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Veilagen: Vaterstädtische Blätter. — Der Familienfreund.
IIV nachrichten für das Herzegtum Lauenburg. die
heiblatt: Gesetz· und Verordnungsblatt tꝛ ehtaan an. gFiuürstentümer Ratzeburg, Lübed und das angren⸗
— — , N e ee Jende medlenburgische und holfteinische Gebiet.
Drud und Veriaa: Gebrüder Borders S. S. in Lübec. — Gelchäfteftelle Adreß baus (Köniostt. 46). Fecnivrecher nho u. 6001.
Abend⸗Blatt KNr. 457.
Ausaabe
2. (Große Ansgabe)
Erstes Blatt. hierzu 2. Blatt.
—— — — — — ——— —— — —
Amfang der heutigen Nummer 6 Seiten.
Z RöQSEÜ —— — —————— —
Nichtamtlicher Teil.
kine englische Stimme über den Stand
der Marokkoverhandlungen.
Ueber den angeblichen Stand der deutsch-franzö⸗—
lischen Unterhandlungen führte gestern ein ungenannter
Diplomat in der Daily Mail aus:
Den unbekannten Faktor in den ganzen Verhand—
iungen bilden die deutschen Ansprüche in Marokko.
Was Frankreich hier zuzugestehen bereit sei und was es hier
oberlange, sei schon oft angedeutet worden. Aber der Verfasser
behauptet, in der Lage zu sein, etwas Bestimmtes darüber
mitteilen zu können. Die Zugeständnisse, die die Republik
am Kongo zu machen gewillt ist bezüglich der Gebiets—
abtretungen, gehen zwar, wie der Diplomat erklärt, nicht so
weit, wie Deutschland wünsche; aber nichtsdestoweniger sind
diese Kompensationen so groß, daß die französische Nation,
wenn es bekannt werde, sehr erstaunt, wenn nicht gar ver—
zweifelt darüber sein dürfte. Dafür entschädige aber das,
was Frankreich ĩin Marokko verlange. Denn es handelt sich
nicht nur um politische, sondern auch um militärische
Rechte, die in einem bestimmten Vertrage festgelegt werden
würden, und zwar nicht nur mit Deutschland allein, sondern
dauch mit den anderen europäischen Mächten und sogar mit den
Vereinigten Staaten von Nordamerika. Wenn Deutschland ein⸗
verstanden sei, würden auch Oesterreich-Ungarn und Italien
zustimmen, während Großbritannien und Rußland bereits jetzt
zugestimmt hätten. Der beabsichtigte Vertrag sei viel präziser,
nals der zwischen Frankreich und Deutschland 1909 abgeschlossene,
und in dem neuen Vertragsinstrumente seien die militärischen
Rechte Frankreichs gqusdrücklich besont. Es werde ferner aus—
nemacht, daß, wenn mit Bezug auf diesen Vertrag irgendwelche
Schwierigkeiten in der Auslegung entstehen sollten, dieselben
den europäischen Mächten und den Vereinigten Staaten zur
Entscheidung vorgelegt werden müßten.
Frankreich werde Deutschland keinerlei Konzessionen und
anderweitige wirtschaftliche Rechte in Maroklko zugestehen, heißt
es weiter, die nicht die anderen Mächte auf Grund des Ver—
frages von Algeciras gleichfalls hesitzen. Die Republik hätte
a auch gar nicht das Recht dazu. Auf der anderen Seite sei
Franireich doch gewillt, weitere und bestimmte Ga—
antien für die Erhaltung der offenen Tür
u Marokko zu geben. Weiter erfährt der Diplomat, daß
u Beginn der Verhandlungen der deutsche Staatssekretär des
Leuheren ausdrücklich erklärte or duche keine besonderen Nr—
rechte und Konzessionen in Marokko. Aber im Verlauf der
Unterhandlungen sei, diese Erklärung immer unbestimmter ge—
vorden, so dahe man schließzlich den Eindruck gewann,
Deutschland suche in Marokko Vorrechte- die
inderen Mächten vorenthalten werden sollen.
So lägen die Schwierigkeiten in Marokko sebst.
