Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

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Ausgabe A. 
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Sonnabend. den 21. Januar 1911. 
Ahend⸗Blatt Rr. 38. 
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Aus den Nachbargebieten. 
Hanßeftädte. —P— 
gamburs, 21. Jan. Won einer Aufsöfunsg ves 
Frahndungs-Kommandos war in den letzten Tagen die 
Hede. Nach Erkundigung an zuständiger Stelle kann der Hamb. 
rrespondent mitteilen, datz diese Nachridet nicht zutrifft. 
Das Fahndungslommando ist nicht aufgelöst worden und wird 
iqht aufgelölt werden. 
Gleine Nachrichten.) Wegen Vergehensgegen 
bie Konkursordnung ijt eine Untersuchung gegen einen 
hiesigen Spediteur in der Banksstraße eingeleitet, der vor einigen 
Tagen seinen Konkurs angemeldet hat. Die Possiven betragen 
sber 100 000 M, denen nennens werte Aktiva nicht gegenuber⸗ 
stehen. Es hat sich herausgestellt, dah der Spediteur 18 
Pferde und Wagen für 37 000 Meverpfändet hat. Einer Vor⸗ 
ladung vors Gericht hat der Beschuldigte keine Folge geleistet. 
Ein unglaubwürdiges Geständnis. Eines Tages 
im Dezember v. J. trat der vielfach, auch wegen Taschendieb⸗ 
siahls, bestrafte, arbeitsscheue Heinrich Haack an einen Schutz⸗ 
mann heran und machte die Selbstanzeige, daß er auf dem 
Heiligengeistfeld wãhrend der Domzeit drei Damen die Hand⸗ 
taschen gestohlen habe, von denen zwei Geldbetrage von 4 M 
imnd 2 MN enthielten. Da er mit diesem Geld sein Leben nicht 
langer fristen könnte, wolle er jetzt seine Vergehen sühnen. 
Segen Haack wurde nun vor dem Landgericht Anklage erhoben 
wegen Diebstahls im Rückfalle. Der Angeklagte wiederholte 
in der Verhandlung sein Geständnis, obwohl einer der Beisitzer 
Zweifel an der Wahrheit anregte, unter dem Hinzufügen, daß 
Zeit eine warme Zelle zu bekommen. Der Staatsanwalt hielt 
er das Geständnis wohl nur gemacht habe, um fuür einige 
das Geständnis für glaubwürdig und beantragte 9 Monate 
Gekängnis. Der Gerichtshof erkannte aber mangels obiektiven 
Tatbestandes auf Freisprechuna des Angeklagten und entlieb 
ihn vus der Haft. 
B3. Schwarzenbek, 21. Jan. Eine Konfirmanden- 
tiftung hat der verst. Amtsgerichtsrat Dr. Koenigsmann 
errichtet, aus der jährlich drei Konfirmandinnen mit einer 
Aussteuer bedacht werden. Fur letztere werden jeder Konfir⸗ 
nandin ungefähr 100 Muüberwiesen. 
B. Krummesse, 21. Jan. Gekauft hat zur Abrundung 
eines Areals und speziell zur Erweiterung und Eingatterung 
des Jagdreviers Baron v. Schröder auf Bliestorf die Landstellen 
Larstens zu Gr.Schenkenberg bis auf ein Wohnhaus mit 
etwas Land. 
Großherzoglumer Medcllenburg. 
F Schönberg, 21. Jan. Bei der Neuver—⸗ 
pachtung der zu Johannis aus der Pacht fallenden etwa 
163 ha umfassenden Großh. DTomäne Selmsdorf am Freitag 
Nieben am Söchstgebote die Landwirte Hamel-Schwerin mit 
3 600 M, Davids-Schwartau mit 13500 Mund Gau⸗Neverin 
nit 13 200 M. Unter diesen dreien wird die Behörde die Wahl 
reffen. Der bisherige Pächter Vidal hat den Hof nur eine 
Pachtperiode lang verwaltet, waͤhrend der Besitz früher über 
100 Jahre lang von der Familie Breuel bewirtschaftet wurde 
ABestandenes Examen. Der in Konigsberg angestellte 
Werfeuerwerker Maass von hier bestand vor der Königl. 
