Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

den bisherigen Abgeordneten Jan Fegster ein, in Han— 
nover II sollen die Nationalliberalen sofort von der Focta 
chriltlichen?“ Volkspartei unterstützßt werden. In Olden⸗ 
zurg Jeuend II will die Zentrale der Nationalliberalen Partei 
die Aufstellung von nationalliberalen Kandidaten verhindern, 
ventuell nicht unterstützen. Die Kandidatur Held in Ver den 
vird von der JZentrale der Nationalliberalen Partei des 
wwouiert. — Man darf gespannt darauf sein, was die ört- 
ichen Parteileitungen in Oldenburg dazu sagen. Bekanntlich 
egten die Freisinnigen bisher stets Wert darauf, daß ihnen 
Hr Besitzstand in Oldenburg J und II unter allen Umständen 
zarantiert würde. Wie jedoch neuestens bekannt wird, wollen 
ie Nationalliberalen im ersten oldenburgischen Wahlkreise 
rotzdem an einer eigenen Kandidatur festhalten. 
Unrichtige Angaben über die Aufstellung von Reichstags⸗ 
dand'daten. Die durch die Zeitungen gehenden Nadhrichten, 
dah für die vevorstehende Reichsstagsersatzwahl (5, 
hessen) verschiedene Parteien bereits ihre 
Kandidaten endgüältig nominiert hätten, ent— 
spricht nicht den Tatsachen. Insbesondere ist es 
unrichtig, daß die Nationalliberalen an der Kandidatur 
Gisevius festhielten und die Fortschrittler den bekannten 
Marburger Theologie-Professsr Rade ihm entgegen— 
gestellt hätten. Die Versuche zwischen Nationallibe— 
ralen und Fortschrittlern, zu einer Einigung zu kommen. 
dürften vielmehr noch fortdauern, obwohl gerade in Hessen 
die Voraussetzungen zu solchem gemeinsamen liberalen Vor⸗ 
gehen ungünstiger als anderswo sind. 
Die Verkehrscinnahmen deutscher Eisenbahmen für Dez. 1010 
hetrugen aus dem Personenverkehr 57 266180 Moder 
3534883 Mumehr, d. i. pro Kilometer 1128 Muoder 
55 Megleich 5,14 40 mehr, aus dem Güterverkehr 147 716 875 
Mäoder 12830935 Mumehr, d. i. pro Kilometer 2835 
P oder 202 Mugleich 7,67 90 mehr. Für die Bahnen 
nit dem Rechnungsjahr Januar-Dezember betrugen die 
Verkehrseinnahmen im ganzen Jahr 1910 aus dem Per— 
sonenverkehr 101 7582412 Mäoder 6691485 Mumehr, d. i. 
»ro Kilometer 16018 Muäoder 934 Miugleich 6,19 06 
nehr, aus dem Güterverkehr 190 220 628 Muoder 10 491 907 
Mumehr, d. i. pro Kilometer 291154 Moder 1415 M 
jleich 5,10 e mehr. 
Daͤe Auszeichhnung bdeulscher Aussieller in Brussel. Der 
Reichsanzeiger veröffentlicht ein Verzeichnis der auf der 
Weltausstellung Brüssel 1910 an die deutschen Austteller 
nerteilten Auszeichnungen. 
Großbritannien. 
Ueber das neue Programm des englischen 
tabinetts wird unternt 20. Jan. aus London berichtet: 
zeute findet die erste Kabinettssitzung nach den Wahlen statt. 
