besitzer wohl die brennendste. Die Ursache ist in der Unsicher⸗
heit zu suchen, in welche sich der Kapitalist begibt, wenn er
sein Geld in zweiten Hypotheken anlegt. Das RKisiko besteht
—
Wert wird nicht bloß von dem Wohnungsmarkt, sondern auch
von anderen Momenten, wie zum Beispiel Verlegung von
Straßenzügen, beeinflußt. Will man die Frage der zweiten
Hypothek lösen, so muß man versuchen, das Risiko, welches
der Geldgeber scheut, abzuschwächen, oder ganz aus dem Wege
zu räumen. Hierfür hat man bisher innerhalb des Zentral⸗
derbandes zwei Wege vorgeschlagen: die Errichtung von Handfest⸗
Instituten und die Hypothekenversicherung. Die Handfest⸗
Institute beruhen darauf, daß zweite Hypotheken gewährt
und auf Grund dieser dann von den zweite Hypothek ge—
währenden Organisationen Pfandbriefe ausgegeben werden. Der
zweite Weg ist die Hypothekenversicherrng. In Baden, wo
man damit Versuche gemacht hat, kann man Erfolge nicht
aufweisen. Darum haben wir im Kohlenrevier einen anderen
Weg eingeschlagen. In Gelsenkirchen ist nämlich eine Kom⸗
mission eingesezt worden, welche zu prüfen hat, ob man dem
Notstand nicht auf dem Wege einer Genossenschaft abhelfen
könnte. Nach eingehenden Beratungen ist man zu dem Schlußz
gekammen, daß die Besorgung zweiter Hypotheken auf dem
Wege einer Genossenschaft m. b. H. möglich und mit wenig
Schwierigkeiten verknüpft ist. Die Genossenschaft soll aber die
zweite Hypothek nicht selbst geben, sondern nur vermitteln und
gegebenenfalls die Bürgschaft hierfür übernehmen. Der Kor—
referent Justizrat Baumert hatte Bedenken gegen solche Genossen—
schasten. Wenn sie sich auflösen oder eine große Anzahl
Wiitglieder verlieren, dann schweben auch die Garantien in
der Luft. Noch schlimmer stehe es um sie, wenn sie in der
Zwangsverstergerung die Häuser übernehmen müßten. Wir
tönnen lediglich die Schaffuna von Pfandbrief-Instituten
fordern.
In der Dienstagsitzung wurde eine Aufforderung zum
Beitritt in den neu zu gründenden Deutschen Haus—
besitzerbund verteilt, der einen festen wirtschaftspolitischen
Zusammenschluß aller deutschen Hausbesitzer herbeiführen und
alle weiteren Sonderlasten abwehren will. Es soll Einfluß
in politischer Beziehung in der Weise gewonnen werden, daß
bei den bevorstehenden Reichsstagswahlen von jedem Kan—
didaten die Erklärung verlangt wird: „Ich verpflichte mich,
gegen jede weitere Sonderbelastung des Hausbesitzes zu stim—
men.“ Stadto. Bart hÆrfurt sprach über Mietsprellerei
und Universitätsprofessor De. Bredt-Marburg über Zonen—
enteignung. Unter Zonenenteignung versteht man die Ent⸗
enteignung von Baugeländegärteln rechts und links
von der Straße. Im Gegensatz zu anderen Ländern ist in
Preußen die Zonenenteignung noch nicht zur Anwendung ge—
ommen. Wenn eine Zonenenteignung zulössig wäre, so könnte
sie heute einfach durch eine königliche Verordnung ein—
geführt werden. Ein Gesetz wäre dazu nicht nötig. Es ist nun
zu prüfen, ob die Zonenenteignung dem öffentlichen Interesse
entspricht. Die Ideen der Bodenreformer haben sich ja heut in
unserer ganzen preußischen Verwartung durchgesetzt, was in der
fortgesetzten Belastung des Grundbesitzes zum Ausdruck kommt.
