Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

Deutscher Reichstag. 
(Ausfahrläücher Bericht) 
113. Sißzung. 4 
Verlin, den 24. Januar. 
Am Bundesratstische: Stdatssekreför Wer mufb. 
Die zweite Lesung des Entwuris eines 
Zuwachssteuergesetzes 
widd fortgesetzt. 
88 4949b regeln die Verteilung des Betrages der 
Zuwachssteuer, und das Zuschlagsrecht der Ge— 
meinden. 81409 lautet nach den Kommissionsvorschlägen: Von 
dem Ertrage der Zuwachssteuer erhält das Reich 50 Prozent. 
Weitere 10 Prozent erhalten, sofern nicht die Landesgesetzgebung 
eine andere Bestimmung trifft, die Bundesstgaten als Entschädi— 
gung für die Verwaltung und Erhebung der Steuer. 40 Prozent 
ließen den Gemeinden oder Gemeindeverbänden zu, in deren 
Vereich der steuerpflichtige Gegenstand sich befindet. Die Rege⸗ 
lung zwischen Gemeinden und Gemeindeverbänden, soweit diesen 
nach den Bestimmungen der Landesgesetzgebung ein Besteuerungs⸗ 
recht zusteht, sowie in Ansehung von Grundstücken, die keiner 
Gemeinde angehören, erfolgt durch die Landesgesetzgebung, bis 
zum Erlasse des Landesgesetzes durch die Landesregierung. 
Die Abgg. CEunb und Gen. (Fortschr. Vpt.) wollen dem Reich 
nur 40, den Gemeinden aber 80 Prozent der Steuer zuweisen; sie 
heanträgen ferner, die Worte; „als Entschädigung für die Ver⸗ 
valtung und Erhebung der Steuer“ und die Worte: „bis zum 
Frlasse des Landesgesetzes durch die Landesregierung“ zu streichen. 
Abg. Weber natlib.) will den Bundesstaaten nur 218, den 
hHemeinden 478 Prozent zuweisen. 
Die Abgg. Müller-Fulda und Gen. (Jentr.) beantragen, statt 
der Worte „bis zum Erlasse des Landesgesetzes durch die Landes⸗ 
regierung“ zu setzen: „bis zum Erlasse des Landesgesetzes fließen 
die 40 Prozent den Gemeinden zu, in deren Bereiche sich der 
teuerpflichtige Gegenstand befindet; in Ansehung von Grund⸗ 
tücken, die keiner Gemeinde angehören, erfolgt bis dahin die 
Regelung durch die Landesregierung.“ 
Abg. Graf Westarp Dlons will die Worte „bis zum Erlasse 
des Landesgesetzes durch die Landesregierung“ durch folgende 
Fassung ersetzen: „Bis zum, Erlasse des Landesgesetzes bestimmt 
as Nähere die Landesregierung, mit der Maßgabe, daß den 
GBemeinden, wenn das Grundstück in ihrem Bezirk liegt, 40 Pro⸗ 
zent des Ertrages zufließen.“ 
J Abg. Trimborn(Zentr.) will folgenden zweiten Absatz vinzu⸗ 
ügen: „Diejenigen Gemeinden, deren Grundftücke ganz oder teil⸗ 
weise den Beschränkungen des Rayongesetzes unterworfen sind, 
rhalten aus dem Ertrag der Zuwachssteuer einen Anteil von 
30 Prozent; der Anteil des Reichs vermindert sich zutspregend 
Von den Abgg. Albrecht und Gen. (soz.) liegt der Antxag 
vor, den K 49 wie ogt zu fassen: „Von dem Ertrage der Zu⸗ 
nwachssteuẽr erhält das Reich 302. Aus diesem Anteil hat es 
jährlich 6 Millionen Mark zur Znseroe für die Kriegsveteranen 
zu verwenden. Weitere 102 erhalten, sofern nicht die Landes⸗ 
Deeen eine andere Bestimmung trifft, die Bundesstaaten 
ils Entschädigung fiir die Diewing und Erhebung der Steuer. 
O * fließen den Gemeinden und Gemeindeverbänden zu, in 
deren Bereich der steuerpflichtige Gegenstand sich befindet, Die 
Regelung zwischen Gemeinden und Gemeindeverbänden“ usw. 
wie der Kommissionsvorschlagh). 
