Was die Zulassung der Frauen zu den Gesellen- und Meister⸗
prüfungen anlangt, so ist zu berücksichtigen, daß bis vor
kurzem die Bestimmungen Über die Ausbildung und Anleitung
von Lehrlingen sowie über die Ablegung der Gesellen- und
Meisterprüfungen in bezug auf weibliche Personen meistens
nicht beachtet sind. Es scheint daher billig daß die Frauen
während einer gewissen Uebergangszeit zu den
Prüfungen auch dann zugelassen werden, wenn
sie die vorgeschriebene Lehr- und Gesellenzeit
o der die Ablegung der Gesellenprüfung nicht
rachzuweisen vermögen. Ebenso soll weiblichen Gewerbe—
treibenden gegenüber, denen aus besonderen Gründen die Ab—
legung der Meisterprüfung nicht zugemutet werden kann, von
der in das Ermessen der Behörden gestellten Verleihung
der Befugnis zur Anleitung vonLehrlingen ein
wohlwollender Gebrauch gemacht werden. So—
weit sich durch die Heranziehung der weiblichen Handwerker die
Einrichtung vermehrtor Prüfungsausschüsse und Kommissionen als
erforderlich herausstellt, soll Bedacht darguf genommen werden,
datz für die Frauen vesondere Ausschüsse und
Kommissionen gebildet werden, in welche auch
weibliche Handwerker zu berufen sind.
Schließlich sollen auch geeignete Kurse zur beruflichen Aus⸗
bildung der Frauen veranstaltet werden, und die Lehrstellen-—
vermittlung soll auf weibliche Personen ausgedehnt werden.
Der Minister ist bereit, hierfür staatliche Beihilfen
zu bewilligen.
Keueite Nachrichten und Telegramme.
Der Kaiser in Wilhelmshöhe.
W. Besse, 9. Aug. Heute morgen wurde bei Kassel eine
Vefechtsübung von den Truppen des 11. Armeekorps vor dem
Kaiser abgehalten unter der Leitung des Generalleutnants von
Dertzen, Kommandeurs der 22. Tivbision. Teil nahmen die
Ttuppen der Garnison Kassel, das 2. kurhess. Infanterie-Regi⸗
ment Nr. 82 aus Göttingen, das dritte Bataillon des Infanterie—
Regiments von Mittich, 3. kurhess. Nr. 83, aus Arolsen, das
kuthess. Jäger-Bataillon NRr. 11 aus Marburg, die 2. Komp.
der 11. Pioniere, die reitende Abteilung des kurhess. Feld⸗
Autillerie-KRegiments Nr. 11 aus Fritzlar. Der Kaiser verließ
um 512 Ahr das Schloß Wilhelmshöhe und stieg gegen 6 Uhr
auf der Chaussee Elgershausen-Rordhausen am Fuße desBrauns—
berges zu Pferde. Er begab sich über Altenritte in die Gegend
von Besse. Das Gefecht entwickelte sich zwischen Besse und Lan—⸗
genberg und führte Generalmajor von Below gegen General-
major Kluge. Nach 8 Uhr wurde das Gefecht abgebrochen.
Der Kaiser hielt die Kritik ab und nahm den Vorbeimarsch
sämtlicher beteiligten Truppenteile entgegen. DTas Wetter ist
schön und heiß.
W. Wilhelmshöhe, V. Aug. Der Kaiser nahm nach dem
Vorbeimarsche der Truppen militärische Meldungen entgegen und
begab sich um 10 Uhr im Automobil von Grohenritte nach
Wilhelmshöhe zurück, vom Publikum mit herzlichen Kund-
gebungen begrüßt. Der Kaiser verlieh eine Anzahl Ordens-
auszeichuungen. Unter anderem erhielt Generalleutnant von
Dertzen die Krone zum Roten Adlerorden 2. Kl., Generalmajor
y. Below den Stern zum Kronenorden 2. Kl., Oberst Frhr.
v. Humboldt-Dachröder den Kronenorden 2. KI., Oberst von
Locow den Kronenorden 2. Kl. und Oberst Graf Beroldingen
den Roten Adlerorden 3. KI. mit der Schleife.
Automobilunfall des Prinzen Seinrich.
