Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

es unter den heißen Sommern möglicherweise einzunehmen 
vermag, ergibt sich aus einem Blid auf nachstehende Tabelle, 
welche für die heißesten Sommer der letzten 80 Jahre (für 
die Zeit vor 1830 liegen keine brauchbaren Beobachtungen 
der Maximaltemperaturen vor) die Zahl der zur Notierung 
gelangten Sommertage in Berlin mitteilt. Es waren zu ver— 
zeichnen 48 Sommertage und mehr in den folgenden Jahren: 
45 Sommertage 1873, 18785, 1080, 1802 
49 1858, 1865, 1901, 
1 * 1889, 
2 1886, 
3 1846. 
1852, 1861, 
1859, 
1857, 
1868, 
2 1834. 
varaus geht hervor, daß ein leidlich heißer August und 
September das Jahr 1911 in diese Tabelle aller Voraussicht 
nach einreihen werden. Aber von einer „Rekord⸗Hitze“ kann 
leinesfalls gesprochen werden. Die tatsächlich vorhandene „Re— 
lord⸗Dürre“ macht uns ja auch gerade genug zu schaffen! 
Gebt den Tieren zu trinken! Daran sollte man besonders 
jn diesen heihen Tagen denken. Wie oft geschieht es, daß ein 
Fuhrmann nicht beachtet; daß ein armes Pserd, welches trotz 
der Hitze schwer arbeiten muß, auch das Trinkbedürlnis hat, 
nur kann es seinem Wunsche nicht Ausdruck geben. Beim 
Ziehhund kann man beobachten, wie ihm die Zunge zum 
Halse heraushängt. Und wie gierig trinkt er das ihm vorge— 
setzte Wasser ein. Der Gerechte erbarmt sich auch seines Viehes. 
»Die Nonne, jener von unseren Forstleuten so gefürchtete 
Schädling, beginnt wieder aufzutreten. Verschiedene deutsche 
Wälder wurden bereits hart mitgenommen. Der Kampf gegen 
den schädlichen Falter wird zwar seit Jahren systematisch mit 
aller Energie geführt, hat aber bisher nur mäßigen Erfolg 
gehabt. 
o.· Schotitische Karre gestohlen. Einem hiesigen Händler 
jt eine graugestrichene shottische Karre abhanden gekommen. 
Sie ist vermutlich von einem Unbefugten benutzt und dann 
rgendwo stehen geblieben. An derselben befinden sich zwei ver—⸗ 
schiedene Achsmuttern. 
0. Diebstähle. Aus einer unverschlossenen Wagenremise 
sind in der Zeit vom 17. bis 23. Juli ein Kutschermantel aus 
dunkelblauem Tuch mit hellgrauem Futter und silbernen 
Knöpfen mit den Buchstaben .A“, sowie ein Paar braune 
Lederhandschuhe abhandengekommen und vermutlich gestohlen 
worden. — Aus einem Neubau in der Morkerkestrahße sind in 
der Nacht auf Mittwoch, den 26. Juli vier fertige Tür— 
futter gestohlen. Dieselben sind 2,10 m hoch und 86 em breit, 
ie sind mit Nr. 16,17, 19 und 27 gezeichnet. An den Tür— 
uttern sind je zwei eiserne Aufsatzbänder und ein Schließ- 
olech angeschraubt. 
— — — 
d Der Ferienlurfus der Teachers Guild of Great Britain 
and Ireland wird auch in diesem August wieder stattfinden. 
mach den bisherigen Anmeldungen ist in diesem Jahre wieder 
nit einer erheblichen Steigerung der Teilnehmerzahl auf an— 
nähernd 60 zu rechnen. Der Kursus steht unter der Leitung 
der Serren Direktor Dawes aus Castleford und Direktor Dr. 