8 49 a lautet nach den Kommissionsbeschlüssen: Die Gemein⸗ 
den Gemeindeverbände) sind berechtigt, mit Genehmigung der 
Landesregierung durch Satzung zu bestimmen, daß zu den nach 
den Vorschriften dieses Gesetzes zu erhebenden Stenersätzen für 
bre Rechnung Zuschläge erhoben werden. Die Zuschläge können 
ꝛarqus entstehen, daß 1. alle oder einzelne Steuersätze des Tarifs 
erhöht werden; 2, die Ermäßigungen des Tarifs außer Betracht 
hleiben; 3. die Hinzurechnungen für die verschiedenen Grund— 
stücksarten verschleden gestaltet werden oder außer Betracht 
Neiben, oder daß ihnen kleinere Prozente zugrunde gelegt werden. 
Die Zuschläge dürfen, wenn die der Berechnung der Reichsstener 
zugrunde gelegte Wertsteigerung nicht mehr als 10* des Er— 
verbspreises betränt, 55, wenn sie mehr als 10 bis einschließlich 
V pgt. des Erwerbspreises beträgt. 716 p8t., wenn sie mehr als 
ꝓut. des Erwerbspreises beträgt, 10 pot, dieser Wertsteigerung 
nicht übersteigen. Reichssteuer und Juschlag dürfen zusammen 
30 — der Wertsteigerung nicht überschreiten. 
ie Wag Cuns (fortschr. un und Gen. wollen im dritten 
Absatz statt Erwerbspreises“ den Aqe seten, der sich aus dem 
krwerbspreis und den Zu⸗ und Abrechnungen zusammensetzt. 
Die Abgg. Büller Fuülda (Zentr.) und Gen-schlagen folgende 
Fassung des 8 492 vor: Die Gemeinden (Gemeindeverbände 
b renu mit Genehmigung der Landesregierung dur 
Satzung zu bestimmen, daß zu dem Anteil, der ihnen nach 84 
don dem Ertrag der Steuerzufließt, für ihre Rechnung u⸗ 
chläge erhoben werden. Die iane sind nach Prozenten zu 
erechnen; sie dürsen im einzelnen Falle 100 5. des der Gemeinde 
Gemeindeverband) zufließenden Betrages nicht eihen. 
Abg. Dr. Weber mallib.) beantragt, für den Fall der An⸗ 
nahme diefes Antrages den Satz binzuzufügen:; „Die eeee 
durfen für die verschiedenen Grundstücksarten verschicden estgeseht 
werden“. 
Die Abgg. Graf Carner-Zieserwitz (dkons.) und Gen. wollen 
zür den Fall der Annahme des Antrags Muüller⸗ Fulda dem 849 
olgenden Zufsatz geben; Reichsstener und Zuschlag dürfen zu⸗ 
amimen 30 96 der ieigein nicht übersteigen. 
8496 der Kommissionsbeschlüsse lautet: Erreicht in Gemein⸗ 
den Gemeindeverbänden), in denen eine Zuwachssteuer vor dem 
April 1d00 beschlossen üind vor dem 12. April 1010 in Kraft ge⸗ 
irelen war, deren Auteil an dem, Ertrage der Zuwachssteuer ße— 
maäßes 48 nicht den auf Grund der vor dem J. April 1909 be⸗ 
chlossenen Satzung erzielten äährlichen Durchschnittsertrag 
d ist Hnen bis zum1. Äprite 1918 der Unterschied aus dem 
auf das Reich eutfallenden Anteil am Ertrage zuzuweisen. Das 
Rleiche guůte fur Gemeinden, in denen, die. Satzung 
oor dem 12. April 1910 mit Wirkung über 
den uAprift 1900 zurüde in Kraft getreten gt. 
Slatt der Zuweisung des Unterschieds kann den Gemeinden (Ge⸗ 
neindeverbaͤnden) nach Bestimmung des Reichskanzlers für die 
dauer des bezeichnelen Zeitraums die bisherige Satzung weiterhin 
nit der Maßgabe belassen werden, daß der Ertrag den Gemeinden 
in Höhe des vor, dem J. April 1911 erzielten 
Durchschnittsbetrages zufließt und der ůüberschießende Betrag an das 
HFeich abzuführen ist. Auf Antrag ist den Gemeinden zu gestatten, 
aß die Sahung außer Kiaft tritt und die Zuwachssteuer nach den 
Vorschriften dieses Gesetzes erhohen wird. In diesem Falle er— 
salten die Gemeinden rindWerbndt die in Absatz 1 vorge⸗ 
ehenen Ausgleichungen nicht. Die Festsetzung des Durchschnitts⸗ 
ertrages erfolgt dung den Bundesrat. 