Prüfungskommission in Berlin sein Examen als Feuerwerks- 
offizier mit dem Prädikat sebr uÑ 
Der Moabiter Krawall-⸗Prozeß. 
Berlin, 20. Januar. 
Aus den Plädoyers der heutigen Sitzung des Schwur⸗ 
gerichts heben wir solgendes hervor: Oberstaatsanwalt 
Dr. Preuß wandte sich in der Hauptsache gegen die An—⸗ 
chuldigungen gegen die Polizeibeamten. Er führte darüber 
rus: Ich kann mich nicht dem Standpunkt des Rechtsanwalts 
deine anschließen, daß den Belastungszeugen gegen die Polizei 
inbedingt Glauben zu schenken sei. Einzelne von ihnen haben 
einen sehr erregten Eindrucd gemacht, und es ist den Aussagen 
solcher Zeugen gegenüber eine gewisse Vorsicht geboten. Aber 
im allgemeinen gebe ich ohne weiteres zu, daß sie subjeltiv 
die Wahrheit sagen wollten. Ob sie es auch nach der 
zbiektiven Richtung getan haben, will ich nicht erörtern, denn 
s ist nicht immer gelungen, die Gründe auszudeden, die der 
Polizei Veranlassung zu ihrem Vorgehen gegeben haben können. 
Ich bin der Meinung: Audiatur ot altera pars. Trotzdem 
erkenne ich an, daß eine Anzahl wirklicher und tätlicher Miß 
zriffe von Polizeibeamten vorgekommen sind, aber nur von 
inzelnen, nicht von der Polizei als solcher. Ich möchte auch 
»arauf hinweisen, daß selbst an den Tagen der schwerjsten 
kxzesse die Beamten trotz ihrer großen Erregung Milleid mit 
hren Angreifern hatten und bis zum letzten Moment Milde 
ibten. Das bestätigen eine Reihe von Aussagen. Eine weitere 
Frage ist, welche Bedeutung die Mißgriffe für die Schuld- 
rage haben. Auf jeden Fall kann ich mich nicht mit Rüd— 
icht auf die Staatsautorität auf den Standpunkt stellen, 
»aß den Angeklagten wegen der Mißgriffe der Polizeibeamten 
nildernde Umstände zu bewilligen seien. Denn wohin solte 
es führen, wenn aus den Ausschreitungen einzelner Poli:ei— 
heamter das Recht zu Aufruhr und Zusammenrottung herge— 
eitet würde. 
Staatsanwalt Dr. Porzelt behandelte sodann die 
xinzelnen Straftaten und beantragte, die Schuldfragen zu 
heiahen. Die Zahl der den Geschworenen vorgelegten 
daupt- und Nebenfragen beträgt 80; sie be— 
iehen sich auf Aufruhr, Landfriedensbruch, Teilnahme an 
einer Zusammenrottung, Widerstand, Beleidigung, Werfen 
nit Steinen oder anderen harten Gegenständen nach Men— 
chen, Sachbeschädigung und groben Unfug. Bei dem An— 
jekl. Fitzner kommt noch die Frage, ob er als Rãdels⸗ 
ührer zu betrachten sei, hinzu. Der Staatsanwalt be— 
intragt, alle Fragen zu beijahen. Verteidiger Rechts⸗ 
inwalt Dr. Heinemann: Im Gegensaß zu der ein⸗ 
eitigen Darstellung des Staatsanwalts wird keiner von 
ins leugnen, daß die Streikenden nicht billigenswerte Aus— 