Die Entsendung deutscher Kriegsschiffe nach Agadir habe
iber die Erwartung gewisser Kreise Deutschlands außerordent⸗
ich hoch gespannt, und jetzt fürchte man in der Wilhelm⸗
traße die Entscheidung. Jetzt zeigen sich erst die großen
chwierigkeiten, mit denen der deutsche Staatssekretär zu
ednen hat. Die Furcht vor den Wahlen werde die Verhand—
ungen jedenfalls noch länger hinauszögern. Es tauchen aber
uch andere Schwierigkeiten auf. In Deutschland ist alles
uf Kredit gestellt, Industrie, Handel, Finanzen und Landes—
erteidigung, und da wurde nun viel ausländisches Kapital
n Laufe der Zeiten in Deutschland angelegt. Dieses beginne
lan jetzt. insbesondere von Frankreich aus, zurückzuziehen.
luf diesen Umstand müsse besonders aufmerksam gemacht wer—
en, denn er sei vielleicht noch unbekannt bezw. nicht ge—
ügend beachtet. worden; er bedeute aber einen wichtigen
aktor bei den Verhandlungen zwischen Kiderlen-Wächter
ind Cambon.
Es ist dies natürlich wieder der altbekannte englische Stand—
unkt, der in allem, was Frankreich tut, das Richtige sieht
end Deutschland vorweg mit Vorurteil behandelt. Was er über
en deutschen Kredit am Schlusse sagt, beweist die völlige Un—
enntnis der deutschen Wirtschaftsoerhältnisse. Wir wiesen be—
eits gestern kurz in einem Artikel über „Frankreich als euro—
äischer Geldgeber“ darauf hin, wie ein patriotischer Franzose
Abit den gegenteiligen Standpunkt einnimmt. Wer ferner weiß.
je ungern Frankreich sein Kapital nach Deutschland gibt, der ist
uch leicht zu überzeugen, daß die Drohung mit Zurückziehung
ranzöfischen Kapitals aus Deutschland gang wirkungslos auf
en Ausgang der Verhandlungen bleiben müßte. So viel steht
nserer Ansicht nach aber fest, daß selbst für den Fall des
lücklichen Ausgangs des marokkanischen Konfliktes in weiten
dreifsen Deutschlands ein Gefühl der Erbitterung gegen England
leiben wird. Die Erkenntnis, daß die englische Politik ihre
ziele nur auf krummen Wegen zu erreichen sucht, ist aufs
eue während der Verhandlungen befestigt worden. Ohne Eng—
ands heimliche Hetzarbeit hätte das Zwiegespräch in der Wil—
zelmsrraße, das nun schon wochenlang dauert, in wenigen Tagen
azuf eine uns und Frankreich befriedigende Weise beschlossen
werden können. Ohne Englands Ränke wäre niemals das Kriegs⸗
gespenst am volitischen Horizont erschienen.
Die deutschen Gegenvorschläge.
Unser Berliner Korrespondent schreibt uns:
Es läßt sich nicht leugnen, daß die politischen Kreise
Rorsins gestern und heute sich in einer bisher freilich unbe—
— — — —
friedigten Unruhe befinden, die durch die Vorgänge der
Matoklkoverhandlungen von neuem hervorgerufen ist. Man
jatte nämlich sicher damit gerechnet, daß die Regierung be—
eits vorgestern eine offiziöse Note herausgeben würde, die den
SZtand der Maroklkoverhandlungen als erfreulich bezeichnen
ollte; doch eine solche Erkläcung blieb aus. Mit um so
rößerer Erwartung wurde gestern vormittag das Auswärtig«
Imt besucht und abends die Norddeutsche Allgemeine Zeitung
zeöffnet; doch siehe da, auch gestern ist weder offiziell noch
;rivatim etwas über die Marokkoverhandlungen bekannt gegeben
vorden. Das stimmt nervös, wenngleich man nun durchaus
icht daraus schließen soll, daß die Verhandlungen etwa siocken.
zie dehnen sich bloß länger aus, als ursprünglich auch von
den eingeweihten Persönlichkeiten erwartet wurde. Der Grund
it darin zu suchen, daß die französischen Vorschläge in ihren
„auptzügen zwar akzeptiert, in Einzelheiten jedoch deutsche
zegenvorschläge veranlaßt haben, für deren Beantwortung sich
zerr Cambon nicht mehr allein als zuständig erweist. So
nuß man nochmals abwarten, bis die Antwort aus Paris
eingetreffen ist. Und da man befürchtet, daß deutsche Aeuße—
nungen in der offiziösen Presse leicht französische Gegenäuße⸗
ungen zur Folge haben könnten, die bei der nahen Beziehung
wischen der Zeitungswelt und der Regierung in Paris leich⸗
mehr ausplaudern könnten, als man es in Berlin gern sähe,
o schweigt man hier völlig. Daher heißt es: sich noch einig
Tage gedulden
Staatliche Arbeitslosenversicherung?