Die Abg Cuno und Gen. (forticht. Vp.) wollen in Absatz 1 
tatt Anteil an dem Ertrage“ sagen: „Anteil an den in der Ge⸗— 
neinde (Gemeindeverbaͤnde) aufkommenden Ertrage“, den Absatz 2 
wollen sie streichen, event, soll auf Antrag der Gemeinden von der 
bort gegebenen Fakultät Gebrauch gemacht werden. F 
Abg. Weber (natl.) will stalt des Termins „I2. April 1910 
den J. Fannar 1911. die Abgg. Müller Fulda und Gen. (Zentr.) 
z»en 1. Oktober 1910 einsetzen. F 
Abg. Graf Westarp tonf.) will in 8 496 im ersten Sabe 
inter den Worten der Unterschied“ fortfahren: „aus dem in der 
Hemeinde (dem Gemeindeverbande) aufkommenden Gesaurtertrage 
Azuweisen; von dem überschießenden Betrage fallen dem Reich V«, 
zem Bundesetat / zu 
Für den Fall der Annahme des Antrages Müller-Fulda (Btr) 
u 8 49 will Abg. Cuns (fortschr. Vp.) der Ziffer 1 am iene 
inzufügen: Mit der Maßgabe, daß den Gemeinden, die nach der 
etzten iazätiung nichr als 2000 Einwohner zählen, die 40 pgt 
des Erirages der von den in ihrem Bereich befindlichen Grundstücken 
huffommenden Steuer verbleiben.“ Ferner beantragt er jolgende 
Fassung für den 5 492: „Den Gemelnden und Gemeindeverhänden 
snicht gestattet, den Wertzuwachs bei der Veräußerung von Grund⸗ 
cken in anderer Weise zu besteuern, als durch Erhebung von Z 
chlagen zu den nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu erhebenden 
Steuerbelrägen. Hu diesem Zwede darf in der Berechnung der 
seuerpflichtigen Wertsteigerung nur insoweit eine Aenderung ein⸗ 
reten, als den Hinzurechnungen des 8 10 für alle oder einzelne 
RGrundstücksarten kleinere Prozente, jedoch nicht weniger als 1 ppagt. 
sei unbebauten, * — bei bebauten Grundstücken zu Grunde ge⸗ 
egt werden. Die Zuͤfchlage dürfen nicht mehr als 40 ptt. des 
Tariffahes betragen, sie dürfen nach Grundstücksarten und 3 der 
Daner des Zeitraunis verschleden festgesetzt werden und Reichssteuer 
and Zuschlag dütsen zusammen 30 pPRi. der Wertsteigerung nicht 
uͤdersteigen. Endlich darf destimmt werden, daß auch die steuerfteien 
Figentuüumsübergänge den Zuschlägen unterliegen. 
88 49, 49 2, 49 d und 60 werden gemeinsam debaittiert. 
Abg. Trimborn (Zentr.); Der Zweck meines Antrages zu 849 
st der, den Feungenů dten einen erhöhten Anteil an der Steuer zu 
ewähren. n Begriff Festungsstadte“ zu definieren, ist 
icht leicht. Ich habe das Rayongesetz zu Hilfe genommen, das die 
Quelle aller Erschwerungen ist. Legt man das Rayongesetz zu⸗ 
runde, so kommen 31 Städte in —— darunter befinden 
ne die in Bezug auf die Weristeuer keine große Rolle spielen 
dieuescht könnte man die betreffenden Orte in dem Gesetz ausdrück— 
iüch neunen; ich behalte mir einen entsprechenden Antrag für die 
dritte Lefung vor. Die Rayonbeschränkungen haben tief in die Ent— 
vichelung der Städte cLingegriffen, und es ist nur 
recht und billig, diese Städte, dassir zu entschädigen. 