chreitungen begangen haben und dah die Polizei vom 
MNob gereizt worden ist. Aber auf der anderen Seite 
iegt die weit gröhera Schuld durch die schroffe Ablehnung 
er Verhandlung mit den Streikenden seitens der Firma 
dupfer. Durch die unmotivierten Ausschreitungen der Ar— 
»ettswilligen mit der Schußwaffe unter den Augen der 
Polizei war eine gewisse Leidenschaft erregt worden. Die 
Sistierten wurden auch von den Arbeitswilligen auf dem 
dohlenplatz mißhandelt in einer Weise, die für Landfriedens- 
zruch erklärt werden muß, ohne daß die Poltizei es hindern 
onnte. Wie schwer muß dem Polizeimajor Klein, diesem 
ornehmen Mann, auf den das Schillersche Wort an— 
ewendet werden kann: „Der Mann hat Lügen nie 
jelernt“, dieses Geständnis über eine Behörde geworden 
ein, der er ein Leben lang gedüent hat. Jedenfalls 
st das Verhalten der Polizeioffiziere nicht einwandsfrei 
Typisch ist dio Aeußerung des Polizeileutnants Schirmer 
ẽr motivierte einen Angriff auf einen einzelnen Menschen 
»amit, daß er sagte: Wir waren in Gefechtsstellung, da 
rreift man zu. Die Geschworenen dürften sich nur nach 
den Eindrüchen hier im Gerichtssaal richten. Was außer— 
halb des Saales gesprochen wurde, existiert nicht. Wer 
»ie Wunden nicht heilen und den toten Hermann nicht 
ebendig machen kann, der sollte sich hüten, zu behaupten, 
es seien in Moabit keine Exzesse vorgekommen. Die Tat— 
rache, daß Lockfpitzel in der Menge waren, konne nicht 
aus der Welt geschasfft werden. Der Verteidiger bittet 
zum Schluß, in keinem Falle die Fragen wegen Auf— 
ruhrs und Landfriedensbruchs zu bejahen, die Polizei habe 
lich nicht in rechtmähiger Ausübung ihres Amtes befunden. 
Vert. R.-A. Heine beantragt, die Angeklagten Jahnke 
Borowiak und Schadowski freizusprechen. — Zum Schluß 
der Sitzung tritt noch Vert. R⸗A. Dr. Karl Liebknech 
für die Freisprechung seiner Klienten ei 
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Ddie Weddinakrawalle vor der Strafkammer. 
Berlin, 20. Jan. 
In der heutigen Sitzung gelangte zuerst der Fall Tieg 
zur Erörterung. Der wegen des Auflaufs und Beleidigung ange⸗ 
tlaate Arbeiter Emil Tietz wird beschuldiat. von dem Fenster 
— 
seiner in der Schererstr. 12 gelegenen Wohnung die Schutz⸗ 
leute „Bluthunde“, „Hunde“ und „Strolche“ geschimpft zu 
haben. Außerdem soll er sich in einer Menschenmenge befunden 
haben, die an der Ede der Reinicendorfer und Schererstraße 
zeiohlt und geschrien und den Aufforderungen des Polizei⸗ 
hauptmanns Kornich nicht Folge geleistet hatte. — Der An— 
zekiagte behauptet, fast sinnlos betrunken gewesen zu sein. 
