Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

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Ausgahe — 
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Aus den Nachbargebieten. 
Hansestadte. 
Hamburg, 31. Aug. (Kleine Nachrichten.) Ver— 
rehr auf der elektrischen Vorortsbahn an den 
Kaisertagen. Die am Sonnabend von der Blankenese — 
Ohlsdorfer Bahn beförderte Personenzahl stellt ohne Frage 
bdie bisher an einem Tage erreichte Höchstziffer dar. Schätzungs⸗ 
weise haben in den 600 an diesem Tage beförderten Zügen 
etwa 300 000 Personen Beförderung halten. — Zur Flucht 
des Hochstaplers Schiemang. Nach einer Mitteilung 
des Berliner Polizeipräsidiums hat das Amtsgericht zu Heil— 
bronn hinter die Befreier des Hochstaplers Schiemangk Haft⸗ 
befehle erlassen. Die gesuchten Personen sind: der Schlachter 
Otto Albers, geboren am 23. April 1883 zu Lüneburg, und dessen 
Braut Laila Allendorf, geboren am 11. März 1884 zu New— 
hork. Albers ist 1,666 Meter groß, bat blonden gestutzten 
Schnurrbart, blaugraue Augen und trägt einen blauen Jackett⸗ 
anzug, gelbe Stiefel und einen blaugrauen weichen Filzhut. Die 
Allendorf ist mittelgroß, schlank, lat blondes Haar. blaue Augen. 
— Der Juwelenraub in der Wohnung des Ingenieurs 
de Gisbert nimmt immer weitere Formen an. Nachdem 
man den Ewerführer Corfstens, als den Haupttäter, der durch 
Hochklettern an dem vor dem Hause Averhoffstraße Nr. 6 an— 
gebrachten Leitergerust in die Wohnung des Ingenieurs ein—⸗ 
gedrungen war, wo er, da die Bewohner gerade verreist waren, 
außer zwei Sparkassenbüchern eine vupferne Kassette mit Ju— 
welen sowie zwei Blaufüchse und Silbersachen im Gesamtwert 
von 15000 Meentwendete, verhaftet hat, konnte man jetzt die 
Sehlerin des C., die 40 Jahre alte Kontoristin L. vom Käth—⸗ 
nerort, bei der C. wohnte, als der Mittäterschaft dringend ver— 
dächtig verhaften. Tie L. ist diejenige Frau, die auf die von 
C. gestohlenen Sparkassenbücher 200 Mevon der Bank abge— 
hoben und dann den Eilboten zur Erhebung einer weiteren 
Summe engagiert hatte, der dann WVerdacht schöpfte und die 
Polizei benachrichtigte. Die L. ist geständig. Wo sich die ge— 
raubten Pretiosen befinden, will sie nicht wissen. Die L., die 
eine kleine zarte Person ist, scheint das willenlose Werkzeug 
Corstens gewesen zu sein, der sich öfters an sie tätlich vergriff 
und sie mißhandelt hat. 
Schles wig⸗Holstein. 
Altona, 31. Aug. Vom Brandstifter Schu⸗ 
barth. In den letzten Tagen machte die Meldung die Runde 
durch verschiedene Zeitungen, daß der wegen wiederholter Brand- 
stiftung in Untersuchungshaft befindliche Arbeiter Schubarth sein 
Geständnis widerrufen habe. Die Altonager Nachrichten sind 
in der Lage, auf Grund der ihnen an maßgebender Stelle 
gegebenen Erklärungen hierzu folgendes mitzuteilen: Schubarth 
hat schon am zweiten Tage, nachdem er ins Untersuchungsgefängnis 
eingebracht war, erklärt, daß alles das, was er über die von 
ihm eingeräumten Brandstiftungen gesagt habe, unrichtig sei. 
