Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

iche im Israeisdorfer Walde fortgeseßt. Eine große Menschen⸗ 
nenge begleitete den Zug. Bei der Kaisereiche angelangt, 
ben die Fahnenseltisnen um dieselbe Aufste! lung, hinter 
hnen die einzelnen Vereine und das zahlreiche Publikum. Dann 
hielt Hert Professor Dr. Reuter, Hauptmann der 
dandwehr. Vorsitzender des Vereins ehemaliger 838er die 
Zestrede, * 
u 3 ß * ei der Grund der Sedanfeier? 
—* d ee — verbündeten deutschen Heere 
der ven Erbfeind erfochten? Gewiß nicht. denn sonst würde 
Mollke recht haben. wenn er meine, es sei eigentlich ein 
Irrtum, wenn wir den 2. Septem ber feierten, da doch der 
—XR Sieg am 1. September erfochten sei. Oder sei es die 
eigeunahme des Kaisers Napoleon? Gewiß sei dies Er— 
anis von allergrößtem Einflutz auf die Wahl des Tages 
ewesen; doch sei auch damit der Kern der Sache nicht ge⸗ 
roffen. Der eigentliche Grund für die Wahl des Tages liege 
arin, daß unter dem Eindrud des herrlichen Sieges mit un⸗ 
viderstehlicher Gewalt in allen deutschen Gauen zum Ausdruth 
zekommen sei, daß wir wie ein Volk geworden wären. Von 
dieser Zeit an habe das deutsche Volk einen Tag von po li⸗ 
ischer Bedeutung, den das ganze Volk als ein Volksfest 
zemeinsam begehe, den es auch alijährlich wiederbegehen wolle 
zum Gedächtnis dessen, daß die deutschen Stämme wieder ein 
Volk geworden seien. Und warum sollte das deutsche Volk 
ein solches Fest nicht feiern? Vielleicht weil mit Räüchsicht auf 
die Franzosen das Sedankeiern einmal aufhören müsse? So 
rede mancher und übersehe völlig, daß auf die Franzosen wähs 
lend des Krieges und auch wohl nach dem Kriege genügend 
Rüchsicht genommen sei, oft viel zu viel. Wer den Spuren der 
Franzosen in Deutschland einmal nachgegangen sei, werde immer 
vieder finden, daß diese Nation, wo sie als Sieger aufgetreten 
rei, alle anderen an Habsucht, an roher Gewalt, an Zucht- 
ofigkeit und Gewissenlosigkeit weit übertroffen habe. Wer hieran 
weifle, den wird eine Wanderung durch die Ruinen am Rhein, 
ner Gedanke an die schamlose Plünderung der neutralen Stadt 
Lübeck bald eines besseren belehren. Oder weil die immer er— 
neute Erinnerung an Krieg und Kriegsgeschrei verrohend auf 
ins und die heranwachsende Jugend wirke, weil der Geist des 
Militarismus ein Feind der Kultur sein solle? Glaube man 
»enn im Ernst, daß man den Krieg aus der Welt schaffe, wenn 
man nicht von ihm spreche? Wohl habe der Krieg seine 
Schranken; wisse man nicht aber auch, daß gerade der Krieg 
die edelsten Tugenden des Mannes wecke: Mut 
und Tapferkeit, Treue bis in den Tod und Aufopferung 
hon Gut und Blut für Weib und Kind, für das 
Vaterland? Man möge noch soviel vom Frieden, den Seg⸗ 
nungen friedlicher Arbeit und dem Genusse einer verfeinerten 
Kultur sagen, es bleibe doch wahr, daß die Waffen 
über die Welt entscheiden, daß nicht die Ueber— 
legenheit der Kultur, sondern die Streitbar— 
keit und Sinneseinheit die Völker erhalte. Des— 
halb solle daz deutsche Volk sich weder durch die Rüdhicht 
auf die Franzosen, noch durch die Sirenentöne der Friedens— 
chalmeien seine Sedanfeier trüben lassen. Diese sei in erster 
Linie ein Fest der Erinnerung an die Entstehung der deut— 
schen Einheit; aber als solches hätte es auch nur wenig Be— 
echtigung, wenn es nicht zugleich ein Fest der Mah⸗— 
nung werde. Zurzeit scheine es fast, als ob Deutschland 
wieder zu seiner früheren traurigen Aschenbrödelrolle ver— 
urteilt werden solle, als ob man nicht mehr viel danach 
frage, was Deutschland wolle. Wie könne da ein jeder zu 
jeinem Teil mit dafür sorgett, daß nach all dem Glanz 
Deutschland solche Schande erspart bleibe? Wenn wir 
mit Goöttes Hilfe uns unsere Streitbarkeit und unsere 
Sinneseinheit bewahren. Das heutige Leben, das 
unserer hochentwickelten Kultur soviel biete, sei leider nicht 
dazu angetan, körperliche Rüstigkeit und kriegerische Streit— 
barkeit zu fördern! Und wie stehe es mit der Sinnes— 
einheit? Sei es nicht, als ob Schenkendorf unsere Zeit 
vorausgeahnt hätte, als er nach den ersten Freiheitskriegen 
die Deutschen mit den Worten begrüßte: „Vaterland, in 
tausend Jahren kam dir solch ein Frühling kaum, was die 
hohen Väter waren, heißet nimmermehr ein Traum. Aber 
einmal müßt ihr ringen, noch in ernster Geisterschlacht, und 
den letzten Feind bezwingen, der im Innern drohend wacht. 