— Die als Zeugin vernommene Ehefrau des Angeklagten be— 
jauptet, daß dieser, als er nach Hause kam, sofort zu Bett 
jegangen sei; er habe keinesfalls aus dem Fenster heraus 
Jeschimpft. Die Angaben werden von einer Frau Bäumel 
bestätigt. — Dagegen bekundete eine Frau Schlenter, daß 
sie an dem Fenster der Tietzschen Wohnung einen Mann habe 
stehen sehen, der jene Schimpfworte gebraucht habe. — Zu 
dem Fall Sühring, der beschuldigt wird, die Schutzleute 
durch das Wort „Bluthunde“ beleidigt zu haben, bekundet 
eine Frau Abraham, daß sie den Angeklagten Sühring genau 
beobachtet habe, wie er „Bluthunde“ gerusen habe. — Zur 
Erörterung gelangt sodann der Fall Schulz. Der Ange— 
llagte Schulz hat sich unter der Menschenmenge befunden, 
die sich in der Nacht zum 30. Okt. in der Scherer⸗, der 
Reinickendorfer und in der Wiesenstraße angesammelt hatte 
und, wie die Anklage hehauptet, den Aufforderungen der 
Polizeioffiziere nicht Folge leistete, sondern unter lautem Ge— 
brüll Gewalttätigkeiten gegen Personen und Sachen hegina. — 
Frau Bratz, zu dem Fall Tietz nochmals vernommen, erklärt, 
daß sie genau gehört habe, daß Tietz die Schimpfworle „Blut— 
hunde“, „Hunde“ und „Strolche“ gebraucht habe. — Die 
Angekragte Frau Rohloff bricht plößzlich in Weinen aus und 
erklärt, dah sie die ganze Sache so furchtbar aufrege, und 
daz sie es im Saale nicht mehr aushalten könne. Der 
Vorsitzende ersucht die Angeklagte, sich auf dem Korridor auf— 
zuhalten. da dort etwas be'ssere Luft sei als im Saale 
des Totschlages ihres Mannes angeklagt. 
Närnberg, 20. Jan. 
Die Angeklagte Frau Professor Dr. Herberich hat 
sich nach den gestrigen leidenschaftlichen Ausbrüchen anscheinend 
wieder beruhigt. Sie sitzt matt und abgespannt auf der 
Anklagebank, bewahrt aber vollständig die äuhere Ruhe. Die 
Zeugenvernehmung wird fortgesetzt. 
Kaufmannsfrau Selma Schulhilfer kennt die Angeklagte 
aus dem Frauenstimmrechtsverein. Bei jeder Gelegenheit strömte 
ihr das Blut nach dem Kopf, sie war leicht erreghbar. Als 
Zeugin mit der Schwester am Telephon über das Attentat 
prach, sagte die Schwester: Sei froh, daß sie dich nicht in 
München erschossen hat! — Kaufmann Paul Orenstein— 
Nürnberg fragte die Angeklagte, weshalb sie die Vorstand⸗ 
schaft niedergelegt habe; sie antwortete, weil sie Blutandrang 
nach dem Kopfe habe und immer so aufgeregt sei. — Angekl.: 
sSabe ich nicht auch gesagt, daß das Gedächtnis nachlasse und 
daß ich mich der Sache geistig nicht gewachsen fühle? — 
Zeuge: Ja, dem Sinne nach wohl. — Bauamtmannsfrau 
UlImann, jetzt in München, bekundet: Die Angeklagte ist sehr 
temperamentvoll und leicht erregbar. Ueber die moderne 
Frauenbewegung hatte sie ganz fire Ideen, sie kam mir wie ein 
Kind vor. Die Männer waren ihr gleichbedeutend mit Schlech- 
igkeiten. Ich sagte oft zu meinem Mann, daß sie nicht 
echt zurechnungsfähig sei und nicht wisse, was sie tue. — 
Bors.: Allgemein dürfte man sie doch aber für zurechnungs⸗ 
ähig gehalten haben, sonsz würde man eine solche Dame 
»och nicht zur Vorsitzenden des Stimmrechtsvereins gemacht 
zaben. — Lehrer Wagner stellt dem verstorbenen Professor 
derberich ein vorzügliches Zeugnis als Mensch und 
Vorgesetzter aus. In den letzten Tagen hatte er den Ein— 
»xud., daß Dr. Herberich unter dem Einfluß häusiger Miß—⸗ 
helligkeiten sehr bedrückt war. Zeitweise kam er ihm wie 
zeistesabwesend vor. — Zeugin Hedwig Pilger war sieben 
Monate Erzieherin bei Herberich. Sie war mit der Behandlung 
zufrieden. Zwischen den Eheleuten kam es häufig zu Streitig— 
reiten, auch der Rektor war dann sehr heftig. Er sagte 
nanchmal: Paula, du bist ja ganz verrückt. Sie warf 
hm vor: Ich habe das Geld gehabt, von mir 
nmird aules bezahlt. Einmal sagte sie zu mir in der 
Küche: Mein Mann ist ja nur ein Bastard! — Staatsanw.: 
Eine andere Erzieherin stellte es so dar, daß der Mann durch 
nie Frau gequält und schikaniert wurde, daß sie alles so 
machte, wie er es nicht wollte, und daß das Schlechte gerade 
rür den Professor gut genug war. — Zeugin: Nein, diese 
Wahrnehmungen habe ich nicht gemacht. Die Frau Professor 
jat sich auch um den Haushalt gekũmmert, wenn kein Mädchen 
da war, sie hat auch gekocht und die Kinderwäsche gewaschen. 