Jedoch nach einigen Stunden hat er auch diese Erklärung wider—⸗ 
rufen und gesagt, daß ein Mitgefangener, der im Untersuchungs⸗ 
gefängnis ails Kalfaktor tätig gewesen, ihm den Rat gegeben 
habe, sein Geständnis zurüchzunehmen, dann könne man ihm 
nichts machen. Das, was er anfänglich bei seinen Vernehmungen 
vor der Kriminalpolizei und beim Untersuchungsrichter gelagt, 
sei richtig; er sei der Täter bei all denjenigen Bränden, deren 
Urheberschaft er eingeräumt habe. Vor etwa 8 Tagen hat er 
abermals erklärt, daß sein Geständnis umrichtig sei, hat aber 
dann wiederum bei seiner Vernehmung zugegeben, daß ein an— 
derer Gefangener ihm abermals den Rat gegeben habe, alles 
zu leugnen. Die Personalien der betreffenden Gefangenen. die 
dem Schubarth diesen Rat gegeben baben sollen, sind bereits 
restgestellt. 
Neumünster, 31. Aug. Eine peinliche Szeme er— 
eignete sich auf unserem Kirchhof. Als ein Trauerzug, den eine 
arößere Anzahl Leidtragende, u. a. auch ein Verein, bildeten, 
an der Grabstätte anlangte, stellte sich heraus, daß das Grab 
an unrichtiger Stelle aufgeworken war. Die Beerdigung muhte 
deshalb verschoben werden 
a 
Donnerstag, den 31. Auquft 1911. 
Abend⸗Blatt Kr. 440. 
— 
Besonders stark hat das Wetter mit seinem wolkenbruch⸗ 
artigen Regen dort gehaust, wo die Taunusberge nach dem 
theintal steil abfallen, also im eigentlichen Rheingau von 
Johannisberg bis Eltville. Die von den Bergen hernieder⸗ 
trömenden Wassermassen haben in zahlreichen Weinberger 
zerheerungen angerichtet und zum Teil das Erdreich direkt 
ibgeschwemmt. Auch auf den Feldern und in den Gärten 
vurde viel Unheil angerichtet, Kartoffeln aus dem Boden 
zerissen, Obst von den Bäumen abgeschlagen und so fort. 
Ztellenweise ging auch Hagelschlag nieder. Besonders gelitten 
zat das Gebiet oberhalb Eltville, z. B. Neudorf, Kiedrich, 
-5chlangenbad und Rauenthal. Der Kleinbahnzug von Schlan—⸗ 
senbad nach Eltville blieb unterwegs stecken, so daß ein 
zilfszug abgelassen werden mußte. Auch Dotzheim, Hatten⸗ 
eim: und Johannisberg wurden stark in Mitleidenschaft ge⸗ 
ogen, u. a. war an einem Eisenbahn-Uebergang bei Hatten— 
zeim eine derartige Anhäufung von Geröll, Steinen und 
S„chlamm vorhanden, daß eine kurze Störung des Bahnbe— 
riebs eintrat. Soweit sich bis jetzt überblicken läßt, scheint 
trotz der schweren Heimsuchung, die viele cinzelne Winzer 
und Landwirte erlitten, der Schaden doch kein so allge⸗ 
meiner zu sein, daß durch ihn die zu erwartende Weinernte 
in ihrer Gesamtmenge nennenswert beeinflußt werden könnte. 
Eine vielfache Giftmörderin. Die Geburtshelferin Klara 
Herzan in Szegedin wurde unter dem Verdacht verhaftet, 
diele Ehemänner im Auftrage von deren Frauen vergiftet 
zu haben. Auf- Anordnung des Gerichtshofes werden eine 
Anzahl von Leichen exhumiert werden, um nachträglich die 
Todesursache festzustellen. 