Haß und Argwohn müßt ihr dämpfen, Geist und Neid 
and böse Lust, dam nach schweren bangen Kämpfen, kannst 
du ruhen, deutsche Brust.“ — So werde das Fest der Er— 
mnerung zu einem Fest der Mahnung, unserem Volke die 
Streitbarkeit und Sinneseinheit zu erhalten. Es sei ja eine 
Freude, zu sehen, wie in diesen Tagen politischer Spannung 
dem Auslande gegenüber der Hader der Parteien schweige, 
pie durch alle Schichten des Volkes wieder das Gefühl gehe: 
Nun ist die Kette wieder voll, weh dem, der daran rütteln 
oll, wir lassen Pflug und Hammer.“ In solcher Stunde 
werde das Fest der Erinnerung und der Mahnung zu einem 
rest der Weihe. Da weihe man aufs neue Gut und Blut 
und Leben dem Vaterlande, gelobe, das heranwachsende Ge— 
chlecht zu kriegerischer Streitbarkeit und deutscher Sinnes— 
einheit zu erziehen, daß auch seine Losung sei: „Mit Gott 
für Kaiser und Reich.“ Das sei der Geist, in dem wir 
Sedan feiern. Das bekräftigen wir, indem wir rufen: Unser 
aiserlicher Kriegsherr und unser deutsches Vaterland Hurra! 
Aus vollem Herzen und voll Begeisterung stimmten alle 
Anwesenden in das Hoch ein, worauf entblößten Hauptes 
die Nationalhymne gesungen wurde. Hierauf wurde zur 
Forsthalle marschiert, woselbst zunächst ein Konzert stattfand 
und später ein Tanzkränzchen das Fest beschloß. 
Sedan⸗Spielfest auf dem Burgfedde. 
Die Lübeder Turnerschaft, der Männer-Turnverein und der 
dübeder Turnverein Gut Heil hatten auch in diesem Jahre 
wieder unter Mitwirkung des Lubeder Ballspielklubs von 1903, 
des Seminar⸗Fußballklubs des Lehrerseminars, des Lehrer⸗ 
urnvereins und des Katharineums, des Johanneums, der 
Realschule zum Dom und der v. Großheimschen Realschule 
zur Feier des Sedantages ein Spielfest veranstaltet. Es 
beteiligten sich an demseiben etwa 300 Turner und Spieler. 
Eine vielhundertköpfige Menschenmenge schaute den interessanten 
und abwechselungsreichen Vorführungen mit großem Interesse 
ju. U. a. waren auch die Herren Senagtor Kulenkamp 
und Senator Dr. Stoofs sowie die Direktoren der 
enannten Lehranstalten längere Zeit bei den Vor— 
führungen zugegen. Leider ereignete sich beim Gerweitwerfen 
in Unfall, der leicht schlimme Folgen hätte nach sich ziehen 
können. Ein Ger flog versehentlich in das Publikum 
und traf den Sohn des Herrn Senators Dr. Stooss mit 
Theblicher Wucht eben über dem rechten Auge an den Kopf. 