dabei werden die festen Grundzüge des überaus wichtigen 
Regierungsprogramms auäefgestellt werden. Man weiß, 
»aß der Schwer⸗- und Angelpunkt der nächsten Gesetz- 
zebune die Parlaments-oder Vetobill ist, die nach 
dem Willen der Regierung und der Mehrheit dem Oberhause 
eine fast unbeschränkte Uebermacht entreißen soll. Daneben 
teht aber noch der Gesetzentwurf über die Diäten der Abge— 
ordneten. Hierzu will die Arbeiterpartei ihren eigenen Vor— 
schlag durchbringen, wonach die Trade Unions in der Lage 
sein sollen, die Arbeiterabgeordneten selbst aus den Beiträgen 
der Arbeiter zu besolden. Ferner soll nun endlich auch die 
soziale Gesetzgebung zu ihrem Recht kommen. Lloyd George, 
der übrigens wiederhergestellt ist, wird eine Invaliditäts-Vee r- 
sicherung vorlegen, zu der die Arbeiter selbst die Hälfte 
der Unkosten beisteuern sollen. Der Staat wird ein Viertel und 
der Arbeitgeber das letzte Viertel zahlen. Eine Nenderung 
der Wahlgesetßgebung ist ebenfalls in Aussicht 
genommen. Dem mehrfachen Stimmrecht namentlich soll 
zu Leibe gegangen werden. Das Budget wird in seinen jetzigen 
Hrundzügen bestehen bleiben, nur wird im Miarineetat mit 
einer Mehrausgabe gerechnet. Von mancher Seite wird auch 
eine einschneidende Aenderung der Fremdengesetzge— 
zung im Sinne einer Verschärfung der für die Sinwanderung 
und den Aufenthalt Fremder geltenden Bestimmiungen gewünscht. 
Gestern haben an der spanischen Küste die britischen See— 
mansver, die nach der Gewohnheit des ersten Seelords sehr 
rüh im Jahre angesetzt sind, begonnen. Die ganze Flotte 
zesteht aus 23 Panzerschiffen und 14 Panzerkreuzern. Die rote 
Fiotte hat die Aosta-Bay als Basis und steht unter Admiral 
May. Die blaue operiert von Vigo her und wird von Admiral 
dmond Poe befehltat 
— 
Ein heiliges, großes Glüdsgefühl quoll in Dorret auf. An 
diesem hier hatte auch sie Teil, der gehörte ihr. 
Der Morgen kam. Mit alutroten Säumen glomm er im 
Diten empor. 
Graf Reimar sah all den Glanz des jungen Morgens auf 
»em jungen Gesicht, das sich jetzt forschend über den See⸗ 
ffizier beugte, den ihre Arme umfingen, und der sein Bruder 
var, sein einziger Bruder, der sich in Groll und Haß von 
hin gewandt, und den er doch so lieb gehabt. 
Ausschreien hätte er mögen, als er in dem Mann, der 
ich in Todesangst an einem Mast geklammert hielt und 
hu nicht lassen wollte, seinen Bruder Timm erkannte, der 
ein Haupt abwandte, als er ihn in seine Arme schließen 
vollte, und die Augen schloß, als wollte er sterben. 
Und nun hielt das fremde Mädchen seinen Bruder, der i hm 
so fremd geworden, schützend umfangen, und er empfand, daß 
rekeinen Teil da an den beiden hatte. 
Die schwarze Regenkappe war Dorret in den Nacken ge— 
zlitten. In Appiger Fülle bauschte sich das blonde Haar um 
zas blühende, junge Gesicht mit den leuchtenden Augen. die 
trahlend den Morgen grüßten. 
Immer sieghafter wurde das rosige Licht. Immer mehr 
glätteten sich die Wogenberge. Nur ein gurgelndes Rollen, 
das immer wieder aus den Wellen stieg, kündete noch den 
dampf des Meeres. 
Wie umgürtet von Sitberschaum lag das kleine Friesendorf 
ind dahinter im glühenden Morgenlicht, etwas erhöht, der 
Horlingshof. 
Dichtgedrängt staunden die Bewohner des kleinen Eilandes 
im Strande. Hundert Hände streckten sich den Geretteten und 
nen Rettern entgegen. 
Und jetzt sah man auch eine hohe, schlanke Frauen⸗ 
gestalt, die Friesenhaube, wie die Dorfweiber sie trugen, 
auf dem rotblonden Haar, mitten in der Menge, und ihre 
Augen hingen voll GEntsetzen an dem bleichen Antliiz des Ohn⸗ 
nächtigen, den sie soeben vorübertrugen, und wie ein Schrei 
m es von ihren Lippen: 
Aimm Randolt!“ 
Gortsetzung foso⸗ 
Die Konferenz zur Bekämpfung der Schlafkrankheit in Lon— 
on ist gestern beendet. 
