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Sonnabend, den 22. Juli 1911.
Ausgabe A.
Abend⸗Blatt Ur. 366.
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Aus den Nachbargebieten.
Hansestãdte.
Samburg, 22. Juli. Todesfall. Prof. Dr. phil.
Zermann C. 8. Schubert, der viele Jahre an der Gelehrten⸗
schule des Johanneums wirkte, ist nach längerer Krankheit im
3. Lebensiahre gestorben. J
Kleine Nachrichten) Einen guten Fang hat
die Kriminalpolizei mit der Festnahme eines russischen Malers
gemeacht. Dieser wurde auf dem Sauptbahnhof verhaftet. als
er auf Grund eines Gepädauslieferungsscheines ein dort hinter⸗
legtes Gepäckstück forderte. Der Beamte hatte von dem recht⸗
mäßigen Besitzer des Gepäckstückes bereits Kenntnis erhalten,
daß ihm sein Hinterlegungsschein gestohlen worden war; er
rief deshalb einen Schutzmann herbei und ließ den Russen
perhaften. Dieser gab zunächst an, den Schein gefunden zu
haben, mußte aber schließlich den Diebstahl zugeben. Der
Festgenommene hatte allen Grund, seinen richtigen Namen zu
verschweigen, denn er wird in einer großen Diebessache seit
langer Zeit gesucht. Einige seiner Helfer befinden sich be—⸗
reits hinter Schloß und Riegel. — Ein Räuberlager
entdedten Kriminalbeamte in vorletzter Nacht in der Barmbeder
Feldmark. Sie überraschten dort einen Maurer, einen Schlosser,
einen Landarbeiter und mehrere Frauenspersonen, die fich über
ein Faß mit Kümmel hermachten. Bei den sofort angestellten
Recherchen ermittelte man, daß das Faß aus einer Baubude
am Käthnerort Nr. 3 gestohlen worden ist. Sämtliche Beteiligte,
die übrigens schon wegen Eigentumsvergehens vorbestraft sind,
legten ein umfassendes Geständnis ab.
Bremen, 22. Juli. Schlaraffen auf der
Anerikareise. Eine größere Anzahl von Mitgliedern
deutscher und österreichischer Schlaraffenreiche tritt heute mit
dem Postdampfer „Barbarossa“ des Norddeutschen Lloyd eine
Fahrt nach Amerika an, um dort an einem schlaraffischen
Sommerfest der kombinierten ostamerikanischen Schlaraffenreiche
keilzunehmen. Die Leitung dieses „Amerikaritts“ liegt in den
Händen des Herrn Maximilian Kramer in Vertretung von
Me. Canns Weltreisebureau in Newyork. Unter den Teilnehmern
sind „Sassen“ der Schlaraffenreiche Berlin, Brünn, Karlsruhe,
Meran, Plauen, Köln a. Rh. Krakau, Zwickau i. S., Dresden,
Trautenau. Graz, Hamburg, Würzburg, Salzburg, Leipzig,
Magdeburg. Metz, München, Nürnberg, Innsbrud, Pilsen,
Teplitz, Znaim, Zürich, Wien und Agram. Das hiesige Reich
„Brema“ hatte gestern abend zu Ehren der Amerikafahrer
einen Empfangsabend in der Union veranstaltet.
zuspringen. Der Mann rettete sie. Während er die Küchen⸗
ur schloß, riß die Frau ein Fenster der Schlafstube auf und
prang in die surchlbare Tiefe hinab. Sie blieb besinnungslos
iegen, ihr Zustand ist hoffnungslos.
Reumünster; 22. Juli. 78971 Wohnhäuser find
iach einer von der Polizei aufgestellten Statistik hier vor⸗
zanden, von denen 7849 bewohnt, 122 unbewohnt sind. Zu
Miete wohnen 6577 Haushaltungen. — Die Milchliefe⸗-
anten haben zur Durchführung einer Preiserhöhung für
Milche und Meiereiprodukte die Bildung eines Ringes vor—⸗
ereilet. Nur noch ein Interessent weigert sich, dem Ring
zeizutreten. — Verhaftet wurden hier zwei Männer, die
n Nortorf einen schweren Einbruchsdiebstahl ausge—
Ahrt haben und hier die Beute zu Gelde zu machen suchten.
Großherzogtum Oĩdenburqg, Fürstentunt Lübed.