kin großes Glück war es, daß aur der Schaft den Kopf traf; 
zätte die scharfe Spitze des Ger den jungen Mann getroffen, 
näre es wohbl um ihn geschebent gewesen Das SErgebnis der 
Wettkämpfe war folgendes: Die Steger im Fünfkampf sind 
eigende: Herm. Brehmer (L. Ty mit 117, Wilh. Buth 
E. T.) mit 93, Hugo Gosch (E. T.) mit 93, Detlef Schümann 
Kath.) mit 83, Fritz Schulz (G. H.) mit 77, Herm. Asmus 
M.eT.“V.) mit 78. Karl Voigt (Vi.T.“V.) mit 76. Hugo 
chult (L. T) mit 75, Arthut Meyborg (Seminar) mit 73, 
zans Kloock (K. T.) mit 72, Carl Capell L. T.) mit 72, 
jriedt. Burwick (Seminar) mit 71, Herm. Müller (M.T.⸗V.) 
nit 70, Hans Dunckelmann (M.-T.V.) mit 68, Bernh. Jeitner 
Joh.) 68. Otto Busch (Seminar) nit 67, Walter Rabe GKath.) 
nit 67, Hans Störr (M.⸗T.«V.) mit 66,. Hans Steen (Seminar) 
ut 66 und Hans Capell (L. T.) mit 66 Punkten. — Tie SHöchst- 
istungen erzielte im Weitsprung H. Brehmer mit 6,40 m, Stein- 
ohen H. Brehmer mit 6,42 m, Hochspringen H. Brehmer mit 
,90 m (berührt), Schlagballweitwerfen H. Brehmer mit 
8,25 m und Schlagballweitwerfen H. Gosch mit 82,60 m. 
im Dreikampf der Zöglinge und Schüler wurden von 
2 Teilnehmern 54 Sieger; die Höchtleistungen erzielten R. 
wers Johanneum) mit 66, T. Gaeis (Seminar) mit 65 und 
3. Bartels (von Großheimsche Realschule) mit 62 Puntkten. 
—Im Zweikampf der Schüler, an dem sich 80 Knaben 
eteiligten, wurden 39 Sieger. Die SHöchstleistungen (im 
tugelstohen und Weitspringen) hatten zu verzeichnen W. Tochen⸗ 
urg (Katharineum) mit 43, H. Wiltda (Realschule zum Dom) 
rit 43, 8. Arnecke (Realschule zum Dom) mit 39, G. Krellen⸗ 
erg (Realschule zum Dom) mit 39 und Chr. Koch GKatharineum) 
ut 38 Punkten. — Bei den Faustballwettspielen siegte 
ie Realschule zum Dom II über die von Grossheimsche 
realschule mit 48: 26, die Zöglinge des Männer-Turnver— 
ins über die Zöglinge des Lübecker Turnvereins Gut Heil 
tit 32: 16, das Spiel der Lübecker Turnerschaft II gegen 
as Johanneum blieb mit 58: 58 unentschieden, das Katha— 
ineum II äber UII und OIII der Realschule zum Dom mit 
1:354, der Lübecker Turnverein Gut Heil II über Männer— 
urnverein II mit 61: 57, die Jugendabteilung des Männer— 
urnvereins über die Jugendabteilung des Lübecker Turn— 
ereins Gut Heil mit 43: 31, die Jugendabteilung des 
urnvereins Gut Heil über die Jugendabteilung der Lübecker 
urnerschaft mit 40: 28, der Männer-Turnverein 1I 
ber Katharineum IT mit 62:53 und die Jugend— 
bteiliung des Männer-Turnvereins mit 49:37. — 
sänner-Turnverein Jüber Turnwerein Gut Heil J mit 71:60, 
eminar II über Lehrer-Turnwerein mit 63: 53, Seminar 1 
ber Lübecker Turnerschaft J mit 78: 768, Katharineum J über 
übecker Turnerschaft I mit 80: 79, Männer-Turnverein J über 
atharineum J mit 38: 28, Gut Heil J über Seminar J mit 
7:86, Seminar III ũber Realschule zum Tom III mit 41: 34, 
zut Heil II über Katharineum II mit 51: 50, die alten Herren 
es Männer-Turnvereins über die alten Herren der Lübecker 
utnerschagft mit 40: 34 und endlich Gut Heil 1I 
ber den Lehrer-Turnverein mit 78:77 Punkten. — 
in den Schlagball-Wettspielen siegte die Lübecker 
rurnerschaft I über Katharineum J mit 45: 42, die UIII der 
dealschule zum Dom über die Jugendabteilung des Männer—⸗ 
urnvereins mit 50: 20, das Seminar J über Männer-Turn⸗ 
rerein J mit 60: 5., das Johanneum über Realschule zum 
om IJ mit 20: 17, die OIII des Johanneums über die OIII 
es Katharineums mit 42: 34 und das Seminar II über die 
ealschule zum Dom III mit 57: 30. — Im Stafetten⸗ 
auf über 1000 m gewann unter den Vereinen die Lübeder 
urnerschaft mit 2 Min. 815 Sel.; ferner gebrauchten zur Zu— 
ücklegung der Strecke das Seminar 2 Min. 13 Sek., Turn⸗ 
erein Gut Heil 2 Min. 14 Sek. und der Männer-Turnverein 
Min. 15 Sek.; von den Schulen errang das Katharineum 
nit 2 Miin. 1155 Sek. den Sieg, das Johanneum brauchte 
Min. 14 Sek., die Realschule zum Dom 2 Min. 1724 Sek. 
