Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

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Amtsblatt der freien und Hansestadt Lübeck 161. Jahrgong Nachrichten für das herzogtum Lauenburg, die 
Beiblatt: Gesetz⸗ und Verordnungsblatt 8vöä — — Fürstentümer Ratzeburg, Lübeck und das angren 
—0 ν zende mecklenburgische und holfteinische Gebiet. 
Drugt und Verliaag: Gebrüder Borchers G.m.b. H. in Lübed. — Geschäftsftelle Mreß haus (Könioftr. 48) Ferniprecher 2000 u. 9001 
Ausgabe 
(Große Ausaabe) Montag, den 23. Zanuar (91. 
Morgen⸗Blatt Nr. 40. 
Neueste Nachrichten und Telegramme. 
der neue preußische Gesandte in Hamburg. 
Der Legationsrat Kammerherr Hans v. Bülow hat am 
31. Dez. v. J. das 53. Lebensjahr vollendet. In Braun⸗ 
chweig geboren, trat er im Jahre 1881 in den Justizdienst 
aund zwei Jahre später in die allgemeine Staatswerwal- 
ung. Von 1801 bis 1895 weilte er bereits als Legations— 
ekretär bei der preußischen Gesandtschaft in Hamburg und 
war dann vier Jahre in Bern. 1897 zum Legationsrat er⸗ 
nannt, war Hans v. Bülow dann als 2. Botschaftssekretär in 
Madrid und Brüssel tätig. 1901 zum 1. Gesandtschafts- 
elretär und ein Jahr später zum Kammerherrn ernannt, wurde 
rx 1905 in das Auswärtige Amt berufen und im nächsten 
Jahre zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtig— 
ten Minister in Oldenbura befördert. 
Zzum Unfall des U 30. 
Darmstadt, . .aa um 3 Uhr wurde 
der Kommandant des Unterseebootes „U. 3“, Kapitänleutnant 
Ludwig Fischer, zu Grabe getragen. Auf dem Friedhofe 
und in den anliegenden Strahen hatten sich über 10 000 Per— 
onen eingefunden. Seine Majestät der Kaiser hatte sich durg 
den preußischen Gesandten Frhrn. v. Jenisch vertreten lassen, 
der Großherzog durch seinen Generaladiutanten Generalmaior 
ßahn. Prinz Adalbert von Preußen durch seinen persönlichen 
Adiutanten Kapitänleutnant Junkermann. Ferner nahmen an 
»er Beerdigung teil der kommandierende General des 18. Armee— 
orps General der Infanterie v. Eichhorn, die Staatsminister 
Dr. Ewald und v. Hombergk zu Vach die Generalität und 
ãmtliche Offiziere der hiesigen Garnison. Aus Kiel waren zehn 
Aameraden des Verstorbenen, darunter die zwei geretteten 
Offiziere des „U. 30, erscienen. 
Kiel, 22. Jan. Aus Anlaß der gestern nachmittag erfolgten 
Beisetzung des Matrosen Nieper vom Unterseeboot U. 30 waren 
prachtvolle Kranzspenden eingegangen vom Prinzen und der 
Prinzessin Heinrich von Preußen, dem Prinzen Adalbert, dem 
Staatssekretär des Reichsmarineaiats v. Tirpitz, den fremd⸗ 
ländischen Marineattachss, den Admitalen und zahlreichen 
Truppenteilen, Vereinen und Privatpersonen. Die Beerdigung 
erfolgte nach vorhergegangener Trauerfeier, bei der Marine⸗ 
oberpfarrer Geh. Oberkonsistorialrat Goedel die Gedächtnisrede 
jielt, im Beisein der ortsanwesenden Admirale und vieler 
Abordnungen unter großen militärischen Ehren und überaus 
reger Anteilnahme der Bevölkeruna auf dem Garnisonfriedhof. 
—IX 
über die Richtigkeit der Berechnung habe der Staatssekretär 
iicht geantwortet. Die Kammer wird deshalb eine weitere 
kingabe an die Postverwaltung richlen und macht von deren 
Untwort ihre Stellungnahme zu der Fernsprechgebührenord-⸗ 
nmng abhängig. 
Sannovet. 22. Jan. Durch Anschlag am Schwarzen Brett 
verden die Studenten aufgefordert, die Vorlesungen bis zum 
6. Jan. wieder aufzunehmen. Die Studen'en betrachten diese 
lufforderung des Ministers als einen Einschũchte rungsver⸗ 
uuch und wollen der Aufforderung nicht Folge leisten. 
