner Theater. 
Der 1. Akt spielt an Bord eines englischen Kriegsschiffes, 
der 2. führt uns in die Wild-Westschenke „Zum Meerweib“, 
inmitten von Goldgräbern Corrbys erscheint das Mädchen aus 
Wild-⸗West und Texas Harry zu Pferde. Der 3. Akt spielt 
am Eisenbahn-Tunnel zu Red Croß, der 4. vorm Traualtar. 
Dieses Stück, welches allein in Newyork 700 Aufführunger 
erlebte, dürfte auch für Deutschland ein Schlager werden. 
I Hanfestãdte 
Hamburg, 16. Sept. Die Beleuchtung auf dem 
dammtorbahnhof versagte Donnerstag abend infolge 
Zurzschlusses um 95 Uhr gänzlich. Die Bahnsteige, die Bahn— 
hofshalle und die Bureaus der Fahrkartenausgabe und Ge— 
zäckabfertigung waren in tiefes Dunkel gehüllt. Die später ein⸗ 
zeschaltete Notbeleuchtung konnte die Finsternis nur notdürftig 
rhellen. Die Außenbahnsteige blieben total dunkel. Bei An— 
unft und Abfahrt der D-Züge wurden Arbeiter mit 
Fackeln auf dem Fernbahnsteig aufgestellt, um das Aus— und 
kinsteigen ohne Unfälle zu ermöglichen. Am fühlbarsten wurde 
der Lichtmangel auf den Zugangstreppen zum Bahnsteig, die 
teisenden waren lediglich auf ihr Tastvermögen angewiesen. Der 
Zustand dauerte bis zum Betriebsschluß, weit nach Mitternacht. 
Sestern früh war die Störung beendet. Unfällesind nicht 
vorgekommen. 
D Ferienstraflammer II. Sitzung vom 14. Sept. Wegen 
Diebstahls im Rückfalle hat sich der Arbeiter Karl Lü. 
u verantworten. Der Angeklagte und der Invalide Witt 
vohnen in einem Hause. Im November v. J. war der Ange— 
lagte dem Witt behilflich, auf dessen Boden Holz zu schaffen. 
zei dieser Gelegenheit eignete er sich einen dem Witt gehörigen 
kock an, indem er den Rock durch die seinen Boden von dem 
8oden des Witt trennende Bretterwand hindurchzwängte und 
iachher für sich behielt. Das Urteil lautet, da der Ange— 
lagte wiederholt wegen Diebstahls bestraft ist, auf 5 Monate 
vefängnis. — Ebenfalls wegen Rüdfallsdiebstahls hat 
ich der Arbeiter Hermann Th. zu verantworten. Ter Angeklagte 
lsing kürzlich in das Karstodtsche Geschäft, angeblich, um in 
er Lebensmittelabteilung Abfall zu kaufen. Dabei kam er 
an der Schuhwarenabteilung vorbei und eignete sich ein Paar 
zchnürstiefel an, um sie für sich zu behalten, angeblich, weil 
eine zerrissen waren. Er wird zu 6 Monaten Gefängnis ywer— 
irteilt. — Wegen Urkundenfälschung undBetruges 
at sich der Reisende Karl Sch. aus Dresden, mehrfach bestraft, 
u verantworten. Der Angeklagte war vom Oltober 1909 bis 
Mai 1910 als Reisender bei der Firma F. in Leipzig tätig. 