nd die von Großheimsche Realschule die gleiche Zeit. — 
zim Gerweitwerfen siegte H. Brehmer (Lübecker Turner⸗ 
hast) mit 34m, O. Jungclaussen mit 32,30m, Fr. Pape 
Katharineum) mit 30,50 m. Die Söchstleistung erzielte 
5. Brehmer in einem außer Konkurrenz ausgeführten Wurf 
nit 34,80 m. Ein geselliges Zusammensein der Spielteil— 
nehmer im Hause der Lübedter Turnerschaft beschloß den Taa 
X Den Vorsitz in der Vorsteherschaft der Irrenanstalt hat 
zert Senator Rabe wieder übernommen. 
X Vertretung. Während der Dauer der Abwesenheit des 
herrn Senators Dr. Vermehren hat Herr Senator Rabe 
en Vorsitz in der Steuerbehörde, und Herr Regierungsrat 
Ir. Plessing den Vorsitz in der Friedhofsbehörde über— 
sommen. In der Zollkommission führt Herr Senator Strad 
ür die Dauer der gleichzeitigen Abwesenheit der Serren 
zenatoren Dr. Vermehren und Dr. Kalkbrenner den 
Vorsitz. 
S Einen Kranz am Bismarcdck-Denlkmal niedergelegt hat 
ius Anlah des Sedantages auch der Rationalliberale Verein 
ür Lübeck und Umgebung. 
Eine Versammlung der Bürgerschaft findet Montag, den 
11. September, abends 6 Uhr statt. 
SFlensburg⸗Kiel⸗Lübed⸗Berlin. Der Köln. Z3tg. wird 
uterm 31. August aus Kiel geschrieben: In Handelskreisen 
nird eine bessere Verbindung der wirtschaftlich hochstehenden 
sttüste Schleswig-Holsteins, die die bedeutendsten Verkehrs— 
lätze aufweist, besürwortet. Der Hauptverkehr geht infolge 
er geschichtlichen Entwicklung unseres Eisenbahnwesens durch 
ie Mitte des Landes, von Flensburg Aber Rendsburg-Neu— 
rünster-Elmshorn nach Altona. Eine Linie Flensburg-Kiel— 
übeck⸗Berlin würde eine geradezu ideale Verbindung der wich— 
gsten Ortschaften mit der Reichshauptstadt darstellen. Die 
ẽtrecken Kiel-Flensburg, Kiel-Eulin-Lübeck sind bruchstückweise 
atstanden. Von Anfang an galten sie als Nebenlinien und er— 
ielten nur ein Geleise. Es hat sich allmählich ein sehr 
edeutender Verkehr entwickelt. Die Zertretungen des Handeis 
eind der Landwirtschaft wünschen deshalb sehr den zweigeleisigen 
lucbau der Strecden von Flensburg bis Lübeck. Dadurch 
vürde eine grohe Verkehrssteigerung eintreten und eine Haupt. 
ahn dort geschaffen werden, wo der wirtschaftliche Schwer— 
runkt des Landes liegt. Die geplante Küstenbahn Flene burg⸗ 
lpenrade-Hadersleben pant, ganz abgesehen von ihrer natio—⸗ 
alen Bedeutung, trefflich in diesen Rahmen hinein. 
