Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

mühten, hat man seither in sozialpolitischen Kreisen leineswegs 
fsür nötig gehalten. Eine umfangreiche Literatur über die 
either gemachten theoretischen Vorschläge und praktischen Ver— 
ruche haben genügende Klärung des Problems geschaffen. Jetzt 
ommt es lediglich auf kluge und energische Entscheidungen 
an. Uns will scheinen, als ob der deutsche Städtetag seine 
Mithilfe hierbei versagen möchte. l. 
die · Explosionsgefahr für Aviatiker in der Luft. 
Von einem Apiatiker wird uns geschricben: 
Das Flugunglückh, dem der Oberleutnant Neumann aus 
Mülhausen und sein Passagier zum Opfer gefallen sind, legt 
»on neuem die Frage nahe, ob nichts geschehen kann, um 
Selbstentzündungen in der Luft zu vermeiden. Es ist, wie so 
yft, auch in diesem letzten Falle unaufgeklärt, in welchem 
ugenblick eigentlich die Explosion stattgefunden hat, ob in 
freier Luft oder beim Aufstohen des Flugapparates auf den 
Erboden. Meist handelt es sich um den Bruch der Zusluß⸗ 
röhren: in denen das Benzin zum Motor fliekßt. Sobald 
diese undicht oder irgendwie beschädint werden, läuft das Bensin 
außerhalb des Rohres zum Benzintank und ent ündet diesen. 
Benzin ohne Zutritt der Luft ent undet sich überhaupt nicht)) 
Es müßte gelingen, Motor, Behälter und Röhren als 
starren Körper zu konstruieren und nicht als elastischen, 
wie es heute aus Gewichtsgründen noch geschieht. Die elasti— 
schen Verbindungen werden ja lediglich aus diesem Grunde her—⸗ 
gestellt, und das erscheint um so begreiflicher, als die Gewichts⸗ 
vermehrung für starre Verbindungen das Drei- bis Vierfache 
heträgt. Dennoch muh und wird es eines Tages gelingen, 
inen Ausweg aus diesem techn'schen Dilemna zu sinden. 
Beim Zufluß des Benzins zum Motor muß die Stellung 
des Behälters zum Motor stets gleichbleiben. Bei jeder Ver— 
schiebung ändert sich das Zuflußquantum, da sich der Druck 
berändert. In diesem Falle arbeitet der Motor dann natürlich 
unregelmäßig. Eine Explosion braucht gar nicht erst zu erfolgen, 
im nun den Flugapparat in schwere Gefahr zu bringen. 
Bei den meisten Unglücksfällen fünktionierten bisher, soweit 
s sich nachweisen lieh, die Steuerung oder die Verwindungen 
rnicht. Ja, die Explosion selber ist noch nicht das Schlimmste. 
Ddenn wenn auch der Benzintank in der Luft explodiert ist, 
o besteht immer noch die Möglichkeit für den Apiatiker, den 
icheren Boden im Gleitflug zu erreichen. Die Tatsache, daß 
»er Apparat des Oberleutnants Neumann abgeslürzt ist, scheint 
»arauf hinzudeuten, daß eine Explosion in der Luft gar nicht 
tattgefunden hat. 
Der Bengintank hat stets einen relativ großen Umfang. 
Vielleicht gelingt es eines Tages, den Behälter in mehrere 
Teile zu teilen und diese gegeneinander zu isolieren. Würde 
»ann jeder einzelne Behälter mit einem besonderen Zufluß— 
cohr versehen sein, so könnte bei Explosionsgefahr immer nur 
ein Teil des Benzintanks von der Gefahr betroffen werden, 
und es brauchte nicht, wie bisher, eine Explosion des ge— 
jamten Behälters einzutreten. d. 
— — , 
Inland und Ausland. 
Deutsches Reich. 
Der Ministerialdireltor im Landwirtschaftsminifterlum Dr. 