Schwarz; er dauert wiederum drei Wochen, doch sind eine 
Anzahl der Mitglieder schon vorher hier eingetroffen, andere 
verden noch längere Zeit nachher hier bleiben. An Vor— 
lesungen werden folgende gehalten: Herr Direktor Dr. Schwarz 
wird täglich eine Stunde unter dem Titel: „Aus dem heutigen 
beutschen Leben“ uber folgende Gegenstände lesen; i. Ein— 
sührung in Lübeck. — 1. Die Landschaft. 2. Die Stadt und 
ihre Geschichte. 3. Lübecks Bauten. 4. Verfassung und 
Wirtschaftsleben. II. Berufe und Einrichtungen im heutigen 
Deuischland. — 5. Das Schulleben, 6. Die Soldatenzeit 
und das deutsche Heer. 7. Der Student und die Universität 
3. Das deutsche Beamtentum. 9. Handel und Gewerbe im 
heutigen Deutschland. 10. Der vierte Stand und die soziale 
Befetzgebung. 11. Die freien Berufe 12. Der Deutsche als 
Staatsbürger; der Deutsche und die Kirche. 13. Die Frauen 
und die Frauenfrage. 14. Familienleben und Geselligkeit 
15. Das deutsche Vereinswesen. III, Einige Winke für 
— 
Eüddeutschland. 17. Lohnende Reiseziele — Die Herren 
Oberlehrer Grund und Thienhaus werden je einen Kursus 
über Phonetik der deutschen Sprache halten und Fräulein 
Bernhardt wird mit einer Anzahl Damen die Konversations⸗ 
übungen, auch in einer Stunde täglich, leiten. An einzelnen 
Vorlesungen können auch Nichtmitglieder teilnehmen. Die Er⸗ 
offnung des Kursus findet Donnerstag, den 3. Aug. in 
der Stadthalle statt. Es steht zu hoffen, daß, wie in früͤheren 
Jahren, eine Anzahl von Herren und Damen unserer Stadt sich 
zur Begrühung unserer Gäste einfindet 
Buntes Allerlei. 
use. Der Seroldsmeister des französischen Aels. Ganz 
überraschend. viel zu früh für die Freunde, die er auch in 
deutschen Gelehrtenkreisen besaß, ist der Vicomte Répérend ge⸗ 
torben, der Herausgeber der Annuaire de la Noblesse de 
France, des Jahrbuches des französischen Adels. „Vicomte 
Révérend“ (es war nur sein Autorname) galt mit Recht als 
die erste Autorität auf dem sehr unübersichtlichen Gebiete des 
französischen Adelswesens und unterschied sich von den Heraus— 
gebern ähnlicher Werke dadurch, daß er sich niemals bewegen 
ließ, den Boden der geschichtlichen Tatsachen zu verlaffen. 
Er war ein Fanatiker der Wahrheit und hat mehr als einer 
der in Frankreich fo üppig wuchernden Abstammungslegenden 
ein grausames Ende bereitet. Durch ihn erfuhr die Welt, 
daß der 5.Fürst von Nissole“ eigentlich Monsieur Henry hieß, 
daß die z Grafen von Camondo“ ursprünglich keine rumänische 
Händler jüdischen Glaubens waren, die „Grafen Cahen 
d'Anvers“ einsta ls fimple Cahen in Antwerpen lebten, und 
daß zahlreiche französische Familien das Adelsprädikat nur 
eigener Liebenswürdigkeit verdanken. Auch Hochstapler und 
Schwindler, die fich einen volltönenden Titel zu unlauteren 
Zwecken beigelegt hatten, iind durch den Vicomte Réͤvérend 
entlarvt und unschädlich gemacht worden. Er bedeutete im 
epublikanischen Frankreich etwas ähnliches, wie in monar⸗ 
hischen Staaten das Heroldsamt, natürlich mit dem Unter⸗ 
chiede, daß ihm jeglicher amtlicher Charakter fehlte. Von 
leiben dem, geschichtlichen Werte, ein vorzügliches Quellen— 
verk, ist sein (später bis zur Restauration fortgeführtes) 
Armorial du premior Empireô“, ein mit unendlichem Fleiße 
xcAehdellies, linbandtges Lexikon des von Napoleon J. ins 
Leben gerusenen französischen Reichsadels, in dem auch viele 
stichtfranzosen Aufnahme gefunden haben .... Manch fal—⸗ 
cher Baron und Marquis wird die Nachricht vom Hin—⸗ 
cheiden dieses für keine Stammbaumverschönerung zugäng⸗ 
ichen Mannes mit einem tiefen Seufzer der Erleichterung 
»ernommen haben. 