W. Cloppeuburg, 9. Aug. Zu dem Automobilunfall ves
Prinzen Heinrich berichtet die Cloppenburger Zeitung: Gegen
9 Uhr 30 Min. passierte Prinz Heinrich, von Lenden über
Arnheim kommend, die Stadt. Auf der Chaussee am Baum—
weg, etwa um 10 Uhr, brach die Lenkporrichtung des Automobils,
als es einem anderen Automobil ausweichen wollte. Hierdurch
wurde das Fahrzeug steuerlos, schlug mit dem rechten Hinter—
rad gegen eine Birke, federte dann mit dem linken Vorderteil
gegen eine andere Birke und landete, ohne sich zu überschlagen,
jenseits des Chausseegrabens. Ter Adjutant Korvettekapitän
v. Usedom wurde aus dem Automobil geschleudert, erhielt eine
Kontusion und befindet sich zurzeit wohl. Der Chauffeur Hans
Hartz wurde ebenfalls herausgeschleudert und erheblich verletzt.
Nian vermutet Schädelbruch. Der Prinz, welcher selbst führte,
blieb im Wagen und kammitunerheblichen Verletzun—
gen davon. Dr. Oskar Treplewitz und Frau aus Hamburg,
welche in dem Augenblich vorbeifuhren, nahmen auf Bitten Seiner
Königlichen Hoheit den Korvettenkapitän von Usedom nach Clop-
venburg mit, von wo sie sofort ärztliche Hilfe in Gestalt des
Herrn Dr. med. Bitter nach der Unfallstelle sandten, während
Seine Königl. Hoheit bei dem Chauffeur verblieben war und
dem Verunglückten die erste Hilfe leistete. Aus der Umgegend
holte der Prinz weitere Hilfe und Gespanne herbei, die ihm von
den Leuten gern und bereitwilligst erteilt wurde. Um 1 Uhr
30 Min. wurde der Chauffeur in das hiesige Krankenhaus
eingeliefert. Prinz Heinrich, der im Automobil des Weinhänd-
lers Werner nach hier kam, und Korpettenkapitän von Usedom
berblieben vorläufig im Zentralhotel. um den Zustand des
Chauffeurs Hartz abzuwarten.
Wt. Cloppenburg, 9. Aug. Vrinzessin Heinrich trifft der
Münsterl. Tagesztg. zufolge heute abend zwischen 9 und 10
Uhr, von Kiel kommend, im Automobil hier ein. Der Zustand
des Chauffeurs hat sich gebessert. Die Aerzte hoffen, ihn am
Leben zu erhalten. Er ist noch bewußtlos.
Kein Besuch des Zarenpaares in Deutschland.
W. Berlin, 9. Aug. Wie die B. 3. hört, steht es jetzt voll⸗
kommen fest, daß das Zarenpaar dieses Jahr nicht nach Deutsch⸗
land kommen wird. Die Zarin hat die Nauheimer Kur, die ihr
im vorigen Jahre so gut bekommen war, in diesem Frühjahr in
Petersburg wiederholt. Sie ließ sich einen Nauheimer Arzt
dort hinkommen, und dieser ist nach mehrwöchentlicher Behand⸗
lung zu dem Resultat gelangt, daß der Zustand der Zarin
nichts zu wünschen übrig läßt. Eine nochmalige Kur in Naubeim
ist daher nicht mehr nötig.
Abschluß der deutsch-belgischen kolonialen Grenzregulierungen.
W. Berlin, 9. Aug. Die Ratifikationsurkunden zu dem am
11. Aug. 1910 abgeschlossenen deuisch-belgischen Abkommen betr.
die Feststellung der Grenzen zwischen Deutsch-Ostafrika und der
belgischen Kongokolonie wurden am 27. Juli in Brüssel ausge-
tauscht
Der 52. Genossenschafistag.
W. Stettin, O. Aug. In Gegenwart von Vertretern des
Ministeriums, der. staatlichen und städtischen Behörden wurde
heute vormittag der 52. Genossenschaftstag des Verbandes der
auf Selbsthilfe beruhenden Genossenschaften (Schulze-Delitzsch)
eröffnet. Als Vertreter des Handelsministeriums war Geh.