Thiel, scheidet, wie jetzt die Nordd. Allgem. Ztg. bekanntgibt, 
am 1. Oktober aus seinem Amt. Die Nachricht ist schon vor 
mehreren Tagen durch die Presse gegangen. Dr. Thiel war 
:mn den siebziger Jahren Mitglied des Abgeordnetenhauses 
ind des Reichstages. Als Mitglied des Vereins für Sozial—⸗ 
nyolitik war er schriftstellerisch und praktisch tätig, ebenso im 
gzentralverein für das Wohl der arbeitenden Klassen, in der 
gentralstelle für Volkswohlfahrt, insbesondere aber im Deut— 
ichen Verein für ländliche Wohlfahrts- und Heimatpflege. An 
der Begründung und Leitung der deutschen Landwirtschafts 
zeselischaft war er hervorragend beteiligt. Die Landwirtschaft— 
iche Hochschule in Berlin hat ihm viel zu danken. Auf 
ihn ist auch die Schaffung der Landwirtschaftskammern zurück⸗ 
uführen. 
Die reids gesetzliche Regelung des Apothekenwesens ist end⸗ 
aũltig aufgegeben worden. Die Reichsregierung hat sich ent— 
chlossen, das Apothekenwesen durch die einzelnen Bundesstaaten 
egeln zu lassen. 
Eine Marokko⸗Eingabe deutscher Sandelsfirmen. Eine 
Lersammlung von Hamb. Handelsfirmen, die teils nach Marokto arbeiten, 
jeils dort eigene Filialen unterhalten, beriet über die bei der Reichs⸗ 
legierung zu unternehmenden Schritte, damit die Interessen der 
— — — — — 
reiches, prächtiges Bild. Und über allem ein fürstlicher Ral⸗ 
dachin, der tiefblaue Himmel. 
Addn schritt, bis ins Innerste beglückt, an der Seite Bar⸗ 
dos dahin. 
Alle Bangigkeit lag hinter ihr wie ein quälender Traum. 
Voll froher, stolzer Zuversicht trug sie das schleierumwallte 
ßaupt. Noch spürte sie den Druck, mit dem ihr Gatte am 
Altar ihre Hand warm und fest umschlossen, noch fühlte sie 
den ernsten, verheißenden Blick, der dort im Dämmer der Kirche 
unter den segnenden Worten des Geistlichen auf ihr geruht. 
Und der lachende Sonnenschein hätte, wenn noch vorhanden, 
hden letzten Rest ron Bedrängnis aus ihrem Herzen genommen. 
Mußte sie nicht an eine selige, sonnige Zukunft glauben, da 
die ganze Natur durchleuchtet schien von Wärme und Glück? 
So nahm sie denn im festlich geschmückten Gartensaal strah— 
lend die Glüchwünsche der Gesellschaft entgegen. 
Wortlos hielten die Freundinnen sich umschlungen, die 
eine ihres Glückes so voll, die andere mit stummem, bangem 
Gebet für deren Zukunft. Auch dem Bräutigam reichte Josa 
die Hand, aber kalt und leblos ruhten ihre Finger in der 
jeinen, und ihr umschleierter Blick glitt ausdruckslos an ihm 
porũber. 
Fanfarengeschmetter verkündete den Beginn der Tafel. 
Mit glücklichen Augen stand Rohn, in seiner Kürassieruni— 
torm noch mächtiger aussehend als in Zivil, vor seiner Dame. 
Ein paar schöne Stunden lagen vor ihm. 
Von neuem fühlte er sich längerissen durch den Zauber 
ihrer Erscheinung. Er hatte gemeint, nichts sei imstande, ihren 
Reiz noch zu erhöhen, und doch war sie heute schöner denn 
je. Das gelbliche, duftige, weich fließende Gewand, das den 
zarten Hals und die schön geformten Arme nicht verhüllte, 
schien ihm wie ein Gewebe aus Monditrahlen, bestimmt für 
eine Elfenkönigin. 
Aergerlich sah er auf den Strauß glutroter Rosen, den 
er ihr am Morgen überreicht hatte, und der ihm gar nicht 
u dieser „Mondstrahlentoilette“ aisen wollte. 
„Wenn Sie mir wenigstens die Farbe verraten hätten,“ 
brtummte er, „einen wahren Traum von blassen Rosen und 
solchem Zeugs würde ich Ihnen zusammengestellt haben!“ 
Josa sah lächelnd auf das geschmähte Bukett. 