d. Kaftration durch Röntgenstrahlen. Unser medi⸗ 
zinischer Mitarbeiter schreibt uns: Seitdem man 
»or einigen Jahren die Wirkung der Röntgenstrahlen kennen 
jelernt hat, junges, keimendes Gewebe und junge Zellen 
n viel stärkerem Maße als älteres Gewebe zu zerstören, 
enutzt man von Jahr zu Jahr diese Eigenschaft der Röntgen⸗ 
trahlen, um Sterilisationen von Menschen oder Tieren vor⸗ 
unehmen. Früher galt eine Kastration als eine durchaus 
licht ungefährliche Operation. Dies hat sich bei der neuen 
MNethode völlig geändert. Auch die unliebsamen Ausfalls—⸗ 
rscheinungen, welche die Kastration zeitigte, fallen bei der 
zteriltsation durch Röntgenstrahlen weg. — Das merkwürdigste 
it, daß man auch vorübergehende Unfruchtbarkeit erzeugen 
'ann, die nach einem gewissen Zeitraum wieder verschwindet. 
Dies ist natürlich nur möglich, wenn die Dosierung der 
ztrahlen so vorsichtig bemessen wird, daß sie nicht das 
zanze Organ, sondern nur die jungen Keime schädigen. In 
der Gynäkologie dienen sie als vorzügliches Mittel gegen Blu—⸗ 
ungen. Auch der Tierarzt bedient sich ihrer in seiner Praxis. 
So werden die bisher üblichen Tierquälereien vermieden. Auch 
diejenigen Staaten, welche die Kastration sozial schädlicher In— 
dividuen zum Gesetz erhoben haben, lassen jetzt die Röntgen— 
bestrahlung an Stelle der Operation anwenden. 
d. Kinderpsychologisches. Das, Jahrhundert des Kindes“ 
hat die Seelen der Kleinen entdeckt, und das wird sein großer 
Ruhm bleiben. Wir halten uns kheute nicht mehr für zu 
jescheit, um in der Kinderpsyche zu lesen und uns mit Heiter— 
eit an jenen köstlichen Offenbarungen ihrer Natur zu ergötzen. 
kEs ist deshalb mehr als eine amüsante Spielerei, wenn die 
Münchner Zeitschrift „Die Lese“ ein Preisausschreiben für hübsche 
Orakelsprüche „aus der Kinderwelt“ veröffentlicht. Wir ent— 
nehmen den eingesandten Erlebnissen diese fröhliche Naivität: 
Mit den Siebenjährigen hatte ich das Großschreiben der An—⸗ 
angsbuchstaben besprochen und ihnen u. a. gesagt, daß sie die 
Namen aller der Dinge mit großen Anfangsbuchstaben schreiben 
nühten, die sie anfassen könnten. Tas darauffolgende Diktat 
iel zu meiner Zufriedenheit aus; nur Karl hatte das Wort 
„Hund“ klein geschrieben. „Kannst du denn den Bund nicht 
anfassen?“ fragte ich. — „Nein!“ — „Warum nicht?“ — „Er 
beißt!“ sagte Karl. 
