Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

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Ausgabe A. 
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dienstag, den 8. Auqust 1911. 
Abend⸗Blatt KNr. 397. 
Aus den Nachbargebieten. — 
Hansestãdte. 
Samburg. 8. Aug. Zum Karrentiner Raub⸗ 
wmord. Der an dem Raubmord in Karrentin bei Boizen- 
huürg beteiligte 13jährige Kuhhirte Schomacker aus Eimsbüttel 
vurde auf Veranlassung des Staatsanwalts in Schwerin dem 
dortigen Landgerichtsgefängnis zugeführt. 
(Kleine Nachrichten) Der plötzliche Tod des 
direktors der Automobildroschkengesellschaft hat lebhaftes Be— 
zauern hervorgerufen. H. nahm, als er erhitzt war, ein 
altes Getränk zu sich, stürzte dann plötzlich zu Boden 
ind verschied alsbald. Ein Herzichlag hatte seinem Leben ein 
Ende bereitet. — Zwei Brüder bei der Athabaska 
rtrunken. Sonntag mittag sind wiederum zwei junge 
deute, zwei Brüder, die Handlungsgehilfen Robert und Alfred 
Zach aus Altona, 20 und 24 Jahre alt, beim Baden in der 
stähe des Wrads der Athabaska ertrunken. — Beim Baden 
rtrunken. Sonnabend abend ertrank am diesseitigen Ufer 
hei Klein-Flottbek beim Baden der in Altonä wohnhaft ge— 
wesene 48 Jahre alte Maschinist Wilhelm Sohmann. — Eine 
zrohe Einbrecherbande ist hier unschädlich gemacht. 
Zisher sind fünf Beteiligte bereits hinter Schloß und Riegel 
Jebracht, von denen vier als Einbrecher und einer als Hehler 
nFrage kommen. Mehrere Verhaftungen stehen in dieser 
Zache noch bevor. Es handelt sich bei der Bande fast aus—⸗ 
chließlich um Villeneinbrüche, die sie in fast sämtlichen Stadt- 
eilen während der Abwesenheit der Bewohner verübten. Die 
neiste Beute bestand in Silberzeug oder in Goldsachen. Einen 
Klumpen Silber im Gewicht pon 15 Pfund, sowie mehrere unver⸗ 
ehrte silberne Löffel fand man noch in ihrem Besitz. Der 
ibrige Teil der reichen Beute ist bereits in der Affinerie 
um Einschmelzen gebracht worden. Die Verhöre der Ver— 
zafteten gestalten sich ziemlich schwierig, da jeder die Schuld 
jon sich auf andere wälzt. In mehreren Fällen sind die 
diebe schon überführt. 
Bremerhaven, 8. Aug. Ein einziger Blitzschlag 
zat in der nicht weit von hier belegenen Malerkolonie Wor p s⸗ 
vede an vier Stellen gleichzeitig große Zerstörun-— 
nen angerichtet. Er zertrümmerte das Dach der Kirche, riß 
nehrere Grabsteine aus dem Boden, warf eine schwere Sand- 
teinplatte um und verbrannte zahlreiche Kränze. Ein etwa 
200 Meter entfernt liegendes Bauernhaus wurde von dem— 
elben Blitz entzündet; es brannte vollständig nieder. Das 
dem abgebrannten gegenüberliegende Haus der Malerin Sophie 
Enche und das Haus eines Althändlers wurden gleichzeitig 
getroffen, aber nicht in Brand gesetztt. U 
Bremervörde, 8. Aug. Mit einem Gewitter 
iellte sich hier ein schwerer Workenbruch ein, der alles 
unter Wasser setzte und große Verwüstungen auf den Feldern 
antichtete. In der Torfstreufabrik Meyer schlug der Blitz ein 
and zündete. Doch gelang es, das Feuer zu löschen. 
Kirchwärder, 8. Aug. Niedergebrannt sind am 
Zonntag im Ortsteil Howe das Wohnhaus des Bäckers Meyns 
und das Wohnhaus des Gemüsebauers Tangermann. Das 
Wohnhaus der Witwe Hey, das schon Feuer gefangen hatte, 
onnte gerettet werden. In den niedergebrannten Häusern ist 
fast sämtliches Mobiliar vernichtet. 
