Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

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Ausgabe 4. 
Dienstag, den 22. August 1911. 
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Aus den Nachbargebieten. J 
Hansestãdite. 
Hamburg, 22. Aug. Der Senat beantragt bei der 
Burgeischaft. der Patriotischen Gesellschaft für den Arbeits- 
nadchweis auch für die Jahre 1912-1914 eine staatliche Bei⸗ 
hilfe von 25 000 Muwie bisher zu bewilligen. 
(Kleine Nachrichten) Ausgelieferter Flücht⸗ 
ling. Im vergangenen Jahre floh der in Berlin anlässige 
Tischlermeister Föhlisch, nachdem er sich verschiedener Betrüge- 
reien, Unterschlagungen und des betrügerischen Bankrotts schuldig 
gemacht hatte. Die Polizei ermittelte F.s Aufenthalt in Bra⸗ 
silien und veranlaßte durch Vermittlung der deutschen Regie⸗ 
lung die Auslieferung des Flüchtlings, der etwa 10 000 M 
mit sich genommen hatte. Föhlisch wurde dann in Rio 
de Janeiro festgenommen und an Vord des Dampfers „Tijuca“ 
gebracht, der ihn nach Hamburg brachte. Hier ist F. Montag 
angekommen, von der Hamburger Kriminalpolizei in Empfang 
genommen worden und wird heute nach Berlin weiter befördert 
werden. — Ein fugendlicher Defraudant, ein von 
Ruhrort aus verfolgter vierzehnjähriger Kaufmannslehrling R., 
wurde Montag hier verhaftet. DTer in Duisburg wohnende 
junge Mann hatte von seiner Lehrfirma 1139 Meerhalten, 
um das Geld zur Bank zu bringen. Mit der Summe ist er 
nach Hamburg geflohen, wo er einen Teil in liederlicher Ge— 
—A000 
Hände fiel, hatte er noch 910 Mäim Besitz. — Drei Per—⸗ 
sonen ertrunken. Sonntag ist im Köhlbrand ein Matrose, 
der vom Ewer „Germania“ über Bord fiel, ertrunken. Ebenfalls 
den Tod durch Ertrinken erlitt ein vierjähriger Knabe, der 
am Grevenweg beim Spielen ins Wasser gefallen ist. Die 
Leiche konnte nicht geborgen werden. Bei Waltershof ertrauk 
Sonntag abend gegen 8 Uhr ein unbekannter Knabe, der beim 
Rudern über Bord gefallen war. Der die Unfallstelle passie- 
rende Harburger Dampfer stoppte sofort und der Kapitän 
warf dem Verunglückten einen Rettungsring zu, den dieser 
jedoch nicht erreichen konnte, da er anscheinend des Schwim— 
mens unkundig war. Auch der Rettungsversuch des Beamten 
der Palästinabank, Nissen, der mit voller Kleidung von dem 
Dampfer ins Wasser sprang, miklang. Die Leiche wurde nicht 
geborgen. 
Dbden Jrurg, z24. AuUg. Bendem Grobseuer, das inm 
Warenhause von Iwersen ausbrach, wurden das alte Stammhaus 
)es Geschäftes, die großen Speicher, das Wohnhaus des Schlach- 
ermeisters Wulf und ein gesüllter Kornspeicher des Landmannes 
Naschmann in Asche gelegt. Das Feuer wütete vier Stunden 
ang. Die in dem Warenhause in einem besonderen Gewölbe 
intergebrachten Pulvervorräte konnten rechtzeitig beiseite 
jeschafft werden, dagegen explodierten zahlreiche volle Pe— 
roleumfässer. Der Schlachtermeister Wulf ist vom Unglück schier 
zerfolgt; er hat im letzten Jahre seine Frau, einen Sohn und 
ine Tochter durch den Tod verloren und erleidet jetzt einen 
ehr großen Vermögensverlust, da sein Haus nur gering ver⸗ 
ichert ist. 
Großherzootum Oldenburg. Fürstentum Lübed. 
