Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

besitzer wohl die brennendste. Die Ursache ist in der Unsicher⸗ 
heit zu suchen, in welche sich der Kapitalist begibt, wenn er 
sein Geld in zweiten Hypotheken anlegt. Das RKisiko besteht 
— 
Wert wird nicht bloß von dem Wohnungsmarkt, sondern auch 
von anderen Momenten, wie zum Beispiel Verlegung von 
Straßenzügen, beeinflußt. Will man die Frage der zweiten 
Hypothek lösen, so muß man versuchen, das Risiko, welches 
der Geldgeber scheut, abzuschwächen, oder ganz aus dem Wege 
zu räumen. Hierfür hat man bisher innerhalb des Zentral⸗ 
derbandes zwei Wege vorgeschlagen: die Errichtung von Handfest⸗ 
Instituten und die Hypothekenversicherung. Die Handfest⸗ 
Institute beruhen darauf, daß zweite Hypotheken gewährt 
und auf Grund dieser dann von den zweite Hypothek ge— 
währenden Organisationen Pfandbriefe ausgegeben werden. Der 
zweite Weg ist die Hypothekenversicherrng. In Baden, wo 
man damit Versuche gemacht hat, kann man Erfolge nicht 
aufweisen. Darum haben wir im Kohlenrevier einen anderen 
Weg eingeschlagen. In Gelsenkirchen ist nämlich eine Kom⸗ 
mission eingesezt worden, welche zu prüfen hat, ob man dem 
Notstand nicht auf dem Wege einer Genossenschaft abhelfen 
könnte. Nach eingehenden Beratungen ist man zu dem Schlußz 
gekammen, daß die Besorgung zweiter Hypotheken auf dem 
Wege einer Genossenschaft m. b. H. möglich und mit wenig 
Schwierigkeiten verknüpft ist. Die Genossenschaft soll aber die 
zweite Hypothek nicht selbst geben, sondern nur vermitteln und 
gegebenenfalls die Bürgschaft hierfür übernehmen. Der Kor— 
referent Justizrat Baumert hatte Bedenken gegen solche Genossen— 
schasten. Wenn sie sich auflösen oder eine große Anzahl 
Wiitglieder verlieren, dann schweben auch die Garantien in 
der Luft. Noch schlimmer stehe es um sie, wenn sie in der 
Zwangsverstergerung die Häuser übernehmen müßten. Wir 
tönnen lediglich die Schaffuna von Pfandbrief-Instituten 
fordern. 
In der Dienstagsitzung wurde eine Aufforderung zum 
Beitritt in den neu zu gründenden Deutschen Haus— 
besitzerbund verteilt, der einen festen wirtschaftspolitischen 
Zusammenschluß aller deutschen Hausbesitzer herbeiführen und 
alle weiteren Sonderlasten abwehren will. Es soll Einfluß 
in politischer Beziehung in der Weise gewonnen werden, daß 
bei den bevorstehenden Reichsstagswahlen von jedem Kan— 
didaten die Erklärung verlangt wird: „Ich verpflichte mich, 
gegen jede weitere Sonderbelastung des Hausbesitzes zu stim— 
men.“ Stadto. Bart hÆrfurt sprach über Mietsprellerei 
und Universitätsprofessor De. Bredt-Marburg über Zonen— 
enteignung. Unter Zonenenteignung versteht man die Ent⸗ 
enteignung von Baugeländegärteln rechts und links 
von der Straße. Im Gegensatz zu anderen Ländern ist in 
Preußen die Zonenenteignung noch nicht zur Anwendung ge— 
ommen. Wenn eine Zonenenteignung zulössig wäre, so könnte 
sie heute einfach durch eine königliche Verordnung ein— 
geführt werden. Ein Gesetz wäre dazu nicht nötig. Es ist nun 
zu prüfen, ob die Zonenenteignung dem öffentlichen Interesse 
entspricht. Die Ideen der Bodenreformer haben sich ja heut in 
unserer ganzen preußischen Verwartung durchgesetzt, was in der 
fortgesetzten Belastung des Grundbesitzes zum Ausdruck kommt. 
