Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

Die übertriebenen Darstellungen des jüngsten Be⸗ 
kriebsunfalles auf dem hiesigen Bahnhof. Unser Bericht 
über das Auffahren des Eutiner Spätzuges auf 
einige leere Personenwagen am Sonntag abend auf dem 
hiesigen Bahnhofe gibt der Eisenbahnzeitung Veranlasfung, 
ihre von unserer Schilderung des Vorfalles erheblich ab— 
weichende Darstellung aufrecht zu erkalten und zu behaupten. 
—DD 
selige gewesen, sondern auch von dritter Seite beeinflußt 
worden. Demgegenüber müssen wir erklären, daß die An— 
gaben der Eisenbahnzei:ung über den Unfall nicht der Wahr- 
heit entsprechen und ihre Behauptungen jeglicher Begründung 
entbehren. Unsere Schilderung des Vorfalles halten wir Wort 
für Wort aufrecht. Es handelt sich in der Tat nur um ein nicht 
jonderlich bedeu!ungsvolles Vorkommnis. Zu ieder anderen 
Zeit hätte die Presse diesen Betriebsunfall in wenigen Zeilen 
unter den Tagesereignissen registriert. Lediglich der Zufall, 
daß sich dieser Unfall zu einer Zeit ereignete, als der kaiser— 
liche Hofzug nach Stettin zur Halle hinausfuhr, hat die 
Eisenbahnzeitung veranlaßt. den Unfall des Eutiner 
Zuges zu einer Sensation aufzubauschen und in einem 
Extrabsatt die Meldung von einem „Eisenbahnunglück 
neben dem Kaiserzuge“, das „dem (wörtlichl) Kaiser 
nicht unsanft aus der Ruhe gerüttelt ha bew 
dürfte“, in die Welt setßte. Erst diese offen⸗ 
sichtlich stark sensationell gehaltene Schilderung des Vor— 
falles führte uns dazu, dem Vorfall eine größere Beachtung zu 
schenken, als er tatsächlich verdiente. Wir kamen auf Grund 
der Ermittelungen zu der veröffentlichten Schilderung, und 
wir sind der festen Ueberzeugung, wenn die Eisenbahnzeitung 
mit der gleichen Sorgfalt sich informiert hätte, wie wir es 
zür unsere Pflicht gehalten haben, und was auch allezeit die 
Schuldigkeit einer gewissenhaften Presse ist, sie ganz un— 
weigerlich, wenn sie der Wahrheit die Ehre geben wollte, 
zu einer ähnlichen Darstellung des Vorfalles hätte kommen 
müssen, wie wir. Statt dessen bringt sie am Montag nach— 
mittag eine noch übertriebenere Darstellung des Vorfalles, 
als das Extrablatt am Morgen enthalten hatte, fügt hinzu— 
daß der Unfall im kaiserlichen Hofzuge bemerkt worden sei, 
und sagt dann wörtlich: „Lübeck hat sich dem Kaiser gegen— 
über blamiert, blamiert durch seine Verkehrseinrichtungen. ...“ 
Wir stellten bereits fest, daß der Unfall im kaiserlichen Hof— 
zuge kaum bemerkt worden sein kann, am allerwenigften aber 
die Maijiestäten von dem Vorfall etwas gesehen haben können, 
und der Unfall den Hofzug in keiner Weise berührt hat. 
Es ist daher die obige Bemerkung der Eisenbahnzeitung 
durchaus deplaziert. Auf die sonstigen persönlichen Aus— 
fälle, die wir im Interesse einer geordneten Preßpolemik 
bedauern mäüssen, unterlassen wir absichtlich, einzugehen; die 
Tatsachen sprechen in diesem Falle völlig für sich selbst. 
Ordensauszeichnung. Herr Postschaffner Trost, der den 
Feldzug 1870,71 im Regiment Mr. 76 mitgemacht hat und 
seit fast 30 Jahren im Paketbestelldienst beschäftigt gewesen 
ist, tritt am 1. Sept. d. J. in den Ruhestand. In Anbe— 
tracht seiner treuen Dienste ist ihm vom Kaiser das Allge— 
meine Ehrenzeichen verliehen worden. 