Oberregierungsrat Dr. Franke erschienen. Er Überreichte dem
Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Stettiner VBank. Kurz, den
Rrohenorden A QUlalf⸗—
Die Meuterei auf der „Numancia“ dementiert.
W. Berlin, 9. Aug. Die hiesige spanische Botschaft de—
nentiert aufs energischste alle Mitteilungen, welche von den
heutigen Morgenblättern mit Bezug auf die Vorkommnisse an
Bord des Kriegsschiffes „Numancia“ veröffentlicht wurden.
Wiederholt und nachdrücklich wird betont, daß es sich um die
Insubordination von 13 Matrosen handelt, unter, denen sich
reine Chargierten befinden, die streng bestraft werden. Der
Vorfall entbehre tatsächlich jeden politischen Hintergrundes und
verde nur von der radikalen Presse tendenziös aufgebauscht.
Wt. Madrid, 9. Aug. Privatmeldungen zufolge, ver⸗—
urteilte das Kriegsgericht in Cadix einen Matrosen der
„Numancia“ zum Tode, mehrere andere teils zu lebens—
länglicher Zwangsarbeit, teils zu geringen Sttafen.
Proteste des deutschen und italienischen Konsulats auf Haiti.
W. Newyork, 9. Aug. Nach einem Telegramm aus Cap
zaitien erhoben der deutsche und der italienische Konsul da—
gegen Protest, daß ihre Konsulate am Sonntag nachts durch
die Menge, die den Einzug Lecontes in die Hauptstadt feierte,
nit Steinen beworfen wurden. Die Behörden erließen eine
Warnung, wonach Unruhen in der Nachbarschaft von Konsulaten
ünftig streng bestraft werden. Die Ausschreitungen gegen die
Konsulate sollen auf die Tatsache zurückzuführen sein, daß diese
den Gegnern der Revolution Zuflucht gewährt haben.
Das Befinden des Papstes.
W. Rom, 9. Aug. Anläßlich der Jahreswende der Papst-⸗
rönung fand ein Gottesdienst in der Sixtinischen Kapelle statt.
zIn Abwesenheit des leidenden Papstes hielt Kardinal Merry
del Val ein feierliches Hochamt ab, dem 12 Kardinäle und das
diplomatische Korps beiwohnten. Im Vatikan sind zahlreiche
Glückwunschtelegramme eingetroffen.
W. Rom, 9. Aug. Der Popst verbrachte die letzte Nacht
uhig. Heute früh wurde er von den Professoren Petacci und
Marchia⸗Fava besucht, die ihn viel besser fanden. Der Papst
hütet noch das Bett. Sein Gichtanfall verläuft weiterhin
normal.
W. Rom, 9. Aug. Vita meldet, der Papst hütete gestern
das Bett, da er Fieber hatte. Das Fieber ist nach Aussage der
lerzte nicht auf eine Verschlimmerung der urämischen Erschei—
nungen, sondern auf einen leichten Anfall von Bronchialkatarrh
zurückzuführen.
Deuischer Katholikentag.
MVt. Mainz, 9. Aug. In der dritten geschlossenen Ver—
jammlung der Katholiken Deutschlands wurde die Frage der
hristlichen Arbeiterbewegung besprochen und ein Antrag betr.
die obligatorische Einführung des konfessionellen Religionsunter⸗
richts in den Fortbildungsschulen einstimmig angenommen. Eine
längere Aussprache entspann sich über die Mittelstandsfragen.
Weitere Anträge betrafen den katholischen Frauenbund und
die weibliche Jugendfürsorge. Auch das katholische Pressewesen
wurde erörtert. Landtagsabgeordneter Marx erläuterte schließ—
lich den Plan der Neuorganisation eines katholischen Bundes zur
Verteidigung der christlichen Schulen und der christlichen Er—
ziehung. Die Gründung wurde einstimmig beschlossen.
Zionisten kon greß.
W. Basel, 9. Aug. Der Zionistenkongreß wurde inAnwesen⸗
heit von 500 Delegierten von Dr. Wolffsohn erbffnet. Auf
Antrag des Aktionskomitees wurde beschlossen, der türkischen
Regierung ein Beileidstelegramm und 5000 Francs anläßlich
des Brandes in Konstantinopel zu senden. Max Nordau hielt
eine Rede über die Lage des Judentums. Zum Präsidenten
des Kongreßbureaus wurde Nordau gewählt.