Kristiarria, 22. Jan. Der deutsche Forschungsreisende 
erleutnant Filchner ist heute nachmittag hier eingetroffen 
ind von dem Vorstand der Geographischen Gesellschaft 
»wie von Prof. Nansen empfangen worden. Abends hielt 
xilchner einen zahlreich besuchten Vortrag vor der Geo— 
raphischen Gesell'chaft im Festsaal der Universität. Morgen 
reist er nach Sandefjord, um der Ausrüstung des für 
eine Südpolexpedilion gekauften Schoaffes zu ũberwachen. 
Paris, 22. Jan. Die französischen Eisenbahnpläne för 
zie Gegend von Udschda und für die Schauza, über die 
eit langer Zeit mit dem Sultan von Marokko verhandelt 
vurde, sind, wie Matin meldet, nunmehr vom Maghzen 
nndgültig angenommen worden. Dasselbe Blatt versichert, 
aß gegen diese Pläne von keiner fremden Macht E?nwände 
rhoben worden sind. 
Haag,. 22. Jan. Die Regierung hat einen Gesetzentwurf 
ber die Subventionierung der Dampfschiffahrts verbindung 
Java--Australien bei mindestens zwölf Reisen jährlich ein— 
ebracht. F 
London, 22. Jan. Die Deäten für die Abgeordneten sind 
nn der Regierungsvorlage auf 300 Pfund jahrlich festgesett 
vorden. Auch die Mehrheit der Konservatiben tritt für die 
Lorlage ein. 
London, 21. Jan. Das Halsleiden des Schatzkanzlers 
st so ernst, daß er vorläufig an den Kabinettssitzungen nicht 
eilnehmen kann. Er wird erst nach Abschluß der Adreß⸗ 
ꝛebalte nach London zurückkehren. 
London, 21. Jan. Aus Bombay meldet die Times, daß 
»er Waffenschmuggel am persischen Golf für den Augen— 
zlick so gut wie aufgehört hat und daß nur hin und 
bieder ein paar Flinten verladen werden können. In Debai 
it seit dem Zusammenstoß von Ende Dezember die Ruhe 
icht wieder gestört worden. 
London, 22. Jan. Aus Petersburg meldet der Bericht⸗ 
ersiatter der „Times“, daß nicht die geringste Aussicht vor⸗ 
/ anden ist, daß die russische Regierung von ihrem Standpunkt 
n der Frage des Fischfanges im Weißen Meere abgehen wird 
Madrid, 22. Jan. Wie verlautet, hat die Regierung dem 
derzog von Braganza mitgeteilt, daß sie ihm den stãn⸗ 
igen Aufenthalt in Spanien nicht gestatten könne. 
Athen. 22. Jan. Die revisionistische Kammer ist gestern 
urch königliches Dekret eröffnet worden. 
Petersbutg. 22. Jan. Wie die Birschewija Wiedomosti 
neldet, wurde in Ljublin eine Verfammlung katholischer Geist— 
icher verboten, die zum Zwecke der Ablegung des Anti— 
nodernisteneides einberufen worden war. 
Bukarest. 22. Jan. Die Neuwahlen für die Kammer 
ind auf den 1. März d. J. festgesetzt worden. 
Konstantinopel. 22. Jan. Jeni Gazetta bestãtigt auf 
brund von Informationen seitens der Pforte, dah Sana 
erniert sei, hingegen seien die Gegenden von Taaz und 
jodeida nicht unmittelbar gefährdet. — Der Militärkom⸗ 
nandant von Assyr meldet aus Ebha, die Truppen be—⸗ 
ißen für viele Monate Lebensmittel und Munition. Die 
deputierten von Assyr konnten die begonnene Reise nach 
donstantinopel nicht fortsetzen. Die Regierung hat zum 
Truppentransport mehrere Dampfer der russischen Freiwilli⸗ 
senflotte gemietet. 
Pelina. 22. Jan. In der Umgebung von Peking sind 
dieder mehrere Pestfälle mit tödlichem Ausgang vorge⸗ 
ommen. innerhalb der Stadt keiner. Zahlreiche Opfer for⸗ 
erte die Pest in einem Dorfe bei Tschifu. Die Chinesen ziehen 
etzt die von den Russen vorgeschlagenen Isolierungsmah⸗ 
egeln in Erwägung. Der Taotai von Charbin wurde i— 
olae eines Protestes von russischer und japanischer Seite 
bgesetzt da er den fanitären Maßnahmen zur Bekampfung 
et NPest Widerstand entgegensetzte. 
Saloniki, 22. Jan. Nach den letzten amtlichen Meldun⸗ 
en ist die Lage im Jemen beunruhigend. Die Verbindung mit 
zana und Umgegend ist noch unterbrochen. Die leitenden 
treise sind ũber die eigentliche Lage der türkischen Truppen 
in Unklaren. Der Kriegsminister hat die sofortige Einberufung 
er Redifs der ersten Klasse von Monastir, Perlepe, Kröprülu 
md ferner von zwölf Bataillonen von Kossowo verfügt. 