Auf der Tagesordnung des deutschen Städtetages, der
»emnächst in Posen zusammentritt, steht die Behandlung der
Arbeitslosenversicherung. Angesichts des kommenden Notwinters
in sehr zeitgemäßes Thema. Wer aber etwa angenommen
zat, daß das seit vielen Jahren theoretisch und praktisch be—
irbeitete Problem nunmehr bald eine endgültige Lösung finden
verde, wird schwer enttäuscht werden. Denn die Kommission
ur Berichterstattung über die Arbeitslosenversicherung auf dem
eutschen Städtetage hat in einer Reihe von Leitsätzen alle
cchwierigkeiten kommunaler Zwangsversicherung gegen Arbeits—
osigkeit zusammengestellt und zum Schluß gefordert, daß die
degierungen unverzüglich die notwendigen Untersuchungen ein—
eiten möchten, um sowohl das Versicherungsbedürfnis, als die
Mittel zu seiner Befriedigung für die einzelnen Gewerbe- und
Arbeiterklassen zu ermitteln und festzustellen. Man wußte
war schon früher, daß der eine Berichterstatter des deutschen
Städtetages, Oberbürgermeister Adickes, Frankfurt a. M., ein
nergischer Gegner kommunaler Arbeitslosenversicherung sei. Man
uß auch zugeben, daß das Vroblem ungeheure technische
Zchwierigkeiten für die Städte bietet, und daß die jeitherigen
praktischen Lösungsversuche keineswegs voll befriedigen. Daß
wer erst noch weitschweifige Untersuchungen über das Ver—
iche unacRodürfnis von den Regierungen angestellt ieerden
—— —
Zeiten, die die Anschaffung einer würdigeren Glokke ermög—
lichten. Diese Zeiten schienen aber leider noch fern.
Heute, in der Hochzeitsstimmung, ward der schrille Ton
äberhört. Nur Josa und Ingeborg drang er wie mit schnei—
denden Messern ins Herz.
Es wanꝛ also so weit.
Nun sollte die Kirche den schrecklichen Bund besiegeln, und
nitrgends ein Ausweg, nirgends Hile.
Ailes war wie gestern. Der iachende Himmel, die goldene
SZonne, das Blühen und Prangen der Natur — und doch
astete es wie ein Alp auf den Herzen derer, die die ent—
etzliche Viertelstunde am dänischen Lusthause mit durchlebt
zatten.
In finsterem Schmerz hasteten Josas Augen an dem auf
den Altarstufen knienden Paar.
Schwül und schwer legte die Kirchenluft sich um ihre
zinne, dumpf pochte der Orgelton an ihr qualvoll schla—
rendes Herz.
War das nicht Frevel, was hier geschah? Tat fiemand
kinspruch? Schützte keiner das beörte junge Weib?
In heibem Gebet zerrang sie ihr Herz. Das Blut rauichte
n ihren Ohren. So beklemmend ijtill war es um sie her....
Aber nun zog woben auf der Empore der Kantor alle Re—
ister, und ein Jubelhymnus durchbrauste die kleine Kirche.
zeendet war die Zeremonie. Glückstrahlend verließ die junge
Frau am Arm ihres Gatten den reichgeschmückten Altar. Ver—
tohlen drückte sie einige sich ihr heimlich und gerührt ent—
gegenstreckende Hände.
Draußen ordnete sich der Zug. Voran das Trompeter—
orps der Kürassiere, das Hans v. Rohn verschrieben hatte.
dell schmetterten die Fanfaren den Brautzug aus „Lohen—
ztin“ in den blühenden Sommer hinein. Zwischen den wehen—
den, frischgrünen Maienbäumen hewegte sich der imposante Zug
dahin. Rauschend glitten die Schleppen der Damen über den
äuferbespannten Weg.
Zur Seite schoben und drängten sich die Dorfbewohner.
Hrinsend, verlegen, neugierig musterte alt und iung die ge—
zutzten Herrschaften. Es gab so unendlich riel zu sehen. Die
eichen Gewänder, das funkelnde Geschmeide und die gold—
rofzenden. verschiedenarfigen Uniformen. Es mar ein farhen—
Der Liebe Götterstrahl.
Roman von Marga Rayle.
119. Fortsetzung.) Machdrucd verboten.)
Josa schüttelte das dunkle Köpfchen.
„Durchaus nicht, Liebste! Aber eine Braut zu schmüdcen
t eine solch poesievolle Arbeit, daß dazu doch auch eine
timmungsvolle Umgebung gehört.“ 7
Ihre Stimme klang belegt, und sie vermied es. der jungen
Frau ins Auge zu sehen.