Er. Eutin, 22. Aug. Zur Warnung mag eine 
Antscheidung des Schöffengerichts dienen, wo— 
nach drei Landleute aus H., wo dia Maul⸗ und Klauen—⸗ 
euche herrscht, wegen Vergehens gegen das Viehseuchen⸗ 
jesetz mit je 1. Tag Gefängnis bestraft worden sind. Sie 
jatten, obgleich ihnen der wesentliche Inhalt der erlassenen 
Ibsperrungs- und Verhütungsvorschriften bekannt war, ihr 
HBieh, ohne es haben untersuchen zu lassen und ohne polizei⸗— 
iche Erlaubnis umgeweidet. Die Landleute kommen bei 
em jetzigen schlechten Weidebestand ja häufig in die Ver— 
egenheit, ihr Vieh umweiden zu müssen. Wenn die Er— 
angung der Erlaubnis auch mit sehr viel Umständlichkeiten 
zerknüpft ist, so sollten die Landleute doch vorsichtig sein, 
amit sie nicht dieselbe gesetzlich mindeste Strafe treffe. 
Lauenburg. 
kR. Ratzeburg; 22. August. Einen üußerst nie— 
zrigen Wasserstand zeigt gegenwärtig der Ratzeburger 
Zee. Die rings um die Inselstadt stehenden eichenen Pfähle, 
eine Schutzwehr aus alter Zeit, ragen ziemlich weit aus dem 
Wasser hervor; ganz deutlich ist auch der Unterbau der feüheren 
ölzernen Brücke erkennbar, die 1847 nach der Erbauung des 
Zönigsdamms abeebrochen wurde. — Feuerschaden. Der 
hurch das letzte Großfeuer entstandene Gebäudeschaden wird auf 
2000 Mageschätzt. Der Mobiliarschaden beläuft dich auf 
17500 M. Dem alten Musiker Böhmer, einer auf Jahrmärkten 
ehr bekannten Persönlichkeit, ist seine alte Geige. womit er 
eit fünfzig Jahren Jung und Alt erfreude, bei den Rettungs⸗ 
irbeiten vernichtet worden. Ihr Wert wird auf 500 Mece— 
chätzt. Für die Abgebrannten, die nur niedrig urd in einigen 
Fällen gar nicht versichert haben, hat Pastor Löwe einen Auf⸗ 
ruf erlassen. vd 
B. Mölln; 22. August. Die Sperrung der 
Ferkelmärkte in der Provrinz und ihre Folcen madhen sich 
in allen Kreisen der Bevölkerung, besonders bei dem Mittel— 
tande in Stadt und Land, immer fühlbarer. Die Landleute 
önnen ihre Tiere nur mit den größten Schwierigkeiten ver⸗ 
aufen und in der Stadt klagt man überall über die schlechte 
veschäftslage. Wie von vielen Seiten versichert wird, ist 
ie Schweinezucht, be w. Ferkelaufzucht eingeschränkt, da deren 
nentabilität bei den gegenwärtigen Verbänissen unsicher ist. 
— Selbstmord. An seinem Bettpfosten erhänat aufge— 
unden wurde der ca. 40 Jahre alte Böckermeister D. in der 
zauptstraße. Schwermut scheint das Mortiv der unseligen 
kat zu sein. — Verhaftet wurde Sonnodend nahmittas 
„er Arbeiter Edler aus Marienmohlde. Derselbe kam mit dem 
Zuge von Lübecd und spielte auf der letzten Sirecke den wilden 
Mann, so daß er mit Gewalt aus dem Zuge entfernt werden 
nuß?e. Als der Mann sich auch jetzt nicht beruhigen wollte, 
vurden der Bahnarzt, die Polizei und die Sanitätskolonne 
iufgeboten. Ersterer stellte sest, daß man es nicht mit einem 
obsüchtigen, sondern mit einem 2ugetrunkenen Manne zu tun 
zatte, der dem hieigen Gefängnis zugesührt wurde, woselbst 
er Zeit bekam, sich auf sich selbst zu besinnen. 