Die Truppen werden teils in Saloniki, teils in De— 
eagatije zur Einschiffung nach Hodeida aelangen. Jussuf⸗ 
ascha. der Kommandant von Dedeagatje, wird den 
berbefehl uüber die von Rumelien nach dem Demen ab⸗ 
ehenden Truppen erbalten. 
— — — 
Tanger, 22. Jan. Aus Fez voerrautet, daß Sultan Mulay 
Hafid auf seiner (in etwa zwei Monaten zu erwartendern 
Rßeise nach Marakesch wahrscheinlich Tanger, Tetuan und Larasch 
»esuchen wird. Dies wäre seit Mulay Hassans Besuch vom 
zahre 1889 das erstemal, daß ein marokkanischer Herrscher 
wieder Tanger besucht. 
Newyork, 22. Januar. Der New PYork Herald meldet aus 
Trujilla vom 20. Januar: Oer Kreuzer der Unionstaaten 
Tacoma“ beschlagnahmte das Kanonenboot „Harnet“. Bo— 
nilla ethob Protest mit der Begründung, daß der „Hornet“ 
ihm gehöre. 
Newnork, 22. Jan. In einer Ansprache an die Ver— 
reter der Pennsylvania⸗-Gesellschaft in Newyork erklärte 
Taft, die Abänderung des Abkommens zwischen den Ver— 
inigten Staaten und England über den Panamakanal habe 
um Zweck das Recht zur Befestigung des Panamakanal— 
wiederzuerlangen. Der Vertrag mit Panama enthalte ousdrüd- 
sich die Anerkennung dieses Rechtes. 
Wasbington, 22. Jan. Im Staatsdepartement wird zu— 
segeben. daß zwischen den Vereinigten Staaten und Ecuador 
iber die Verpachtung der Galapagosinleln underbindliche 
Verhandlungen gepflozgen worden sind. Es heißt, der Kon— 
areß von Ecuador habe vor einiger Zeit seine Zustimmung 
au der Verpachtung der Ine'n gegehen 
Vermischtes. 
Der Prinz als Bankier. Der älteste Sohn des Kronprä— 
lendenten Miguel von Braganza war unter dem Namen eine 
Duc de Vizen seit sechs Monaten a's Volontär in dem Buregu. 
er angesehenen Maklerfirma Basl Montgomery Fitzgerald u 
ie. in der Londoner City beschäfsigt. Er ist aber vor einigen 
Wochen plötzlich wieder nach Oesterreich abgereist. Die Firma 
tellte dem Herzog das beste Zeugnis aus. Er habe mie jeder 
indere ihrer jungen Leute gearbeitet und sich besonders für 
inanzielle Transaktionen interessiert. Der Duc de Vizen ha 
ekanntlich vor einigen Monaten die Dollarprinessin Anita 
Ztewart geheiratet. Montgomery Fitzgerald u. Tie. sind der 
Meinung, daß er in kurzer Frist an sein Pult in ihrem Burcau 
urückkehren werde. 
Der gelftete Schlier. Eine woise Ensscheidung der Mai— 
änder Präfektur hat laut Frankf. Ztg. in der Stadt sehr 
müsiert. In der Skala wird ietzt das russische Ballett „Kleo⸗ 
»atra“ gegeben. Eines der Bilder stellt dar, wie die schöne 
Zönigin, von der Kraft des Bogenschützen Amun besi-gt, diesem 
yre Lippen zum Kusse beut. Eine Schar von Sklavinnen 
ürzt hervor und entzieht das liebende Paar den Blicken des 
zublikums, indem es einen großen Schleier vor ihm ausbreitet. 
rinige Tugendwächter hatten nun an dicsem Vorgang Anstoß 
senommen,. weil die Phantasie leicht verleitet werden lönne, 
—X vorgehe. Die „Ver— 
inigung für öffentliche Moral“ beschwerte sich über das Ballett 
pild in Rom. Die Regierung gab der Mailänder Präfektu: 
mheim, das Bild zu verbieten. Das erschien aber nicht rech 
ingängig, weil die Sache dann großes Aufsehen erregt und 
»ie Theaterdirektion sich bei dieser Anordnung nicht beruhis 
ãtte. Die Präfektur kam deshalb auf einen klugen Ausweg 
ind verfügte, daß der Schleier hinweggezogen würde. Und 
o geschah's: Kleopatra und Amun kussen sich jetzt auf 
fener Bühne, und es kann niemand mehr auf falsche Ver—⸗ 
nutungen darũuber kommen, was zwischen den beiden Lieben⸗ 
den hinter dem verhüllenden Schleier wohl vorgeht. 