Geesthacht, 8. Aug. Ueber die großen Land⸗- 
unkäufe in der hamburgischen Enklave Geesthacht, etwa 700 
Morgen, kursieren verschiedene Versionen. Da die Preise der—⸗ 
art sind, daß der Boden für landwirtschaftliche Zwecke viel 
u hoch bewertet ist, wird vermutet, daß die Anlage staatlicher 
Unstalten oder einer Villenkolonie geplant ist. Bestimmtes läßt 
ich noch nicht feststellen. Die Landankäufe haben jedoch gezeigt, 
»aß der Grund und Boden viel höher bewertet worden ist, 
als man 'in hiesigen Kreisen bisher für möglich gehalten hat. 
Schles wig⸗ Holftein. 
Altona, 8. Aug. Der Nettoertrag des Kinder— 
zilfstages ist auf 38311 Mefestgestellt worden. 
Wandsbek, 8. Aug. Die Trümmerstätte der 
»hemaligen Hartsteinwerke von Wulff K Stavenow 
in der Volksdorferstraße in Hinschenfelde wird täglich von 
zroßen Menschenmengen besichtigt. Ter Betrieb ist einstweilen 
tillgelegt; die Arbeiter werden mit Aufräumungsarbeiten be— 
chäftigt. Die Anwohner wollen Schritte gegen den Wieder— 
rusfbau der Fabrik unternehmen oder den Prozeßweg be⸗ 
chreiten. In dem Befinden der Verletzten ist eine Verschlech- 
—— 
— 
erung nicht eingetreten. Die Staatsanwaltschaft hat bereits J 
ine großze Zahl von Arbeitern und Angestellten des Werkes 
ernommen. 
Trittau, 8. Aug. Vom Muühlenprozeßk. In dem 
iun bald 18 Jahre schwebenden Prozeß der Erben des Mühlen- 
esitzers Holst in Trittau gegen die Stadt Wandsbek hatte, nach- 
em die Zivilkammer des Altonaer Landgerichts der klägerischen 
zartei in der Hauptsache eine Entschädigung von 116 000 M 
nit 400 Zinsen seit dem Jahre 1901 zugesprochen und über 
inen weiteren Teil der Klage, bei welchem es sich um etwa 
5000 Muähandelt, sich die Entischeidung vorbehalten, die 
ztadt Wandsbek gegen das Urteil Berufung beim Ober— 
indesgericht in Kiel eingelegt. Tas Oberlandesgericht hat 
ann wieder ein Teilurteil dahin gefällt, dah den klägeri— 
hen Holst' Erben für den Verlust aus der Fischerei 24 000 
Nark mit Zinsen zugesprochen wurden und daß mit Bezug 
uf den restlichen Teil dieser Berufungsklage ein neuer Sach 
erständiger vernommen werden sollte. Die klägerische Partei, 
ertreten durch Rechtsanwalt Tr. Wittern⸗Lübed, glaubte nun, 
aß ihr diese 24000 Muausbezahlt würden, indem sie an— 
ahm, daß des Oberlandesgericht das Teilurteil für vor⸗ 
zufig vollstreckbar erklären würde. Das ist aber seitens der 
Stadt Wandsbek dadurch verhindert worden, daß sie die ge— 
amten 24 000 Muhinterlegte und gieichzeitig gegen das End— 
irteil Revision beim Reichsgericht einlegte. 
Eckernförde, 8. Aug. Die Errichtung eines 
kädtischen Elektrizitätswerkes hat die Stadtver⸗ 
retung beschlossen. Später soll damit ein Wasserwerk ver— 
unden werden. Ein Hauptabnehmer an elektrischem Strom 
st die am Strande zwischen der Stadt und dem Sandkruge im 
zau begriffene Torpedowerkstatt der kailerlichen Marine. Diese 
vird jedenfalls 40 000 Kilowatt nötig haben. In der Stadt 
elbit rechnet man auf eine Abgabe von 90000 Kilowatt. 