Oldenburg, 22. Juli. Grauenhafte Mikßhand—
lungen des eigenen Kindes führten den Nieter Litt⸗
nann und seine Ehefrau aus Heppens vor die Strafkammer
»es Landgerichts. Das bedauernswerte, noch nicht vier Jahre
te Kind wurde von den beiden mit Stöden und einem
dederriemen blutrünstig geschlagen, mit dem Gesicht in den
igenen Kot gedrückt und an den Haaren nach dem Abort ge—
errt und stundenlang dort eingesperrt. Auch bekam es einmal
inen ganzen Tag nichts zu essen, und als es von Hunger
edete, erhielt es ein mit Schmierseife, Pfeffer und Salz be⸗
egtes Brot. Trotz aller Ermahnungen der Nachbarn ließen
ie Brutalitäten nicht nach und das Kind sah schließlich einem
Skelett ähnlich, so daß man es nicht länger ansehen konnte
ind Anzeige erstattete. Die Untersuchung förderte noch ver—
chiedene andere Dinge zutage; so war beispielsweise das Bett
n einem unbeschreiblichen Zustand. Tas Bettstroh hing wie
chimmliger Mist heraus. Tas Kind wurde ins Armenhaus
jebracht und der unnatürliche Vater verhaftet. In der Ver⸗
andlung beantragte der Staatsanwalt gegen ihn und seine
zrau je 2 Jahre Gefängnis. Das Gericht ging aber über
iesen Antrag hinaus und verurteilte sie zu ie 3 Jahren
sefängnis.
Fr. Eutin, 22. Juli. Verkauft haben die Jung—
ohannschen Erben ihre Villa, Bismascktraße, an Privatier
zansen, Goslar. — Die Spar- und Leihkasse hier—
elbst hat die Rechte aus dem Meistgebot auf die von ihr
m Zwanagsversteigerungsverfahren erworlene Hol brarbei—
ungsfabrik am Siggelkow in Malente an den Betriebsleiter
Roloff in Malente abgetreten und ilt diesem der Zuschlag er—
teilt
Jmiers gut desetzt. — Auch die Leichen der ertrunkenen
Kellner Stüve und Salfow sind jetzt aufgefunden worden,
Rostod; 22. Juli. Malsengräber gefun den—
Bei den Ausschachtungsarbeiten zu einem Neubau am Eingang
»er Doberaner Straße stieß man auf Massengräber; aus denen
eine Menge von Menschenknochen zutage gefördert wurden.
Wie die Rostocker Zeitung schreibt; handelt es sich vermut⸗
ich um den ehemaligen Kirchhof St. Gertrudr der im Kirch⸗
piel St. Jakobi um 1400 errichtet wurde. Da ungefähr
leichzeitig in Hamburg eine Gertrudenkarelle auf dem neuen
dirchhof erbaut wurde, die durch die furchtbare Seuche des
chwarzen Todes notwendig geworden war, so mimmt die
ckhronik für den hiesigen Gertrudenkirchhof, der wegen der
chnellen Leichenverwesung berühmt war, eine agleiche Ent⸗
tehungsgeschichte an.
Neustrelitz; 22. Juli. Der Großherzog Adolf Friedrich
»on Mecgklenburg⸗Strelitz vollendet heute (Sonnabend) das
33. Lebensiahr. — Zu den Kaisermanövern; die be—
anntlich am 11. September beginnen, wird in unserer Stadt
ahlreicher fürstlicher Besuch erwartet. Wie ein Berliner Blatt
m' Gegensatz zu den bisherigen Nachrichten wissen will, soll
das Haupiquartier des Kaisers in unserer Stadt aufgeschlagen
verden, und nicht in Boizenburg i. U. Ferner ist vor kurzem
ür Seine Königliche Hohrit den Prinzen Heinrich von
Preußen und sfür den Herzog Johann Albrecht zu Medlen—⸗
urg, in einem hiesigen Privathause Quartier gemacht, des⸗
zleichen sind, wie die N. Z. erfährt, in hiesigen Hotels;
ind mehreren Privathäusern Umfragen gehalten nach ent—⸗
prechenden Riumen nquür höhere Militärs.
— Schönberg, 22..Juli. Der Wirteverein für
»as Fürstentum Ratzeburg setzte seinen Jahresbeitrag auf
10 Mefest. Die Mitgliederzahl beträgt schon mehr als 70.
Zum Schrififührer wurde Gastwirt Ave hierselbst gewählt.