Zum Eisenbahnunglück bei Niedergörs dorff.
W. Dresden, 9. Aug. In einem Berliner Blatte war
unter Bezugnahme auf das Eisenbahnunglüch bei Niedergörs—
dorf die inzwischen auch in andere Zeitungen übergegangene
Zuschrift eines Reisenden aufgenommen, die ein Gespräch mit
einem sächsischen Zugschaffner zum Gegenstand hat und jenes
Unglüch zum Anlaß von Vorwürfen gegen die sächsische Staats⸗
bahnverwaltung nimmt, die das ZQugpersonal so stark dienstlich
iberlaste, daß man sich wundern müsse, dah nicht öfter Un—
älle vorkämen. Hierzu geht uns von der Generaldirektion der
ächsiscthen Staatseisenbahnen folgende Mitteilung zu: Wenn⸗
chon es befremden müsse, daß der Cinsender den Unfall bei Nie—
ergörsdorf, den er dem sächsischen Personal beizumessen scheint,
zuum Anlaß nehme, die an den Verhältnissen gänzlich unbeteiligte
‚ãchsische Verwaltung zu kritisieren, dürfe man es geradezu frivol
iennen, wenn auf Grund von waffenbar auch mißverständlich cquf⸗
zefaßten Gesprächen mit einem Cchaffner, der in Fragen der
Betriebssicherheit gar nicht sachverständig ist, gegen die Verwal
rung so schwere Vorwürfe erhoben und die Oeffentlichkeit beun—
uhigt werde. Für die Betriebssicherheit komme bei dem Zug⸗
ersonal der Lokomotivführer, keineswegs das Schaffnerpersonal
in Bettracht, dessen Verhältnisse übrigens auch nicht zutreffend
jeschildert würden. Was die Frage der Ueberanstrengung be—
treffe, so betrage die durchschnittliche tägliche Dienstschichtdauer
zei dem Lokomotivpersonal rund 93 Stunden. Diese Angaben
»ürften genügen, um zu charakterisieren, in welch leichtfertiger
Weise der Verwaltung der Vorwurf gemacht worden sei, die
Betriebssicherheit durch eine zu weitgehende Belastung des hier—
kür in Betracht kommenden Zugpersonals zu gefährden.
93 Personen bei einem Dampferuntergang ertrunken.
W. Gibraltar, 9. Aug. Der französische Dampfer „Emir“,
der heute früh um 3 Uhr von hier nach der marokkanischen Küste
abging, ist 5 Meilen östlich Don Tarifa gesunken. 93 Versonen
ind ertrunken.
Wt. Gibraltar, 9. Aug. Eine weitere Meldung des Reuter—
schen Bureaus über den Untergang des Dampfers „Emir“ be—⸗
agt: Infolge dichten Nebels stieß der englische Dampfer „Sil—
oerton“ mit dem Dampfer „Emir“ zusammen. Der letztere
sank. Von der Mannschaft sind 12, von der Vassaaieren 15 ge⸗—
rettet.
Kesselexplosion auf einem Rheinpassagierdampfer.
W. Rotterdam, 9. Aug. An Bord des Dampfers „Guten—
berg“ der Rheinischen Dampfschiffahrtsgesellschaft Köln—Düssel⸗
dorf, der außer Stückgütern 15 Passagiere an Bord hatte, er—
ignete sich morgens eine Kesselexplosion, die auf dem Fahr—
eug großen Schaden anrichtete. Der Schornstein wurde hoch
n die Luft geschleudert, das ganze Oberdech, der Radkasten, die
Küche und die Kajüten zerstört. Der Kessel wurde auf den Kai
gjeworfen, die Außenwand 100 Meter weit weggeschleudert und
eilweise schlugen Bruchstücke durch die Bedachung einer nahe—
jelegenen Druckerei. Durch die Detonation wurden sämtliche
Fensterscheiben der Umgebung zerstört. Soweit bekannt ist,
vurden zwei Personen getötet, Adam Pohlmann, zweiter Steuer—
nann, und der Matrose Heinrich Lehr, verwundet Kapitän Peter
Seip und der Matrose Anton Wolz. Vermißt werden noch vom
dersonal die Heizer Guthziek und Kerl und der Steward Rudolf.
der Taucher fand im Boot keine weiteren Leichen vor, doch wird
defürchtet. das noch mehrere Nersonen verunglückt sind. Von
ven Passagieren weiß man bisher noch wenig. Auqh von diesen
ind mehrere verletzt, aber ihr Verbleib nicht bekannt. Von
den Personen, die sich auf dem Achterdeck befanden, als sich
zie Explosion auf dem Vorderdeck ereignete, wurde leiner ge—
ötet.