Wenn die Anfälle vorbei waren, war sie zum Professot 
sehr lieb. — Kurhotelbesitzer Forner⸗Heilenbach bei Aibling 
hdehauptet, daß die Angeklagte bei ihm einige Zeit zur Kur 
aewesen sei. Sie habe mit dem Bademeister und den Kellnern 
piel Streit gehabt. Als die Angeklagte 1909 wiederkam, 
sind wir alle erschrochen gewesen. — Angekl.: Ich möchte kon⸗ 
tatieren, daß der Zeuge Forner ein gewohnheitsmäßi— 
rer Trunkenbold ist, auf dessen Aussage nichts zu geben 
ist. — Privatier Wescht e r⸗Maunchen hatte fruher ein Hotel 
in Aibling. Die Angeklagte wollte absolut keine Kurtarxe 
ahlen und verursachte deshalb arge Szenen. Sie lief schließ⸗ 
lich „dilferufend“ aus dem Hotel weg. Zeuge mußte 
inen Gendarmen holen, auf dessen Zureden sie sich endlich 
zewegen ließ, zu zahlen. Die Angeklagte habe im Hotel den 
irlerschlechtesten Eindrucdh hinterlassen. — Näherin Al⸗ 
hertine Müller war sehr häufig im Herberichschen Hause be— 
chãftigt, aß auch zusammen mit den Eheleuten bei Tisch. 
Sie ist der Meinung, daß die Angeklagte für ihren Mann 
n jeder Beziehung gesorgt habe. — Angekl.: Hat nicht mein 
Mann meine Mutterrechte oder vielmehr die Autorität gegen⸗ 
Wer den Kindern durch sein Verhalten beeinträchtigt? — 
Zeugin: Ja, wenn Frau Professor etwas am Kinde tadelte 
wrach er sich mißbilligend aus, obwohl er sonst immer sagte? 
Du schlägst das Kind nicht genugl Wenn jemand ihrer 
Mann lieb dehabt hat. ist es die Frau Professor gewesen. 
Schles wig⸗ Holstein. 
Kiel, 21. Jan. Zum Mitglied der Handels— 
kammer wurde in der Ersatzwahl für Konsul Howaldt 
Direktor Mirus von den Howaldtswerken durch Zuruf ge⸗ 
wählt. — Auf eigenartige Weise die Freiheit 
vieder erlangt hat ein polnischer Arbeiter, der wegen 
gefährlicher Körperverletzung hier in Untersuchungshaft saß. Ein 
anderer Gefangener mit polnischem Namen sollte entlassen wer⸗ 
den; der Aufseher, der ihn aus der Zelle holen sollte, versah 
sich im Namen und holte den unrichtigen. Dieser unter⸗ 
zeichnete dann zwar die Quittung über seine ihm wieder 
ausgelieferten Sachen mit seinem richtigen Namen, doch wurde 
dies nicht bemerkt. Erst nach zwölf Tagen, als dem irrtümlich 
Entlassenen seine Anklageschrift zugestellt werden sollte, stellte 
sich heraus, was geschehen war. Nun ist der Bursche aber 
über alle Berge. Gegen die beteiligten Gefängnisbeamten 
ist nun ein Verfahren wegen fahrlässiger Gefangenenbefreiung 
und Freiheitsberaubung eingeleitet. 