— Die Raps- und Rübsenernte ist hier brendet. Der
Roggen ist schon an vielen Stellen gemäht und ve— soricht
wuten Ertrag. — Der Sonnabendverein wird einen
weitägigen Ausflug nach Kopenhagen machen, dalls sih dreibig
Teilnehmer finden. Zum Schrif führer und Kasssete: ist Bank⸗
irektor Oldörp gewählt. — Der Turnerbund beschloß,
im 17. September d. J. eine hundertjährige Ge—
»enkfeier des deutschen Turnens zu veranstalten. Zu
zer Frier werden d'e Nacbarvrereine, die patriotischen Ver—
ine, der Gesangverein, sowie die Schulen ein jeladen wecden.
Im Stadtpark beablichtigt man, eine Jahneiche zu pflanzen.
Schleswig⸗ Holtein.
Abltona, 22. Juli. Brandstifter Schubert. Die
don anderer Seite verbreitete Meldung, daß Schubert bei
seinen Vernehmungen zu allem Ja und Amen gesagt und so—⸗
gar einen Mord eingeräumt habe, beruht nach einer Erklärung
der Kriminalpolizei auf Erfindung. Dem Schubert ist von
den die Untersuchung führenden Beamten eine derartige Frage
überhaupt nicht vorgelegt worden. Seine Geständnisse habe
er immer erst am Tatorte abgelegt. E'ne Beeinflussung des
Schubert durch die Beamten sei nicht erfolgt.
Kiel, 22. Juli. Neue Brandstiftung. Der un—
heimliche Brandstifter, der im nahen Weimersdorf und
—A
sein Treiben fort. Er hat in der vorletzten Nacht das
Gewese des Landmannes Klöhn in Necçenharrin in Brand ge—
sttect. Es ist mit dem Mobiliar und dem Inventar völlig
niedergebrannt. Ein Pferd kam in den Flammen um. — Ehe⸗
drama. Die Ehefrau des Schneidermeisters Reinhold am
Knooperweg geriet nach einer kleinen Auseinandersetzung mit
hrem Mann in maßlose Aufregung. Sie versuchte, aus dem
Küchenfenster im drilten Stock auf das Straßenrflaster hinab⸗
Lauenburg.
F. Lauenburg, 22. Juli. Eine Kreuzotter, die
'urz vor dem Wurf von zwölf Zungen stand, wurde von einem
folgreichen Kreuzotternjäger in den Buchhorster Bergen ge—
ötet. Da die Kreisverwaltung für den Kopf einer getöteten
Kreuzotter 25 Pfg. Vrämie zahlt, erhielt der Jäger für die
13 Giftschlangen 3,25 Miausbezahlt.
Ratzeburg, 22. Juli. Die Verkehrsstatistik hat
die Kgl. Eisenbahndirektion Altona vom 1. April 1910 bis
31. März 1911 für ihren Betrieb zusammengestellt. Darnach
sind 1910 Fahrkarten verkauft in Ratzeburg 39 816. Mölln
3313. Lauenburg 47978, Swarzenbet 87 056, Büchen
59579 (ferner im Bezirk Lübeck-Büchen 218903 Jahrkarten).
Aumühle 79 451, Friedrichsruh 505 836.
Grokher 23.n vtlrura.
Schwerin; 22. Juli. Die Rebhühnerjagd ver—
pricht in diesem Jahre ungewöhnlich lohnend zu werden.
Zelten hat man, so wird aus Jägerkreisen be ihet. in einem
er Vorjahre um dieselbe Zeit so starke Vöolter getroffen
oie jetzt. Viele Kücken sind schön größer als d'e Stare. Auch
hie Hasen haben infolge des treckenen Füljahs und Som—
Sportnachrichten.
(Mitgeteilt vom Sportbureau Joh. Ganzel,
Hamburgs J. F.: IV. 3790/3791).
Rennen zu Liverpool, 20. Juli. Liverpool-Cup. 1500
Pfd. Sterl. Dalnacrag (F. Rickaby) J. King Midas 2.,
Zumorist 3. Wetten: 100:8. 71, 100: 7.
Die Karklsbader Rennen bleiben das Schmerzenslind des
sterreichischen Rennbetriebes. Alle Versuche, den Rennsport
n der Sprudelstadt zu heben, siad bisher gescheitert. Auch
zas letzte Meeting brachte nur sehr schmale Felder und in—
olgedessen schlechten Besuch. Ob die Rennen in dem be—
rühmten Kurorte eingehen oder beibehalten werden, ist noch
rnicht entschieden. Seitens des böhmischen Rennvereins be—
teht die Absicht, die Rennen auf acht Jahre zu überneh—
nen, wenn die Stadt Karlsbad eine jährliche Subvention
pon 35 000 Kronen zahlt. Dafür würde der Verein die
dereits dringend notwendig gewordenen Erneuerungsbauten
zuf seine Kosten vornehmen.
