Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

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Sonnabend, den 9. September 1911. Morgen⸗Blatt Ur. 456. 
Ausqabe A- 
Tagesbericht. 
Lübeck; 9. Sepkember.. 
— X Zu lubedischen Staatsbürgern wurden vom Stadt⸗ und 
dandamt im Monat August 56 Personen angenommen; am 
0. August leisteten dieselben vor dem Senat den Bürgereid. 
S. amtl. Teil.) —— S ve 
Die lubedische Staatsangehörigleit erwarben im Monat 
August 36 Personen. (S. amtl. Teil.) 
Auszeichnung. Gelegentlich der Wettfahrt auf der Trave— 
münder Bucht am 2. Juli d. J. wurde, wie berichtet, ein 
Matrose der Jacht „Hamburg“ in der Gewitterböe über Bord 
zespült und von einem Beiboot, welches von S. M. S. 
Sleipner“ a usgesetzt worden war, insbesondere aber durch den 
Torpedomaschinisten Deharde von S. M. S Sleipner“, welcher 
über Bord gesprungen war, gerettet. Der Verein „Seefahrt“ 
in Bamburg, Eigentümerin der Schoneriacht, Hamburg“, hat in 
Anerkennung dieser Leistung beschlossen, dem Torpedomaschi⸗ 
nisten Deharde ihre silberne Medaille zu verleihen. Seine 
Miajestät der Kaiser, welchem hiervon Mitteilung gemacht 
vorden ist, hat Deharde durch das Marinekabinett mitteilen 
afsen, dafj er sich über die ihm erwiesene Ehrung gefreut 
zabe. 
»Was nicht alles in Lübeck passieren soll. Die „Kieler 
Neuesten Nachrichten“ teilen in Nr. 210 vom 7. Sept. 1911 
hren Lesern folgendes mit: , 
7. In Lübeck stand am Tage der Weihe des neuen Nak⸗ 
jauses am Sonnabend eine Kompagnie des 104. Inf.Regts. 
nit scharfen Patronen ausgerüstet, marschbereit in der Ka⸗ 
erne, weil man glaubte, die ausgesperrten Metallarbeiter 
wollten das Fest stören.“ 
Daoß von gewissen Seiten hierselbst auswärtigen Zeitungen 
gewaltige Bären aufgebunden werden, ist ja hinlänglich be— 
annt, aber von obiger Mitteilung können wir doch nicht 
zllauben, daß sie von hier aus verbreitet worden ist. Wo die 
‚Kieler Neuesten Nachrichten“ diese „fetteste aller Hundstags— 
nten“ gefangen haben, mag der liebe Himmel wissen. Das 
104. Inf.Regt. steht in Chemnitz; eine Verwechselung der Orts— 
iamen oder ein sonst erklärliches Versehen ist dem— 
nach völlig ausgeschlossen. 
EFerienausflüge 1911. In den Sommerferien fanden die 
ersten Ferienwanderungen von Schülern und Schülerinnen statt. 
die Beteiligung war sehr groß. Der schöne Verlauf der 
Ausflüge läßt eine weitere Entwickelung dieser segensreichen 
kinrichtung erhoffen. Für die Herbstferien sind drei Wande— 
ungen angesetzt. Die Führung liegt in den Händen hiesiger 
dehrer und Lehrerinnen. Am Freitag, dem 29. Sept., wird 
in Ausflug nach Scharbeutz — Travemünde, am Mittwoch, dem 
. Okt., nach Schwartau — Hobbersdorf — Pariner Berg unter⸗ 
tommen. Außerdem soll eine fünftägige Harzwanderung zur 
Aussührung kommen. Sie dauert vom 29. Sept. bis zum 
3. Okt. Die schönsten Punkte des Harzes: Goslar, das 
Okertal, Harzburg, der Brocken, die Höhlen bei Rübeland, das 
Bodetal werden besucht. Für den Preis von 25 Mäerhalten 
die Teilnehmer freie Bahnfahrt, Quartier und Verpflegung. 