WVt. Düsseldorf, O. Aug. Der Dämpfer „Gutenberg!,, auß
dem kurz vor der Abfahrt von Rotterdam ein Kessel explodierte,
ist Eigentum der Dampfschiffahrtsgesellschaft für den Nieder⸗ und
Mittelrhein in Düsseldorf. Die Gesellschaft gibt die Liste der
Toten und Verletzten bekannt. Getötet wurden der Steuer⸗
nann Pollmann-Bingen, der Leichtmatrose Lehr-Bacharach und
er Heizer Glosseit-Warrus (Kreis Heydekrug), vermißt wird der
zeizer Keil⸗Heppenheim, verletzt sind der Kapitän Seip, der
erste Maschinist Müller, der Monteur Exel, der Kellner Rode,
der Restaurateur Nordhern, der Matrose Wolz und von den
Passagieren zwei Frauen aus Rotterdam. Ueber die Ursache
der Explosion ist der Gesellschaft nichts bekannt.
Wt. Rotterdam, 9. Aug. Die Leiche des Heizers Gethzeit
st geborgen, die des Heizers Keil befindet sich bisher noch
im Schiff. Ueber die Ursache der Katastrophe ist nichts gewisses
bekannt. Es wird die Vermutung geäußert, daß die Wasser—
menge in dem explodierten Kessel zu gering gewesen sei, wo—
durch dieser teilweise glühend wurde, so daß eine unvorsichtige
Beifüllung die Explosion herbeigeführt habe. Man weiß nicht,
vieviele Passagiere sich an Bord befanden. Eine im Kranken⸗
hause liegende Frau erklärte, daß ihre Tochter mit einem vier—
jährigen Kinde an Bord gewesen sei. Bis jetzt sind 10 Verletzte
festgestellt, von denen der zweite Maschinist schwer verletzt ist
Arbeiterbewegung.
WMi. Dresden, 9. Aug. Der Verband der Metall
industriellen in der Kreishauptmannschaft Dresden be—
schloß, 60 Prozent der gesamten Arbeiterschaft zur Unterftützung
der zurzeit vom Streik betroffenen Verbandsfirmen auszu⸗
perren.
W. London, 9. Aug. Wenigstens 30000 Fuhrleutée
streiken hier jetzt infolge der Aufforderung, die der Exekutivaus⸗
schuß der Tradeunion der Fuhrleute an diese ergehen ließ. In den
Ztraßen der City Dency, von Ostende, Westende und Südlondon
ind tatsächlich keine Güterwagen zu sehen. Auf den Haupt—
zerkehrsstraßen werden meistens mit Erfolg die Fuhrleute von
den Streikenden aufgefordert, die Wagen nach den Stationen
zurückzubringen. Die Ausdehnung des Ausstandes auf die
vüterbahnhöfe ist wahrscheinlich. Einige Eisenbahnfuhrleute
tellten schon die Arbeit ein. Ungeheure Mengen an Früchten
und Lebensmitteln liegen auf der Station London Bridge fest.
da die Fuhrleute sich weigern, die Ladungen abzufahren.
Wit. London, 9. Aug. Nach einer Blättermeldung erließ
der Sekretär des Hafenarbeiterverbandes heute nachmittag einen
allgemeinen Streikbefehl, der sich an Alle, die im Lon—
doner Hafen beschäftigt sind, richtet. Dadurch würde sich, die
Zahl der Ausständigen auf etwa 100000 erhöhen.