Die Festimgsstädte werden durch die Festungswerke in hohem Grade 
elästigt. Die Schwierigkeiten liegen in der Durchführung eines 
ebauungsplanes, der Anlage von Straßen innerhalb des Rayons 
isjwe Nur militärische, nicht hygienische Rücksichten sind dabel für 
die Behörde maßgebend. Vurch deren Anordnungen erwachsen den 
Ztädten große Koösten. Namenilich die Anlage von Straßenbahnen 
ist durch das Rahongesetz sehr erschwert. Ich denle hier vor allem 
in Kölhn, das 953 600 M suür Hasenanlagen mehr hat begzahlen 
wüssen, als es hätle zahlen müssen, wenn es keine Festung wäre. 
kin neuer Schlag hat die Festungsstädte durch eine neuere Verord⸗ 
rung getroffen, die die Lujstschiffahrt für Festungen 
Finschränkungen unterwirft. Was wäre aus jeder der 31 
Ztädte geworden, wenn sie nicht Festimgen wären! Wenn durch das 
Kayongesetz der einzelne Grundstuͤckseigentümer für gewisse Fälle ent 
chädigt wird, so muß das doch auch für die ganze Gemeinde gelten. 
Peit 40 Prozent darf man diese Städte nicht abspeisen. Sie haben 
hier zum ersten Male Gelegenheit, Städte, die aus patriotischen Grün— 
den lange Zeit Lasten getragen haben, dafür schadlos zu halten. 
Reichsschatzsekretär Wermuth: Es wird vielleicht zur Erleichte- 
rung der Debafte beitragen, wenn ich die Siellungnahme der Verbün⸗ 
deten Regierungen zu den verschiedenen Anträgen kenntlich mache. 
Davon, daß den Gemeinden durch die Reichswertzuwachsstener eine 
reistung zugeführt werden soll, steht im 8 90 des Reichsstempelgeletzes 
zarnichts., Tie Gemeinden sind dort nur erwähnt, insoweit als ge— 
agt ist, daß diejenigen Gemeinden, welche vor dem 1. April 
308 die Sleuer eingeführt haben eine Entschädigung erhalten 
ollen. Num finden durch den Entwurf gleichfalls die anderen Ge— 
neinden Berücksichtigung, weil in demselben anerkannt ist, daß den 
sSemeinden ein Anteil an der Zuwachssteigerung gehüührt. Auderer- 
eits soll eine einheitliche Regelung der Steuer erfolgen. Daraus 
olgt aber in leiner Weise, daß nunmehr das Gesetz zu einem Bene⸗ 
izuum für die Gemeinden umgestaltet wird, daß man in erster Linie 
ie Gemeinden bedenkt und fuür das Reich nebenbei etwas abfallen 
ähßt. Das würde eine völlige Umtehrung des Grundgedankens sein, 
zuf dem wir das Gesetz aufgebaut haben. Das Resich hat aus die⸗ 
em formellen Grunde, aber auch wegen seines Anteils an der Wert⸗ 
eigerung den primären Anspruch und mutz voranstehen 
Z„chon aus diesem Grunde halte ich die Anträge der Linken, 
usbesondere den der Sozialdemokraten für unmöglich 
Nach dem letzteren würde für das Reich so wenig übrig bleiben, daf 
on irgend einer Befriedigung der durch die Wertzuwachssteuer zu 
eckenden Bedürfnisse garnicht mehr die Rede sein könnte, Ich 
zehaupte jogar, daß hinsichtlich der Veteranen der Antrag der Sozial 
demokraten nur einen papierenen Anspruch eröffnet, nicht aber etwas 
vas den Veteranen wirklich zugute kommt. (Scehrt richtig. 
Wir beabsichtigen, unabhängig von den Eingängen aus der Zu— 
vachssteuer, den Veteranen bestimmte Beträge gesetz— 
ich zuzuwenden, aber wir bedürfen der Erträgnisse aus der 
Zuwachssteuer. Etwas ganz anderes ist es mit dem Antrag, wo⸗ 
iach aus einer in ihren Erträgnissen ungewissen Steuer bestimmte 
zeträge beiseite gestellt werden sollen, nachdem man diese Steuer 
iuf das Aeußerste verkürzt hat. Das geht nicht an. Wir ge⸗ 
aten damit auf einen falschen Weg und erfüllen nicht das Pro⸗ 
ramm des Stempelgesetzes. Ich bitte auch die Anregung wegen 
dürzung des Anteils der Bundesstaaten nicht weiter zu ver⸗ 
olgen In den drei Lesungen der Kommission und schon in der 
xsten Lesung im Plenum, in der der damalige Finanzmindster 
en Anspruch der Bundesstaaten ausführlich begründet hat, 
aben die Gründe überwogen, welche für die Beibehaltung des 
Hprozentigen Anteils sprechen. Nachdem der Urheber dieses Ver— 
urzungsantrages, Dr. Weber, vor kurzem ausdrücklich selbst 
nerkaunt hat, daß auch den Bundesstaaten ein Anteil an der 
Vertfteigerung gebührt, bitte ich diesem Antrage keine 
orgezu geben. Ich muß mich aber, auch durchaus 
segen den Antrag Trimborn erklären. Ich halte es 
ir ganz unmöglich, hier eine Kategorie von Gemeinden heraus⸗ 
ugreifen und ihre besonderen Verhaͤltnisse zu berücksichtigen. Zu 
vas für Konsequenzen, zu welchem Wettlauf, zu welchem Ver— 
leich der Schwierigkeiten, mit denen andere Gemeinden ebenfalle 
u kaämpfen haben, dies führen würde, ist gar nicht abzusehen. 