Schwarzenbek, 22. August. Vom Bahnhofe. In—⸗ 
olcçe eines Unglückzfalle:, der vor einigen Wochtn ei em junçen 
Mädchen aus Hamburg das Leben kostete, wurde die schon 
rüher bekannte Gefährlichkeit der hie snen Bahnhofsansagen 
ür die Reisenden wieder erwi sen. Auf Grund e'ne: Beschwerde 
Schleswig⸗ Holftein. 
Altona, 22. Aug. Stiftungeiner Warteschule, 
Herr v. Beerenberg-⸗Goßler, der in dem benachbarten Niendorf 
seinen Sommerwohnsitz hat, hat 30000 M zum Bau einer 
Warteschule daselbst zur Verfügung gestellt und den Bauplatz 
»azu geschenkt. — Verhafteter Erpressere Ein angeb— 
icher Lehrer aus Rußland versuchte von dem Oberrabbinet 
D. Lerner unter Androhung mit einem Verbrechen 100 Md 
ju erpressen, wurde aber auf Ankalten des Oberrabbiners 
verhaftet. — Eingestelltes Verfahren. Gegen den 
Inhaber einer Häute- und Fellefirma hierselbst, sowie gegen 
ben ehemaligen Buchhalter einer Häute⸗ und Fellenverwertungs⸗ 
genossenschaft war vor Monaten eine Untersuchung eingeleitet 
worden, weil sie verdächtig schienen, die Genossenschaft um 
mehr als 40 000 Mebetrogen bezw. bei dem angeblichen Betrug 
Beihilfe geleistet zu haben. Die Untersuchung hat nichts 
ergeben, das zur Erhebung einer Anklage Anlaß geben könnte. 
Infolgedessen ist auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Ver— 
fahren eingestellt worden. 
Plön, 22. Aug. Für vas „Altersheim“ hat der 
gest. Rentner Johs. Klein 10 000 Miugestiftet. 
Neumünster, 22. Aug. Ein Rabenvater. Ein Ein— 
wohner zwang seinen 120jährigen Solin, grohe Mengen Alkohol 
zu trinken. Das Kind liegt schwerlrank im Krankenhause. Der 
Vater, der seine Frau derart mißhandelte, daß sie davonlief, 
wurde verhaftet. — Unterricht in der Strafanstalt. 
Die jüngeren Strafgefangenen erhatten durch zwei Lehrer Unter—⸗ 
ticht. Die damit betrauten Lebrer wurden dort bisher neben⸗ 
antlich beschäftigt. Vom 1. Okt. ab wird Lehrer Siebken im 
Hauptamt angestellt 
hinter den KRulissen. 4 
Won unserem Korrespondenten).— 
Rom, 18. Aug. 
Der große Fremdenstrom, den das nationale Jubeljahr 
nach Italien bringt, ergießt sich nach alter Gewohnheit in die 
berühmten Städte und brandet an die lieblichen Küsten; aber 
das Innere des Landes erreicht er nicht. Und für Italiens 
Renommee ist das gut so. Denn da, wo der großartige 
Schmud alter Runst und Denkwürdigkeit und der kokette Putz 
der vielbesuchten Hafenplätze aufhört, da ist es auch mit 
den vielgepriesenen Reizen Italiens zu Ende. So reich Italien 
dem Fremden erscheint, so arm sielit es sich demjenigen dar, 
der einmal genauer zuschauen daurf. Italien gebricht es an 
Erz und Kohle und seine ländlichen Verhältnisse sind nicht 
wohl genug geordnet, um alle seine Kinder zu ernähren. 
Nach Hunderttausenden suchen sie in der Fremde ihr Brot. 
In der Po-Ebene geht es noch. Da spürt man schon den 
aünstigen Einfluß der geordneteren Kultur nördlich der Alpen. 