Das Schachhal einer Stradivariusgeige beschaãftigt 
wgenblidlich die Berliner Kriminalpolizei Das wervole 
Instrument wurde kürzlich an einen Trsdler für den Prois 
»on — 25 Muverkauft. Es ist anzunehmen, daß der Ver— 
aͤufer, der den Wert der Geige nicht kannte, sie irgendwo 
zestohien hat. In dem Instrument befindet sich ein Jettel 
nit der Aufschrift: Antonius Stradivarius OCremonensis inciebat 
inno 1725. 
— eçe —— — 
Haiti —San Domingo. 
Washington, 22. Jan. Das englische Kriegsschiff Bril⸗ 
lant“ ist am Freitag in Trujillo eingetroffen. — Das Marine⸗ 
oepertement hat von dem Kommandanten des amerikanischen 
Kanonenbootes, Marietta“, das vor Puerto Cortez liegt, Nach⸗ 
richten erhalten, nach denen der Präfident der Republik Haiti, 
Simon, die Vermittlung der Vereinigten Staaten sucht, um 
inen Kriea zwischen Haiti und San Domingo zu verhindern. 
Nach einer Mitteilung des amerikanischen Gesandten in Haiti 
at sich Präsident Simon erboten, die Grenzstreitfrage sofort 
einem Schiedsgericht zu unterwerfen, vorausgesetzt, daß beide 
Regierungen ihre Truppen zurückziehen und San Domingo den 
bau einer Heeresstrahe dur ch das strittige Gebiet einstelle. 
Newyork, 22. Jan. Der New Vork Herald meldet ergänzend 
aus La Coiba (Honduras)): Der amerikanische Kreuzer Ta⸗ 
oma“ hat 30, der britische Kreuzer Brilliant 20 Wann 
delandet, um die neutrale Zone zu schützen. Die fremd⸗ 
ändischen Konsulate uund die Häuser der ausländischen Ein— 
wohner sind seit Weihnachten verschanzt. Man erwartet jeden 
Augenblich den Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen den 
Truppen von Honduras und den Aufstãndischer 
— —— — 
Berlin, 22. Jan. In der Budgetkommission des Abgeord⸗ 
ietenhause⸗ erklärte der Landwirtschaftsminister, er hoffe noch 
diesem Jahre ein größeres Projelt ferligzusteilen für 
die Kultivierung fiskalischer Moore in Pommern, Schleswig⸗ 
öolftein und Hannover. Er hoffe, daß von der Finanzver⸗ 
valtung das Geld hierfür zur Verfügung gestellt würde. 
Berlin. 22. Jan. Die seit Monaten verbreiteten Ge— 
üchte von der Amtmüdigkeit des preußischen Kriegsministers 
»on Herringen verdichten sich. Gutem Vernehmen nach steht 
»ie Verabschiedung des Ministers bevor. Als künftiger Kriegs⸗ 
minister wird uns von zuverlässiger Seite der derzeitige 
ommandierende General des 6. Armeekorps in Breslau, von 
Woyssch. genannt. 
Düsseldorf. 22. Jan. Der Syndikus der Handelskammer 
ꝛeilte in der vorgestrigen Sitzung mit, daß die von der 
bandelskammer gemachte Rentabilitätsberechnung der neuen 
rernsprechgebühren von der Postverwaltung nicht widerlegt 
vorden sei. Auf eine Anfraae in der Budaetkommission 
Aus den Fiegenden Blattern. Der wiedige Sachse. 
Zwei Sachsen sind in heftigen Streit geraten. Schließlid 
agt der eine: „Nu hären Se, mei“ Kutester, das kann id 
kie aber sagen: vor mir missen Se sich Gottverdimmich ir 
icht nähmen; ich bin Sie nämlich ä“ Renässanxmensch, äne 
londe Pestie mit 'n weechen p 
Durch die Blume. „Seppl, baldst mi nomal so 
vamisch anschreist, könnt's dir passier'n, daß i wegen Körper⸗ 
erletzung a“ paar Monat' krieget'.“ 
Annonce. Ein Hausknecht wird gesucht. Offerte mit 
bipsabdrud der Hände und Fuße sind zu richten an den 
vastwirt zum, Wilden Ochsen“ 
Ein Unwürdiger. In der Naumbur ger Allgemeinen 
Zeitung findet sich folgende Anzeige in großen und fetten 
dettern: „In der letzten Stadtverordn etensitung 
aben Kommissionswahlen stattgefunden. Warum hat man eine 
berson mit in dieselbe gewählt, welche abends, wo diese 
Zitzungen gewöhnlich stattfinden, lieber in das Re staurant 
nit der roten Laterne geht! Mehrere Bürger“
	        
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