Zier heißt es, eine einheitliche Bemessung treffen, die durch das 
anze Reich hindurchgeht und nicht durch eine so wesentliche Aus 
ahme unterbrochen wird. Es handelt sich um 30 Gemeinden mit 
iner Bevölkeruug von 24 Millionen Köpfen. Daneben aber 
sandelt es sich nicht nur um die eigentlichen Festungsgemeinden, 
ondern um eine ganze Fülle von Nachbarorten und Vorort— 
jemeinden, die zurzeit von den Festungsbeschränkungen in mini— 
nalster Weise bherührt werden, aber gleichwoul zweifellos unter 
en Antrag Träimborn fallen würden. Alle diese Gemein— 
en, deren Hahl ich im Moment nicht überblicken kann, die aber 
ine bedeutende Anzahl im Reiche darstellen würden, müßten 
ann 60 Prozent aller Beziüige aus der Wertzuwachssteuer er⸗ 
alten. Ich möchte dem Abg. Trimborn die Frage vorhalten, 
aben denn die Festungen gar keinen Vorteil de daß sie 
harnisonen sinde Eine Aenderung der Quoten der Gemeinden 
teht mit deren Qualität als Festung in absolut gar keinem 
dausalzusammenhang. Wenn in Köln an dem sehr teuren Dom⸗— 
anplatz ein Grundstück verkauft wird, sollen der Stadt deswegen, 
veil sie Festung ist, 60 Prozent zufallen! Wie kommt denn ge— 
ade jetzt das Zuwachssteuergesetz dazu, in langer Vergangenheit 
iegende Verhaͤltnisse zu Gunsten der einzelnen Gemeinden sehr 
uꝰLaften des Reichs zu berücksichtigen? Dann müßten sie auch 
in zahlreicher anderer, auch in landesgesetzlicher Beziehung be⸗ 
ückfichtigt sein; es kommt ferner in Betracht, daß von den 30 
hemeinden nur 12 eine Zuwachssteuer haben, den anderen 
vachsen diese 40 Prozent Anteil glatt und bar zu, dazu hat von 
ensenigen, die jetzt eine Zuwachssteuer schon haben, beispiels 
veise Köln eine Zuwachssteuer-Ordnung, die sie sehr zart dar— 
tellt und sehr mäßige Erträge liefert. Bei Gelegenheit einer 
AImfrage im Sommer hat sich herausgestellt, daß die Stadt Köln 
hei Zugrundelegung der 40 Prozent der Meinung gewesen ist, 
daß nunmehr ihr Anteil ganz erheblich gegenüber den bisherigen 
Bezügen wachsen würde. Ich will das Mehrfache, das sie selbs 
mführt, gar nicht angeben, weil ich es für weitaus 
ibertriebenn halte, aber demgegenüber nun für das 
janze Reich 30 Festungasstadten 60 Prozent, zu 
sewähren, halte ich für völlig ausgeschlossen. 