Fraukreich. 
W. In der Kammer erklärte bei Gelegenheit der Be— 
atung des Budgets des Ministeriums des Innern Vaillant 
s für dringend notwendig, Maßnahmen zu ergreifen, um 
as Land vor dem Eindringen der Cholera zu schützen. Redner 
orderte die Regierung auf, eine internationale Ge— 
undheitskonferenz einzuberufen, die vorbeugende 
NMaßnahmen ins Leben rufen soll. Ministerpräsident Briand 
intwortete, die Einberufung einer internationalen Hygiene— 
ronferenz sei soeben beschlossen worden. 
Der Deputierte Pechadre (Marne⸗Departement) richtete an 
den Ministerpräsidenten Briand wegen der Unruhen in der 
Champagne eine Anfrage und setzte auseinander, daß die 
Vinzer fürchteten, daß die Einfuhr zur Champagnerbereitung 
eftimmten Weißweines sie am Verkauf ihres eigenen Erzeug⸗ 
aisses hindere. Briand erwiderte, trotz der letzten Vorfälle 
tehe die Regierung den Winzern äußerst wohlwollend gegenüber 
ind habe ihnen Beihilfen und Steuererlaß bewilligt. Die 
Veinfälschungen würden streng unterdrückt. Die Abgrenzung 
es Champagne⸗Bezirkes würde neu geregelt werden, aber 
ie Winzer dürften sich durch Sabotage nicht die Sympathien 
erscherzen. Geifall.) Damit ist der Zwischenfall erledigt. (Tel.) 
W. Im Verlauf der Debatte über den allgemeinen 
rbeiterverbund erklärte der Ministerpräsident, der allge— 
neine Arbeiterverband sei eine Gruppe von dreitausend 
Irbeitersyndikaten. Aber nicht bei diesen Syndikaten sei 
er Keim der Entscheidungen zu suchen, die in Paris von 
ewissen Führern gefaht werden. Der Verband, der sich 
ewuhßt geworden sei, daß er an Einfluß verliere, habe 
hu durch die Durandaffäre wieder gewinnen wollen, aber 
ie Arbeiterschaft habe sich von der Herrschaft der etwa 
wanzig Leiter des Verbandes befreit. Der Miinisterpräsi— 
ent fuhr dann sort: Man dürse den allgemeinen Ar— 
eiterverband nicht auslösen, weil es dann den Anschein 
ätte, daß die Synditkatsfreiheit beeinträchtigt werde. Es 
eien Maßnahmen getroffen, um zu verhindern, daß die 
ßropaganda der Antimilitaristen in den Kasernen Eingang 
inde. Er erklärte dann zum Schluß, man dürse sich 
icht in der Unterdrücdungspolitik verirren. Es sei nötig, 
„em Gesetze Achtung zu verschaffen und die Kollektiv— 
erantwortlichkeiten, wenn solche Platz greifen, zu beseitigen, 
wer man müsse auch das Gehiet der Syndikatsfreiheiten 
erweitern. (Tel.) 
Belgien. 
Die durch die Auflehnung der streikenden Bergarbeiter 
gegen die Streikleitung am Mittwoch abend geschaffene neus 
dage hat sich inzwischen etwas geklärt, so daß man sich 
jeute einigermahen einen Ueberblick machen kann. Nach 
iner Statistik, die von der Bruüsseler Presse übereinstimmend 
eröffentlicht wird, befinden sich von den 28000 Berg-⸗ 
euten, die am Dienstag sich im Ausstand besanden, noch 
und 19 000 (genau 18520) im Streik. Die Unzufrieden— 
seit wird durch den Umstand gesteigert, daß man sich 
ber die Verteilung der Streikgelder nicht 
inigen kann. Die nicht-organisierten Arbeiter, die sich 
zum Anschlutz an die Sireitbewegung verleiten ließen und 
die organisierten auf diese Weise unterstützt haben, haben 
hisher überhaupt keine Streikgelder erhalten, die sie nun 
heftig verlangen. Ueberfälle sind zu verzeichnen. 