Vom Bau des Oberlandesgerichtr gebäͤudere. Nabdem der 
äußere Bau schon seit längerer Zeit fertiggestellt ist, geht 
jetzt auch die innere Ausstattung ihrer Vollendung entgegen. 
Von besonderem Interesse ist die inmitten des Gebäudes, 
unterhalb des Kuppelturmes gelegene mächtige Halle, in die 
man unmitte bar nach Durchschreiten des Hauptportals ge— 
langt. Vier hohe Säulen schmücken die die Kuppel tragenden 
Ecpfeiler; über ihren Kapitälen gewahrt man vier Cheru— 
bim, die Schilder mit den Inschriften: Gerechtigkeit, Klug— 
heit, Weisheit, Milde tragen. Die gewölbten Deden sind in 
Facetten gehalten, während die Mitte der Kuppel die von 
den zwölf Tierkreiszeichen umgebene goldstrahlende Sonne zeigt. 
Die Vorder⸗ und Rüchseite des Kuppelturmes sind durch bunte 
Glasfenster geziert, deren Gemälden Molire aus der biblischen 
Geschichte: Gesetzesauslegung und Gesetzezverlündung; zugrunde 
liegen. An den Seiten führen kunstvoll ausgestattele Treppen 
zu den oberen Räumlichkeiten. 
o. Panamabhutdiebstahl im Großen. Innerhalb der letzten 
drei Wochen sind aus einem hiesigen Geschäfte 25 Panama-— 
hüte in der Gröhe von 54 bis 58 cm Kopfweite, ĩm Werte 
bon 600 M, abhandengekommen und vermutlich gestohlen 
worden. Für die Ermittelung des Täters ist eine Belohnung 
von 100 Miaausgesetzt. 
0- Portemonnaie und Brillantring geestohlen. Sonn!ag⸗ 
27. August, zwischen 984 und 102.4 Uhr ist in der Badeanstalt 
im Krähenteich ein roBbraunes Portemonnaie. enthaltend 30 
bis 40 Muund einen Brillantring im Werte von 180 M, ab— 
handengekommen und vermutlich gestohlen worden. 
o- Ein unbelaunter Schwumdler, anscheinend ein Händler 
mit Bürsten und Besen, sucht auf folgende Weise in hiesiger 
Stadt seine Ware zu vertreiben: Er benutzt vie Aowesenheit 
des Geschäftsinhabers, schwindelt den Angestellten vor, der 
Lhef habe einen Haarbesen bei ihm bestellt, den er bei sich 
jührt, und sosort gegen Zahlung von 3 Meäabliefert. 
o. Vorträge im Winterhalbiahr. Die Abteilung für Bil— 
dungswesen der Ortsgruppe Lübeck im Deutschnationalen Hand— 
lungsgehilfen-Verband veranstaltet im kommenden Winterhalb⸗ 
jahr eine Reihe von öffentlichen Vorträgen. Es ist der Abteilung 
gelungen, für einen Abend den gerade in Lübeck sehr ge⸗ 
schätzten Vortragskünstler Leo Erikson zu gewinnen, der sich 
durch seine Vorträge auf dem Gebiete der magischen Kunst 
einen bedeutenden Ruf erworben hat. Außerdem ist Herr 
Eberhardt (Hamburg) zu einem Vortrag über „Wilhelm Busch 
und seine Werke“ vperpflichtet worden. Auch diesem Künstler, 
der durch geschmadvolle Lichtbilder seinen Vortrag besonders 
anziehend gestalten wird, geht ein bedeutender Ruf voraus. 
Als dritter Vortrag wird „Die Reklame im Dienste des 
Kaufmanns“ behandelt werden. 