Der Raubüberfall in einem Budapester Postamt, über den 
vir schon kurz berichtet haben, stellt sich nach dem B. T. 
olgendermaßen dar: In einem kleinen Vostamt in Budapest, 
in dem nur zwei Beamtinnen anwesend waren, erschien 
ein Mann und forderte die Beamtinnen auf, ihm Geld 
zurüctzugeben, das er vormittags eingezahlt habe. Gleichzeitig 
jog er einen Revolver und schrie: „KGeld will ich!“ In 
demselben Moment trat ein anderer Mann ins Amislokal, 
der gleichfalls mit einem Revolver in der Hand auf die 
zeamtinnen losstürzte. Die beiden erschreckten Damen wuß— 
en sich nicht anders zu helfen, als daß sie in die Hand— 
asse griffen und den Räubern Fünfzig- und Zehn— 
—kronennoten sowie Geldstücke im Gesamtbetrage von etwa 
ausend Kronen in die Hand drückten. Die Räuber bedrohten 
sierauf die Beamtinnen und befahlen ihnen, sich nicht auf 
ie Straße zu wagen; dann entflohen die Räuber. Die Damen 
erständigten sofort die Postdirektion, dann erst wagten sie 
ich auf die Straße, wo sie einen fremden Mann ersuchten, 
den Fall der Polizei anzuzeigen. VNon den Taätern fsehlt 
disher jede Sput. 
Verhaftung einer Abenteurerin. Von der kurz gemeldeten 
VLerhaftung einer schon vielfach genaunten Abenteurerin, mit 
hrem wahren Namen Adele Chabon, aber für die Welt, in der 
ie ihr Wesen treibt, Gräfin de Jouffroy d'Abbans, wird in 
Bariser Blättern viel Aufsehens genacht. Man hatte in Lyon 
reines Tages festgestellt, dah gewisse Akten aus den Fächern 
der Geheimpolizei gestohlen worden waren. Ein Beamter wurde 
varaufhin festgenommen und die Ermittlungen ergaben, daß 
iuch die oben genannte Dame mit dem Verschwinden dieser 
Akten, die übrigens nur Bedeutung jfür die in ihnen bezeichneten 
Personen selbst haben, in Verbindung stände. Diese nunmehr 
6jährige Frau, die ein sehr bewegtes Leben hinter sich hat, 
tand vor geraumer Zeit einen Augenblick im Vordergrund des 
oͤnteresses, da man sie für die berühmte „verschleierte Dame“ 
»es Dreyfus-Handels ansah, die dem Major Esterhazy das „be— 
reiende Dokument“ ausgeliefert haben sollte. Tatsächlich hat 
ie eine politische Rolle nie gespielt, sondern ihr ganzes Leben 
durch Erpressungen und Schwindel, übrigens ziemlich behaglich. 
zu fristen verstanden, allerdings mit Unterbrechungen, da sie 
zereits fünfmal im Gefängnis zesessen hat. 
Lauenburg. 
RKatzeburg, 31. Aug. Das endgüältige Ergeba- 
ris der Volkszählung vom 1. Dez. 1910 liegt jetzt vor. 
die Einwohnerzahl in Schleswig-Holstein betrugs 1875: 
O73g3 926, 1880: 1127 149, 1885: 1150 306, 1890: 1219 523, 
895: 1288 416, 1900: 1387 968, 1905: 1504 248, 1910: 
621004. Die Zunahme betrug von 1890 bis 1895 5,49 60 
on 1895 bis 1900 7,89 00, von 1900 bis 1905 8,38 00, von 
905 bis 1910 7,76 0. An der Sritze der Städte steht Kiel 
nit 211627 Einwohnern, davon 114532 männlichen und 
37097 weiblichen. Die Zahl der Militärpersonen betrug 22 831. 
Ratzeburg, 31. Aug. Das Grabbenkmaäl für 
en verstorbenen SuperintendentenSoltan, dessen 
Kosten durch eine Sammlung in der Gemeinde aufgebracht 
vorden sind, ist in der letzten Woche auf unserem Kirchhof 
rrichtet und Dienstag seitens des Kirchenvorstandes der Familie 
»es Dahingeschiedenen übergeben worden. — Domänen— 
»erpachtung. Die Domäne Hollenbek ist auf weitere 18 Jahre 
an den alten Pächter Kühn für 10 400 Määährlich verpachtet 
worden. Die bisherige Jahrespacht betrug 71850 M. 