Jiaolien. 
Der vom Ministerrat angenommene Gesetzentwurf über die 
Tusgaben für die Marine enthält keine wesentlichen 
Jenderungen des 1909 aufgestellten Schiffbauprogramms. Der 
zutwurf berücksichtigt die weitestgehenden Forderungen für die 
tüstenverteidigung und trifft Vorsorge für die Integrität der 
rjonds, die für Schiffsneubauten bestimmt sind, und für die 
auernde Erneuerung des Bestandes der Flotte derart, daß eine 
cleichmäßige Beschäftigung der staatlichen Werften gesichert ist. 
ẽr sieht ferner vor, daß die Kredite für die verschiedenen 
dienstzweige in ein Verhältnis gebracht werden zu den in 
en Verband der attiven Schlachtflotte eintretenden Schiffs⸗ 
inheiten und der Erhöhung des Effektiobestandes der Flotte 
zis auf 32000 Mann. Dann stellt der Entwurf für Schiffs— 
zauten und die damit verbundenen ordentlichen Ausgaben 
ine Erhöhung von etwa 20 Millionen jährlich in das konlso— 
idierte Budget ein. 
Portugal. 
Zur Lage in Portugal wird der Köln. 3tg. aus 
rissabon gemeldet: Eine Havas-Meldung aus Madrid, in 
zortugal seien die Reservisten einberufen worden, 
ätten aber den Gestellungsbefehl nicht befolgt, 
st eine reine Erfindung. Auch die Nachrichten, 
je von Pariser Blättern üher eine unmittelbar bevor⸗ 
tehende Gegenrevolution verbreitet werden, sind 
urchaus grundlos. Die angeblichen Aeußerungen des 
zräfendenten Dom Miguel, mit Aufopferung seiner Person 
aPortugal die herrschende Anarchie beenden zu wollen, 
erursacht selbst in monarchischen Kreisen Heiterkeit. Seit 
er großen Kundgebung vom letzten Sonntag hat sich 
ie allgemeine Lage fühlbar gebessert. Der 
Ausstand der Gas⸗ und der Metallarbeiter ist ohne 
virtschaftliche Bedeutung. 
Ruũland. 
Aus Petersburg wird geschrieben: Das stan dalöse 
zßugulmabahnpanama, das im März zur gericht⸗ 
ichen Verhandlung kommen wird, bringt 17 Personen 
uf die Anklagebank, von denen die meisten eine höhere 
esellschaftliche Stellung einnehmen, wirkliche 
ztaͤatsräte, also Exzellenzen oder Staatsräte lind. 
zon den Angeklagten befinden sich die Bräüder Nera— 
ow bereits in Haft, außer ihnen lind alle übrigen 
Rirektoren der Bahn sowie das ganze Direktorium und 
er Verwaltungsrat der Petersburger Privatbank und der 
Rirektor der Demidowwerke, Ratkow-Rashnow einer Reihe 
hwerer Mißbraͤuche angeklaagt. Die Summe der Unter⸗ 
chlagungen, die den Gegenstand des Prozesses bilden, 
heläuft lich auf Aber zehn Millionen Mark. 
TZürkei. 
Der Standard, der vor einigen Tagen in einem Briefe 
us Konstantinopel gemeldet hatte, dah die Jungtürken 
nfolge des russisch-deutschen Ablommens eine feindselige 
zaltung gegen Deutschlands Politik einnahmen, 
st heute gezwungen, festzustellen, dah das Gegenteil der 
rall ist. Derselbe Korrespondent in Konstantinopel, der die 
rste Veldung brachte, erklärt heute, daß seit ijenem Tage 
im Goldenen Sorn eine Aenderung eingetreten 
st, dank der geschidten Tätigkeit des deutschen 
8olschafters, der lich erfolgreich hemüht habe, den unan— 
aenehmen Eindruck einer Sache zu verwischen, die ursprünglie 
als den oitomanischen Interessen direkt zuwiderlaufend be 
trachtet wurde. Das türkische Kabinett scheint jetzt geneigt 
die Abmachung nicht nur als nicht aggresliv, sondern sogo 
als vorteilhaft für die Türkei anzusehen. 