Großherzogtun Oldenburg, Fürstentum Lühbed. 
Oldenburg, 8. Aug. Diamantene Hochzeit feier⸗ 
en in Moorlage die Eheleute Haum Janssen und Frau. — 
zeim Baden im Zwischenahner See gerieten drei junge 
damen zu weit in den See hinaus. Sie wurden bewusßt⸗ 
os geborgen. Zwei konnte man ins Leben zurücrufen, die 
itte. Anna Heinze, star b nach zwei Stunden. 
Lauenburg. 
S Ratzeburg,. 8. Aug. Obgleich der Fremden— 
erkehr bei der vorgeschrittenen Jahreszeit im all emeinen 
ne bedeutende Abaahme zeigt, hatten doch am Sonntag 
ieder mehrere größere Vereinigungen unsere Stadt als Aus— 
ugsort gewählt. — Die anhaltende Dürre und 
roße Hitze, wie die immer mehr sich ausbreitende Maul⸗ 
ind Klauenseuche unter dem Vieh drückt immer mehr auf die 
Ztimmung der Landleute. Die Weiden sind völlig verbrannt, 
2. daß die Leute teilweise gezwungen sind, das Vieh schon 
etzt in die Ställe zu nehmen. Auch Wassermangel stellt sich 
nverschiedenen Orischaften ein. — Die Ernte ist in hiesiger 
degend gröhtenteils geborgen. Während das Winterkorn noch 
me gute Mittelernte geliefert hat, bleibt das Sommerkorn 
veit hinter derselben zurück. Der mit dem Hasfer gesäte Klee 
t gänzlich verbrannt. Kartoffeln werden wohl kaum die 
offnung auf eine Mittelern?e erfüllen, da das Kraut schon 
ingst trocken ist und die Knollen sehr klein geblieben sind. In 
en Gärten fällt schon jetzt das Laub von den Obstbäumen, 
rnit ihm das von der Sonne verdorrte und verkrüppelte Obst. 
— Die Stadtkirche wird nach Vollendung des Turmbaues, 
vie uns mitgeteilt wird, auch eine neue Orgel erhalten. 
da die großen Kosten sür den gänzlichen Umbau und die Restau— 
ierung des alten schadhaften Werlkes zu dem dadurch erreichten 
dutzen in keinem Verhältnis stehen würden, so hat sich der 
tirchenvorstand zur Anschaffung eines neuen Werlkes enischlossen. 
zewilligt sind zu diesem Zweck etwa 7000 M, wosür Orgel—⸗ 
auer Kempper in Lübeck bereit ist, ein Werk mit 25 
lingenden Stimmen zu liesern. Die Genehmigung zum Um— 
suß der alten Glocke ist immer noch nicht eingegangen. 
Großherzogtümer Medlenburg. 
—“ Schönberg, 8. Aug. Schöffengericht. In 
etzter Sitzung wurden ˖die Brüder Emil und Ernst B. aus 
übeck zu 6 und 15 MeGeldstrafe verurteilt, weil sie ohne 
zrund ihre Dienststellen bei einem Hauswirt in Teschow 
erlassen hatten. — Auf der Kaiserparade in Altona 
ird nach Beschluß des Kriegervereins für das Fürstentum 
datßeburg der Verein durch eine Fahnensektion von 8 Mann 
— 
vertreten sein. — Ein Dachstuhlbrand in der Sägerei 
der Gebrüder Robra in Lauen wurde durch die Schlutuper 
Feuerwehr bald wieder gelöscht. — Verschwunden waren 
rus einer Weidekoppel in Palingen des Nachts alle Kühe. 
Wie es scheint, haben die Tiere aus Mangel an Futter 
hre Koppel verlassen. Man fand sie schliebßlich in einem 
düdersdorfer Weizenfelde, in dem lie großen Schaden an— 
gerichtet haben. — Feuer in einer Dunggrube. In 
Pogez brach auf bisher noch nicht aufgeklärte Weise in 
»er Dunggrube des Hauswirts B. Feuer aus, so daß die 
ranze Grube leer brannte. Es gelang, das in der Nähe 
tehende Viehhaus, dessen Holzteile schon brannten, zu retten. 