Hinter der Apenninenmauer aber, die gewissermaßen einen 
zweiten Abschluß bildet, da hört solcher Einflußß ganz auf. In 
der Kampagne ist schon der Vergleich zwischen einst und jetzt 
zwischen der Siedlungszahl in Römerzeiten und der heutigen 
ODede bitter. Er wird ganz trostlos im Süden. 
Dem Fremden freilich wird's gerade im Süden besonders 
wohlgefallen. Wenn sein Schiff am Fuße des Monte Pelegrino 
vor Palermo schaukelt; wenn er von Monreale aus beim 
goldenen Wein das Auge über die Zitronenwälder der gol—⸗ 
denen Muschel schweifen läßt; wenn er die stolzen Hafen— 
lirchen und Normannenschlösser der apulischen Küste anstaunt; 
wenn er auf dem tiefblauen Meer die frische Seebrise sich 
mnwehen und von wunderlich gekormten Felsenküsten sich die 
ilten Sagen der Odyssee noch einmal erzaäͤhlen läßzt. 
Aber dann ein Blich hinter diese herrlichen Kulissen! 
OAxbhere Enttaͤuschung kann man selten erleben. AÄuf dem 
Tafellande Sizitiens, der einstigen Kornkammer Italiens, dürf⸗ 
ige Schafweiden! Die Höhen des Apenninengebirges kahl und 
onnenzerglüht. Die Wohnungen der Bevölkerung mehr' als 
»ürftig. Schon die Hintergassen Neapels oder Palermos über⸗ 
aschen durch Schmutz. Armut, Enge. Aber die Dörfer! 
Nan glaubt manchmal gra nicht mehr in einem zivilisierten 
»uroräischen Kulturstaat zu sein. Auf Sizilien erinnert der 
Zaktus und der Papyrus schon an Afrika. Noch mehr die 
zehausungen der Landbevölkerung. Im Imern Apuliens und 
uder armfeligen Basilikota ist's fast noch schlimmer. Niedrige, 
ache Hütten, Fenster ohne Scheiben, ganze Familien und 
st noch die Tiere in einem Raum; ja, auch Wohnungen finden 
ich, die aus lose aufeinandergelegten Steinen gebaut oder in 
jehenhöhlen hineingearbeitet sind. Manche Dörfer sind halb 
uusgestorben durch Auswanderung. Von den Auswanderern 
ommen freilich viele wieder. Aber erst, nachdem sie ihre 
zesten Arbeitsjahre der Kulturarbeit eines fremden Staates 
jzewidmet haben. Etwas Geld bringen sie freilich mit; meist 
jerade genug, daß es zu einem anspruchslosen Faulenzerleben 
renügt. Was sie sonst noch milbringen, ist nichts Gutes: 
Alkoholismus, Syphilis, Tuberkulose. Bildung gewinnen sie 
m Auslande quch nur wenig. Sie rerrichten ja meist ununter— 
»rochene, ungelernte Arbeit und bleiben in Scharen unter sich. 
in ihrer Heimat selbst liegt die Bildung völlig danieder. 
Nan sorgt für prächtige Kirchen, aber nicht für Schulen, und 
zer Adel, in dessen Händen das Land ist, lebt in Rom oder 
eapel. Er fürchtet direkt für sein Leben in der ländlichen 
Tbgeschiedenheit. Die Bildung des Volkes zu heben, fürchtet 
r sich aber auch wegen der dadurch gesteigerten Ansprüche 
ind er kann nicht einmal seinen eigenen Ansprüchen recht 
jenügen. Es gibt eine süditalienische Frage, und sie ist auch 
iine allgemein italienische. Denn diese südliche Hälfte des 
Zönigreichs hängt schwer und hemmend wie ein krankes Glied 
im Körper des Ganzen. 
Das zu bessern, ist eine Herkulesarbeit. Es ist aber 
zuch eine notwendiage Arbeit. Das aroße 15bändige Wevrl, 
Abend⸗Blatt Nr. 423. 