Der Finanzminister bestimmte, daß die bei der deut. 
schen Reichsbank erhobenen, in deutschen, französischen 
und englischen Konsols angelegten Depots des früheren 
Sultans Abdul Hamid im Betrage von 13 Mill. Mean 
die Deutsche Bank überwiesen und dort für Rechnung des 
türkischen Tresors weiter verwaltet werden 
Frankfurter Zeitung.) 
Vereinigte Staaten. 
Nach einer Meldung der Times aus Waslhington ist de 
Gegenseitigskeitsvertrag zwischen den Vereinig 
ten Staaten und Kanada gestern abend abge 
schlossen worden. 
Sechzehn englische Chefredakteure haben dem Präsideunten 
Taft ein Glückwunschtelegramm gesandt für seine Anstren, 
gungen, eine Einschränkung der Rüstungen herbeizuführen. 
Am Donnerstag, dem 19. Jan., starb, wie schon im 
Morgenblatt télegraphisch gemeldet, Paul Morton, ein 
hochangesehener Finanzmann, PVräsident der 
Equitable Lebensversicherungsgesellschaft“, vierundfünfzig 
Jahre alt am Gehirnschlag. Morton war Marine— 
ninister unter Roosevelt und früher Präsident großer 
vestlicher Bahnen. Er übernahm die Leitung der „Equitable“ 
nachdem die bekannten Finanzstkandale im Jahre 1905 den 
RKücktritt James Hagen Hydes, der der Sohn des Gründers 
der Gesellschaft war, veranlaßt hatten. Morton ha 
»urch Information, die er der Regierung lieferte 
dieser den Kampf gegen die gefährlichste wirtschaftliche Wafse 
der Trusts, die jetzt verbotenen geheimen Eisen 
zahnfrachtrabatte möglich gemagcht 
—QB—— Wα Vd. —— Vöä— 
Vor 40 Jahren. 
In den Lübeckischen Anzeigen vom, Sonmw 
abend, dem 21. Januar 1871 sinden dich solgende 
offizielle Kriegsnachrichten: 
BVersailes, 49. Jan, Aus einem Telegramm an 
die Kaiserin. Ich kehre soeben von einem Ausfall— 
»1 gefeqhlt zurück das heftig an Kanonade war, gher ohne 
.Nallen Erfoiq. gez. Wilhelm. 
Rouviy, 19. Jan. Nord⸗Armee vor St, Quentin 
in 7stündigem Kampfe geschlagen. Bis ietzt über 4000 un⸗ 
verwundels Gefangene und 2 Geschütze. 
VSersaises, 19 Jan. Vor Paris am 19. Aus⸗ 
fall bedeutender feindlicher Streitkräfte vom Miöont 
Salérien aus gegen die Stellung des 5. Urmeekotus J 
zurücgewiesen. KHampf von vormittags 11. Uhr bis 8 
nach Einbruch der Dunkelheit. Diesseitiger Verlust, soweit * 
zu übersehen, nicht bedeutend. Belagerungs-Arxtillerie setzte 
ihr Feuer ununterbrochen mit gutem Erfolge fort. 
General v. Werder hai die Verfolgung der, 
Armee Bourbabkis unter glücklichen Gefechten begonnen. 
Die 1. Armee warf bam 18. vorgeschobene Ab⸗ 
leilungen der Nordarmee von Beauvois auf St. Quentin 
zurud, wobeln der Feind 1 Geschütz und 5300 unverwundete Ge⸗ 
zangene verlor. Am 19. greiff General v. Goeben die 
französische NRordarmee in ihrer Stellung vor St. Quentin 
an, warf sie n 7tündiger Schlacht aus allen 
Positsonen und nach hartnäckigem Kampfe nach St. Quentin 
hinein. Sis jetzt konnatiert: 2 Geschittze im Feuer ge⸗ 
nommen, über 4000 unverwundete Gesfangene. 
Von Abieisungen der 1II. Armee wurde am 19. 
Tours ohne Widerstand besetzt. 
