Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

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Amtsblatt der freien und Hansestadt Lübed Nachrichten für das terzogtum Lauenburg. die 
Beiblatt: Gesetze und Verordnungsblatt Btx zürstentümer Ratzeburg, Luübed und das angren⸗ 
neειιιͤ⏑ι —— jende medlenburgische und holsteinische Gebiet. 
aitr. 46. Fetnsorecher Cood u. 8001. 
Abend⸗Blatt Kr. 397. 
1614. Jahrgang 
Etne ununterbrochene Keckee der Jahrgãnge der Cubednschen sto⸗ 
E— vomꝛ —A Vs (6 Maãrz) ab. befindet sich 
Arcqiiv des Verlages, looi der Sadivibliotheu u Subec- 
Hrucd und Verlag: Gebrüder Borchers G.m. b. S. in Lübed. — Geschäftsstelle Adrehß haus 
GGroße Ansgabe) Dienstag, den 8. August 191. 
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Ausgabe 
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Erstes Blatt. hierzu 2. Blatt. 
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Amfang der heutigen Nummer 6 Seiten. 
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Nichtamtlicher Teil. 
die Einberufung des Reichstages für die 
Marokkoverhandlungen. 
Lübeck, 8. Aug. 
Ein sonderbarer Vorschlag, der früher schon einmal von der 
ozialdemokratischen Presse erhoben worden ist, tritt jetzt im 
zarteiamtlichen Organ der nationalliberalen Partei auf: DTa— 
iach soll der Deutsche Reichsstag schleunigst zwecks Stelluwg⸗ 
iahme zu den Marokko⸗Verhandlungen einberufen werden. Der 
Artikel, in welchem diese Einberufung gefordert wird, trägt 
die Ueberschrift: „In ernster Stunde“ und es heißt darin: 
„Während das Deutsche Volk die Entsendung von Kriegs— 
ichiffen nach dem Hafen von Agadir für den Beginn einer 
kräftigen Marokkopolitik der deutschen Regierung ansah und 
erhoffte, daß sein Anrecht auf Marokko gegenüber der mehr 
uind mehr beginnenden Tunifizierung dieses großen und be— 
deutsamen Landes geltend gemacht würde, hörten wir bald 
durch offiziöse Darlegungen in der Kölnischen Zeitung das 
Wort von den Kompensationen, die für unseren politischen 
Rückzug aus Marokko angeboten werden sollten. Aus der 
Fanfare wurde eine Schamade. Englands Drohreden wurden 
war offiziös mit kühler Gelassenheit beantwortet, aber das 
aktische Ergebnis scheint nach den Meldungen französischer und 
englischer Blätter darin zu bestehen, daß Deutschland sein 
»olitisches Desinteressement an Marokko erklärt, wäh— 
rend Frankreich ihm dafür irgendwelche mehr oder weniger 
veitgehende Grenzregulierungen in anderen Teilen Afrikas 
ubilligt. Wäre dies richtig, dann würde die durch die 
Tangerfahrt Kaiser Wilhelms II. eingeleitete Marokkopolitik 
des Deutschen Reiches mit einem kläglichen Rückzug Deutsch— 
ands endigen. Der Tag, an dem unsere Schiffe den Hafen 
»on Agadir verlassen würden, um in Zukunft dieses große 
afrikanische Küstenland bedingungslos der französischen Re— 
»ublik zu überlassen, würde die Schaffung eines neuen 
ranzösischen nordafrikanischen Kolonialreichs bedeuten, dem 
wir nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen hätten. Millionen 
Deutsche würden einen solchen Ausgang der deutschen Marokko— 
;»olitik als die Dokumentierung tiefster nationaler Schwäche 
insehen, als den Tag der ersten großen Niederlage seit Grün—⸗ 
dung des jungen Deutschen Reiches. 
Gewiß ist es vorschnell gehandelt, wenn deutsche Preß—⸗ 
organe in den heftigsten Aeußerungen den Kaiser und die 
Regierung wegen des dem Abschluß nahen Vertrages mit 
Frankreich angreifen. da man ihnen ja entgegenhalten kann 
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daß niemand weiß, was in diesem Vertrage steht. Aber das 
Inerhörte an diesen ganzen jetzigen Vorgängen besteht doch 
ben darin, daß das deutsche Volk— und seine gesetzmäßige 
gertretung. der Deutsche Reichstag, vollständig als Quantités 
égligeables betrachtet werden. Wir möchten demgegenüber 
Uls unsere Meinung aussprechen, daß die Frage, ob Deutsch-⸗ 
and in Marokko vor Frankreich zurückweicht, nicht nur eine 
olche ist, die lediglich Herrn v. Kiderlen-Waechter und den 
deutschen Kaiser angeht, sondern eine Frage, die das deutsche 
golk mit zu entscheiden hat. Gerade in einer Zeit, die 
in die schwankende Politik Friedrich Wilhelms IV. erinnert, 
ntsinnt sich das deutsche Volk dessen, daß es zwar durch⸗ 
us monarchistisch gesinnt ist, bleiben will und bleiben wird, 
aß aber auch die Monarchie ihre verfassungsmäßige Grenze 
at. und daß es nicht gewillt ist, in absolutistischer Willkür 
ber Lebensinteressen der deutschen Nation entscheiden zu lassen. 