* *Eröffnung der ersten Post-Fumnlentelegraphenstation. Das 
erste deutsche Postamt, das mit einer Funkentelegraphenstation 
ür den öffentlichen Verkehr eingerichtet ist, befindet sich in 
Swinemünde. Die Station wird am 11. September eröffnet 
werden und ist für den allgemeinen öffentlichen Verkehr mit 
Schifsen in See bestimmt. Die Funkentelegraphenstation wird 
von diesem Tage an von 6 Uhr vormittags bis 12 Uhr nachts 
Dienst abhalten. Ihr Anrufzeichen lautet Kiw. Die nor— 
male Reichweite beträgt bei Tage 600, bei Nacht 1200 km. 
Die Kostengebühr beträgt 15 Pfennig für das Wort, min— 
destens 11850 Meäfür das Telegramm. 
Der Geldbriefträger soll verschwinden... Wie der B. 
L.A. meldet, soll nach einer von der Reichspostverwaltung ge— 
elanten Reform das Institut der Geldbriefträger eingehen und 
die bisher von ihnen ausgeführte Bekellung der Geldsendungen 
yon den gewöhnlichen Briefträgern mitbesorgt werden. Wenn 
»iese Reform zur Durchführung gelangen sollte, dann wird in 
veiten Kreisen der Bevölkerung das Ausscheiden dieser wackeren 
Beamtenkategorie ein wehmütiges Bedauern hervorrufen. Denn 
ver Geldbriefträger ist eine bei jedermann angesehene und be— 
liebte Persönlichkeit, die man gern empfängt — im Gegensatz zu 
allen Leuten, die Geld haben wollen. Wenn es an der Tür 
klopft, und es heißt: „Der Geldbriefträger ist da!“ dann wird 
hm mit Freuden aufgetan. Wie manche frohe Stunde hat 
uns sein Erscheinen bereitet! Wer jemals als Bruder Studio 
n den letzten neunundzwanzig Tagen des Monats ohne Geld 
war und sich rechtschaffen durchpumpen oder durchhungern mußte, 
vird mit schmerzlicher Erinnerung der bangen Stunden gedenken, 
da er am Ersten der Ankunft des sehnsüchtig erwarteten Geld— 
schiffes entgegenharrte. Wie oft hat der kleine Handwerker 
zur Tür hinausgeschaut, ob der Geldbriefträger ihm nicht end⸗ 
lich den erwarteten Schuldbetrag eines Kunden bringen würde. 
Auch der Großkaufmann sah es nicht ungern, wenn ihm der 
ßeldbriefträger eine gröhere Anzahl von Postanweisungen zur 
Unterschrift vorlegte und freute sich über die prompte „Regu⸗ 
ierung“ seiner Geschäftsfreunde. Reiner und größer war jedoch 
mmer die Freude, wenn der Geldbriefträger ganz unerwartel 
richien und von irgend einer ungeahnten Seite her eine Geld— 
endung aufzählte, sei es für eine längst vergessene Schuld, ein 
aunt erhofftes Darlehen vder einen noch nicht erwarteten Ver— 
ienst. Und an diesen Freuden hat der Geldbriefträger auch 
mmer ehrlich teilgenommen. Freilich hat sein Beruf auch 
-cchattenseiten, wenn er z. B. sich bei einer Auszahlung um einen 
dandertmarkschein verrechnet und diesen aus seiner Tasche er— 
etzen muß oder wenn ruchlose Räuber ihn überfallen und nach 
einer Geldtasche trachten. Ueberwiegend war jedoch die an— 
jenehm wohlige Temperatur, die er durch sein Erscheinen über— 
ill hervorrief. Nun freilich scheint durch die Ausdehnung des 
Zostschedverkehrs die Tätigkeit des Geldbriefträgers so erheb— 
ich eingeschränkt zu sein, daß man den Rest seiner Funktionen 
en einfachen Briefträgern übertrazen will. Gewiß erhält man 
das Geld, das man zu erwarten hat, nach wie vor durch die 
Post prompt zugestellt, aber dem zum Aussterben bestimmten 
Institut der braven Geldbriesträger wird iedermann ein dank— 
hares Gedenken bewahren 
VOeffentliche Stellenvermittlung für Hausangestellte. Im 
August 1911 war das Verhältnis zwischen Angebot und Nach—⸗ 
rage bedeutend günstiger als im gleichen Monat des Vorjahres. 