Großzhoͤrrogtümer Vtecklenburg. 
— SBagenow, 31. August. Die Obsterute fäilt in 
diesem Jahre doch- noch besser aus, ais man zuerst annahm. 
Tafel- sowohl wie Wirtschaftsobst ist in genügender Menge 
porhanden. 
Grabow,; 31. Aug. Ein Opfer des Aberglau— 
hens. Eine hier wohnende Gärtnerwitwe zog sich an der 
Zzand eine leichte Schnittwunde zu, vernachlässigte sse aber. 
Als dann die Hand anschwoll, ging sie zu einer „weisen 
Frau“, die ihr für 50 Pfg. die Hand stillte. Der Hokuspokus 
zalf natürlich nicht, sondern der Arm schwoll auch an. Als 
chlieklich ein Arzt hinzugezogen wurde, mußte die Schwer— 
ranke in das Stift Bethlehem gebracht werden. Dort war 
aber keine Hilfe mehr möglich. Die Frau starb nach unsäglichen 
Zualen. 
Waren, 31. Aug. Mit dem Großherzog werden 
Sonntag auch der Kronprinz pon Dänemark und Herzog 
Paul zu Mecklenburg als Gäste des Grafen Voß auf Gr.⸗ 
ßievitz Wohnung nehmen. Von Gr.Gievitz aus werden sich die 
Fürstlichteiten in das Manövergelände der 34. Infanteriebrigade 
»ei Moltzow begeben, um dem Schlußmanöver der Brigade und 
päter dem Manöver der 17. Division beizuwohnen. 
—Rehna; 31. August. Stammburg der Familie 
»on Bülow. Nächstens sollen auf dem Kalkberge hierselbst 
Jusgrabungen vorgenommen werden, weii Spuren darauf 
chließen lassen, daß dort in früherer Zeit dis Stammburg der 
rzamilie v. Bülcwd, zu der auch der frühere Reichskanzler ge⸗ 
jört, gestanden habe. 
Schönberg-31. Auust. Das Sedanfelt, das 
vegen der Maul- und Klauenseuche dieses Jahr ausfaklen 
olnte. wird a uf neueren Beschluß des Festausschusses Sonntag. 
O. September, gefeiert werden. — Die Maunl!-und 
lauenseucheist auch anter dem Rindvieh des Amtmanns 
sehfeldt in Rabensdorf ausgebrochen. In Sabow erlagen der 
Seuche vier Tiere. — Um den Wasserläufer Macco 
us Halle auf dem Oberteiche zu sehen, hatte sich gestern 
bend eine große Menschenmenge am kalten Damm eingefunden. 
M. löste seine Uufgabe auf der ruhigen Wasserfläche mit großem 
Heschick. 
vportnachrichten. 
Internationales Schachturmser. Karlsbad; 31. Aug. 
Sestern wurden die Hängepartien erledigt, und zwar ge— 
vannen im Nachzuge: Teichmann gegen Jaffs und Niemzowitsch 
zegen Cohn, während die Partie Rubinstein — Vidmat un⸗ 
Antichieden bhlieb 
Vermischtes. 
Unwetter im Rheingau. Am Sonnabend ging über dem 
ßebiet des mittlern Taunus ein heftiges Unwetter nieder, 
üher dessen Wirkungen der Köälnischen Zeitung berichtet wird 
— — —— —— 
denburg, Friedland, Pasewalk, Neustrelitz, Woldegk, Prenzlau, 
Rheinsberg, Templin und Schwedt hergestellt. Die Kavee ist 
rür den Dienstgebrauch der beteiligten Truppenteile bestimmt. 