d- Der Amerikaner am Telephon. Recht interessantti 
Ergebnisse bringt eine stati tische Erbebung über das Telephonwesen 
in den Vereinigten Staaten, das das „Bureau of the Census“ 
uu Wahkington kürzlich herausgegeben hat. Auf ein Telephon 
amen in den Vereinigten Staaten im Jahre 1907 durchschnittlich 
Mas Gespräche, und zwar ist die Zahl der im Jahresdurchschnitt 
auf eine Person treffenden Gespräche in den Südstaaten am 
geringsten, in den Weststaaten am größten. Im ganzen haben 
ich die auf jeden Einwohner treffenden Telephongespräche in 
den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt. Bemerkenswert 
ist der Unterschied in der Benutzung der für das Nachrichtenwesen 
ur Verfügung stehenden Verkehrsmittel in den Vereinigten 
Staaten und in Europa. Im Jahre 1907 wurden nämlich 
vbermittelt: 
in Europa in den 
Verein. Staaten 
Briefe 14512 196 000 7102 704 800 
Telegramme 329 598 516 97 834 795 
Telephongespräche 4264 819 699 11392 605 063 
In gansz Europa werden demnach mehr als doppelt so viele 
Briefe versandt und 324mal so viele Telegramme beförderl 
vie in den Vereinigten Staaten, aber das Telephon wird hier 
in Vergleich zu Europa mehr als dreimal so oft benutzt. Es 
st jedoch zu bedenken, daß die Bevölkerungszahl Europas be— 
deutend (fast fünfmal) größer ist als die der Vereinigten 
Staaten, so daß sich ein richtiges Bild von der unterschiedlichen 
Wichtigkeit der einzelnen Nachrichtenmittel exst gewinren läßt, 
venn man berechnet, wie viele Briefe, Telegramme und Tele— 
hongespräche auf jede Person der Bevölkerung trafen, wobei 
lich folgende Uebersicht ergibt: 
Durchschn. Zell der Nachr. auf 1 Person 
Europa Ver. Staaten — 
Briefe 34.6 81,5 
Telegramme 0,8 1,1 
Telephongespräche 12,2 133 
In den einzelnen Ländern Europas weicht die Häufigkeit der 
Benutzung der verschiedenen Nachrichtenmittel selbstredend stark 
1b; doch kommt gewiß in keinem die relative Häufigkeit der 
Telephonbenutzung jener in den Vereinigten Staaten auch nur 
annähernd gleich. 
Zur SHygiene der Tacche ergreift von neuem der Düssel— 
dorfer Lungenspezialist Dr. med. Thom in der Medizinischen 
Klinik Nr. 24 das Wort. Er will es nicht totgeschwiegen wissen, 
»atß eine unberechenbare Schar Lungenkranker bewußt oder 
inbewußt ins Taschentuch spudt und mit diesem Tuche auch die 
Tasche beschmutzt. Selbst bei Gebrauch eines Taschenspuctnapfes 
st eine Infektion des Tuches sowie der Tasche nicht zu ver⸗ 
meiden. Der Verfasser betont seinen schon früher aufgestellten 
zrundsatz: Wer das Taschentuch zum Abwischen oder zur Auf⸗ 
nahme ansteckender — nicht etwa nur tuberkuldser — Ausschei— 
dungen nicht umgehen kann, soll außer dem Tuch auch die 
Tasche — als Tascheneinsatz — fleihig wechseln. Es gilt dieser 
Satz schon für unsern täglichen Quälgeist, — den Schnupfen. 
Ddas Taschentuch soll nicht bald hier, bald dort vaga— 
„»undieren, auch nicht lose unter den Gürtel gestedt werden, 
ondern es soll einen bestimmten und seßhaften Ort haben 
Dr. Thom bildet drei eigene Modelle auswechselbarer Taschen⸗ 
insätze aus weißem Nessel oder Schirting ab, welche mit 
Znopflöchern oder besser rostfreien Truckkndpfen in der Tasche 
befestigt werden können. Es genügt eine Tasche, nämlich die⸗ 
lenige, die Erziehung und Gewohnheit zur Aufnahme des 
Taschentuchs bestimmt haben. Denn das Sacktuch beansprucht 
wie Uhr und Geld seine eigene Tasche. Die Einführung solcher 
Taschenhygiene liegt nicht nur den Aerzten, sondern in erster 
dinie unsern Frauen und Müttern ob. Die Erziehung des 
ungen Nachwuchses zu einem besseren Reinlichkeitsbegriff von 
Taschentuch und Tasche durch Elternhaus und Schule er— 
cheint Dr. Thom am ehesten geeignet, dem Schlendrian der 
Daschenwirtschaft in Zukunft wirksam zu steuern. 