kr vertrieb für die Firma ein Buch, betitelt: „Deutschlands 
Nuhmeshalle im 19. Jahrhundert in Wort und Bild“. Der 
Preis des Buches betrug 20 M50 Pig, der in vierteljährlichen 
Raten bezahlt werden sollte. Ein bestimmtes Gehalt bezog 
der Angeklagte nicht, sondern er erhielt für jede Bestellung 
ine Provision je nach den Zahlungsvereinbarungen mit den 
Junden von 3 oder ß5M. Im März 1910 kam der Angeklagte 
iach Moisling und suchte dort den Gastwirt Seeler und den 
Privatmann Hoffmann auf. Beiden erklärte er zunächst un— 
obahrerweise, er komme auf eine Empfehlung des Zimmer— 
neisters Schnauer und legte gleichzeitig ein mit dem Namen 
es Schnauer gefälschtes Empfehlungsschreiben vor, auch bot 
r ihnen das bezeichnete Werk an. DTabei erklärte er unwahrer— 
veise, daß sie das Buch in jährlichen Raten von 5 Mibe— 
ahlen könnten, indem sie wöchentlich 10 Pfg. abzahlten. Diese 
kReatenzahlungen würden wöchentlich vom Kriegerverein Moisling 
»inagezogen. Seeler und Hoffmann bestellten beide das Buch 
ind unterschrieben einen Bestellzettel mit den verabredeten 
bedingungen. Nach Unterschrift der Besteller fällchte der An— 
ellagte die Bestellzettel in der Weise, daß er das Wort 
jährlich‘“ ausradierte und dafür das Wort „dreimonatlich“ 
inschrieb. Diese gefälschten Bestellzettel schidte der Angeklagte 
in seine Firma, die ihm die vereinbarte Provision zahlte, 
»ie Bücher lieferte und einen Teil des Kaufpreises schon nach 
3 Monaten einzog. Der Angeklagte wird zu 6 Monaten Ge— 
ängnis verurteilt. — Wegen Urkundenfälschung, Be— 
ruges und Diebstahls hat sich der bereits bestrafte 
Anstreicher Georg Le. genannt P. von hier zu verantworten. 
?twa Ende Juli d. J. erschien der Angeklagte im Laden des 
Zrogisten Hahn und verlangte auf Grund eines mit dem 
damen „G. Pattosien“ unterschriebenen Bestellzettels Waren 
Farben), angeblich für seinen Vater, den Malergehilfen P. 
da Hahn diesen kannte und ihm Kredit gewäührte, trug er 
eine Bedenken, dem Ueberbringer des Bestellzettels die Waren 
iuf Kredit auszuhändigen. In den darauf folgenden Tagen 
vurden ihm noch viermal von Kindern mit dem Namen „G 
zattosien“ unterschriebene Bestellzettel auf Farben überbracht 
nit der Bitte, ihnen die Waren für P. auszuhändigen. 
zahn gab die Waren jedesmal anstandslos ab. Als das 
donto des P. auf 12 Meäangelaufen war, wandte sich Hahn 
in diesen mit der Bitte um Begleichung der Schuld. Nunmehr 
rfuhr er, daß P. die Waren nicht bestellt, auch die Bestell— 
heine nicht unterschrieben hatte; viehmehr hatte der Angeklagte 
ie Bestellscheine fälschlich mit dem Namen seines Vaters aus 
estellt und unwahrerweise dem Hahn gesagt bezw. sagen lassen, 
zie Ware sei für seinen Vater. Sämtliche Farben hat der Ange— 
lagte für sich verbraucht. Bei se ner Verhaftung wurde ein 
zadehandtuch gefunden, das er gestohlen hat. Seine Au— 
aben über den Erwerb baben sich als unwahr erwiesen. 
Das Urteil lautet auf eine Gesamtstrafe von 7 Monaten und 
Woche Gefängnis. — Wegen Mißkßhandlung wurden 
»er Maurer Heinrich Eg. und dessen Ehefrau durch Urtetl des 
siesigen Schöffengerichts vom 1. August d. J. zu je 5 Monaten 
zefängnis verurteilt. Das Gericht stellte fist: die Angellagten 
‚ätten seit Herbst 1910 ihr vorehel'ches vier Jahre altes Kind 
Ida übermäßig häufig und stark geschlagen, und zwar habe 
as Kind von der Mutter heftiee Schläge besonders an den 
Fopf und ins Gesicht mit der Hand, an der sich ein breater 
Ehering befand, vom Vater häufig mit einem Stock Schläge 
zuf das Gesäh, und zwar andauernd. auch häufig auf das 
»loße Gesäß erhalten. Auch sei das Kind irgendwo gegen ge⸗ 
vorfen. Das Kind habe häufig blutunterlaufene Ste'len im 
Hesicht gehabt und habe noch zwei Wochen, nachdem es von 
en Eltern fortgewesen, Spuren der Mikhandlung an den 
Irmen gezeigt. Das Kind sei auch mangelkaft ernährt, denn 
s habe bei der ärztlichen Untersuchung sich in einem ganz 
lenden Ernährungszustande befunden. Nachdem das Kind in 
ndere Pflege gekommen, habe es innerha'b vier Wochen 
2 Pfund zugenommen. Auch unrein sei das Kind gehalten, 
nenn es sei länse ke Zeit mit zahlreichen Kopfläusen behaftet 
„ewesen. Das Kind sei in einer sein Leben gefährdenden 
Weise behandelt. Die Angeklagten haben gegen das Urteil 
Berusung erhoben. Se bestreiten, bei den Züchtigungen, die 
»as Kind erhalten habe, weil es sich unsauber gehalten habe 
iber das erlaubte Maß hinausgçegangen zu sein, und behaupten., 
»em Kinde reichlich Nahrung gegeben zu haben. Die erneute 
Zeweisaufnahme fällt aber so sehr zuungunsten der Angeklagten 
rus, daß das Gericht sich veranlaßt sieht, die Strafe gegen 
eden auf 6 Monate Gefängnis zu erhöhen 
Schles wig⸗ Holstein. 