Die Zonenenteignung ist nichts weiter als ein Kaufgeschäft 
zu normalen Marktpreisen, bei dem der Verkäufer 
allerdings zum Abschluß des Geschäfts gezwungen wird. Sie 
ist entschieden rationeller und milder als das System des gleich— 
mäßigen Druckes auf die grohe Masse der Hausbesitzer, das 
heute angewendet wird. (Lebh. Zust.) Sie bewegt sich auf 
dem Boden des Eigentumsbegriffs. Die Zonenenteignung bietet 
den Vorteil, daß Straßendurchbrüche, die heute mit Rüchssicht 
auf die hohen Kosten nicht erfolgen können, künftig leichter 
und schneller durchgeführt werden öönnen. Durch diese Straßen⸗ 
durchbrüche wird der solide Hausbesitz in der Stadt gehoben 
werden. Die Zonenenteignung ist ein Mittel, dem tatsächlich 
vorhandenen Widerstreit zwischen Gemeinde und Grundeigen— 
tümern den Boden zu entziehen. Man könnte dann im öffent 
lichen Interesse großzügig vorgehen und brauchte nicht mehr 
zu kleinlichen Maßnahmen gegen die Hausbesitzer zu greifen. 
Wir wollen jedenfalls eine Lösung vorziehen, die mit dem Be 
griff des Privateigentums rechnet. (Lebhafter Beifall.) Justiz⸗ 
tat DTr. Baumert⸗Spandau sprach sich auch zugunsten der 
Zonenenteignung aus und erklärte: Wir verlangen Gerechtig⸗ 
leit und fordern volle Entschädigung Geifall). — Rechtsanwalt 
Dr. Cohen-Hamburg: Niemals darf aber das Terrain von 
den Kommunen zu Spekulationszwecken Verwendung finden. Nur 
mit dieser Einschränkung können wir die Zonenenteignung billigen. 
(Zustimmung.) Am Nachmittag beschästigte sich der Verbandstag 
nit den Neuwahlen zum Vorstand und mit inneren Angelegen⸗ 
deiter 
—E— 
— ⸗ 
stedt; er hatte auch nicht den Ehrgeiz, die Kriegsakademie 
zu besuchen, um es in seiner Karriere zu etwas zu bringen. 
Einige Jahre noch wollte er das schöne Berlin in dem bevor⸗ 
zugten Offiziersstande genießen, dann wollte er heiraten, selbst⸗ 
berständlich nur ein reiches, adliges Mädchen. Sie würden 
ein Gut kaufen, womöglich mit wildreichen Forsten: der Stamm— 
baum der Freiherren von Schorn solte fortgeführt werden. 
Sechzehn Ahnen von ijieder Seite. anders war es ia un—⸗ 
denkbar. — — — 
„Ich möchte zu meiner Mutter zurück, Herr Baron,“ sagte 
da eine weiche Mädchenstimme an seiner Seite. Bruno erwachte 
aus seinen Zukunftsbetrachtungen. Ein kleines, bleiches, aber 
unendlich liebliches Gesicht sah zu ihm auf. 
„Ja gewiß!“ 
Er sagte es kurz, fast schroff. — 
Ernst und Elfriede schienen auch eben erst zu den älteren 
Leuten zurüdgekommen zu sein. Frau Ludolff erhob sich auf 
einen Wink ihres Sohnes. 
3Bleiben Sie doch noch,“ bat Frau von Schorn, „wir 
speisen hier.“ I 
Die Einladung wurde höflich, aber fest abgelehnt. Es 
widerstand den Armen, sich von den Reichen freihalten zu 
lassen, und selbst zu bezahlen, überstieg ihre bescheidenen 
Mittel. Die große Fontäne erstrahlte im bunten, eleltrischen 
Licht. Das herrliche Farbenspiel sesselte Ludolffs; sie blieben 
eine Weile stehen. Emmy hatte den Arm in den der Mutter 
gelegt und war merkwürdig still. Auch Ernst sprach erst, 
als Frau Ludolff sagte: . 
„Schorns wollen uns morgen einen Besuch machen.“ 
„Wozu?“ fragte Ernst kurz. 
„Der Baron war doch ein Kriegskamerad deines guten 
Vaters, lieber Sohn: ich finde es sehr artig von Schorns“ 
„ECinen Umgang können wir doch nicht anknüpfen, 
Mutter.“ 
Nein. wir leben in zu verschiedener Sphäre, mein Kind.“ 
Toöortsekunng tot 
Die Krisis im Buchdruckerverband. 