Sportnachrichten. 
Mitgeteilt vom Sportbureau Joh. Ganzel, 
Hamburg J. F.: IV. 3790/3791.) 
Nennen zu Berlin Grunewald, 6. August. Mignon⸗Jagd⸗ 
rennen. Hart (Brown) 1. Tot.: 18: 10. — Preis von 
Münchehofse. Orcade (J. Childs) 1. Eisenmenger 2. Harz- 
ose 3. Tot.: 22: 10, Platz 14, 39, 15: 10. — Preis von 
Farland. Fairfex (H. Aylin) 1. Rothkäppchen 2. Beethoven 3. 
Tot.: 31: 10. Platz 15, 13: 10. — Graditz-Rennen. Salvator 
Childs) 1. Amechyst 2. Tot.: 79: 10. Platz 22, 15: 10. — 
rlieger-Handikap. Palme (J. Childs)!. Principal 2. Vor— 
band 3. Tot.: 47: 10. Platz 19, 51, 55: 10. — Preis von 
qömerhof. Reichsritter (MM. Aylin) 1. Donora 2. Miß 
Podan 3. Tot.: 42: 10. Platz 17, 18, 65: 10. — Cal—⸗ 
ello⸗Preis. Gefa (Nasl) 1. Favoritin (Sandmann) 2. Terlan 
Torke) 3. Tot.: 33: 10. Platz 20, 18: 10. Ferner liefen: 
delaware, Salambo. 
Rennen zu Heringsdorf, 5. August. Neue Welt-Flach- 
ennen. Schönbrunn (Lt. Nette) 1. Cyoice 2. Charbin 3. 
'ot.: 19: 10, Platz 12, 14, 21: 10. — Pommersches Jagd⸗ 
dennen. Lohengrin II (M. Seiffert) 1. Sageß 2. Holny 
zerror 3. Tot.: 65: 10, Platz 17, 12, 16: 10. — Preis von 
lsedom. Schwertleite Gesitzer) 1. Treffelstein 2. Fischer 3. 
Tot.: 76: 10, Platz 24, 14: 10. — Gothensee-Hürdenrennen. 
zastia (M. Seiffert) 1. Tot.: 29: 10. — Kasino-Jagd⸗ 
ennen. Fast Lady II (Rittm. Keyser) 1. Waterloo II 2. 
Wannies 3. Tot.: 62: 10, Platz 15, 13, 16: 10. — Bismard⸗ 
Parte-Rennen. Lilian (Selisch) JI. Mensur 2. Tot.: 94: 10, 
Platz 34, 18: 10.. 
Mennen zu SHeringsdorf, 6. August. Ostsee-Hürden-Rennen. 
zchönbrunn (Francke) 7 1. Alpensex 1. Tot.: 11; 14: 10. 
Blatz 12. 12: 10. — Vineta-Jagd-Rennen. Lohengrin II 
Hr. C. Lücke) 1. Gretchens Pet 2. Tot.: 32: 10. Plat 11, 
1: 10. — Seringsdorfer Jagd-Rennen. Red Orange (Seüfert) 
l. Fun 2. Tot.: 31: 10. Platz 16, 22: 10. — Damen-Preis. 
Waterloo II (v. Treskow) 1. Lentry 2. 
Rennen u Neuß. 6. August. Offizier-Jagd-Ren— 
ren. Flying Tod (Lt. v. Mosch) 1. Cymbal 2. Itford 3. 
Tot.: 223: 120. Platz 43, 19, 32: 10. 
Rennen zu Koltingbrunn, 6. August. Preis vom Schloß. 
Aote (Carlslake) 1. Lan (Winkfield) 2. Satrap 3. Tot.: 
74: 10. Platz 34, 23, 26:20. 