Manöver der 33. Infanterie-Brigade. (Regimenter 
Hamburg“ und „Bremen“.) Freitag begann das Brigade— 
nanöver der verstärkten 33. Infanteriebrigade. Nach der 
gemeinen Kriegslage sammeln sich rote (Landungs-) Truppen 
stlich vvon Wismar, während blaue aus der Gegend von 
Zarchim; im Vormarsch sind. Auf den Söhen südöstlich 
darcheez entspann sich das Gefecht auf nahe Entfernungen. 
Schließlich erzielte Blau auf seinem linken Flügel die Ueber— 
egenheit, und die roten Truppen mußten sich in der Rich— 
ung auf Bülow zurückziehen. Beide Parteien stellten ihre 
Lorposten aus und sämtliche Truppen berogen Bimok?s, 
— 2 Guͤterzugverdehr vei Beendgung des diesfäh igen Kaqfer⸗ 
nanevers. Wegen starker Inanspruchnahme für die Militär— 
eförderung aus Anlah des Kaisermanpoers sallen am 124., 
5. und 26. September bis mittags 2der nachmittazs auf den 
necklenburgischen Eisenbahnen alle Suterzüge aus; nur die 
fFilgũterzüuge werden befördert. Die Verfrachter werden daher 
jut tun. am 13., 14. und 15. September keine Frachtgüter 
ach medflenburgischen Stationen und über Meckienburg hinaus 
ufzuliesern, da diese frühessjens am 17. September von den 
lebergongsstationen auf die meclenburgischen Bahnen weiter⸗ 
»efördert werden. Für Frachtgüter, dee in der Zeit vom 
14. bis 16. September von und nach medlenburgischen Stationen 
»der über meckenburgische Bahmen befördert weden ist von 
»er Landesaufsichtsbehörde ein Liefef iszuschlan von 3 Tagen 
zeniliigt worden. 
. Russische Kriegsschiffe im Lübecker Hafen. Die bereits 
Sonnabend hier erwartete russische Torpedoboots-Abteilung, 
estehend aus den Schiffen „Ssibirski Strjelok“, „General 
dondratienko“ und „Ochotnit“, ist unter Führunf der 
dapitäne der Fregatte Nikityn, Schultz und Vieche hoff, von 
dristiania kommend, gestern (Sonntag) abend 7 Uhr im 
übecker Hafen eingetroffen. Die Schiffe wurden bei Ankunmft 
leich geschwoiet und vertäuten darauf am stadtseitigen Kai 
iuf der Strecke vom Schuppen 15 nach Schuppen 16 an 
»er Hafenstraße. Die russischen Kriegsschiffe werden voraus— 
ichtlich bis Mittwoch im hiesigen Hafen verweilen. 
.Die provisorische Fuhrwafferbefeuerung der Trave ist am 
1Ecpt. wieder Betried gesetzt worden. 
. Mit Strinkohlenladung für die Firma L. Possehl K Co., 
»on England kommend, find hier Sonntag abend resp. 
WMontag früh die Dampfer „Alica“ und „Richard Kelsall“ 
eingetroffen. Ersterer Dampfer überbringt ca. 1450, letgzterer 
2130 t Ladung. 
S Ein Feuer kam heute vormittag in der Räucherei 
zes Herrn Schlachtermeissers Junge, Wahmstraße, rermutlich 
zurch Entzündung des Russes, um Ausbruch. Die Feuerwehr 
onnte den Brand zwar löschen, bevor er einen größeren 
Imfang angenommen hatte; immerhin ist der Gesäudeschader 
ein unerheblicher und außerdem sind noch für etwa 1000 M 
rleischwaren aller Art mehr oder weniger beschödigt worden. 
Es ist indessen erfreulicherweise alles versichert. 
0· Porte monnaiediebsiahl in der Badeanstalt. Am Sonn⸗ 
ibend abend (2. Sept.) ist aus einer Kabine der Bade—⸗ 
instalt im Krähenteich ein Portemonnaie mit 260 MInhalt 
n Gold und Silber und folgenden Gegenständen abhanden— 
sekommen und vermutlich gestohlen worden: 1 silb. fran— 
õösisches Geldstück von der Größe eines früheren deutschen 
ilbernen 20-Pf.⸗Stückes, 1 Erinnerungsmünze an Kaiser 
Wilhelm J. 2 sogenannte Reklame-Hundertmarkschrine, 1 Legi— 
timationskarte vom Sachsenderein und ein Simili-Brillant. 