— BB—m—SZINBEBWauannnnrnbnnnrannmas 
Neuete Nachrichten und Celegramme. 
Wissenschaftliche Ballonaufstiege. 
Straßburg, 1. Aug. Wie die Internationale Kommission 
zAr wissenschaftliche Luftschiffahrt mitteilt, finden am Donners— 
tag, dem 3. August, in den Morgenstunden internationale 
vissenschaftliche Ballonaufstiege statt. Es steigen Drachen, be— 
mannte oder unbemannte Ballons in den meisten Hauptstädten 
Furopas auf. Der Finder eines jeden unbemannten Ballons 
erhält eine Belohnung, wenn er der jedem Ballon beige— 
gebenen Instruktion gemäh den Ballon und die Instrumenté 
sorgfältig birgt und an die angegebene Adresse sofort tele⸗ 
araphisch Nachricht sendet. 
Typhus in Westpreußen. 
W. Danzig, 1. Aug. In der Provinzialirrenanstalt Konrade 
stein sind in der letzten Woche 14 Kranke und ein Pfleger 
an Typhus erkrankt. Die Zahl der Erkrankungen ist auf 
127 und die der Todesfälle auf 13 gestiegen. 
Ein Oberstleutnant als Betrüger verurteilt. 
W. München, 1. Aug. Der Oberstleutnant a. D. Ludwig 
Strietzel beim Generalkommando des 1. Armeekorps wurde vom 
Kriegsgericht der ersten Division wegen mehrerer Fälle Be— 
ruges und versuchten Betruges zu fünf Jahren Gefängnis und 
Entfernung aus dem Heere verurteilt. 
Brand des Kurhauses in Pyrmont. 
Wt. Pyrmont, 1. Aug. Das neuerbaute Kurhaus brennk 
seit heute früh 322 Uhr. Es ist wahrscheinlich durch Kurzschluß 
im Maschinenraum entstanden. Das Feuer griff mit großer 
Schnelligkeit um sich und zerstörte den größten Teil des 
Kurhauses und der Bäder. Der Schaden ist grotz. Menschen⸗ 
leben sind nicht zu beklagen. 
Rußland und die persischen Finanzen. 
W. Teherau, 1. Aug. (Merdung des Reuterschen Bureaus.) 
Der russische Gesandte verständigte die persische Regierung, 
daß die Zinsen für die russische konsoüdierte Schuld und ver- 
chiedene andere auf den Zöllen liegende Lasten von Mormard, 
dem belgischen Generalverwalter der Zölle, anstatt von Mor—⸗ 
gan Schuster, dem amerikanischen Generalschatzmeister, gezahlt 
werden müßten, der durch das Gesetz vom 13. Juni allein das 
Recht erhalten habe, Anweisungen der persischen Regierung zu 
zeichnen. Der russische Gesandte verständigte auch Mormard von 
seinen Wünschen in dieser Hinsicht. Die Weigerung des russi- 
chen Gesandten, das legislative Recht des Medschlis anzuer- 
ennen, wird hier lebhaft besprochen. Es sollte beachtet wer— 
den, daß nicht allein alle Zollasten regelmäbhig von Schuster 
gededt wurden, sondern, daß dieser vielmehr auch vor einem 
Monat der englischen und russischen Bank die formelle Ver— 
sicherung abgab, daß diese Zahrungen so wie bisher die 
erste Last der Zölle und Staatsobligationen des neuen Systems 
hilden würden, was von den beiden Banken zur Kenntnis 
zenommen wurde. Auch in der Zeit von mehr als einem 
Monat, da Mormard seine Tätigkeit ausübte, sind keine 
Klagen über Unregelmäßigkeiten und Verzögerungen vorge4- 
lommen. Die persische Regierung erhält aufrecht, daß in 
der Betrauung Schusters mit den Zahlungen der Jollver⸗ 
walrung wie aller anderen Verwaltungszweige keinerlei Ver— 
leßung irgend eines internationalen Abkommens gelegen hat. 