Firmen wahrgenommen werden. Es wurde beschlossen, an den Staals⸗ 
ekrelär des Auswärtigen Amts eine Eingabe zu richten, in der ersucht 
vird, die Regierung möge sich bei den Verhandlungen nicht auf eine 
sormale wirtschaftliche Gleichberechtigung beschränken, denn die franzö⸗ 
sische Praxis habe gelehrt, daß dies zwecklos lsei. Die Regierung 
wird ersucht, Vorkehrungen zu tresffen, damit die tatsächliche Gleich⸗ 
berechligung auch nachdrücklich sichergestellt wird. 
Frankreich. 
Wechsel auf dem Posten des deutschen Marineattaches in 
Paris. Mit Ablauf des Monats wird der Marineattaché bei 
der deutschen Botschaft in Paris, Kapitän z. S. Starlte 
Wilhelm), seinen Posten verlassen und in die Heimat zurüch 
ehren, um das Kommando des Linienschiffes,Westfalen“, 
Flaggschiff des ersten Geschwaders, zu übernehmen. Zum 
Nachfolger Starkes ist Korvettenkapitän Frhr. v. Bibra er⸗ 
nannt, der bisher dem Reichsmar'neamt zugeteilt war. 
Spanien. 
Die Cholera in Spanien. Paris, 8. Sept. Zahlreiche 
Reisende treffen mit allen Zügen aus Spanien ein, die das 
dand fluchtartig verließen, da n Nordspanien, besonders in 
Barcelona, eine choleraartige Darmentzündung ep'demisch auf- 
ritt. In einigen spanischen Gemeinden nahm die Cholera 
aostras einen außerordentlich ernsten Charakter an. 
Rußland. 
Die rufsische Staatsschuld: 8942 Mill. Rubel. Nach 
dem bei der Duma eingebrachten Reichskrediteitat wird die Staats⸗ 
chuld zum 1. Jan. 1912 um 71 Millionen Rubel reduziert und 
942 Millionen Rubel betragen. Im Laufe des Jahres 1912 sind 
n diesem Etat die Gesamtausgaben auf 504 Millionen veranschlagt 
avon 3755 Millionen zu Zinszahlungen und 2726 Millionen zur 
Tilgung der Staatsschuld. Anleihen sind nicht vorgesehen, im Gegen⸗ 
eil sind 100 Millionen zur Tilgung von Reichsschatzlcheinen in Aus— 
icht genommen. Die Einnahmen des Etatis sind auf 1061356 Mil⸗ 
ijonen Rubel veranschlagt, davon entfallen 748 Millionen auf das 
Weinmonopol. 
RPerfien. 
Ein deutscher Instrukltor als Sieger in Persien. Wie die 
Petersburger Telegraphenagentur meldet, wurde die Schlacht, 
in der die Regierungstruppen am 6. Sept. Sardar Arschad 
ichlugen, durch die Tätigkeit der unter der Leitung des deut— 
schen Instruktors Haase stehenden Maschinengewehre ent— 
chieden. 
— — 
* 
Tagesbericht. 
Luͤbeck, 9. September. 
Dem russischen Konsul Hofrat Karassew in Lübed ist, wie 
der Reichsanzeiger meldet, namens des Reiches das Exequatur 
ꝛrteilt worden. 
⸗ Lübeck-⸗Büchener Eisenbahn⸗Gesellschaft. Betriebs— 
Ergebnisse für den Monat August 1911. Beflördert 
ind (nach den vorläufigen Ermittelungen): 
1911 776 801 Personen und 174 201 t Güter. 
gegen 1910 668 733 ⸗ ⸗21456 1010⸗ 
Eingenommen sind: 
Vert Futer. Reben gur Ggsamgme 
Verkehr Verlehr einnahm sammen Rugut“ 
Ml Mk. Mk. Mk. Mi. 
911 vorläufig 563 650 386912 74900 1930 462 6546 861 
diõ469 801 856 808 78 ooo 932 720 624 
Untersch. 1911.63 749 129 914 -4000 4* 87 663 —-422 149 
910 endgůltig 5381937 378334 107 514 1070 785 6794 246 
Der neue Dampfer „Lübed, der oldenburg⸗portugiesischen 
Dampfschiffahrtsgesellschaft, der wegen eines auf der Nordsee 
rlittenen kleinen Maschinenschadens von seiner ersten Aus— 
eise nach Marokko nach Hamburg zurückkehren mußte, hat im 
»ortigen Jonashafen repariert und am Freitag nachmittag den 
dasen verlassen. 