Deutsche Modenzeitung. Heft 23. Leipzig, Otto 
Beyer. — Aus dem Inhalt: Erste Herbstmoden. Trauerkleider. 
Stidereien für Eß⸗ und Herrenzimmer. Der Gaskochherd. Ro— 
nan: Sanna Rutlands Ehe. Schönheits- und Körperpflege. 
Frauenberufe. Rechtsfragen. 
Koloniale Rundsschau. Heft 8. Berlin 8W. 48, 
dietrich Reimer. — Aus dem Inhalt: Adolph Woermann 
jon Friedr. Dernburg. — Der Kolonial⸗- und Konsulargerichtshof 
iach der Kommissionsvorlage von R.⸗A. Dr. Alb. Holländer. 
— Teutsche Wolle von Oberbürzermeister Dr. Külz. — Zur 
Berhütung und Heilung der Beriberi von Dr. Max Mosz-— 
owsti. — Allgemeine Rundschau. — Wirtschaftliche und finan— 
ielle Rundschau— 
bücherbesprechungen. 
Emanuel Geibels Lyrik, auf ihre deutschen 
Vorbilder geprüft von Tr. phil. Friedrich Stichternath. 
3 M. Müunster i. W. Franz Coppenrath. — Das Urteil über 
Zen Dichter Geibel steht ja nachgerade so ziemlich fest. Nachdem 
hm berufene Platzordner des Parnasses zu wiederholten Malen 
sehr energisch zugerufen hatten: „Setz dich einen runter!“ und 
⸗ar dadurch bedenklich gerutscht war, haben spätere ihm doch 
vieder zu einem leidlichen Plätzlein verholfen unter seinen 
„Brüdern in Apoll“, oder wie Stichternath unübertrefflich sagt: 
„Sangesbrüdern“. Stichternath nacht sich nun mit dem be⸗ 
kannten Bienenfleiß des deutschen Philologen daran, Geibeln 
seine geistige und formale Abhängigkeit von über zwanzig 
deutschen „Sangesbrüdern“ nachzuweisen, indem er deutsch⸗ 
gründlich mit dem alten Heldenepos beginnt. Ich finde, es 
gehört schon eine robuste Natur dazu, einen deutschen Lyriker 
derartig zu verhachkstücken. Einer seichen Veranlagung muß 
es dann freilich ein seltener Genuß sein, die deutsche Poesie 
vor sich auf den Seziertisch zu schnallen. Bei der Lektüre 
des 146 Seiten starken Buches fielen mir immer wieder die 
Literaturstunden ein, die ich selbst einst auf dem Gymnasium 
„genoß“, und die mir unter anderem den „Götz von Ber— 
iichingen“ auf 15 Jahre hinaus verekelten. Leider muß ich 
es mir versagen, einige Musterbeispiele anzuführen. Von apo⸗ 
diktischer Grausamkeit ist des Verfassers gelegentliche Wertschätzung 
anderer Lyriker im Vergleich zu Mörike. Das Vergleichen ist 
ia überhaupt ein Sport der Literaturlehrer. Einzelne Nach— 
weise von Geibels geistiger Abhängigkeit haben eine fatale 
Aebnlichkeit mit dem Plagiatfeldzug der klerikalen Literatur— 
lichter gegen Schönherr, jüngsten Angedenkens, so der Vergleich 
wischen einem Gedicht von Kugler und einem „unseres dich— 
ters“. Bei Erwähnung der bekannten „Rheinfall“Reimerei 
führt der Verfasser sich selbst recht niedlich nä absurdum. 