· Gummimantel gestohlen. Aus einem Fremdenzimmer 
ꝛeines Gasthofes an der Obertrave ist Sonntag abend ein 
zunkelgrauer Gummimantel mit dicken Hornknöpfen und eine 
Nickeluhrkette, die in einer Tasche des Mantels steckte, ge— 
tohlen worden. Der Mantel trägt unterhalb des Auf— 
hängsels die Bezeichnung: „Continental.“ 
20c Verhaftet wurde ein Handlungsgehilfe von hier, der 
dringend verdächtig ist, aus einer Wohnung an der Ober—⸗ 
crave, in welcher er sich zum Zwecke des Ankaufes vor 
altem Gold und Silber aufhielt. ein 20-Markstück gestohlen 
zu haben. 
Travemünder Seewasserwärme. 
2. Sept., mittags 19 Grad Cels. abends 1924 Grad Cels. 
3. Sept. morgens 18 Grad Cels., mittags 20 Grad Cels. abends 
201/3 Grad Cels. 3. 
4. Sept. morgens 17 Grad Cels. — West-Wind. 
— — αιααα ααUUU[Cx x 
Neueste Nachrichten und Telegramme. 
Detr Kaiser zur Fiottenparade eingetroffen. 
W. Kiel, 4. Sept. Der Kailer ist per Sonderzug heute 
norgen 7 Uhr 30 Min. hier eingetroffen. In 
einer Begleitung befanden sich außer den bereits gemel— 
acten Herren des Gefolges und des Fürsten von Fürsten⸗ 
berg auch der Staatssekretär des Reichsmarineamts Groß- 
idmiral' von Tirpitz. Auf dem Bahnsteig hatten sich zur 
zegrüßung eingefunden: der Generalinspekteur der Marine, 
sßroßadmiral Prinz Heinrich von Preußen, der Stationschef, 
der Stadtkommandant und der Polizeipräsident. Der Kaiser 
zegrüßte die anwesenden Herren und begab sich auf dem 
Wasserwege zur „Hohenzollern“, wo er Wohnung nahm. 
Die im Hafen liedgenden Krieasschiffe salutierten. Das 
Wetter ilst 4528 
Aus Richters Gefangenichafi. 
W. Berlin, 4. Sept. Das Tageblatt meldet: Aus 
Monastir ist bei der Pforte die Drahtnachricht eingelaufen, 
datßz Ingenieur Richter zunächst sechs Tage in den Wäldern 
auf griechischen Gebiet und dann zwölf Tage in zwei 
häusern der Dörfer Mussaler und Karahissar in Griechen- 
and festgehalten wurde. Den Rest der Zeit war er im 
Sebirge in der Umgebung dieser Dörfer. Ein einzigesmal 
vurde er von griechischen Gendarmen bemerkt, die ihn mit 
den Worten „Deutscher, Deutscher“ anriefen; er wurde aber 
von den Briaganten an der Antwort verbindert 
Zur Maroklkosrage. 
MW“ Paris, 4. Sept. Halbamtlich wird gemeldet: Det 
panische Botschafter hatte gestern mit den Minister 
des Aeußern eine Unterredung, die sich auf die 
panischerseits geplante Besetzung Ifnis bezog. Aus Madrid wird 
elegraphiert. die Besetzung Ifnis ersolge im Oktober, 
da eine Truppenlandung gegenwärtig wegen angeblichen Un— 
wetters an der atlantischen Küste shwierig ist 
Zur Flucht des Hochstaplers Schiemangk. 
VW. Berlin, 4. Sept. Dasß die Flucht des Hochstaplers 
Schiemangk aus dem Untersuchungsgefängnis in Heilbronn 
»on langer Hand vorbereitet gewesen war, steht jetzt fest. 
AUußer dem derhafteten Gefangenenaufseher wirkten der Pri— 
»atsekretär des Schwindlers, der frühere Schlachter Alberts, 
eine Geliebte Laila Allendorf und der Chauffeur Jurgens 
Charlottenburg) und dessen Ehefrau mit. „Die Allendorf 
ernte Schiemangk vor vielen Jahren in Newyork kennen 
ind sie besonders leistete bei der Flucht in Heilbronn 
Dienste. Er fuhr mit ihr über Duisburg und Hull nach 
London und von dort begab sich das Paar nach Amerika 
W Berlin, 4. Sept. Der türkische Thronfolger 
ft gegen 2 Uhr nach Essen nhaefahren
	        
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