Manöver der 17. Division. Zum Donnerstag hatie 
Heneralmaijor Freiherr v. Lütiwitz die Führung der Rottruppen 
bernommen, die aus der 33. Infanterie⸗Brigade, dem Fülilier⸗ 
skegiment 90, dem Jäger-Vataillon 9, dem Dragoner⸗Regiment 17, 
em Dragoner⸗Regiment 18 (Stab, 2, 3. und 4. Schwadron), dem 
xeldartillerie-Regiment 24, dem Fußartillerie-Regiment 9, eine halbe 
Zatterie, dem Pionier⸗Bataillon 9, 1. Kompagnie, einem Zug Korps 
Telegraphenabteilung usw. bestanden. Führer der Blautruppen war 
„Trösten Sie sich endlich darüber, Verr v. Rohn! 
Strauß ist wunderschön und rote Rosen passen immer.“ 
„Ich wählte die Farbe, die mir mein Herz gebot!“ sprach 
er sehr leise, aber die Kürassiermusik übertönte seine Worte. 
Ringsum schwirrten die Stimmen, meist zu verdoppelter 
Zchalleistung erhoben, denn die Trompeten meinten es aut. Sie 
zevorzugten Wagnermusik. 
Josa ließ die Blicke aufmerksam umherschweifen. Es herrschte 
illgemeine Fröhlichkeit. Nirgends mehr Schatten der grauen 
Stimmung, die ihr am Morgen über allem zu lagern ge— 
»eucht. Und verstohlen wanderten ihre Augen wieder und 
vieder zur Mitte der hufeisenförmigen Tafel. Ein Zug von 
nännlichem Ernst lag heute über Barbos Stirn, der neu 
war an ihm und sein Gesicht seltsam veredelte. 
Ein leiser Seufzer hob ihre Brust. Mit schlaffer Gebärde 
srich sie über die Stirn, von der die Falte gar nicht mehr 
weichen wollte. 
Vielleicht war alles nur ein schlimmer Traum gewesen! 
(Fortsetzung folgt.) 
Theater, Kunst und Wissenschaft. 
Lüubed, 9. Sept. 
Stadthallen⸗Theater. 
Vorteilsabend für Josefine Seifert. c 
„Norachen“ oder ‚ Das Zperrjahr“, 
Schwank in 8 Akten von Sermann Katsch. 
Gestern konnte man wieder recht deutlich sehen, wie an— 
pruchslos eigentlich unser Publikum ist. Der Auftritt eines 
Mannes im Gewande der Nacht, ener Küchenfee in der Nacht— 
acke, der Anblick zweier Betten lölte schon so stürmische Heiter— 
lkeit aus, daß der Dialog fast entbehrlich war und denn 
auch mehrfach geradezu totgelacht wurde. Trotz dieser In— 
redienzien ist das Stück nicht eigentlich indezent. Die Situation 
es ersten Aktes basiert auf einer ganz unmöglichen Voraussetzung, 
st aber sehr geschickt und munter durchgeführt. Auch der 
Bialog ist recht witzig. Ein paar Anspielungen auf Ibsens 
„erkannte Frau erklären den Titel. Der zweite Att bringt oft 
Dagewesenes: einen Verführungsversuch in „seiner“ Wohnung, 
ine beschwipste iunge Frau, die aus dem Karusselljahren ins 
venetalmaior v. Rosenberg⸗ Gruszcynski: sie bestanden aus der 81. In 
anterie⸗-Brigade, dem Grenadier⸗-Regt. 89, dem Dragoner 
Regt. 18. 1. und 5. Schwadron, dem Feldart.Regt. 60, dem Pionier 
Bataillon 8, 2. Komp. einem Zug Korps⸗Telegraphenabteilung usw 
Am Donnerstag morgen erhielt der Führer von Rot die Nach— 
richt, daß der dem Armeekoxps gegenüberliegende Feind die 
ßöhen östlich des Dahmer Kanals zu räumen schiene, die 
Brücken seien zerstört. Der Führer entschloß sich, in vier 
Kolonnen gegen den bis in Linie Rothenmoor⸗-Rambow vor 
gedrungenen Gegner vorzugehen: Jäger-Bataillon 9 über Hof 
Qütgendorf auf Tressow, Infanterie-Regiment „Hamburg“ gegen 
die Linie Ulrichshusen-Kambow, Infanterie⸗-Regiment „Bremen“ 
nit zwei Bataillonen über Neu⸗Kloksin, mit einem Bataillon und 
der Maschinengewehr⸗Kompagnie auf Rothenmoor. Die Artillerie 
ollte sich je nach dem Vordringen der Infanterie anschließen. 