luf 100 offene Stellen kamen 1911 74,2 Stellensuchende, 
910 dagegen 52,6. Es wurden 1859 offene Stellen gemeldet 
1910;: 21), für Mädchen, Stützen usw. 143 (1910: 188) und 
är Hausdiener 1 (1910: 2). — Dem standen 118 Angebote 
ztellensuchender gegenüber (1910: 111). Es wurden 25 Aus⸗ 
silfen (1910: 26), 2 Hausburschen (1910: 11) und 81 weibliche 
zausangestellte aller Art gezählt (1910: 74). — In 55 Fällen 
onnten geeignete Personen vermittelt werden (1910: 47), 18 
zrauen und Mädchen erhielten aushilfsweise Beschäftigung 
1910: 21), 37 Mädchen aller Art wurden in Dauerstellungen 
intergebracht (1910: 26). J 
E In Brand geriet im Neubau Engelsgrube 40 eine 
zobelbank. Beim Eintreffen der Feuerwehr waren die Flam— 
nen bereits gelöscht. Ein nennenswerter Schaden ist nicht ent⸗ 
tanden. 
Beim Spiel im Stadigraben erirunken ist gestern mittäg 
er etwa 12jährige Knabe J. Sommerfeld aus der Geverdes— 
trake. Er ließ bei der alten Eutiner Eisenbahnklappbrüde einen 
zund ins Wasser geworfene Holzklötze apportieren. Als der 
dnabe wiederum einen Holzklotz ins Wasser werfen wollte, lief 
r direkt in den Stadtgraben hinein. Obgleich drei beherzte 
MNänner ihm nachsprangen, vermochten sie ihn doch nicht zu 
etten. Einige Stunden später wurde die Leiche geborgen. 
Die Wasserwãrme in den staädtischen Badeanstalten be⸗ 
rug am 8. Sept.: im Krähenteich 1824 Grad Celsius, auf dem 
Falkendamm 19 Grad Celsius. 
Schauspielsaison festgesetzt, der sich dann eine Monats-Operetten- 
oder Opern⸗-Saison anschloß. Das Publikum war der Ansicht, 
daß Schauspiel und Oper oder Operette abwechselnd gegeben 
verden könnten. Weiter hielt man es auch nur gerecht⸗ 
ertigt, wenn der Theaterdirektor von seinem Gewinn einen 
deil an die Stadt abführte, statt daß die Stadt noch jährlich 
zuschüsse (zirka 28 000 M) leiste. Dem Theaterdirektor Harry 
Dskar, der das Theater seit etwa 11 Jahren leitet, wurde 
im 1. April zum 1. April 1913 gekündigt. Donnerstag be— 
chlok die Theaterkommission einstimmig, den städtischen Kollegien 
zie Ausschreibung der Stelle eines Theaterleiters unter neuen 
Bbedingungen zu empfehlen. Der Antrag dürfte im Kollegium 
instimmige Annahme finden. Das Theater wird übrigens durch 
ine Zuwendung aus der Privatschatulle des Könias in Höhe 
oon 8000 Misubventioniert. 
BSadersleben, s8. Sept. Ueberfallen wurde nächts 
ꝛin Radfahrer in der Gegend zwischen Thomashus und Errig⸗ 
tedt. Es war eine Schnur über den Weg gespannt, so daß 
der Radfahrer stürzen mußte. Aus dem Graben sprangen 
dann vier Männer und verlangten Uhr und Geld. Da der 
Ueberfallene nichts bei sich hatte, verletzten die Straßenräuber 
hn durch mehrere Messerstiche, schnitten den Reifen seines Rades 
durch und ließen ihn liegen. Sie selbst verschwanden dann. 