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woren vorgestern der Landrat des Kreises und ein höheren 
Eisenbahnbeamter hier anwesend, um den Bahnhof eingehend 
zu besichtigen. Um ähnliche Unfälle zu verhüten, plant die 
kisenbahnverwaltung; einen Tunuel anzulegen, der zu den 
Bahnsteigen führt. Voraussichtlich wird im nächsten Frühjahr 
zleichzeitig auch die AUeberdachung der Bahnsteige erfolgen. 
Großherzogtümer Mecklenburag. 
Schwer in, 22. Aug. Ein Großfeuer, das durch 
Funkenflug aus einer Lobomotive auskam, zerstörte Sonntag 
nachmittag das große Bretterlager der Möbelfabrik von Bod⸗- 
101dt. Sämtliche Spritzen der Stadt und die Dampfsypritze 
ʒes Schlosses waren in Tätigkeit. Auch das Militär leistete Hilfe. 
das Großherzogspaar weilte auf der Brandstätte. 
Rostock, 22. Aug. Verpachtet ist die Restauration 
zes Hauptbahnhofs zum 1. Okt. an den Geschäftsführer der 
ßahnhofsrestauration in Mainz. Prahlow (geb. Schweriner). 
die Pachtsumme soll etwa 24 000 Mubetragen. Der bisherige 
Pächter, Kommissionsrat Behrens, tritt nach 28 Jahren am 
. Oltober von der Pachtung zurück. — 
Rosenberg, 22. Aug. Eine Körnerfeier fand 
Sonntag hierselbst unweit der alten Landstraße von Gadebusch 
nach Schwerin statt. Aus den umliegenden Städten und Dörfern 
daren die Festteilnehmer, unter denen sich auch Hofrat Dr. 
geschel-Dresden, Direktor des dortigen Körner-Museums, befand. 
erbeigeeilt, das Andenken des teuren Toten durch Wort und 
died und Kranz zu ehren. Die Festrede hielt Eisenbahnsekretär 
Schmidt⸗-Schwerin, die mit einem Hoch auf das Vaterland schloß. 
Warnemünde, 22. Aug. Unvermindert hält sich 
zier der Badeverkehr noch immer! Neuer Zuzug von Kurgästen 
zat, wie die veröffentlichte Amtliche Fremdenliste zeigt, die Zahl 
zer gemeldeten Fremden bis zum 17. Aug. auf 19212 erhöht. 
das sind 3055 Personen mehr, als im v. J. am 17. August 
gezählt waren. 16 157 lautete die damalige Frequenzziffer. — 
Doberan verzeichnet 2842, Heiligendamm 1730, Brunshaupten 
13979, Arendsee 7810 und Nienhagen 479 Personen. — Einen 
Leiche nfund machte Ende voriger Woche ein Forst⸗ 
ibeiter in dem Diedrichshäger Gehölz hinter „Wilhelmshöh“ 
abseits vom Wege. In dem Dicifcht der Tannen lag dort eine 
nännliche Leiche, die bereits stark in Verwesung übergegangen 
var. Nach wem Befunde zu urteilen, handelt es sich hierbei 
im einen Selbstmord, denn die Leiche trug um den Hals einen 
ünnen Strick geschnürt, der gerissen sein muß, da ein Teil des 
Ztrickes sich noch an einem Baumaste über der Leiche befand. 
Der Lebensmüde scheint ein Mann in den mittleren Jahren 
zewesen zu sein. Die Kleidung war nur mangelhaft, und Geld, 
Werhsachen oder Papiere, die zur Erkennung der Leiche dienen 
konnten, wurden nicht vorgefunden. In der Rodttasche steckte 
noch eine Berliner Zeitung vom 9. August.— i 
Neubrandenburg, 22. Aug. Seine Frauzu Tode 
mißhandelt. Der hier auf dem Stadthof wohnende Ar—⸗ 
qeiter Ludwig, der mit seiner Frau in Unfrieden lebte, mißhan— 
elte diese in der Nacht zum Freitag derart, daß die Unglückliche 
S„onnabend morgen jhren Geist aufgab. Nach dem Leichen- 
»efunde ist der Tod der Frau darch starke Mißhandlungen, 
asbesondere durch einen heftigen Schlag gegen die rechte Kör⸗ 
zerseite, vrerursacht worden. Ludwig wurde in Haft genommen. 