der Führer der Blautruppen erhielt am Donnerstag morgen 
die Nachricht von seinem Armeekorps, daß es vom Dahmer 
danal weiter nach Osten zurückginge, um dort eine befestigt« 
Stellung einzunehmen. Der veerstärkten Brigade wurde der 
Schutz der linken Flanke des Armeekorps übertragen. Der 
Führer entschloß sich daher, in eine Stellung bei Schwinkendors 
urückzugehen, um dort ein Nachdrängen des Gegners zu ver 
indern. Die Artillerie ging füdlich Schwinkendorf in Stellung. 
Auf die Nachricht von dem Zurüdweichen der blauen Truppen 
og der Führer von Rot seine verschiedenen Abteilungen zu 
iner Marschkolonne zusammen; dies wurde, trotz des schwierigen 
heländes, in musterhafter Ordnung ausgeführt. Regiment 
Samburg“ bildete die Vorhut und dann ging die Brigade 
iber Rambow auf Schwinkendorf vor. Als die Vortruppen 
dupendorf erreichten, wurde bald erkannt, daß der Gegner 
ruch die Stellung bei Schwinkendorf räumte und in Richtung 
christinenhof abzog. Der Führer von Blau hatte sich nämlich 
ntschlossen, noch weiter zurückzugehen und bei Christinenhof 
nachhaltigen Widerstand zu leisten. Er ließ hierzu die 
39. Grenadiere die Höhen westlich Christinenhof besetzen, die 
Artillerie ging südlich und nördlich Christinenhof in Stel 
iung, während die 81. Brigade weiter östlich zurückge⸗— 
zalten wurde. Die rote Vorhut ging nun von Schwinken⸗ 
jorf gegen Christinenhof vor, um den Gegner festzuhalten, 
vährend das Infanterie-Regiment „Bremen“ links davon ange⸗ 
etzt wurde. Das Füsilier-Regiment 90 sollte mit dem Zäger—⸗ 
Bataillon O gegen den feindlichen rechten Flügel vorgehen. Der 
Angriff der 33. Infanterie-Brigade ging trotz des schwierigen 
Heländes flott vorwärts, obwohl er zunächst unter dem Feuer 
der blauen Artillerie zu leiden hatte. Als aber das Feuer 
der schweren Artillerie von Rot bemerkbar wurde und das 
Jäger-Bataillon O in Verbindung mit dem Füsilier-Regt. 90 
den linken Flügel der medlenburgischen Grenadiere eindrückte, 
nußte Blau die Stellung räumen, bevor ein Gegenstoß, zu dem 
ie 81. Infanterie-Brigade angesetzt wurde, zur Gel⸗ 
ung kommen konnte. Blau ging ietzt auf das östliche Ufer der 
Dst⸗Peene zurüch, um in der Gegend südlich Pinnow in ver⸗ 
chanzter Stellung den Angriff des Gegners zu erwarten. Die 
Anstrengungen und Verluste zwangen Rot jedoch, westlich der 
heene in der Gegend von Demzin Halt zu machen und Vorposten 
uszusetzen. Der Angriff wurde für Freitag, den Schlußtag 
des Divisionsmanövers, in Aussicht genommen. Die mecklen⸗ 
hurgische 17. Kavallerie-Brigade, die Rot zugeteilt war, war 
iber Sophienhof⸗Lansen-Hungerstorf auf das Ostufer der Ost⸗ 
Beene Abergegangen und stand im Rüden des feindlichen linken 
Flügels bereit, bei sich bietender Gelegenheit in das Gefecht 
inzugreifen. Aber auch hier war ihr an diesem Tage nicht 
die Gelegenheit gegeben, mit dem Karabiner oder dem Säbel 
uber Blau herzufallen; sie wurde für die Nacht unter Fest⸗ 
— — Ost⸗Peene bei Hungerstorf 
nach Rittermannshagen zurüchgenommnen. Der Angriff von Rot 
ist in der Frühe des 8. Sept. zu erwarten. Den Truppen 
waren am Donnerstag große Anstrengungen zugemutet, die sich 
durch die Trodenheit, durch Staub und Mangel an Wasser 
besonders fühlbar machten; sie wurden aber mit großer Energie 
ertragen und überwunden. Die Vagage und Verpflegungs— 
kolonne für beide Parteien trafen sehr bald bei den Truppen 
auf den Biwaksplätzen ein, so daß gegen 6 Uhr abends den 
Truppen die nötige Ruhe und Erholung gegeben werden konnte. 