— 
G. Travemünde, 80. Aug. Gezeichnete Fische. 
Größere Fänge an Schollen wurden in den letzten Tagen 
in der Lübecer Bucht durch Fischer des „Deutschen See— 
fischerei Vereins“ mit einem Silberring in der Rücenflosse 
gezeichnet und wieder ausgesetzt, damit festgestellt werden 
sann, wie weit, in welcher Richtung und in welche Wasser— 
tiefe der Fisch zu bestimmten Jahreseiten abwanderi — 
Brobefahrt. Der auf der Kochschen Schiffswerft für die 
Oldenburg⸗ Portugiesische Dampfschiffsreederei neuerbaute 
Dampfer ubede segte hier gestern an, um heute von 
zler seine Probefabrk amulreten. 
Sportnachrichten. 
Mitgeteilt vom Sportbureau Jo h. Ganzel, 
Samburg J. F.: IV. 3790/3791.) 
Rennen zu Baden-Baden, 29. Aug. Zukunfts-Rennen. 
Quai des Fleurs (G. Stern) 1. Flagge 2. Caligula 3. Tot.: 
11: 10, Platz: 11, 13: 10. — Oos-Handikap. Orenburs 
Bullochk) 1. Kings Tax 2. Hod 3f. Sideslip 37. Tot.: 
33: 10, Platz: 17, 20: 10, Hoch: 12: 10, Sideslip: 11: 10. 
Rennen zu Vork, 29. Aug. Prince of Wales Plate. Merry 
Maiden (W. Higgs) 1. Lady Americus 2. Bill and Coo 3. 
7b Berliner Herbst⸗Segeiwoche. Auf dem Müggelsee ver— 
anstalteten der Berliner Jachttlub und der Seglerverein die 
1. Wettfahrt. Es siegten: 10,⸗m-Kl.: „Pinguin IV“, 
83-m⸗Kl.: „Schwalbe““, 7-m-Kl.: „Blitz XIV“ (Kaiser— 
preis), 6⸗ò„m-Kl.: „Undine“, 5⸗òm-Kl.: „Panther“. Son— 
derklasse: „Seehund III“ I. „Tante Laura“ 2., „Wittels— 
bach VIII 3. „Jugend II 4. und „Pardon“ 5. 
Internationales Schachturnier. Karlsbad, 30. Aug. 
In der gestern gespielten «.Kundegewannen im Anzuge: 
Thajes gegen Loewenfisch, Perlis gegen Spielmann, Dus— 
Lhotomirskti gegen Johner, Kostiet gegen Alapin; im Nach— 
uge: Schlechter gegen Rabinowitsch, Süchting gegen Fahrni, 
zuru gegen Rotlevi, Tartakower gegen Duras. Unent-— 
chie den endeten die Partien: Alechin —Salwe, Leonhardt — 
Marshall. Abgebrochen wurden die Parlien: Rubinstein— 
Vidmar, Jaffé—Teichmann in besserer Stellung für die 
Nachziehenden und Cohn— Niemzowitsch in ausgeglichener 
Stellung. 
Luftfahrt. 
Casale-Monferrato, 30. August. Der König, der seit 
inigen Tagen den großen Manövern beiwohnt, unternahm 
jestern mit dem Generaladiutanten Brusati einen halbstün— 
digen Aufstieg im Lensballon z,P. 20. 
St. Pelersburg, 30. August. Vorgestern abend stürzte der 
Bltriot-Flieger Leutnant Zeletuchin mit senem 
Apparat so unglücklich, dah er in vergangener Nacht ge— 
storben ist. 
Große Brände. 
Hirschberg, 29. August. Die Ludwigsbaude im 
Isergebirge, zwischen Flinsberg und Petershof, brennt seit 
3 Uhr abends. 
Düsseldorf;, 30. Aug. Der Waldbrand an der 
holländischen Grenze von Kaldenkirchen bis Dahsheim hat in 
der gestrigen Nacht eine ungeheure Ausdehnung 
zenommen. Der Brand ist schon auf deutsches Gebiet überge— 
zriffen. Mehrere Bauernhäuser sollen vollständig vernichtet 
ein. 6000 Morgen Wald stehen in Flammen. Das angelegte 
Hegenfeuer läuft falsch und steigert die Gefahr. Zur Bekämp— 
ung des Brandes sind auger drei Kompagnien Kölner Pio— 
riere Truppen aus Roermond eingetroffen. Die bis gestern 
dormittag abgebrannte Fläche auf deutschem und holländischem 
Gebiet wird auf rund s50000 Morgen geschätzt. 