— Schönberge 22. August. Noch immer ist die 
MNaul- und Klauenseuche im Zunehmen begrisfen. So 
ind in den letzten Tagen zu der Zahl der verseuchten Ort— 
chaften noch drei neue hinzugekommen, nämlich Römnitz. Nien⸗ 
»orf und Pelersberg. Infolge der Seuche und dius Futter— 
nangels ist der Preis für ein Pfd. Butter bereits auf 1,.70 M 
estiegen. — Bankniederlassung. Das bisherige Bur au 
oer medlenburgischen Sparbank ist in eine handelsgericht⸗ 
ich eingeragene Zweigniederlassung mit der Firma Meck— 
lenburgische Sparbank, Filiale Schöͤnberg, umgewandel! worden. 
— Moorbrand. In der Nähe von Demern brennt das 
Moor. Man ho'ftaber, durch Abgrabung den Brandherd ein⸗ 
dämmen zu können. 
— Selmsdorf, 22. August. Verkauft hat Haus— 
virt Klüßmann seine Vollstelle an einen Landmann in Trittau. 
Dder Kaufpreis soll 53 000 Mubetrazen. Die Uebernasme er⸗ 
folgt in vierzehn Tagen. 
das soeben in Rom erscheint, will hier eine neue Epoche ein⸗ 
eiten. Es enthält den Bericht der 1906 eingesetzten Enquete⸗ 
ommission, die aus Professoren der Nationalökonomie und 
Ministern der Landwirtschaft zu'ammengesetzt, mit zahllosen 
Fragebogen und Unterkommissionen arbeitend, die Verhältnisse 
der Landarbeiter des südlichen Stalien jahrelang studierte und 
vuf Grund dieser Studien nunnmiehr wissenschaftlich schildert. 
Diese Schilderung wird — bei dem unbedingten Vorherrschen 
»er Landarbeit im Süden — zu einem allgemeinen Kultur— 
ild. Sie wird aber auch mit ihren praktischen, wohlerwogenen 
katschlägen zu einem Werk von nationaler Bedeutung. Denn 
ie Wege, die hier gewiesen werden, werden sicher gegangen 
werden, wenn sie auch nicht im Laufe weniger Jahre zu Ende 
zegangen werden können. 
Die Aufklärung durch den gründlichen Kommissionsbericht 
wird ihren Zwedch erfüllen. Schon einmal hat um 1880 
herum eine Enquete stattgefunden, und es ist auch schon man⸗ 
hes in der Zwischenzeit geschehen. Man fing an, die fieber⸗ 
zauchenden Sümpfe anzugehen, erst mit Eukalyptuspflanzungen, 
päter, als der Erfolg damit nicht befriedigte, durch Ab⸗ 
eiten der Gebirgswasser um die Sümpfe herum, durch Auf-— 
orstung der Höhen, durch Auspumpen der Tiefstellen und 
zebauung des wertwwollen Bodens. Es war der Plan des 
reußischen Majors Donat und die Theorie R. Kochs über die 
kntstehung der Malaria, die man dabei zugrunde legte. Unter 
en Ratschügen der neuen Kommission spielt wieder die Auf— 
orstung eine entscheidende Rolle. Sie soll vor allem günstig 
iuf die Wasserverteilung wirken. Freilich, Wälder wachsen 
licht von heute auf morgen, und mancher Setzling wird wohl 
ruch nicht in die Höhe kommen. Aber unmsglich ist die 
Aufgabe nicht, haben doch viele dieser Höhen auf Sizilien z. B. 
n früheren Jahrhunderten schon dichten Waldschmuck getragen. 
Zommt zu dieser Bodenpflege auch noch eine ausdauernde 
Zulturarbeit an den Menschen, so wird Italien bei der Hundert- 
ahrfeier wieder ein merkliches Stüch weiter sein können.
	        
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