»azu ist der Deutsche Reichstag nicht da, daß er lediglich 
or ein PVait accompli gestellt wird und dann im Herbst 
gendwelche nachträgliche Kritik an dem üben kann, worüber 
etzt endgültig entschieden wird. Diejenigen wenigen Per—⸗ 
)nen, die jetzt die Entscheidung in dieser wichtigen Frage 
eutscher Weltpolitik in der Hand haben, mögen sich auch 
essen bewußt werden, daß sie gar nicht imstande sind, die 
zerantwortung für diese Zukunft Deutschlands zu tragen, 
ind daß sie nicht das Recht haben, ohne das deutsche Volk 
ine Entscheidung zu treffen. Es gibt auch ungeschriebene Ge— 
etze, die wichtiger sind als formelle Gesetzesparagraphen. 
dieses ungeschriebene Recht fordert, daß vor endgültigem Ab— 
hluß der Marokkoverhandlungen der Deutsche Reichstag ein— 
erufen werde. um seinerseits zu der Politik des Deufichen 
Reiches Stellung zu nehmen.“ 
Diese Auffassung der Nationalliberalen Korrespon⸗ 
enz hat auf uns doch etwas befremdlich gewirkt. 
Wir können uns denn auch der Ansicht nicht verschließen, dah 
s sich in diesem Falle wohl weniger um eine parteioffiziöse 
krklärung, als vielmehr um die Wiedergabe einer persönlichen 
Neinung eines Abgeordneten handelt, die dem verantwort- 
ichen Redakteur durchgerutscht zu sein scheint. Jedenfalls müssen 
ir dem entgegenhalten, daß es verfassungsrecht- 
ich keinem Zweifel unterliegt, daß der deutsche Kaiser 
llein das Recht hat, „Bündnisse und andere Verträge mit 
temden Staaten einzugehen“. Aber auch, wenn man aus 
pportunistischen Rũcksichten auf den nationalen Betätigungs— 
ifer weiter Volkskreise dem Reichstag ein Recht des Mitratens 
uerkennen wollte, wäre der Vorschlag im gegenwärti— 
en Stadiumder Verhandlungenzweifellosver—⸗ 
e hIt. Man kann einer großen gesetzgeberischen Versammlung, wie 
ie der Deutsche Reichstag ist, unmöglich ein strenges Schweigegebot 
uferlegen. Ein solches wäre aber se'bstverständlich bei den außer⸗ 
rdentlichen Schwierigkeiten der jert schwebenden diplomatischen 
sterandMaungen unersäüsich. Deshesk z5h den 0ff123cRrw2,n 
Versicherungen, daß an eine Einberufung des 
Reichstages nicht gedacht werde, vollauf— 
ßlauben zu schenken. Aus denselben Gründen ist es ausch 
durchaus unwahrscheinlich, daß der Bundes⸗ 
ratsausschuß für auswärtige Angelegenheiten 
in allernächster Zeit zusammen treten werde. 
Diese unsere Auffassung wird jetzt auch durch eine tele4- 
naphisch gemeldete Aeußerung der Kölnischen Zeitung unterstützt. 
Darin heißt es: 
. „Selbst wenn der Reichstag gegenwärtig tagen würde, würde 
der Reichskanzler voraussichtlich sagen, daß er heute noch nicht 
die Bürgschaft übernehmen könne, daß es wirklich zu einer 
kinigung komme, und daß die Verhandlungen nicht im letzten 
Augenblich an einem noch nicht vorauszusehenden Hindernis 
cheitern. Unter diesen Umständen sei es schlechthin unmöglich, 
über eine noch derartig in Flut befindliche und diplomatischen 
Beratungen unterworfene Frage in eine eingehende und sach⸗ 
liche Erörterung einzutreten. Erst wenn der Vertrag vorliege, 
aber auch erst dann, werde der Reichstag sich in voller Kenntnis 
der Lage ein Urteil darüber bilden iönnen, ob das Abkommen 
der Würde und den Interessen des Reiches entspreche.“. 