Rennen zu Lewes, 5. August. Lewes Handikap. Forest 
i Winter) L. Anchora 2. Irish King 3. Wetten 
Schluß der Coweswoche. Cowes; 6. August. Die Ne— 
zattawoche von Cowes ist Sonnabend nach glänzendem Verlauf 
ei herrlichem Wetter beendet worden. Der König bleibt b's 
Nontag hier und geht dann wegen der inneren politischen 
ꝛdage auf einige Tage nach London und von dort nach 
»em Norden auf die Gronsejagd. Prinz Heinrich von 
ZIreußen, der in Ostcowes zum Besuch beim Herzog von 
Somerset und bei Lord Ormonde war, ist heute auf der 
Facht „.Sunbeam“ des Lord Brassey abgefahren. Der 
Prinz geht zuerst nach Wiltfhire, um das neue Aeroplan— 
ystem zu besichtigen, und kehrt von dort nach Deutschland 
zurück. Montag beginnt das internationale Jacht— 
ennen in Ryde, wobei 75 Jachten starten sollen. Der erste 
jachtklub Englands, die Royal-Jacht⸗-Squadron in Cowes. gab 
zonnabend abend den in ernationalen Jachbesitzern ein Diner, 
zei dem von jeder Nation zwei Teilnehmer einge'aden waren. 
VBon deuischer Seite waren dabei Legationsrat Dr. Krupp 
».Bohlen-Halbach und Ludwig Sanders aus Ham— 
urg verireten. Der König und die Königin von Spanien 
—ED 
Berlin und die Fremden. 
Eine merkwürdige Tatsache wird übereinstimmend aus ame— 
ilanischem und japanischem Munde in diesem Sommer immer 
vieder festgestellt. Die Herrschaften von Distinktion, die in 
dondon die „Coronation“ (o sagen auch die Japaner) mit- 
jemacht haben und danach den Kontinent bereisen, gestehen 
janz unverhohlen, daß sie sich Paris diesmal geschenkt haben, 
»enn der große Magnet für die Leute aus dem äußhersten 
Westen wie aus dem aͤubersten Ossen ist nachgerade Berlin 
eworden. Die Japaner sagen, so wird der „N. G. C.“ ge- 
chrieben, daß Paris für sie keine attuelle und instruktive Staͤdt 
ei, dagegen sei nirgends in der Welt so viel zu lernen, wie in 
Betlin, London nicht ausgenommen. Zum Vergnügen reise 
ein Japaner, sondern nur um zu lernen. Bei den Amerikanern 
iber einigt sich Geschäft und Vergnügen auf eine eigentümliche 
Art. Ein unvergleichliches Vergnügen sei es, im Hotel Adlon 
im Pariser Platz zu wohnen und von hier aus immer wieder 
nen Tietgarten im Auto zu durchqueren und die Döberitzer 
deerstraße bis an die Havel auf und ab zu sausen. Es sei 
ine Freude, wie Berlin von Jahr zu Jahr an seiner Ver— 
chönerung arbeite, schon sei es die bestgepflegte Stadt der 
Welt, während Paris nach einem Stillstand von Jahrzehnten 
ieuerdings stark zurückgehe. Mögen nun andere Städte diese 
»der jene Vorzüge haben, so sei Berlin unbestritten die 
Weltstadt der Aerzte, Wien und Paris seien in diesem Punkte 
ängste geschlagen; ja, gerade von dorther kommen mehr und 
nehr Patienten, um in Berlin Heilung zu suchen. Aus San 
jranzisko, aus Honolulu, aus Santiago, Buenos Aires begeben 
q; zahlreiche Leidende nach Berlin, des festen Glaubens, hier 
⸗der nixgends hixiert zi werden. Die frohe Botschaft er- 
treckt sich sogar auf das liebe Vieh. So traf kürzlich aus 
zetersburg ein russischer Staatsrat Exzellenz R. in Berlin ein, 
m seinen Lieblingshund der tierärztlichen Hochschule persönlich 
a Behandlung zu geben. Von einem Freunde hatte er von 
ser wunderbaren Heilung eines Hundes gehört, also auf nach 
zetlin! Amerikaner und Japaner haben das Hotel Adlon 