Grotzherzogtum Oldenburg. Fürstentum Lüũbed. 
Malente, 9. Sept. Von vem eigenen Brudet 
angeschossen und an der Stirn schwer verletzt wurde die 
teunjährige Elly Hittmann. Der Unglücsfall ereignete sich durch 
Spielerei mit einem Luftgewehr. Wegen der Schwere der Ver⸗ 
etzung wurde das Kind Donnerstag abend mit der Bahn nad 
Kiel und dann in die Heilanstalten befördert. 
Lauenburg. W 
2Mluln; 8. Sept. Verkauft hal Rentier Silk sein 
in der Bahnhofsstraße gelegenes Wohnhaus für 23 000 M 
an Rechtsanwalt Hinrichs. 
Rs. Büchen-Bahnhof, 9. Sept. Versetzt werden 
wird, wie verlautet, Gendarmeriewachtmeister Tödt. 
Rs. Siebeneichen, 9. Sept. Die Maul- unð 
Klauenseuche tritt hier nur sehr milde auf; es ist bisher 
kein Stück Vieh eingegangen. 
b. Stadthallentheater. Aus der Theaterkanzlei schreibt 
nan uns: Als letzte volkstümliche Vorstellung (jeder Platz 
O Pfg.) findet heute (Sonnabend) noch eine Wiederholung des 
eizenden Lustspiels ,Cyprienne“ statt, und mit einer großen 
)oppelvorstellung, die um 7 Uhr beginnt, wird am Sonn— 
ag die Spielzeit beschlossen. Zur Aufführung gelangen der 
53chwank⸗Schlager ,Theodore & Cie.“ und die letzte Neuheit 
„Norachen“ mit Herrn Hans Helmuth Koch als Gast. Sicher 
verden diese beiden letzten Vorstellungen noch übernolle Häuser 
bringen. 
b. Reues Stadttheater. Die AUuUsgabe der Abonne— 
nentskarten sowie Zahlung der ersten Rate sindet 
on heute bis einschl. Dienstag; 12. Sept., an 
Verktagen von 10ÿ51 Uhr und 486 Uhr, am Sonntag vor⸗ 
nittag von 1141 Uhr in der Theaterkanzlei (EEingang Fischer⸗ 
zrube, Tür 1) statt. 
b. Stadttheatereintrittskarten bei Otio Borchert. Wie in 
rüheren Jahren sind auch jetzt wieder Stadttheater-Eintritts— 
arten zu Sperrsitz, J. Rang, 1. Parkett und 2. Parkett, gute 
Blätze, in dem Spezialzigarrengeschäft Otto Borchert, Breite 
Straße 65, täglich zu haben. 
b. Der Lübecker Schätzenverein hielt am Mittwoch abend 
ine Mitgliederversammlung ab, in der über das diesjährige 
vänseverschiehen und Gänsee'sen Beschluß gefaßt wurde. Ferner 
vurde beschlossen, das Wintervergnügen als Stiftungsfest und 
zwar durch ein Festessen mit darauf folgendem Ball zu seiern. 
Großherzogtümer Medlenburg. 
Rehna:? 9. Sept. Der Preis der Butter ist 
sier um 5 Pfg. pro Pfund gesunken. — Wegen Lehrer— 
nangel kann ihe zu Michaelis irei werdende Schullitelle in 
dallenhagen nicht wieder besekt werden 
Vermischtes. 
Der Verkauf der „Chartreuse“. Man schreibt uns aus Paris: 
In dem Prozesse über den Verkauf der „Chartreuse“, in dem in ersier 
znstanz der Likörfabrikant Marnier⸗-Lapostole zu 2 498 000 Franks 
Schadensersatz an den Liquidator der Karthäuser verurteilt worden 
var, ist die Berusung des Verurteilten nach viertägigen Verhand⸗ 
ungen nunmehr auch nach zurückgewiesenem Appell von der Zivil⸗ 
ammer des Kassationshofes verworfen worden. Diese 2 498 000 Irs. 