Vir haben ohnehin aanz erhebliche Abschwächungen im Gesetz. Was 
e Zuschläge anbelangt, so hielt der Entwurf sie für unbegrenzt zu— 
ässig, indem er die Kontrolle der Landesregierungen für ausreichend 
sielt. Die Kommission hat hier erhebliche Beschränkungen eintreten 
assen, man dari darin aber nicht zu weit gehen, man muß den Ge⸗ 
neinden eine gewisse Freiheit lassen: es fraat sich, ob man nach dem 
Antrage der förtschrittlichen Vollspartei die Art der Zurechnung und 
Aßrechnung anders regeln soll. oder ob nach dem nationalliberalen 
und Fentrums-Antrage innerhalb der Zuschläge eine Verschiedenheit 
nach der Beschaffenheit des Grundstücks soll eintreten dürfen. Hier—- 
zu möchte ich nur im allgemeinen seststellen, daß auch nach meiner 
Fuffassung eine gewisse Differenzierung der gZu- 
schtäge m Interesseder Gemeinden liegt. Was die Ge— 
neinden anlangt, die Entschädigung erhalten sollen, so erkläre ich 
ur Abkürzung der Debatte, daß der Antrag Gunoim 
desentiihen dem Bedürfnis zu entsprechen 
che int, wenn ich ihn richtig dahin verstehe. daß er den Grundge- 
anken versolgt, das Reich soll unter keinen Umständen, mehr an die 
gemeinden zahlen, als das, was in dieser Gemeinde selbst für das 
Jeich eingebs. Es ist zu berücksichtigen, daß bei Verkürzung der 
Wdie des Reiches auch eine solche für die Bundesstaaten eintreten 
nuß. Was endlich die Gemeinden und Gemeindeverbände anlangt, 
oentsteht die schwierige Frage, ob man die Landesgesetzgebung oder 
ie Landesredierung zuständig machen soll. An und für sich würde 
egen die Landesgesehgebung auch von unserem Standpunhkt nicht 
as mindelne Vedenken entgegen stehen, praltisch gber ist es nötig— 
haß. so lange ein Landesgesetß nicht ergangen ist, Bestimmungen d 
rofsen werden können für diesenigen Grundltüche. die einer Ge⸗ 
meinde nicht angehören, beispielsweise die zu einem Gutsbezirk ge 
örjgen, oder in Süddentschland die sogenannten auswärtigen Grut 
tücke. Zweitens liegt ein Interesse vor, daß in den 20 Kreifen 
denen schon jetzt eine Zuwachsstenerordnung gilt, diese nicht einfach 
qu Gunften der einzelnen Gemeinden wegfällt, so lange nicht 5 
dandesgeseh erlassen ist, sondern bis dahin aufrecht erhalten bleihe 
Wenn die Anträge, die sich in verschiedener Richtung ergänzen, An— 
nahme fänden, so würde, von seiten der Verbündeten Regierunge, 
ein Bedenken nicht obwalten. 
8 50 der Kommissionsvorichläge lautet: Für diejenigen Gebiets 
teile eines Bundesstaates, in denen eine besondere Gemeindever. 
—0— 
meinden getrofsenen Vorschriften auf den Bundesstaat Anwendun 
—B——— 
tatz hinzufügen: „Die Vorschriften des 8 49 b erstrecken sich auch auf 
zie Bundesstaaten mit der Maßgabe, daß überall an die Stelle dee 
Satzung das Landesgesetz tritt.“ 
Abg. Dr. Weber mnatlib.): Den Hauptanteil au der Wert-⸗ 
teigerung der Grundstuͤcke haben in erster Linie die Gemeinden. 
diese haben die Kanalisation eingeführt usw. Das Reich und 
se Bundesstaaten sind erst sekundär an der Wertsteigerung be 
eiligt. Dies Geseß bedeutet einen schweren Eingriff in da— 
decht der kommunalen Verwaltung. Wir bezwecken durch unseren 
qusatzantrag zu dem Antrag des Zentrums, den Gemeinden 
uͤsofern eine gewisse Freiheit einzuräumen, als wi 
hnen ein Zuschlagsrecht bis zu einer gewissen 
Krenze einräumen, aber auch gestatten, zwischen bebauten 
ind unbebauten Grundstücken zu differenzieren. Meiné 
zreunde sind aber in dieser Frage gespalten. Ein Teil meiner 
xreunde wird für den Antrag Trimborn wegen der Festungs. 