Man schreibt uns: Der Aufruf, den der Gesamtvor— 
tand des Buchdruckerverbandes soeben an die 
VBerbandsmitglieder richtet, läßt erkennen, wie kritisch die innere 
Lage des Verbandes sich zugespitzt hat. Der Gesamtvorstand 
pricht es offen aus, daß die radikalen Gegner der Ver— 
zandsleitung es darauf abgesehen haben, die berufenen Ver⸗ 
rauenspersonen des Verbandes durch Beschimpfun gen 
ur Amtsniederlegung zu zwingen und dann Vertre— 
Aer einer radikalen Gewerkschaftspolititk ans 
Ruder zu bringen. Der Gesamtvorstand will aber solchen 
Treibereien die Spitze bieten; er droht — im Einklange mit 
einem jüngst gefaßten Beschluß der letzten Generalversamm⸗ 
ung des Verbandes — den rüdsichtslosen Ausschluß der 
adikalen Verbandsschädlinge an, wenn diese Warnung nicht 
ruchtet. Ueber die Tragweite der entschiedenen Haltung des 
sesamtvorstandes können sich seine radikalen Gegner nicht im 
Anklaren sein. Nach 54 des „Or ganisationsvder, 
trages“ vom 1. Januar 1907 verpflichtet der Tarif⸗ 
»ertrag die Mitglieder des „Deutschen Buchdrudervereins“ (der 
Arbeitgeber-Organisation), nur socche Gehilfen einzustellen, die 
»er Buchdruckergewerkschaft angehören. Die radikalen Buch⸗ 
oruckergehilfen riskieren also im Falle ihres Ausschlusses aus 
»em Verbande, daß sie, von allen sonstigen Nachteilen abge—⸗ 
ehen, nur bei solchen Unternehmern Arbeit finden, die dem 
Deutschen Buchdruderverein“ nicht angehören; sie müßten denn 
Vitglieder des ihnen so verhaßten Gutenbergbundes werden 
wollen, um sich Arbeitsgelegenheit in dem bisherigen Um⸗ 
ange zu sichern! 
Die Aussicht auf eine derartige schwere Beeinträchtigung 
hrer eigenen wirtschaftlichen Interessen wird wohl manchen 
Buchdruckergehilfen, der in Versammlungen zugunsten der 
„radikalen Phraseure“ (wie der Gesamtvorstand in seinem 
Aufruf sich ausdrückt) gestimmt hat, zur Selbstprüfung und 
kinkehr bestimmen. Die passiven Verbandsmitglieder 
iber, die in großer Zahl den Versammlungen fernbleiben oder 
n den Versammlungen nicht den Entschluß finden, ihre Stimme 
ugunsten der Verbandsleitung abzugeben, können angesichts 
»er Kundgebung des Gesamtvorstandes über die Notwendig-— 
eit, den „radikalen Phraseuren“ entgegenzutreten, nicht länger 
m Zweifel sein. Der Aufruf des Gesamtvorstandes zeigt 
nndlich der sozialdemokratischen Presse, welche Ver— 
intwortung sie übernimmt, wenn sie die radikalen Gehilfen 
um Widerstand gegen die Berbandsleitung aufpeitscht. Unter 
em Eindruck der letzten Gauvorsteherdonferenz hatte sich die 
bresse vom Schlage des Vorwärts in dieser Hinsicht Zurück— 
„altung auferlegt. Seitdem jedoch eine Stuttgarter Buchdrucker⸗ 
dersammlung gegen die Gauvoriteher Stellung genommen, hat 
der Vorwärts das Liebäugeln mit den Radikalen von neuem 
zegonnen. Es wird sich zeigen, ob die sozialdemokratische 
Presse aus dem Aufruf des Gesamtvorstandes die gebotenen 
Folgerungen ableitet, oder einen Radikalismus züchten hilft, 
der füc seine Bekenner äußerst verderblich werden fann. 
Inland und Ausland. 