Garbek, 21. Jan. Streisende Hunde haben unter 
einer Schafherde wieder grählich gewütet. Diesmal wurde eine 
Herde des Schäfereibesitzers Mahnke heimgesucht. Vier Schafe 
sind tot aufgefunden. Etwa 80 Tiere weisen mehr oder minder 
schwere Verletzungen auf, so daß eine beträchtliche Anzabl sofort 
abgeschlachtet werden muß. 
Helgoland, 20. Jan. Von einer französischen 
Flotte hat Helgoland im Kriege 1870 dreimal Besuch gehabt. 
Wiit vollen Segeln sind die Schiffe auf die Insel zugekommen, 
machten sich kampfbereit, indent Raaen, Stänge usw. abge⸗ 
nommen wurden, und um 5 Uhr lag das ganze Geschwader 
ungefähr drei Meilen westlich von Helgoland. Tos Geschwader 
bestand aus 10 Schiffen. 
Preetz, 20. Jan. Zum Stadtverordneten wurde 
Rentner Johs. Wrigge mit 193 Stimmen gewählt, der im 
Borijahre gegen den Sozialdemokraten unterlegen war. 
Flensburg, 21. Jan. Ermordet wurde auf seiner 
Farm in Kalifornien der Farmer Mathias Mau, ein gebürtiger 
Flensburger, der früher Besitzer der Zentralhalle sowie des 
Kolosseums war. Die Täter, ein Weißer und ein Neger, 
wurden am folgenden Tage festgenommen. Sie gaben an, 
dah sie auch den mit auf der Farm tätigen Bruder des 
Erschossenen hätten umbringen wollen. Dieser war aber an 
dem Tage zufällig von der Farm abwesend. Beabsichtigt 
war ein Raubmord. Beide Farmer waren unverheiratet, 
Großberzogtum Osdenburg, Fürstentum Lübed. 
Fr. Eutin, 21. Jan. Die neugewaählten Ge— 
meinderats-⸗Mitglieder wurden Freitag durch Bürger⸗ 
meister Mahlstedt eingeführt. Zum Vorsitzenden wurde Ober⸗ 
lehrer Harders wiedergewählt, zu seinem Stellvertreter Bureau— 
vorsteher Krützfeldt; darauf wurde in die Wahl zu den 
einzelnen Kommissionen eingetreten. Es wurde beschlossen, 
die Bismarchsstraße auf dem Kamp über den Wasserturm hinaus 
pt verlängern. Es soll dort auch eine Fahrstraße angelegt 
werden, damit das Terrain der Bebauung erschlossen wird. 
Olbdenburg, 21. Jan. Jaadunglud. Das Gewehr 
des auf der Jagd befindlichen Landwirts Hinrichs, Grimmens, 
entlud sich plötzlich wodurch er auf der Stelle getötet wurde. 
Lauenburg. 
R. Ratzeburg, 21. Jan. In den Ruhestand tritt 
num 1. Okt. aus Gesundheitsrüdsichten sicherem Vernehmen nach 
Superintendent und Hauptpastor Geh. Konsistorialrat D. Soltau 
hierselbst. 
B. Möolin, 21. Jan. Der erste Fruͤhlingsbote 
in Gestalt eines farbenprächtigen Schmetterlings wurde der 
Redaktion der Möllner Ztg. Freitag von einem Leser aus 
Breitenfelde vorgezeigt. Der bunte Geselle, der sich wohl doch 
in der Witterung sehr geirrt hat, war dem Breitenfelder durch— 
Schlafstubenfenster zugeflogen. 
B. Lauenburg, 21. Jan. Das seltene Jagd⸗ 
Müd, einen markierten Turmfallen zu erlegen, hatte Franz 
Blume hierselbst. Auf der einen Seite trägt die Marke das 
Bild des Prinz Regenten Luitpold von Bayern, auf der anderen 
die Inschrift: „Sind wir von der Arbeit müde, ist noch 
Kraft zu einem Liede.“ Ob der gefiederte Räuber in Bayern 
markiert ist, erscheint mekr als froalich
	        
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