fädte stimmen. Der Antrag müßte aber dahin ergänzt werden 
vaß auch die Grundstücksbesiher in diesen Festungsstädten gewiss 
Vorrechte erhalten. Ich habe mich persönlich überzeugt, daß z. R 
die Stadt Mainz in ihrer Entwicklung sehr zurückgeblieben is 
und daß sie deshalb eine Entschä.digung verdient. Was den si 
ialdembkrotischen Antrag wegen der Veteranen betrifft, so freu 
ch mich, daß auch die Sozialdemokraten für die Veteranen eir 
mutes Herz haben; sie tun aber den Veteranen durch ihren Antra« 
einen Gesallen, denn es ist gar nicht ausgeschlossen, daß das Ge 
etz überhaupt nicht 6 Millionen Mark dem Reich einbringt. (Ruf 
d. d. So⸗.: Na! Ddah Ich brauche Sie bloß auf die Lage de— 
vrundstücksmarktes hinzuweisen und auf die Bestrebhungen der 
tegierung, die Verficherungsanstalten zu veranlassen, ihre Gelder 
in Stgatspapieren anzulegen. Dadurch würden diefen Anstalten 
veniger flüssige Mittel zu Gebot stehen. Dann kann unter Um— 
tänden ein sehr scharfer Rüchsschlag erfolgen. Der Grundstücks⸗ 
redit beträgt mindestens 48 Milliarden; wenn davon 20 Milliar— 
den auf die Staatsanleihen geworfen werden und der Realkredis 
dem, Grundstücksmarkt fortgenommen wird, dann muß er in 
schwierige Verhältnisse kommen. Dann halte ich mit dem Staats— 
etretär den Antrag Albrecht für ein papiernes Versprechen für 
die Veteranen. Die Sozialdemokraten werden zweck— 
mäßig handeln, die Forderung für die Veteranen mit uns in den 
Ftat einzusetzen und ihren bezügliche Antrag zurückzu— 
iehen. Wenn die äußerste Linke den Anteil des Reichs auf 30 
Irozent heruntersetzen will, dann steht die Gefahr, daß überhaupt 
eine 6 Millionen in einem Jahre hereinkommen, dicht vor der 
kür; dann wäre es kein Autrag mehr für die Veteranen, sondern 
egen die Veteranen. (Unruhe b. d. Soz.) Der Antrag Müller⸗ 
Fuͤlda)-Jäger zu 8 49 findet unsere Zustimmung. 
Abg. Brühne Soz.): 8 49 ist nicht der wichtigste des ganzen 
Besetzes; hunderte von Gemeinden blicken gespannt auf die Ent— 
cheidung, des Reichstags. Die Gemeinden, die seit 1904 diese 
Zteuer eingeführt haben, haben nicht geahnt, daß sechs Jahre 
päter das Reich die Hand auf diese Steuer würde legen wollen, 
denn sie haben sie sich geschaffen, um nicht immerfort zu Erhöhun— 
zen anderer Kommunalsteuern schreiten zu müssen. Die Ausgaben 
der Gemeinden wachsen ja mit jedem Jahre. Wir wären über 
3.9 glatt hinweg gekommen, wenn die Versuche, alle moglichen 
Befreiungen durchzusetzen, nicht so großen Umfang angenommen 
hätten und von so großem Erfolg begleitet gewesen wären, woran 
iamentlich Herr Weber sich ganz hervorragend beteiligt hat. 
wWiederholt aber vergeblich hat der Schatzsekretär dagegen seine 
varnende Stimme erhoben: er hat auch nachgewiesen, daß in 
aðbireichen Fallen die Befreiungen so weit gehen, daß dauck 
er absolut unverdiente Wertzuwachs nicht getroffen wird. 
Es hat alles nichts genutzt. Jetzt will der Abg. Cuno den Ge—⸗ 
meinden 50, Herr Weber ihnen 1736 pZt. geben. Diese schwierige 
Rechnerei mit halben Prozenten sollte man doch aufgeben. Wi 
wollen dem Reich 30, den Gemeinden 60 pgt. geben. Wenn Dr 
Weber glaubt, es würden bei unserem Antrag eventuell nich 
einmal die 6 Millionen für die Veteranen herauskommen, s 
fürchten wir das nicht. Die Reichsverwaltung hätte von dem un 
geheuren Militärbudget übrigens längst so viele Millionen 
treichen können, um den Anspruch der Veteranen zu befriedigen. 
Auch die Regierungen werden bei 30 pat. nicht zu kurz kommen. 
Wir halten also unseren Antrag aufrecht. Daß man den Gemein⸗ 
den nur 40 vgr geben will, halten wir für eine Ungerechtigkeit. 
Fraukfurt a. M. würde 200000 AM von seinem jetzigen Ertrage 
einbüßen, wenn es bloß noch 40 pBt. erhalten soll. Wir bleiben 
hei der prinzipieiten Auffaffunge daß diefe Steue 
den Gemeinden gehört und gebührt; das läßt fick 
etzt nicht aufrecht erhalten, aber wenigstens 60 p8t. müssen der 
hemeinden belassen werden. Das ganze Gesetz wird ja bloh 
vieder gemacht, um mehr Geld für militärische Zwecke bereitzu⸗ 
lellen, ünd daran haben wir gar kein Interesse; wir fordern im 
gegenteil, daß man das ewige Rüsten aufgeben und die Gelder 
ür die Militärlast wirklichen Kulturzwecken dienstbar mache. 