Köln; 30. August. Von mehreren Punkten im Kreise 
Erkelenz dan der holländischen Grenze wird gemeldet, daß 
»er dortige grohe Waldbrand aufgehört hat. Die Aus— 
debnung des Brandes war noch nicht festzustellen. Die erst 
naligen Angaben, es handle sich um 50 000 Morgen, sind un— 
utreffend. 
Lingen; 30. August. In den fiskalischen Wäl— 
dern ist vorgestern nachmittag ein großzer Brand ausge— 
»zrochen: dem bisher etwa 500 Hektar Fichten- und Kiefern⸗ 
»estand zum Opfer gefallen sind. Die Feuerwehren und 
50 Mann von den hiesigen Eisenbahnwerkstätten sind an 
der Brandstelle tätig. Gestern früh wurde das Feuer zum 
Stillstand gebracht. 
Bonn; 30. August. Im Commerner Gemeinde⸗ 
wald würet seit vorgestern ein gefährlicher Waldbrand, der 
oermutlich großen Schaden anrichten wird. In Wettweiß 
äscherte ein Großfeuer sünf mit Feldfrüchten gefüllte Scheunen, 
‚ünf Ställe mit zahlreichem Vieh und zwei Wohnhäusfer mit 
ihren Nebengebäuden ein. 
Steinamanger, Komitat cisenburg, 30. Aug. Die Ort⸗ 
schaft Radasd brennt seit gestern mittag. Man befürchtet, 
daß das ganze Dorf dem Brande zum Opfer fällt. 
Athen, 30. Aug. Das chemisch-physikalische La— 
boratorium in Athen wurde gestern früh ein Raub' 
der Flammen. Alle wertvollen Sammlungen und Instru— 
mente sind vernichtet. 
Konstantinopel, 30. Aug. In Ulubolu in Ana— 
kolien wurden zahlreiche Gebäude, datunter die Agrarbank, durch 
eine Feuersbrunst zerstört. Nach amtlichen Meldungen sind 
bei dem Brande in Aidin 457 Gebäude zerstört worden. 
London, 30. Aug. Um Witternacht brach in dem Lager⸗ 
ause und Dodgebäude der Firma Pidford& Co. ein Feuer 
aus, das fast den ganzen Gebäudekomplexr einäscherte. In der 
Nähe lagernde ungeheure Bauholzvorräte konnten nur mit größter 
Mühe vor dem Brand geschützt verden. Beide Ufer der Themse 
varen fast taghell erleuchtet. Als das Dach des Lagerhauses 
einstürzte, schossen die Flammen 150 Fuß hoch empor. Ob 
Brandstiftung vorliegt, konnte noch nicht festgestellt werden. 
Neun Versonen aus Lebensgefahr befreit. 
Zondon, 30. Aug. Bei einem in früher Morgenstunde des 
Dienstags in der Druderei von Kerstein in der Commercial 
Road in Whitechapel ausgebrochenen Großfeuer spielten sich 
aufregende Rettungsszenen ab. Als bereits das Erdgeschoß und' 
der erste Stock in vollen Flammen standen, befanden sich noch 
ieun Personen, nämlich Kerstein, seine Frau, sechs Kinder und 
ein Dienstmädchen, in den oberen Stockwerken, wo sie geschlafen 
hatten. Nach kurzer Zeit eilte die Feuerwehr mit langen Leitern 
herbei und bewerhstelligte die lebensgefährliche Rettung der Be—⸗ 
drohten, indem sie die benachbarten DTächer erklomm und die 
neun Personen in ihren Nachtgewändern der Reihe nach unter 
dem brausenden Beifall der Menge in Sicherheit brachte. 
Vermischtes. 