Deutsches Reich 
—Geht Veseler? Nach einer Meldung der Nationalzeitung 
oll der Rücktritt des Justizministers unmittelbar bevorstehen, 
An zuständiger Stelle wird dengegenüber versichert, daß die 
Nachricht unrichtig sei. Trotz dieses Dementis scheint der 
Meldung ein Kern von Wahrheit innezuwohnen. Denn be— 
anntlich pflegt man offiziell derarlige Berlautbarungen obzu— 
treiten, bis das Entlassungsgeiuch durch den Kaiser ge— 
iehmigt ist. 
Zu den Zolhinter iehungen für Solinger Messerwaren in 
Imerika hat sich der Chef der Import- und Fabrikationsfirma 
verm. Böker K Co., Remscheid und Newyork, einem Ver— 
reter der Newyorker Handelszeitung gegenüber dahin geäußert, 
aß die Behauptung, nicht nur ein oder zwei, sondern sämt— 
iche Newyorker Importeure von Solinger Messerwaren seien 
in den Zollhinterziehungen beteiligt, ganz unberechtigt sei. 
ßroße und reputable Firmen werden sich eine absichtliche 
sesetzesverletzung nicht zuschulden kommen lassen. Der Chef 
ines anderen Importhauses der Branche sagte: Die Newyorker 
zrohen Importeure von Solinger Messerwaren stehen zumeist zu 
»en Fabrikanten drüben in nahen verwandtschaftlichen Be— 
iehungen, und es fällt weder dem einen noch dem anderen 
ein, sich auf Versuche, die Zollgesetze zu umgehen, einzulassen. 
Die bisher beschuldigten Importeure sind den Großrändlern 
aum bekannt. Jedenfalls ist es jedoch ein großes Unrecht, 
daraufhin den ganzen Importhandel zu verunglimpfen und die 
Fhrlichkeit der Solinger Fabrikaaten in Frage zu ziehen. 
Vom ländlichen Genossenschaftsewesen. Auf dem Genossen⸗ 
chaftstage des Reichsverbandes der deutschen landwirtschaft⸗ 
ichen Genossenschaften am 13./14. Juli d. J. in Hannover ist 
s zwischen dem Vertreter der Preußischen Zentral-Genossen— 
schaftskasse und dem Generaldirektor der Landwirtschaftlichen 
Zentral-Darlehnskasse zu Auseinandersetzungen über die Gründe 
der endgültigen Lösung des Geschäftsoerkehrs beider Kassen 
ueinander gekommen. Der Generaldirektor der Zentral-Dar—⸗ 
ehnskasse bezeichnete die in den Artikeln der Berliner Kor— 
tespondenz gegebene Darstellung des Sachverhalts als unzu— 
reffend. Das Direktorium der Preußischen Zentral⸗-Genossen⸗ 
chaftskasse hält die mehrfachen Erklärungen in der Berliner 
dorrespondenz in vollem Umfange aufrecht und wird eine 
darstellung des Sachverhalts auf Grund des amtlichen Akten⸗ 
naterials dem Gesamtausschuß der Zentral-Genossenschaftskasse 
n einer für die zweite Hälfte des Monats September in 
Aussicht genommenen Sitzung vorlegen und sodann der Oeffent⸗ 
lichkeit übergeben. Alle beteiligten Kreise werden somit zu 
einer eingehenden obiektiven Prüfung Gelegenheit haben., 
— e — 
Frankreich. 
Junggesellensteuer. Die Stadtväter von Lyon haben be—⸗ 
schlossen, die vielen jungen Männer, die die Eingehung einer 
Ehe scheuen, auf dem Wege der Steuererhebung in ihrem 
kntschlusse ein wenig wanken zu machen. Die Stadt hat 
iich an die Regierung gewandt, um die Erlaubnis zu einer 
Junggesellensteuer zu erwirken. Die unverheirateten Männer 
ollen von einem Steuerbetrag von 250 Muan einen Zuschlag 
yon 5 v. H. zahlen. Unter den heiratslustigen Damen von 
Lyon herrscht darüber natürlich Freude. 
Rußland. 
Der russische Marineminister in Ostasien. Wladiwostoker 
Blätter melden, daß der russische Marineminister eine Reise 
iach Ostasien plant, um Petropawlowsk an der Küste von 
damschatka zu besichtigen, wo Rußland einen Kriegshafen 
ind eine Festung anzulegen gaedenkt. 
6Großbritannien. 