Neumünster, 16. Sept. Bahnprojekt Neu— 
nünsster —Ohlsdorf—ßamburg. Die Kieler Han⸗ 
elskammer hat bei den Eisenbahnbehörden den Vor— 
chlag gemacht, zur Herstellung einer besseren Verbindung 
nit Hamburg eine neue Bahn von Neumünster über Ohls— 
»orf nach Hamburg zu bauen. Die Strede Neumünster — 
Ihlsdorf würde etwa 55 kmälang werden und der Ham⸗ 
»urger Hauptbahnhof durch Schnellzüge von Neumünster aus 
n etwa 34 Stunden erreicht werden können, so daß für 
»en Verkehr rund 25 km Faährt, der Aufenthalt in Elms— 
yorn, der Aufenthalt in der Kopfstation Altona und die 
xahrt auf der Verbindungsbahn Altona — Hamburg gespart 
ind damit etwa 54 Stunden gewonnen werden können. 
)die Strecke Neumünster — Elmshorn würde sehr wesentlich 
ntlastet werden, aber für die Herstellung von Querver— 
indungen, namentlich über Wrist— Itzehoe nach dem Westen, 
nit durchgehenden Zügen besser zu benutzen sein. Bei dem 
ortschreitenden Bestreben, die Elektrisierung der Eisen— 
ahnen durchzuführen, möchte in Frage kommen, diese 
jserade Linie für solchen Verkehr auszubauen; 
ber selbst, wenn dieses für die hiesige Provinz noch nicht 
o bald in Frage stehen sollte, würde der Ausbau auch 
nit Dampfbetrieb von großem Vorteil. für die ganze Be— 
„ölkerung der Provinz von Neumünster nach dem Norden 
ein. Die Verbilligung und Beschleunigung der Reise würde 
inen so erheblichen Verkehrszuwachs bringen, daß für die 
Zahnverwaltung die Anlagekosten wieder eingebracht werden. 
Kreis Steinburg, 16. Sept. Die Preise für 
Weibkohl, die im Kleinhandel eine Höhe hatten, die ab-⸗ 
olut nicht im Verhältnis standen zur Ware, gehen seit einigen 
kagen ständig zurück. Auch die Butterpreise sind in 
etzter Woche gefallen. Die Kartoffelernte auf der Geest 
iiefert gute Erträge, so daß man auch bei dieser Frucht auf einen 
Preisrüchschlag wird rechnen dürfen. 
Lauenburg. 
2. Mölun, 16. Sept. Verfetzung. Lehrer Wöhlkens. 
hierselbst, der Ostern d. J. die Prüfung für Zeichenlehrer 
in Hamburg bestand, wird zum 1. April 1912 eine Stelle 
als Zeichenlehrer an der Mittelschule zu Graudenz antreten. 
Rs. Büchen-Bhf.“ 16. September. Gestorben ist der 
jeit langen Jahren im Dienste befindliche Postverwalter 
Peters, hierselbst. — Ein S chwindler, der sich als Bahn—⸗ 
»eamter ausgab, übergab einem hiesigen Uhrmacher eine wert—⸗ 
ose Taschenuhr zur Reparatur und erbat sich eine andere guf 
gehende als Ersatz, die ihm auch verabfolgt wurde. Jetzt hat 
es sich herausgestellt, dah es einen Bahnbeamten mit dem an— 
gegebenen Namen hier in der Gegend gar nicht gibt. 
Großherroatümer Medlenburg. 
Schönberg, 16. Sept. Sein ssOjähriges Amtts— 
jubiläum begeht in Falkenhagen Lehrer Lüth, der jetzt 
in den Ruhestand tritt. 
⸗Rehna, 16. Sept. Mit militärischen Ehren 
vurde der Amtsgerichtsdiener a. D. Ludwig Karow zu Grabe 
getragen. J
	        
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