gellen den Unterschied dar zwischen den drei Millionen, die von dem 
ditörfabrikanten jür den Ankauf der berühmten Likörmarke und ihrer 
Zestände versprochen worden waren, und den 502 000 Frs. zu denen 
je schließlich an Herrn Cusenier und die Pachtgesellschaft, die sie zur 
eit betreibt, zugeschlagen wurde. Herr Marnier hatte, um daran 
u erinnern, sich geweigert, sein gegebenes Wort zu halten, weil eine 
ßesellschaft unter dem Titel: „Grandes Marques Alimentaires“, deren 
zerireler Cusenier und deren Gründer der frühete Pächter des 
tinanzteils des Petit Journal und Hauptaktionär des Matin Voidatz 
hdar, den provisorischen Betrieb vorher erhalten und ihre Chartreuse 
n Charenton mit gewöhnlichem Schnaps hergestellt hatte. Dadurd 
däre der Wert der Marke völlig vernichtet worden. Man verfehlt 
atürlich in den dem Matin nicht gewogenen Blättern keineswegs, 
liesen Spruch des Kassationshofs scharf zu kritisieren und besonders 
ie Darlegungen des Oberstaatsanwalts Feuilloley anzuführen, der 
as erstrichterliche Erkenntnis folgendermaßen charakterisiert hatte: 
Ich stelle mit großem Bedauern fest, daß gewisse in ihm angesführte 
MNotive der Leidenschaft und der Polemik entstammen und eines 
ñerichtshoss unwürdig sind. Ich ersuche Sie, die Berufung für gültig 
u erklären, damit diese beunruhigende Angelegenheit aufs neue in 
oürdiger Ruhe abgeurteilt werde“. Der Oberstaatsanwalt der Zivib 
ammer des Kassationshofs Beaudouin übte seinerseits scharfe Kritil 
n dieser Kritik und verlangte die Bestätigung des Urteils der 
kKichter von Grenoble, da er selbst genau wie sie geurteilt haben 
voürde. Immerhin ist dieses Kapitel der LiquidationsSkandale durch 
as Erkenntnis des Kassationshofs endgültig abgeschlossen. 
Alkohol und Eisenbahn. Man schreibt uns: Die zahl— 
eichen behördlichen Mahnungen an das Eisenbahndienstpersonal, den 
Alkoholgenuß möglichst einzuschränken, sind soeben durch einen scharfen 
krlaß des württembergischen Eisenbahnpräsidenten v. Stieler gegen 
en Alloholmißbrauch unter Hinweis auf das große Eisenbahnunglück 
ei Müllheim wiederum vermehrt worden. Da erhebt sich nun die 
jrage, ob nicht nur für das Dienstpersonal, sondern auch für die Fahr⸗ 
‚äste der Eisenbahnen genügend Vorsorge zur Löschung des Durstes 
nit antialkoholischen Getränken getroffen ist. Wer in diesen heißen 
Bochen längere Fahrten unternehmen mußte, ist geneigt, diese Frage 
ntschieden zu verneinen. Nur auf ganz wenigen Stationen wird 
eben mattem, laulichen Selterwasser eine häßliche Limonade an⸗— 
eboten, die den Durst nicht stillt, sondern vermehrt. Wer bei der 
ibnormen Hitze mit Kindern reisen muß, weiß ein Liedchen von dem 
jammer nach frischem Trinkwasser zu singen. Zwar haben jetzt alle 
Stationen „Brunnen“ aufzuweisen, aber wer vermöchte ihr warmes, 
ippisches Leitungswasser als Erfrischung zu genießen? Wäre es 
nicht allermindestens möglich, diese Brunnen einige Minuten vor 
kintreffen der Züge „ablaufen“ zu lassen, daß sie den Reisenden siatt 
chaeltandenem, warmem wirklich frisches, lühles Wasser spendelen? 
Ind wäre nicht ein Zwang auf die Bahnbofswirte, die sich doch sonst 
enügender Reglements der Bahnbehörde „erfreuen“, möglich, daß 
ie an heißen Tagen neben Bier und schlechtem künstlichen Selterwasser 
uch frisches kühles Brunnenwasser für wenige Pfennige feilhalten? 
lusnahmezustände wie die gegenwärtigen heischen positive Maßnahmen 
»er Eisenbahnbehörden. nicht nur Mahnungen. 