„Wie blaß du bist,“ plauderte Addy etwas obenhin weiter,
ein Paar durchbrochene, weißseidene Strümpfe über die Füße
treifend, „und Ingeborg auch! Ordentlich Schatten hat sie um
die Augen und sieht gar nicht lustig aus. Kinder, macht bloß
leine Leichenbittermienen. ich bitte euch! Lustig soll meine
dochzeit sein, und ihr sollt alle gern daran zurückdenken!
Ihr verderbt mir und uns allen noch die Stimmung mit
olchen Gesichtern.“
Sie sprach in nervöser Aufregung, fast weinerlich.
Ingeborg sah aus wie ein ertapptes Schulkind. Komödie
rielen ging gegen ihre innerste Natur. Aengstlich blickte sie zu
Josa hinüber. Die hatte sie auch schon ein paarmal forschend
wufs Korn genommen, denn ihr sehlte natürlich jede Erklärung
für des histigen Mädchens trübe Mienen. Schredlich, wenn
nan sich so gar kein bißchen verstellen konnte! Was sollte
ie nun sagen?
Doch Josa überhob sie einer Antwort und sprach sanft
beruhigend:
„Rege dich nicht auf, liebe Addy. denn du bist voll—
tändig im Irrtum! Sieh dir einmal deine jüngsten Schwestern,
die Gräfin und die Komtessen an. Etwas Kreuzfideleres ist
vohl kaum zu denken! Ingeborg freilich . ..“ nun flüsterte sie
aur noch, die gemachte Heiterkeit wollte nicht so laut ans
Tageslicht, „Ingeborg scheint mir einen kleinen Kater zu haben!
Und ich selbst — Gott, du kennst mich ja. Schwerlebig und
schwerfällig! Bei einer Hochzeit sehe ich den Ernst des Lebens.
Mußerdem, und das ist wohl kein Wunder, bin ich etwas ab⸗
gespannt.“
NMun lachte sie leise auf. trat hinter Addn und zog iht de
Nadeln aus dem Haar. Das sah fast aus wie Uebermut und
at der jungen Frau wohl.
Die anderen hatten unterdessen in einer entfernten Ecke
»es Zimmers den Brautstaat bewundert und auch ein wenig
Tllotria getrieben. Jetzt fing Lucinde in glücklichem Instinkt
nit schüchternem Stimmchen zu singen an: „Wir winden dir
„en Zungfernkranz“..
Das war ein guter Gedanke. Die etwa noch vorhandenen
Wolken wurden dadurch endgültig verscheucht. Frohgemut sangen
ille mit. selbit Marieken, nachdem sie zuvor Nini flüsternd
im Erlaubnis gefragt.
Und während des Singens regten sich geschäftig aller
zände, bis endlich das Werk beendet war.
In duftigen Wogen umwallte der Schleier die bräutliche
hestalt und verlieh ihr einen ungewohnten zarten Reißgz.
„Nun ist's aber auch für uns höchste Zeit,“ eifrig warf
Nini den Frisiermantel ab, „allerdings nur noch Kleider und
3sumen. Frisiert usw. sind wir schon während der standesamt—
ichen Trauung. Willst du bei uns bleiben, Addylein, oder
iebenan gehen? Marieken muß dann drin zuschlieben. damit
iemand von den Gästen reinkommt.“
Die Braut erklärte, daß die Zose noch mit ihrem Koffer
u tun habe. Und während sie noch mit Marieken sprach,
»ffnete sich die Tur und die alte Baronin rauschte majestätisch
iber die Schwelle. Knisternd zog sie die silbergraue Damast-
chleppe hinter sich he.
„Ich dachte dich in stiller Sammlung zu finden,“ sagte
ie, kalten Auges die Anwesenden musternd und Nini, die noch
eine Taille anhatte, einen verweisenden Blick zuwerfend. „Ich
yollte mich überzeugen, ob du auch ordentlich aussiehst! Es
heint ja so.. .. Und hier“ — sie drückte Addy ein funkel⸗
agelneues Gebetbuch in die Hand, „dies wird bis zur Trauung
iie beste Gesellschaft für dich sein. Gehe in euer Zimmer, dein
VKater will dich nachher dort noch einmal sprechen.“ —
Eine halbe Stunde später begann die Kirchenglocke zu
äuten. — æ
Sie hatte, zum nimmer endenden Aerger der Eggelower
ßutsherrschaft, einen bimmelnden, unerbaulichen Klang. Auch
n dieser Beziehung hoffte man daher inbrünstig auf hessere