Welt und Wissen.
Die dentsche Sprache in der Türkei.
Die deutsche Sprache beginnt in der Türkei Fortschritte
zu machen. Sie ist als obligatorischer Unterrichtsgegenstand
an allen türkischen Mittel-und Hocschulen eingeführt worden.
Auch von deutscher Seite beginnt man sich zu rühren, nachdem
Franzosen, Italiener, Amerikaner, Engländer in der Verbrei—⸗
tung ihrer Sprachen schon Nennenswertes geleistet haben. In
Bagdad sind abendliche Unterrichtöblurse von einem deutschen
Lehrer eingerichtet worden, der die Kinder der dortigen Deutsch-
sprechenden bisher unterrichtete. Dieselben sind von syrischen
Christen und von Israeliten Bagdads gut besucht. Für Aleppo
ist vom Okttober d. J. eine deutsche Schule unter einem aka—
demisch gebildeten deutschen Lehrer geplant. Der Unterricht
muß fün die Einheimischen unentgeltlich sein, wie bei den fran⸗
zösischen, englischen und italienischen Missionen. In Konstan⸗
tinopel hatten schon im Jahre 1910 die dortigen deutschen
Schulen unentgeltlichen Unterricht in deutscher Sprache für Er—
wachsene eingeführt. Der Gedande fand Anklang: Offiziere,
Beamten, Kaufleute, Lehrer, Schriftsteller meldeten sich; außer
im Stande der Kaufleute waren die Türken in der Mehrzahl.
Im Winter 1911 fanden abermais solche Unterrichtsstunden
statt, sowohl in der Oberrealschule in Pera, wie in der
Schule in Haidar-Pascha. Der Besuch war weit größer, als
erwartet, so daß mehrere Klassen gebildet werden mubßten.
Weit über 100 Teilnehmer in Peta und nahe an 100 Teil⸗
nehmer in Haidar-Pascha beweisen das wachsende Interesse
der Bevölkerung an der deutschen Sprache. Wieder sind es die
militätischen Türken, die die Mehrzahl stellen; unter den
Beamten ist auch ein Staatsrat. Unsere Lehrer leisten hier
gegen geringes Entgelt aus der Kasse der Schulgemeinde wich⸗
tige Dienste für die Ausbreitung unserer Sprache. Es ist er⸗
freulich daß der Nutzen dieser Arbeit auch an amtlicher
Stelle anerkannt wird. Eine über reichliche Mittel verfügende
Behandlung der Frage, wie am besten und schnellsten die
Kenntnis unserer Sprache in der Türkei verbreitet werden
lönnte, vom Reiche tatkräftig unterstützt, wird hoffentlich nicht
mehr lange auf sich warten lassen. Die Errichtung einer Hoch—
schure nach deutschem Muster in der asiatischen Türkei, im
Einverstaäändnis mit der türkischen Regierung, wäre die Krönung
der zivilisatorischen Aufqaben Deutschlands. —.
Butter.
Das ist das Thema, das wokll jedermann und nicht zum
venigsten unsere Hausfrauen interessieren dürfte. Wer von
ins Kulturmenschen möchte die Butter missen, die dem Brot
rsi den eigentlichen Wohlgeschmack und dem Gebratenen die
sotwendige Flüssigkeit verleiht? Schon die alten Patriarchen
annten dieses Produkt der Milch: denn als die drei Engel zu
Abraham kamen, setzte er ihnen Butter und Milch vor; dem—
sach darf die Butter auf ein Alter von über 5000 Jahren zu—
üdblicken. In den Weissagungen des Jesaias über den kommen⸗
»en Erlöser findet sich eine Stelle, daß dieser Butten und Honig
ssen werde. Daraus läßt sich schliekeen, wie verbreitet bereits
mügtauen Altertum die Butter war. Eigentümlich ist die
Zerwendung dieses Nahrungsmitteis zu religiösen Zwecken, wie
s die Inder taten. In ihren heiligen Büchern, den Veden,
vird das Opfern, bei dem die Speisen mit Butter bedect
verden, mehrfach erwähnt. Dagegen besitzen wir keine sichere
dunde, ob die alten Griechen und Römer unsere Buttor
zekannt haben. Es scheint vielmehr, als ob die Germanen die
rsten Europäer gewesen sind, die sie herstellten. Wenigstens
ühmt Plinius sie als eine der löstlichsten Speisen der Barbaren.