Der „Fall Potthoff“. 
d. Der fortschrittliche Reichstagsabgeordnete Dr. Potthoff 
hat in einer Berliner Zeitung Anschauungen über das Ver— 
hzältnis der Reserveoffiziere zur Politik ver— 
offentlicht, die lauten Widerspruch erregt haben. So schrieb 
ruu. a.: „Der Gedanke, daß durch den Fahneneid und durch 
zas Offiziersverhältnis ein persönliches Treueverhältnis zum 
bersten Kriegsherrn geschaffen wurde, ein Verhältnis, das 
ich gegen Volk und Staat, gegen die Volkstreue und Bürger⸗ 
zflicht richten könnte, — dieser Gedanke muß unter allen Um—⸗ 
tänden und unbedingt zurückgewiesen werden. Solche Auf— 
assung des Soldatenverhältnisses mag historisch sein und den 
dei uns maßgebenden Interessen entsprechen. Aber es steht 
n schroffftem und ganz unversöhnlichem Widerspruch zu der 
rrage vom Volksheer und zu den Tatsachen der allgemeinen 
Wehrpflicht, der allgemeinen Steuerpflicht und des Verfassungs- 
taates. Wir betrachten das deutsche Heer als eine Einrichtung 
es deutschen Volkes, nicht als eine Prätorianergarde 
es Fürsten. Wir lassen uns zum. Reserveoffizier wählen, um 
nserem Volke im Kriegsfalle besser dienen zu können. Aber 
vir verkaufen nicht um gesellschaftlichen Flitter unsere Freiheit, 
leberzeugung und Bürgerpflicht. Und wenn wir nicht durch— 
etzen können, daß wir außerhalb des Dienstes freie, voll— 
nerechtigte Staatsbürger bleiben, dann gibt es nur eines: 
„Herunter mit dem Role, den wir nicht im Volksdienste 
ragen sollen, der uns den Volkspflichten abtrünnig machen 
vill!“ 
Diese eigenartige, nicht gerade alltägliche Auffassung vom 
Wesen und von den Pflichten des Reserveoffiziers erregte um 
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Sie beugte sich über ihn. Ter Strahl von Liebe, der 
aus ihren Augen brach, ließ sein Herz freudig klopfen. 
Die Kinder kamen hereingesprungen. Annchen hielt die 
ersten Blumen in der Hand und bot sie dem Vater. Er legte 
oen einen Arm um den Buben und sein Töchterchen, den andern 
Arm um sein Weib. 
„Glückliche Menschen,“ sagte er leise. — 
TDer Hauptmann erhielt einen längeren Urlaub zur Kräf— 
igung seiner Gesundheit. Vorher brachte das Ehepaar die 
Zinder nach Berlin zu den Großeitern, die bald nach Schorn⸗ 
tätten übersiedeln wollten. 
Lörsbachs gingen ins Berner Oberland. Dort wollten 
ie bleiben, bis der Hauptmann im Vollbesitze seiner Kräfte 
var. Dann gedachten' sie, noch eine Woche auf dem Lande 
oei den Eltern zuzubringen und im Herbst nach G. zurück⸗ 
mkehren. 
Der Abschied von den freundlichen Nachbarn fiel den Ab—⸗ 
eisenden schwer. Die beiden Frauen waren jetzt innig be— 
reundet. Irmgard fand G. gar nicht mehr so unangenehm, 
je wußte, daß sie sich nach der Heimkehr immer besser ein— 
eben würde. Hatte sie doch das eigene Haus lieb gewonnen, 
atte sie doch die feste Absicht, ihre Pflichten freudig zu 
rfüllen. 
„Ich finde Elfriede verändert,“ sagte Irmgard zu ihrer 
Mutter. „Liebt sie Graf Rombed?“ * 
„Ich weiß es nicht,“ entgegnete Frau von Schorn, „er ist 
ichon lange von hier fort. Wie ich gehört habe, macht er 
eine große Reise.“ 
„Er wäre die richtige Vartie für sie.“ 
„Ja, das finden wir auch.“ 
„Hat Bruno geschrieben, Mutter?“ 
„Vorige Woche. Wir waren lange ohne Nachricht; es 
»atte in einem Gefecht einen Streifschuß bekommen und lag im 
Lazarett.“ 
„Nun. hoffentlich geht es ihm jetzt. gut.“ 
„Ich sehne mich oft sehr nach ihm,“ sagte Frau Marie. 
Nachdem Lörsbachs abgereiit waren, trat kaltes Wetten 
ein. Die warmen Frühlingstage machten eisigen Ostwinden Platz, 
aund es schneite sogar. 
Sonnensehnsucht. 
Roman von G. von Schlippenbach. 
120. Fortsetzung.) Machdrucdck verboten) 
Aus seinen wirren Fieberreden entnahm sie, wie er seelisch 
zelitten. Stumm und verschlossen, wie ein Held, hatte er sein 
Sauskreuz getragen. Er hatte sich beherrscht und war selten 
irgerlich geworden, während sie sich ihm gegenüber gehen 
ieß und eigensinnig auf ihrem Willen bestanden hatte. 