Die Ernennung Lord Kitcheners. Die Berufung Lord 
Kitcheners nach Aegypten befriedigt allgemein sehr 
Man erwartet dadurch die Herstellung der Ruhe in Aegypten 
n politischer Hinsicht und eine Stärkung des englischen 
kinflusses in Kleinasien und Persien. Auch die eagsche 
Stellung in Indien gestalte sich dadurch sicherer. 
Japan. 
Das englifch⸗japanische Bündnis. Das neue englisch— 
rapanische Bündnis ist in Japan im allgemeinen nicht 
dümnstiig aufgenommen worden. Die Zeitungen bezeichnen 
s als eine ganz ungewöhnliche Vereinbarung. 
Wenn sie überhaupt einen bestimmten Zweck haben sollte, 
oann wäre es mindestens notwendig, Amerika von dem 
Vertrage vollständig auszuschließen. Man drüdt die 
Furcht aus, daß der Schiedsgerichtsgedanke zwischen England 
ind Amerika geradezu die Anerkennung der amerikanischen 
zaltung in der Mandschureifrage durch England bedeute. 
* 
Tagesbericht. 
Bäürgerausschutß. Die auf heute vormittag einberufen 
Sitzung konnte wegen Unvollzähligkeit nicht stattfinden. 
Statiftische Monatsübersicht über die Stadt Lübeck im Jumn 
1911. Lübeck hatte nach der Fortschreibung des Statistischen 
Amts am 31. Mai 1911 98 428 Einwohner. Im Mai 
amen 83 durch Geburtenüberschuß hinzu, dagegen gingen 
3241 durch Wanderung ab, so daß unsere Einwohnerzahl fich 
um 288 verminderte und am 31. Mai 1911 98 170 (1910: 
326 912) betrug. Die natürliche Bevölkerungsbewegung war 
im abgelaufenen Monat folgende (die eingeklammerten Zah⸗ 
len beziehen sich auf das Vorjahr); es betrug die Zahl der 
Summe auf 1000 Einwohner 
Eheschließungen 50 (634) 619 (4,26) 
Geburten 191 (200) 23,64 125,08) 
Sterbefälle 108 (121) 1327 (15,17) 
Die Ebheschlieungen nahmen also gegen das Vorjahi 
uim 16 zu, die Geburten um 9 und die Sterbefälle um 13 
ib. Unter den Geborenen waren 18 oder 9,9 00 (25 oder 
2,5 20) unehelich und 7 oder 3.7 66' (3 oder 1.,5 00) tot. 
Ddas Alter der Gestorbenen belief sich in 19 (631) Fällen 
iuf unter 1 Jahr und in 30 (21) Fällen auf über 70 
Jahre. Todes uUrsache war in 12 Fällen Krankheit der 
Treislauforgane (insbes. Herzkrankheiten), in 10 Fällen Alters- 
chwäche und in 9 Fällen Krebs, Lungenent; ündung und au— 
jeborene Lebensschwäche. Ansteckende Krankheiten 
ührten 4mal zum Tode, hiervon waren 3 Fälle Masern, 1 Fall 
Diphtherie; insgesamt wurden 86 solcher Krankheiten zur 
Inzeige gebracht, 17mal Diphtherie, 53 mal Masern, 12 mal 
zcharlach und 4mal Typhus. Gewaltseme Todes— 
älle kamen nicht vor, seit ianger Zeit das erstemal. Die 
Wanderungsbewegung endete mit einem Verlust von 
41 Personen; 1233 Zuzügen standen 1574 Abzüge gegen⸗ 
ber. — Das erste Halbjahr 1911 wies 336 (323) Ebheschlie- 
ungen, 1098 (1189) Lebendgeburten und 731 (731) Sterbe— 
älle, mithin einen Geburtenüberschuß von 387 (458) Personen 
cuf. Diesem Gewinn steht aber ein Wanderungsverlust von 
81 (1139) gegenüber, da 10 146 Personen fortzogen und nur 
3365 zuwanderten. Der Gesamtverlust in diesem Jahre be— 
zrägt somit 414 (6881) Personen. 
Landes⸗Gewerbe⸗ und Industrie Ausstellung zu Schwerin. 