Solche Verse liegen eben wie manche Witze in der Luft und 
lönnen sehr wohl von mehreren Poeten, unabhängig von ein⸗ 
ander. gemacht werden. Auf dersesben Seife wmeist Stichter⸗ 
nath nach, daß eine und dieselbe Idee von Hölderlin, Eichen— 
dorff, Gries und Geibel ähnlich Ningend behandelt worden 
st. Besonders schön sind die vergleichenden Reimregister 
ßeibel: Platen, Geibel: Freiligrath. Tie Sprache des Buches 
sit oft flach und abgegriffen wie altes Kleingeld, dafür drei 
Zeispiele: „Die Art ... ist äußerst sinnreich und echt poetisch“, 
— „Drei Studiosen aus längst rergangenen Jahrhunderten in 
»unter, ihrer Zeit angepaßter Tracht“‘“, — „Wenngleich aber 
zeibel dies aus sich zu machen gewußt hat“. Stichternath 
itiert Geibel meist, indem er mehrere Reihen mittendrin fort— 
ißßt, ohne das deutlich zu machen. Das ist eine greuliche, 
icht ganz einwandfreie Unsitte. 
Daß Emanuel Geibel sich keiner gerade kantigen Origi— 
alität erfreute, war längst bekannt, schon in seiner Münchner 
zeit wurde ihm allzu intime Ideenassoziation mit dem Schweizer 
Seinrich Leuthold vorgeworfen, aber daß er in so hohem 
Mabe der Anlehnung bedürftig war, ist eine sehr betrübliche 
krfahrung. Toch im Ernst gesprochen: Stichternaths Arbeit 
»eweist doch nur die alte Bimenwahrheit, daß die Leier 
ine beschränkte Anzahl von Saiten hat, und daß ähnliche 
Tonfolgen, von ähnlich empfindenden Musikern auf ihr ge⸗ 
pielt, auch stärker oder schwächer unter sich anklingen, oft 
die ein Nachhall früherer Melodien sich ins Ohr schmeicheln. 
ind doch jeder Spieler sein eigenes Bestes gibt. Die deutsche 
zoesie und ihre Verehrer aber haben ein Recht, sich über 
erartige Arbeiten zu ärgern. Selbstverständlich ist es dem 
Zerfasser nicht im Traume eingefallen, dem Dichter Geibel 
n nahe zu treten und ihn herabzusetzen. In gewifsen Kreisen 
vird man sein Buch sicher als eine verdienstposle, auftlärende 
Arbeit begrühen. 
Karte für das Kaisermanösver 1911. Zusammen⸗ 
gestellt von der kartographischen Abteilung der Königl. Landes- 
iufnahme. Amtliche Ausgabe. Maßslab 1: 100 600. Geh. 
d Pfa. auf Leinwand 2,280 M. Berlin NW. 7, R. Esenschnidi. 
— Die sehr umfangreiche, ddirch diesiährige Erkundungen rekti— 
izlerte Karte ist durch Zusammendruch aus Abschnitten der 
neichskartenblätter Demmin. Anflam. Swinemume Neubran⸗ 
we 
J * 
Ferner gingen folgende Bücher ein, deren Besprechung 
vir uns vorbehalten: 
Die berufliche und soziale Gliederung des 
eutschen Volkes von Dr. G. Neuhaus. München-Gladbach, 
Bolksvereins-Verlag G. m. b. H. 
Familie Lorenz. Roman von W. Heimburg. Das 
Rätselder Liebe. Roman von Hans Reinhard. Stuttgart, 
Union, Deutsche Verlagsgesellschaft. 
Simplizissimus-Kalender 1912. München, Al—⸗ 
bert Langen. —— 
Der Zukunftsstaat des Liberalismus von C. 
Wigand und H. Ludolf. Berlin 8W. 48, Bernhard Simion 
Nachf. 1 M. * 
Die lateinischen Genusregeln in zwei Stunden 
zu lernen. Die unregelmäßige Delination. Von H. Ruhi. 
Darmstadt, Heinrich Rühl. 4« J F 
Die Blitzableiterfrage. Drei gemeinverjständliche 
Mabnworte von A. Herricht. Leipzig, Bernh. Friedt. Boiat.
	        
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