zu Kultuszwecken benutzten die ersten Christen die Butter, in
hren Astarlampen brannte sie statt des Oels, und noch heute
pielt sie in der katholischen Kirche eine große Rolle, da ihr
ßebrauch während der strengsten Fastentage, nämlich am Grün—
donnerstag. Karfreitag und Karsomabend, untersagt ist. Einer
zroßen Bedeutung zur Behandslung von Wunden erfreute die
zutter sich später bei den Römern, die das Heilmittel in ihr
ichtig erkannten. Daß sogar ein Buch über die Butter ge—
chrieben wurde, worin nicht nur ihre sämtlichen Namen in
allen bekannten Sprachen zusammengestellt, sondern auch die
eischiedenen Arten der Zubereitung gründlich erörtert wurden,
ei noch erwähnt. Der Verfasser war der holländische Ge—
ehrte Martin Schookins, der im 17. Jahrhundert lebte. Heut⸗
utage ist die Butter, wie man so zu sagen pflegt, in aller
Ounde. Sie ist ein außerordentiich wichtiger Handelsartikel
jeworden, und in allen möglichen Varianten preist man sie zum
Kaufe an. Wohl bekomm' sie! —2
*
mn
Wie der Wind enisteht,
rzählt das soeben erschienene 7. Wetterbüchlein“ von A. Slte⸗
zerg (Scuttgart, Franckhsche Verlagshandlung). Das kleine
reffliche Werkchen will weitesten Kreisen das Verständnis
X
der atmosphärischen Vorgänge erschliefßen und den Leser an—
eiten, aus den amtiichen Wette kar!en und durch eigene Be—
bachtungen die zu erwartende Witte ung sebbst zu beurteilen.
hon der wochselssi igen Late der Hoch— und Tiefdruckgebiete,
owie von den Lufüdruckunterschieden hänat der Wind in seiner
kichtung und Séärke ab; denn der Wind ist ja bekaunntlich
richts wei er ass bewegte Luft, de en Bewecung heu ächlich
vagerecht zur Erdoberfläche vor sich geht. Wie das Wäasher
»on einem Abhang herniederflietzt und zwar um so schneller,
e steiler dieser ist, so muß auch die Luft stets von den Orten
nit höherem zu denjenigen mit niedrizerem Luftdrucke hinströmen
ind mit um so größerer Geschwindigkeit, je rascher sich der
ruftdruck von einem Orte zu einem benachbarten ändert, je
tärker also das Gefälle ist. Gleichwohl besteht ein wesent⸗
icher Unterschied zwischen den Wasser- und den
duftströmungen. Die letzteren weichen nämlich von
»er genauen Richlung des Derucktefälles um ziemiich er—
jebliche Winkel ab. Diese Abweichungen, die sich aus der
Achsendrehung der Erde usw. erklären lassen, stimmen auf
er nördlichen Ha'bugel mit der Beweqgung des Uhrzeizers
iberein; auf der südlichen Halbkugel haben se den entgegen⸗
jesetzten Sinn.
Die Bewegung der Luft um ein Minimum oder Maximum
seht nach dem für die gesamte Witterungskunde so überaus
vichtigen barischen Windgesetze (von dem Holländer Buys—
Zallot im Jahre 1857 entdeck)) vor sich, vermögen dessen
wir auch die Lage des niedrigsten und des höchsten Baro⸗
meterstandes zu bestimmen vermögen. Es lautet:
1. Kehrt man dem Winde den Rücken zu, so hat
man (auf der nördlichen Halbkugel) den niedrigsten Luftdruck
iinks und etwas nach vorne, den höheren rechts und etwas
nach hinten.
2. Die Windgeschwindigkeit ist um so stärker, je größer
zie Druckunterschiede sind, also je dichter die Isobaren beiein⸗
inder liegen.
Als Maß fülr die Druckunterschiede oder das Gefällée
dient der „barometrische Gradient“. Seine Größe wird in
der Weise ausgedrückt, daß man angibt, um wieviekt Milli—
neter der (auf den Meeresspiegel umgerechnete) Luftdruck zu⸗
der abnimmt, wenn man sich von einem Orte aus senk⸗
recht zur Isobare, also in der Richtung des größten Gefälles
am einen Aequatorgrad — 111.3 km entfernt. X.