In unserer Nachbarstadt Schwerin wird zurzeit eine Ge— 
werbe- und Industrie-Ausstellung abgehalten, die durchaus 
der Beachtung und des Besuches wert ist. Man sollte nun 
denken, daß die Generalditektion der Mecklenburgischen Fried 
ich-Franz-Bahn sich die Gelegenheit, aus den Schwerin um— 
zebenden Großstädten, beifpielsweise von Lübeck und Ham— 
urg, Besucher in großer Zahl in die Ausstellungsstadt zu 
ühren, sich nicht entgehen lassen werde. Die Eisenbahn⸗ 
direltion hatte auch entsprechende Vorkehrungen getroffen 
3Ind einen freilich recht langsam — fast 220 Stunden fahrenden 
Sonderzug von Lübeck nach Schwerin eingelegt, aber daß 
vbieser angeblich an jedem Mittwoch und Sonntag fahrende 
Sonderzug einem größeren Publikum in genügender Weise 
zekannt gemacht wäre, haben wir nicht beobachtet. Die 
kisenbahnen haben ja — leider muß man sagen — das 
Inzeigenwesen recht sehr eingeschränkt und es im allge— 
fneinen den Zeitungsredaktionen überlassen, die Eisenbahn— 
Unternehmungen — (Fahrpläne, Sonderzüge usw.) — unter 
Beltendmachung des allgemeinen Interesses, ohne Kosten für 
die Bahndirektion, im redaktionellen Teil zu erwähnen. Im 
»orliegenden Falle ist aber beides nicht, oder in verschwin— 
sendem Maße erfolgt. Die Sonderzüge sollen ständig eine 
chwache Besetzung gezeigt haben. Die starke Besetzung der 
zamburger Sonderzüge während der Deutsch-Nordischen Han— 
»els- und Industrie-Ausstellung im Jahre 1895 geben das 
treffende Gegenstück zu diefen Maßnahmen, es wird weder 
Ausstellung noch der Bahn durch solche Unterlassung genützt 
— Eines weiteren Umstandes muß noch bei Erwähnung der 
Schweriner Ausstellung gedacht werden. Wer Schwerin be— 
ucht, lasse Schirme, Stöcke, photographische Kameras, 
zrößere Handtaschen usp. zu Hause. Die gedachten 
vegenstände müssen nämlich an den Eingängen zu den einzelnen 
sallen abgegeben werden, und zwar nicht nur in einer Halle, 
ondern in mehreren derselben. Wehe dem Sterblichen, der 
s wagt, auf Grund seines wohlerworbenen Eintrittsbilletts 
nit einem Schirm den Eingang zu erzwingen. Er kann, 
vie es dem Schreiber dieser Zeilen ergangen ist, gewärtig 
ein, daß kräftige Mecklenburger Fäuste ihm die Besichtigung 
»erwehren. Keine Geltendmachung der erworbenen Rechte oder 
indere Gründe helfen, der Schirm muß draußen bleiben 
— sonst gibts nichts zu sehen. Will man aber alle Hallen 
zesichtigen, so kommt man durch das zu zahlende Garderoben⸗ 
geld ungefähr auf die doppelte Höhe des Eintrittspreises, 
Weshalb die Ausstellungsleitung statt solcher als Beutel— 
orellerei empfundener Maßnahmen nicht gleich ein etwas 
jöheres Eintrittsgeld nimmt, ist unerfindlich. — Anerkannt 
nuß werden, daß die Beförderungsmittel (Straßenbahnen) 
echt gut funktionieren. — Möge die Ausstellungs— 
eitung, die, soweit wir hören, durch Todesfälle etwas 
»erwaist ist, dafür sorgen, daß die von uns gerügten Män— 
zel abgestellt werden, so sind wir sicher, daß auch Lübed 
ind Hamburg ein gröheres Besucherkontingent zu der recht 
wuten Ausstellung stellen wird. 
Die Umgestaliung der Versscherungs marlen für die In 
aliden⸗ und Hinterbliebenen⸗Versicherung wird eine der am 
neisten in die Augen fallenden Aenderungen sein, welch« 
zie Reichsversicherungsordnung mit sich bringt. Infolge der 
ünftigen neuen Leistungen der Versicherungsanstalten e höhen 
ich die Wochenbeiträge, die bisher in der ersten Lohnklaste !4, 
naüder zweiten 20. in der dritten 24. in der vierten 30
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.