Fernsprechautomaten in der Vorstadt HSürtertor⸗Marli. 
Der Verein Hürtertor-Marli hat n einer Eingabe an das 
Postamt um Aufstellung von Fernsprechautomaten in der Vor— 
stadt ersucht. Daraufhin sind im Restaurant Fortuna, Hürter— 
tor Allee Nr. 1, undi m Restaurant Groth, Roonstrahe Nr. 1. 
Fernsprechautomaten zur Aufstellung gelangt. 
—— 
heulende Elend gerät. Der leszte Aufzug gleitet ganz nach er⸗ 
probten Rezepten dahin, neu zind nur einzelne Situationen 
Das Stüdk ist jedenfalls recht unterhaltend. 
Gespielt wurde sehr hübsch, nur war im ganzen das Tempo 
etwas langsam, besonders die oft gesehene Szene im Zimmer 
des Rechtsanwalts hätte flotter herunter gesprochen werden 
müssen. Das ist nun freilich nicht Adolf Mehners Stärke, 
der außerdem beim Schwimmen ein paarmal Wasser in den 
Mund bekam. Er führte aber seine Rolle vom widerwilligen, 
verschlafenen Rechtskonsulenten bis zum mutwilligen und sehr 
wachen Liebhaber gut manciert und mit feinem Humor durch. 
Hans Helmuth Koch als Gast nutzte besonders im ersten 
Aufzug die ungewöhnliche und ärgerliche Situation, morgens 
unte5 Uhr hinter den Schranken der Bettstatt für mißachtete 
Ehemannsrechte kämpfen zu miüssen, mit bestem Humor und 
grohßer Zungenfertigkeit aus. Im dritten Aufzug war besonders 
sein Mienenspiel oft köstlich. Ganz vorzüglich, mit drastischer 
um die Reize der eigenen Erscheinung unbekümmerter Komi 
gab Emilie Cahnbley die Köchin und zeitweilige Herrin 
des Hauses. Otto Kempf war als kurzsichtiger alter Testa 
mentsonkel sehr lieb und necisch. 
Leider war es uns in diesem Sommer nur selter 
vergönnt, Josefine Seifert in größeren Rollen zu be 
grühen, welche aus der vorigen Sommer⸗Saison nod 
allgemein in angenehmster Erinnerung war. Zu ihrem Vor— 
teilsabend hatte sie sich eine Rolle ausgesucht, welche ihr 
gut liegt, und welche glaubhaft und belustigend zu verkör⸗ 
pern sie sich mit glücklichstem Erfolg angelegen sein ließ. 
Im Zustand der offenen Empörung gegen den Ehestand sowohl 
vie in dem der alkoholischen Benommenheit wirkte sie durch 
Hdahbhalten und geschickte Verwendung ihrer Mittel anziehend 
und belustigend. 
Mit „Norachen“ hat für diese Sommer-Saison die letzte 
Neueinstudierung das Rampenlicht im Stadthallen-Theater er— 
hlidi und es heißt wieder Abschied nehmen von dem Ensemble, 
das nun nach allen Richtungen in die Winterquartiere ausein— 
enderfährt. Mit ganz ungewöhnlich schwierigen Verhältnissen 
hatte in diesem Sommer Direktor Feldhusen zu kämpfen. Die 
Aopische Hitze, der ewige Sonnenschein füllten den Krähenteid 
und hielten die Gäste seinem dichtbenachbarten Theater fern
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.