Abg. Feldmann (deutschkons.) spricht sich gegen die Anträge 
Albrecht, Cuno und Trimborn aus. Der Grundbesitz dürfe nicht 
urch ein zu ausgedehmes Zuschiagsrecht der Gemeinden noch 
weiter belastet werden, da er ohnehin schon die kommunalen Bu⸗— 
schläge zur Grund⸗ und Gebäudesteuer zu tragen habe. Dat 
Reisch“ habe vermöge seiner Weltmachtstelluna an erster 
Stelte die Wertzuwachssteuer zu verlongen. Der An— 
rag der Sozialdemokraten, den Veteranen 6 Mislionen zuzu— 
veisen, habe wohl mehr einen agitatorischen und Wahlzweck; dieser 
Intrag Fei unzweckmäßig und deshalb abzulehnen. Das Reich 
ind die Parteien, die der Regierung nahestehen, würden bei der 
Gjahrigen Wiederkehr der Reichsgründung auch die Veteranen 
ucht vergessen, Die Sozialdemokraten wollen aber die Grund⸗ 
agen des Reichs erschütiern. Er bittet, den Antrag, die Beihili— 
„on 3 auf 6 Millionen zu erhöhen, abzulehnen. J 
Abo. Cuno (Fortschr. Vp.): Wir sind bereit, die Verpflich 
ung zu erfüllen, eine Reichswertzuwachssteuer zustande zu brin 
sen, die eine Einnahme von 20, bis 25 Millionen, schafft. Dadurd 
oilie erreicht werden, den Umsagstem pel herabzuseßen 
Der jehige Entwurf läßt uns aber nicht mehr die Hoffnung, daß 
der finanzielle Eifekt exreicht wird. Jedenfalls wird die Zuwachs 
teuer dauernd neben dem Umsatzstempel erhoben werden. Das 
zerdienst der Gemeinden bei der Wertsteigeruna wird vom 
Ztaatsfekretär unterschäzßt, wir wollen den Gemeinden 
srößere Zuwendungen aus der Steuer einräumen, Be— 
auerlich ist es, daß im dieichstag ein Gesetz zustande gebracht 
vird. das das Steuertecht der Gemeinden beschränkt im Interelse 
der Grundbesitzer. er ae ) 
Abg. Dr. Arendt (GReichsp.): Der Vorredner, der eingentlich 
Zater dieser lex Cuno, set die schärfste Kritik gegen dieses Ge— 
eß ausgesprochen; er ist der beste Kenner der Vorlage. Eine 
Beeintraͤchtigung der Gemeinderechte ist nicht zu vermeiden. 
Venn der Anten des Reichs auf 50 Prozent bemessen wird, dann 
Inn man die Einzelstagten mit nicht weniger als 10 Prozent be— 
eiligen, denn sonst dürften die Lasten der Bundesstaaten vielfach 
sie Einnahmen übersteisgen. Dann würde wie bei der Fahr⸗ 
arfensteuer bei den Bundesstaaten erneut große Verbitte⸗ 
ung entftehen. Der sozialdemokratische Antrag, 6 Millionen 
ür Veteranenbeihilfe von dieser Steuer zu bestimmen, 
edentet gar nichts; dann müßte ein Veteranengesetz in diese Vor⸗ 
age hineingearbeitet werden. Wir können der Steuer mir zu⸗ 
timmen, wenn für das Reich auch wirklich nennenswerte Exträg⸗ 
ifse dabei herauskommen. Die Zuschläge der Gemeinden dürfen 
zicht gar zu hoch bemessen werden, eine gewisse Grenze ist nötig, 
ind da durfte der Antixag des Zentrums mit dem Nebenantrag 
ier Konservativen das Richtige treffen. (Antrag des Zentrums: 
chsiens 100 Prozent des der Gemeinde zukommenden Steuer— 
etrags, Antrag der Konservativen: Reichssteuer und Zuschlag 
ürsen zusammen 30 Prozent der Wertsteigerung nicht über⸗ 
teigen.) Eine Reichswertzuwgchssteuer würde unrx dauernd tel 
eude Erträge liefern. wenn sie von der rückwirkende'
	        
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