Echleswiag⸗Holstein. j 
Kiel, 9. Sept. Tödlicher Unglücksfall. Beim 
lebernehmen von Munition aus dem Munitionsdepot Dietrichs- 
orf für das Linienschiff „Helgoland“ wurde der Matrose 
-chröder von der Friedrichsorter Artillerieabteilung so unglüd— 
ich am Kopfe getroffen, daß er zusammenbrach und starb. 
Elmshorn, 9. Sept. Gemeine Rache. Auf Anord— 
ung der Staatsanwaltschaft wurde auf dem hiesigen Fried— 
wof die Leiche eines Kindes ausgegraben. Die Eltern waren 
erdächtigt, daß sie das Kind kätten verhungern lassen. Die 
Intersuchung ergab, daß das Kind gut genährt und an Brech— 
urchfall gestorben ist. Der Vater des verstorbenen Kindes 
ehört zu den Arbeitswilligen im Lederarbeiterstreik. Es liegt 
in gemeiner Racheakt vor. — Der Streik in der Leder— 
ndustrie ist nach einer Dauer von 21 Wochen beendet. In 
iner Versammlung der Streikenden wurde mit 240 gegen 47 
Stimmen beschlossen, die Arbeit bedingungslos wieder auf— 
unehmen. 
Burge a. F, 9. Sept. Ihr 300jähriges Jubi— 
ium feiert am 12. d. M. in Landkirchen eine der ältesten 
ereinigungen Fehmarns, die Vetterschaft der Maceprang und 
Bitte. Noch heute befinden sich zahlreiche silberne Becher aus 
er ersten Zeit des Bestehens der Vereinigung in ihrem Besitz. 
zei früheren Festen ging es ziemlich hoch her. Wie aus 
»em Archiv der Vetterschaft hervorgeht, gebrauchte diese Ver⸗ 
»indung im Ihre 1726 bei ihrem Jahresfest für 70 bis 80 
deilnehmer 11 Tonnen Bier zu je 4 Mes Schillinge — 49 M 
„Schillinge; 1735 bei ähnlicher Gelegenheit hatte die Vetter. 
chaft für Pfeifen, Tabak und Branntwein eine Ausgabe von 
5 M. Eine noch älters Vetterschaft als die vorgenannte war 
ie der Rauert, die im Jahre 1834 aufgelöst wurde, nach dem 
ie reichlich 400 Jahre auf Fehmarn bestanden hatte. 
Edernförde, 2. Sept. Ein seltsames Schauspiel 
'ot sich vor einigen Tagen dem Naturfreund in Edholz. Gegen 
lbend, so wird der Eckernf. Z3tg. geschrieben, kam eine Schar 
ctörche an und schlug auf Haus und Baum ihr Nachtquartier 
uf. Auf einem gar nicht allzu großen und vor allem recht 
iedrigen Dache wurden zum Beispiel gegen 50 gezählt und 
eutlich waren bei zweien die Ringe der Vogelwarten zu er⸗ 
ennen. Nach den schwarzen Schnäbeln und dem rauhen Ge⸗ 
eder zu urteilen, waren die meisten der 2000 bis 3000 
VBanderer junge Vögel. Am nächsten Morgen stiegen sie, 
achdent sie ihr Frühmahl auf den benachbarten Wiesen ein— 
enommen hatten, wobei sie die Menschen bis auf wenige 
zchritte herankommen ließen, hoch in die Lüfte, kreisten ein 
aarmal umher und zogen weiter nach Süden. 
Flensburg, 9. Sept. Stadktheater. Seit Jahren 
st das hiesige Theater-Publikum mit der Leitung des Stadt— 
heaters nicht zufrieden. Es wird in dem Spiel mehr Ab⸗ 
vechssune gewünscht. Bisher wurden sechs Monate für die 
—
	        
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