Wt. Liverpool, 9. Aug. In dem benachbarten Birkenhead
haben heute gegen tausend Lastträger die Arbeit niederge—
legt. Gegenüber der Limestreetstation sammelte sich eine nach
Tausenden zählende Menge an, die im Laufe des Nachmittags
so aufgeregt wurde, daß berittene Polizei aufgeboten werden
mußte. Die Schutzleute trieben die Menge unter deren Hohn⸗
rufen auseinander. Abends werden auch von außerhalb Po⸗—
lizeimannschaften erwartee. 7*
Der HSufnmer Viehmarkt geschlossen.
W. Susum, 9. Aug. Auf dem hiesigen Fettviehmarkt
wurde heute vormittag bei 6 Stück Vieh Maul- und Klauen-
seuche festgestellt. Der Markt wurde fofort geschlossen. Der Ab⸗
trieb wurde um 154 Uhr nachmittags vom Regierungspräsidenten
freigeneben. Die Preise sind 830 bis 50 Muäzurückgegangen.
Die Cholera.
—
fälle an der Cholera, in Djakova 4, in Mitrovitza 7 Todes⸗
fälle bei 19 Erkrankungen. Zwei Fälle ereigneten sich bei
Soldaten.
Die Pest in Schanghai.
W. Schanghai, 9. Aug. In einer Vorstadt Schanghais
wurden 9 Fälle an Beulenpest festgestellt
Wt. Stuttgart, O. Aug. Die Erfte Kammer nahm das
Lotteriegesetz einstimmig an und stimmte dem Staats—
dertrag zwischen Württemberg, Bayern und Baden einerseits
uind mit Preußen andererseits zu. Damit ist das Gesetz end⸗
aültig angenommen.
Wt. Bregenz, 9. Aug. Der deutsche Kronprinz
ist auf seiner Rückreise aus Italien zum Jagdaufenthalt auf
einem Revier Hopfreben im Bregenzer Walde eingetroffen.
Wt. London, 9. Aug. Nach einer Lloydsmeldung aus St.
Johns wurde der deutsche Dampfer „Calabria“ mit geplaßz⸗—
tem Hauptdampfrohr eingebracht.
Heer und Slotte.
W. Berlin, 9. Aug. „Hertha“ ist anm 7. August vor
delgoland eingetroffen und am 9. Aug. wieder in See ge—
zangen. „Pelikan“ ist am 8. Aug. von Wilhelmshaven nach
der Ems gegangen. „Grille“ itt am 3. Aug. von Kolberg
nach Swinemünde gegangen. „York“ mit dem 2. Admiral der
Aufklärungsschiffe ist am 9. Aug. in Bergen angekommen.
W. Blissingen, 9. Aug. Das Kanonenboot „Panther“
st, von Aaadi kommend, hier var nfera⸗aangen.
Bunte Chronik.
Kühne Lebensrettung. Aus Berlin wird ge
neldet: Ein fünfjähriger Knabe geriet beim Baden an ver—
»otener Stelle in Sumpfboden und versank. Die Mutter,
die vom Ufer aus den Vorfall bemerkt hatte, versuchte den
Knaben zu retten, versank aber ebenfalls. Der Vizefeldwebel
Witte vom zweiten Garderegiment sprang nach und lonnte die
heiden mit eigener Lebensgefahr so lange über Wasser halten,
bis sie vom Ufer aus an Land gezogen wurden. Mutter
und Kind erholten sich erst nach längerer Zeit.
Eisenbahnraub. Aus Catoralja-Ufhely wird
gemeldet: Von dem Postwagen eines Personenzuges, der vor
inigen Tagen nach Kaschan abging, wurden vierzehn Geld«
»riefe mit insgesamt 34 620 Kr. auf bisher ungusaeklärte
Weise entwendet.
In diesen Tagen beinahe erfroren. Ein Fleischer—
neister in Paderborn schickte seinen Gesellen abends ziemlich spät
n das städtische Kühlhaus, um Waren von dort zu holen. Dis
Anwesenheit des Gesellen muß dem Personal unbekannt ge—
zlieben sein, denn das Kühlhaus wurde geschlossen, und der gant
leicht gekleidete junge Mensch blieb darin zurück. Erst als er
tachts nicht heimkehrte, kanr man auf den Gedanken, daß er sich
im Kühlhause befinde, und befreite ihn. Er war vor Kälte schou
halb erstarrt und wäre erfroren. hätte seine Gesangenschaft
za06 Tůünde— ndodngeeärt