Die Veschiezung von Longwy hat heute begonnen. 
Verslailles, 5O. Jan. Der Kailerin⸗Königin in 
Berlin. General v. Goeben hat getern vor St. Quentin 
den Feind abermals geschlagen, in die Stadt hineinge— 
worfen und will ihn heute verfsolgen. Sosind alle 
drei Armeen zur Entsetzung von Parisge— 
schlagen. Der gesttige Ausfall war stark an Truwppen. 
ohne Erfolg, doch steht der Feind noch außerhalb Varis in 
der Ebene vom Mont Valérien und greist gewiß heute 
wieder an. —V — 
6 v 
Tagesbericht. 
Lübeck, 21. Jan. 
0 Die Bestatiung des verunglükten Rechtsanwalis Dr 
Walther Kohrs zur letzten Ruhe erfolgte heute, Sonnabend, 
pormittag auf dem Friedhof vor dem Burgtor. Die Trauet 
zemeinde versammelte sich vorher zu einer letzten, stillen 
Totenandacht in der Friedhofskapelle, der auch die Eltern 
ind Angehörigen des Verstorbenen beiwohnten. Der Sarg 
var in herrlichen Blumen und Kränzen gebettet, die von 
»en Angehörigen, von dem Verblichenen nahestehendven 
Finzelpersonen, von den Luftschiffahrtsvereinen Lübed, Ham— 
uurg und Berlin, dem Personal des Berliner Bureaus, den 
Angestellter der väterlichen Fitma u. a. gewidmet waren 
die Lübecker und Hamburger Vereine für Luftschiffahrt hatter 
Deputationen entsandt. Vom Lübeder Verein für Luftschiff— 
sahrt war der Vorstand vollzählig und die Mitglieder sehr 
ahlreich erschienen. Der Hamburger Verein für Luftschiffahrt 
var vertreten durch die Herren Baron von Pohl, Kapitan⸗ 
euinant Meinardus, Amtsrichter Dr. Rümder und Direttor 
Marret. Die Trauerfeier wurde mit dem Gesange der drei 
rsten Verse des Oiedes „Jesu, geh' voran auf der Lebens 
ahn“ eröffnet. Die Rede hielt Herr Pastor Aereboe. Unter 
Zzugrundelegung des Bibelwortes aus dem 12. Kapitel des 
Zriefes an die Ebräer „Es ist ein köstlich Ding....“, sprach 
ruvon dem überaus tragischen Schitdsal, das dem jungen, 
sofsnungsvollen Leben jäh ein Ende leztzte, und von der 
rohßen Trauer, die über die Familie des Verunglüdten her— 
üngebrochen ist. Noch tragischer habe sich das Unglückh da⸗ 
durch gestaltet, als der Sohn erst am Weihnachtstage im 
xlternhause weilte und in einigen Tagen zurüdklehren 
vollte, um auch in der Heimat — am 31. Dezember — 
einen 30. Geburtstag zu feiern. Da sei er kurz vor 
einem Geburtstage einer Ballonkatastrophe zum Opfer ge— 
allen. Noch einmal solle auch an dieser Stätte besonders 
etont werden, daß das Unglüch nicht durch das 
Verschulden des Verstorbenen herbeigeführt Jei. vier 
dabe eine höhere Gewalt ihre Hand im Spiele 
sehabt und — den Menschen allerdings unverständlich — dem 
ungen Leben der kühnen Balloninsassen ein Ziel gesetzt. Mit 
em gemeinschaftlichen Gesange des letzten Verses von „Jesu, 
jeh voran“ schloß die Jeier in der Kapelle und der Sarg wurde 
iuf tannenbestreutem Wege nach der Gruft getragen, gefolat 
‚on den Leidtragenden. Herr Pastor Aereboe nahm hier die 
kinsegnung vor. Mit gemeinschaftlichem Gebet erreichte die Feietr 
hr Ende. Damit hatte sich auch zugleich der letzte Akt eines 
Tramas abgespielt, das über die Grenzen des Vaterlandes hin— 
aus in allen Kreisen die herzlichste Teilnahme her voraerufe⸗
	        
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