u ihrem Hauptabsteigequartier in Berlin erkoren und stimmen 
uch darin überein, daß dieses Haus das schönste der Welt 
i. Kein Wunder also, daß man am Pariser Platz das ameri— 
anische wie japanische Wesen am beslen studieren kann. Hier 
tsoeben auch ein interessanter Gast der Reichshauptstadt 
bgestiegen, der präsumtive Thronfolger von Siam, der mit 
roßem Gefolge aus Dresden eintraf. Sein Bruder, der König 
on Siam, ist — bei einem Orientalen eine unerhörte Tat⸗ 
ache — unvermählt und wird es allem Anschei nach auch 
leiben. Uebrigens ist der siamesische Thronfolger schon vor 
»chs Jahren einmal in Berlin gewesen, als offizieller Dele— 
ierter Siams zur Hochzeit des deutschen Kronprinzen. Wie 
amals, ist er auch heute voller Entzücken über die Schönheit 
nd Sauberkeit Berlins. Lernbegierig, wie scheinbar alle Ost⸗ 
siaten, het er sofort nach seiner Ankunft das Hotel einer 
undenlangen Besichtigung unterzogen, vom Weinkeller bis zur 
PBaschlüche unter dem Dach, auf alle technischen Einrichtungen 
ründlich eingehend. Der Prinz ist eine elegante, geschmeidige 
itscheimuna, der Typus eines aristokratischen Südländers, mit 
er Haltung eines Kavallerieoffiziers. Ein anderer Prinz ist 
qm als Adiutant beigesellt. Unstreitig der interessanteste Gast 
es Hotel Adlon ist der japanische Generalfeldmarschall Graf 
doghi, der bis zum 10. August in Berlin Studien halber 
veilt. Zum 11. August ist er vom Kaiser nach Mainz befohlen 
a einer glänzenden Aruppenrevue auf dem großen Eande. 
GFtaf Noghi ist ein Mann von eisernem Fleiß. Schon in aller⸗ 
rühester Morgenstunde sitzt er, ailein arbeitend, in seinem 
Salon am Schreibtisch, und regelmäßig um 9 Uhr beginnt 
er seine Besichtigungsfahrten, oou ihm seitens des Kriegs⸗ 
ministers ein Dienstautomobil zur Verfügung gestellt ist. Noghi 
sst der Leiter einer adeligen Militärakademie in Japan und 
ut Hebung dieses Instituts hat er die Weltreise unternommen. 
doghi erscheint immer in Uniform. ohne auf Vrdensschmuch 
onderlich Gewicht zu legen, ebenso wie seine beiden Adju—⸗ 
anten. Der Militärattachs bei der deutschen Botschaft in 
Tolio. Hauptmann Henz, ist dem Feldmarschall während seines 
zerliner Aufenthalts beigegeben. Noghi ist eine eigentümlich 
mponierende Erscheinung mit itrengem, ernstem Blick, beim Ge⸗ 
präch wetterleuchtet es zuweilen kühn in seinen Augen, wäh 
end seinen Mund ein liebenswürdiges Lächeln umspielt. Sonst 
ber mutet er spartanisch einfach und wortkarg an, sein Geist 
cheint immer in Geschäften zu weilen. So große Zurück— 
jzaltung er übt, ist er doch nicht abweisend und ergibt sich 
esigniert in seine Berühmtheit. Im zwanglosen Hotelverkehr 
vird er sehr von den Amerikanern bestürmt. Unterschrift 
oll er geben unter sein Bild, ja, man überreicht ihm auch 
iine Visitenkarte, damit er auf der Rücdseite seinen Namen 
rufschreibe. Mit gutem Humor geht der Eroberer von Port 
Arthur auf alle diese Wünsche ein, indem er seinen Namen 
n japanischer Schrift blitzschnell auf die Bilder und Karten 
virft. Am 9. August wird zu Chren Noghis im Kaisersaal 
»es Hotel Adlon ein offizielles Tiner zu 50 Gedecken veran⸗ 
taltet; das ist die einzige Ehrung, die er angenommen hat. 
nge. 
— —
	        
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