„Reiner, Reiner, bleibe mir erhalten! Stirb nicht! Ich 
vill versuchen, alles gut zu machen und dir eine bessere 
Frau werden!“ 
So flehte Irmgard, so betete sie zu dem, der Leben und 
Tod in der Hand hält. Aber Tag um Tag verging und keine 
Besserung trat ein. 
Was die treuen Freunde der Gebeugten in dieser Zeit 
vurden, das fühlte Frau von Lörsbach käglich. Sie waren 
mmer bereit, zu helfen, aufzurichten, zu stützen. Die tiefe 
Frömmigkeit Margaretens zeigte sich hier deutlich Wenn 
hbie kleine zarte Frau bei Irmgard war, fühlte diese sich 
nutiger; auch, als es eines Tages besonders schlecht stand, 
dersagte das Wort nich: 
„Nur Mut, Gott hilft!“ 
Irmgard war unermüdlich⸗ in ber Pflege, die Schwester 
eitete sie an. Es war Frau von Lörsbach wie eine Sühne, daß 
ie nicht an die Ermüdung und Ansltrengung für sich dachte, 
»aß ihre Zeit, all ihre Leistungsfähigkeit dem gehörten, der 
hr entrissen zu werden drohte. 
Seit zwei Tagen sprach der Arzt sich etwas hoffnungs- 
doller aus, das Fieber sank, es naten lichtere Momente ein. 
„Wir dürfen hoffen,“ hieß es eines Tages nach einer 
Nacht, die Irmgard wachend bei ihrem Gatten verbracht 
vatte, um die Schwefter ausruhen zu lassffen. 
Die Freude warf sie nieder. Sie taumelte und wäre 
u Boden gesunken. Wests Arme fingen sie auf. Er und 
er Arzt trugen die Ohnmächtige auf ihr Beit. 
„Sie ist völlig erschöpft,“ sagte der Arzt. „Wenn das 
rortgeht, haben wir bald eine zweite Kranke.“ 
Lörsbach schlief, die Hand seiner Frau haltend. Er war 
'o schwach, daß er kaum sprechen konnte, aber das Fieber 
zar gefallen, die Augen blickten klar. Irmgard war vor 
ztschöpfung eingeschlafen. Den Kopf auf das Kissen zu Füßen 
des Bettes gestützt, hatte die große Ermüdung sie übermannt. 
Durch das Zimmer flutete goldenes Abendlicht, und der 
Ingel des Friedens breitete segnend die Hände über die beiden 
Nenschen aus, die sich fast verloren und doch noch gefunden 
hatten. — 
Sehr langsam ging es mit der Genesung vorwärts. Aber 
jer Lenz kam mit seinen heilenden Lüften, schon färbte leises 
Hrün die Bäume. Der Kranke sahß am offenen Fenster mitten 
m Sonnenschein. Fritzchen und Annchen spielten draußen fröhlich 
imher. Der Vater lauschte den helien Stimmen; er faltete 
ie abgezehrten Hände, ein heihes Tankgebet stieg zu Gott 
mpor. 
Eben kam Irmgard in das Zimmer; sie trug eine Tasse 
räftiger Fleischhrühe auf einem Tablett. Eine weiße Latz- 
chütze bedeckte ihr schlichtes dunkelbsaues Kleid, und ein neuer 
lusdrud lag auf dem noch etwas schmalen Gesicht, der Ausdruck 
jausfraulicher Würde. 
Reiner blickte liebevoll zu ihr auf und zog ihre Hand 
an den Mund. 
„Ich danke dir,“ sagte er innig. 
„Trink nur, ich habe nach Frau Wests Rezept die Kraftbrühe 
gemacht.“ n 
Sie hatten sich noch nicht ausgesprochen, wie durch stille 
Uebereinkunft hatten sie es bisher vermieden. 
Heute sagte Lörsbach: 
„Irmgard, nun ist alles wieder gut zwischen uns, nicht 
wahr, so bleibt es auch?“ 
„Ja, mein lieber, lieber Mann! Verzeih mir, ich allein war 
chuld. Während du krank warst, rabe ich so recht gefühlt, 
vie schlecht ich gewesen bin; da ist vieles von mir abgefallen: 
krtelleit und Selbstsucht. Da habe ich erlannt, daß ich dich 
on Herzen lieb habe. Sieh, es witd draußen Frühling! 
deues Leben blüht und sprießt allerorten, auch im Menschen⸗ 
erzen soll es Lenz werden. Tu mußt nur viel Nachsicht 
nit mir haben,“ schloß Irmgard, „ich labe das redliche Wollen: 
ilf mit, so a werden, wie ich möchte.“
	        
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