Eine persische Protestnote an Rußland. 
W. Teheran, 1. Aug. Der Minister des Aeußern richtete 
eine Note an den russischen Gesandten, in welcher er förmlichen 
Protest erhebt gegen das Vorgehen des russischen General⸗ 
konsuls in Täbris, der mit Gewalt den früheren Gouverneur 
hyon Ardebill Reschid el Mult aus dem Hause des Vize— 
zouverneurs befreite, und exemplarische Bestrafung der Schul— 
digen fordert. 
Die Malissorenfrage vor der Entscheidun 
W. Konstantinopel. 1. August. Meldung des Wiener k. k. 
Telegr.⸗Corr.Bureaus. Da heute die Frist für die Unter— 
verfung bezw. die Rückkehr der Malissoren abläuft, beriet der 
Ministerrat, dem der Kriegsminister beiwohn!e. gestern nach 
mittag über die Malissorenfrage. Wie verlautet, beschloß der 
Ministerrat erst nach der Ankunft des Oberkommandanten 
Abdullah Pascha im Aufstandsgebiete, die für Freitag oder 
Sonnabend erwartet wird, desinitive Beschsüsse zu falsen. Es 
heißt, daß die Pforte in der Frage des Waffentragens auf 
dem früheren Beschlusse besteht, nach welchem das Wasfentragen 
nur denijenigen gestattet ist, die berufsmätßzig Waffen brauchen. 
Die Pforte soll fest entschlossen sein, die Mali soren anzugreifen 
und sogar über die Grenze hinaus zu verfolgen, falls sie die 
Forderungen der Pforte nicht annehmen. Als Grund hierfür 
gibt die Pforte die große Erregung der türkischen Truppen 
an. Gerüchten zusolge soll der Gesand'e in Cetinje bauftragt 
werden, Montenegro auf die Folgçen einer Nichtunterwersung 
der Malissoren aufmerksam zu machen. 
Das Vorgehen der amerikanischen Regierung gegen 
13 Dampfergesellschaften. 
W. Wafhington, 1. Aug. Die Regierung ergreift Maß— 
nahmen. das gerichtliche Verfahren zu befchleunigen. das sie 
unter Anwendung des Antlikrusteesetzes gezen drei ehn Dampfer— 
zefellschaf!len der atlanischen Konvention anzestrengt hat, weil 
diese, wie die Anklage behauptet, durch das im Jahre 1908 
in London unterzeichnese Abtkommen versuchen, den Zwischendeck⸗ 
verkehr zu monopolisieren. 
— 
W. Berlin, 1. Aug. Ein mysteriöser Skelett⸗ 
fund, der unzweifelhaft auf ein Verbrechen schließen läßt, 
wurde auf dem Truppenübungsplatz Döberitz gemacht. Durch 
einen Gerichtsarzt wurde festgestellt, daß es sich um das 
Slelett eines etwa 30jährigen Mannes handelt. Alle An— 
zeichen weisen auf einen Mord hin, der jedoch schon jahrzehnte— 
lang zurückliegen dürfte. 
W. Valence (Dep. Drone), 1. Aug. Der Schweizer Flieger 
Wuß, der hier einen Aufstieg machte, flog beim Start gegen 
die Tribüne. Zwei Zuschauer wurden verletzt, der Flieger 
ist unverletzt. Kurz darauf stürzte die Tribüne ein, wobei 
10 Personen verletzt wurden. 
WV. Mailand, 1. Aug. Ein schweres Eisenbahn— 
unglüd ereignete sich bei Alessandria. Der Zug erfaßte 
einen Wogen, der eben das Gleis überfahren wollte. Von 
den vier Insassen des Gespanns wurden zwei Frauen 
und ein Kind getötet. 
W. Charlotte Nord-Carolina), 31. Juli. Wegen de 
indauernden Trockenheit haben 152 Baumwoll— 
pinnereien in Norde und Süd Carolina den Betrieb 
eingestellt.
	        
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