Die „Mona Lisa“ aufgegeben? Allmählich scheint die Pa— 
niser Behörde die Hoffnung aufzugeben, die „Mona Lisa“ 
viederzufinden. Arsène Alexandre beschäftigt sich im Figaro 
schon mit der Frage, ob der Platz des Bildes im Loubre leer 
bleiben soll, wmie der Platz einer unvergehlichen Toten. oder 
ob eine Auswahl der besten Kopien und Reproduktionen die 
Erinnerung an das verschwundene Meisterwerk wachhalten 
mühte. Er kommt zu der Umnsicht, daß die letzte Entscheidung 
vorzuziehen sei. 
— 
Neueste Nachrichten und Celegramme. 
K. Berlin, 30. Aug. GPrivat-Telegranm der LübecksSen 
Anzeigen.) Wir erfahren authentisch, daß in allen Königlich 
Breußijchen Munitionsfabriken durch kriegsministerielle Anord— 
nung die Arbeitszeit um 10 Stunden pro Woche verlängert 
wurde. 
Generalaussperrung in der Metallindustrie? 
W. Berlin, 30. Aug. Die für gestern angekündigte Ver— 
sammlung der Berliner Metallindustriellen, in welcher über 
eine eventuelle Aussperrung heschlossen werden sollte, war 
treng vertraulich. Die Beschlüsse werden erst im Laufe des 
30. August bekannt gegeben. Im Verbande der Berliner 
Metallindustriellen faßt man die Lage ernst auf, nicht kritisch. 
Wie es heißt, traten besonders die Vertreter der Berliner Werke 
vem Gedanken einer Generalaussperrung entgegen. Im Gesamt⸗ 
derbande werden diese Anschauungen nicht durchweg geteilt. 
Der Metallarbeiterverband, der bei der Aussperrung in erster 
Linie in Frage kommt, gewann in der letzten Zeit derartig 
an Mitgliedern, daß er eine halbe Million überschritten hat. 
Doch werden die Kassenverhältnisse als nicht so glänzend be— 
zeichnet, um für einen Riesenkampf auszureichen. 
Die Bremer Spionageaffäre. 
W. Bremen, 30. Aug. Gestern nachmittag haben zwei Krimi⸗— 
nalbeamte aus Leipzig den in der Spionageangelegenheit ver— 
hafteten englischen Rechtsanwalt Herbert Stewart im hiesigen 
Antersuchungsgefängnis in Empfang genommen und sind mit 
ihm nach Leipzig abgereist. 
Richters Aunseuthalt. 
W. Jena, 29. Aug. Frau Richter telegraphierte gestern 
an ihren Mann nach Saloniki und teilte ihm mit, daß in 
seiner Familie alles wohl sei. Er möge über seinen Aufent— 
jalt schnellstens Nachricht geben. Auch die Firma Zeiß teilte 
»em deutschen Konsul in Salonili telegraphisch mit, daß Richter 
von Frau, Mutter und Tochter in Jena erwartet werde. 
Wie es heißt, wird Richters Gattin ihm enigegenfahren. 
Beide werden dann vor der. Rügkehr nach Jena noch einige 
Tage in einer süddeutschen Sommerfrische Erholung suchen. 
Die Taufe der während der Abwesenheit Richters geborenen 
Tochter findet erst nach der Eltern Rückkehr statt. 
W. Saloniki, 830. Aug. Richter ist gestern vormittag 
in Ostrova angekommen. Da er dort einer Quarantäne von 
24 Stunden unterworfen ist, kann seine Ankunft in Saloniki 
vor heute abend nicht erfolgen. 
Ruchloser Ueberfall auf einen Arat. 
W. Reckliughausen, 29. Aug. Der Bergmann Mattkowial 
sockte den Arzt Feldmann in seine Wohnung unter dem Vor— 
wande, sein Kind sei frank. Als der Arzt eingetreten war, 
chlug ihn der Bergmann mit einer Eisenstange über den Kopf 
und warf ihn die Treppe hinunter. Der Arzt wurde schwer 
verletzt. Mattkowiak verübte die Tat aus Wut, daß der Arzt 
hn, wegen einer angeblichen Krankheit feiernd, wieder gesund 
schrieb. Der Täter wurde verhaitet. 
Zu den Ausschresiungen itallexijcher Geme'nden. 
W. Rom, 29. Aug. Die aus elnigen Orten gemeldeten 
Ausschreitungen sind auf Unwissenheit und Aberglauben der 
Bevölkerung zurück usühren. Dem Tumult in Verbicaro sind 
nehrere Personen zum Opfer gefallen. Ein Amtsd'ener wurde 
zu Tode gemartert, weil er beschuldigt wurde, eiren Brunnen 
vergiftet zu haben. Die wülende Menge überrumpelte auch 
das Telegraphenamt. Der Bürgermeister und dessen Familie 
konnten entflieken. Der Landrichter starb auf der Flucht an 
einem Herzschlag. 
We Kiel, 30. Aug. In der Angelegenheit des dä nischen 
Fischereibootes wird noch gemeldet: Bei dem verineint⸗ 
lichen Verhör handelte es sich lediglich um die Erfüllung 
mon sanitätspolizeilichen Vorschriften, die zurzeit 
angesichts der Gesundheitsverhältnisse in manchen ausländischen 
Häfen mit besonderer Strenge beobachtet werden müssen. Bet 
dieser sanitätspolizeilichen Rebision ergaben sich insofern Schwie⸗« 
rigkeiten, als die Insassen des Bootes nur unzureichende Legiti⸗ 
nationspapiere führten, so daß man zunächst gar nicht wuß teẽ 
nit wem man es zu tun hatte. Es erwies sich als notwendig, 
einen Dolmetscher hinzuzuziehen, wodurch die Angelegenheit 
in die Länge gezogen und daducch nach außen der Eindruch 
nervorgerufen wurde, als ob Spionageverdacht vorliege. 
We Weißwasser (Oberlausitz), 320. Aug. Der angetrunkene 
z5jährige Reisende Feodor Jürke aus Rietschen war mitternachts 
ius einer hiesigen Wirtschaft gewiesen worden. Er schoß auf 
einen Fleischer, der ihn hinauswerfen half, ohne zu treffen; 
»arauf ist er geflohen. Als der herbeigerufene Nacht-Polizei⸗ 
ergeant Febe ihn in einem Hause der Görlitzer Straße ver— 
‚aften wolite, wurde er von Jürle durch einen Re— 
olverschuß getötet. Jürke wurde erst nach heftiger 
Begenwehr überwältigt. Der erschossene Polizist hinterläht eine 
Frau und drei kleine Kinder. 
W. Bern, 30. Aug. Bei dem Leichenfund im Lötsch⸗ 
bergaletscher handelt es sich nicht um die beiden Engländer 
Benecke und Cehen, sondern um den sLweizerischen Elektriker 
Aummer, der seit zwölf Jahren im Gletschereis gelegen hat. 
der Verunglücdte hatte zwei Hüte, eine Kappe und ein großes 
Kleiderbündel bei sich, was zu dom Irrtum verleitete, da 
mindestens zwei Leichen vorhanden sein müßten. 
We Lille, 30. Aug. Gestern abend fand in Billy— 
Montignn eine Kundgebung gegen die Teuerung 
der Lebensmittel statt, wobei ein Bäder von der Menge 
tätlich angegriffen wurde. Als dieser darauf Revolverschüsse 
abaab, wobei einer der Angreifer schwer verwundet wurde, 
plünderte die Menge den Laden und die Wohnung des 
Bäders und hätte ihn gelyncht, wenn nicht Gendarmerie ein⸗ 
geschtitten wäre. Zwei Gendarmen wurden durch Stein⸗ 
würfe verletzt. 
We Santiago de Chile, 29. Aug. In dem Bericht det 
Finanzkommission an die Deputiertenkammer wird vorge⸗ 
schsagen, die Eingangszöllee um 10 60 zu er⸗ 
höhen, eine Anleihe von 724 Millionen Psund Sterlinq 
aufzunehmen. jährlich kleinere Terrainz von ausgedehnten sal— 
»eterhaltigen Ländereien zu verkaufen. Aus dem Erlös Eud 
der Anleihe sollen 5 Millionen Pfund zum Bau von Eisen— 
vahnen und der Rest zur Zahlung von Bankschulden und 
rur Herstellung des finanziellen Gleichgewichts verwendet 
werden.
	        
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