Die Zonenenteignung ist nichts weiter als ein Kaufgeschäft
zu normalen Marktpreisen, bei dem der Verkäufer
allerdings zum Abschluß des Geschäfts gezwungen wird. Sie
ist entschieden rationeller und milder als das System des gleich—
mäßigen Druckes auf die grohe Masse der Hausbesitzer, das
heute angewendet wird. (Lebh. Zust.) Sie bewegt sich auf
dem Boden des Eigentumsbegriffs. Die Zonenenteignung bietet
den Vorteil, daß Straßendurchbrüche, die heute mit Rüchssicht
auf die hohen Kosten nicht erfolgen können, künftig leichter
und schneller durchgeführt werden öönnen. Durch diese Straßen⸗
durchbrüche wird der solide Hausbesitz in der Stadt gehoben
werden. Die Zonenenteignung ist ein Mittel, dem tatsächlich
vorhandenen Widerstreit zwischen Gemeinde und Grundeigen—
tümern den Boden zu entziehen. Man könnte dann im öffent
lichen Interesse großzügig vorgehen und brauchte nicht mehr
zu kleinlichen Maßnahmen gegen die Hausbesitzer zu greifen.
Wir wollen jedenfalls eine Lösung vorziehen, die mit dem Be
griff des Privateigentums rechnet. (Lebhafter Beifall.) Justiz⸗
tat DTr. Baumert⸗Spandau sprach sich auch zugunsten der
Zonenenteignung aus und erklärte: Wir verlangen Gerechtig⸗
leit und fordern volle Entschädigung Geifall). — Rechtsanwalt
Dr. Cohen-Hamburg: Niemals darf aber das Terrain von
den Kommunen zu Spekulationszwecken Verwendung finden. Nur
mit dieser Einschränkung können wir die Zonenenteignung billigen.
(Zustimmung.) Am Nachmittag beschästigte sich der Verbandstag
nit den Neuwahlen zum Vorstand und mit inneren Angelegen⸗
deiter
—E—
— ⸗
stedt; er hatte auch nicht den Ehrgeiz, die Kriegsakademie
zu besuchen, um es in seiner Karriere zu etwas zu bringen.
Einige Jahre noch wollte er das schöne Berlin in dem bevor⸗
zugten Offiziersstande genießen, dann wollte er heiraten, selbst⸗
berständlich nur ein reiches, adliges Mädchen. Sie würden
ein Gut kaufen, womöglich mit wildreichen Forsten: der Stamm—
baum der Freiherren von Schorn solte fortgeführt werden.
Sechzehn Ahnen von ijieder Seite. anders war es ia un—⸗
denkbar. — — —
„Ich möchte zu meiner Mutter zurück, Herr Baron,“ sagte
da eine weiche Mädchenstimme an seiner Seite. Bruno erwachte
aus seinen Zukunftsbetrachtungen. Ein kleines, bleiches, aber
unendlich liebliches Gesicht sah zu ihm auf.
„Ja gewiß!“
Er sagte es kurz, fast schroff. —
Ernst und Elfriede schienen auch eben erst zu den älteren
Leuten zurüdgekommen zu sein. Frau Ludolff erhob sich auf
einen Wink ihres Sohnes.
3Bleiben Sie doch noch,“ bat Frau von Schorn, „wir
speisen hier.“ I
Die Einladung wurde höflich, aber fest abgelehnt. Es
widerstand den Armen, sich von den Reichen freihalten zu
lassen, und selbst zu bezahlen, überstieg ihre bescheidenen
Mittel. Die große Fontäne erstrahlte im bunten, eleltrischen
Licht. Das herrliche Farbenspiel sesselte Ludolffs; sie blieben
eine Weile stehen. Emmy hatte den Arm in den der Mutter
gelegt und war merkwürdig still. Auch Ernst sprach erst,
als Frau Ludolff sagte: .
„Schorns wollen uns morgen einen Besuch machen.“
„Wozu?“ fragte Ernst kurz.
„Der Baron war doch ein Kriegskamerad deines guten
Vaters, lieber Sohn: ich finde es sehr artig von Schorns“
„ECinen Umgang können wir doch nicht anknüpfen,
Mutter.“
Nein. wir leben in zu verschiedener Sphäre, mein Kind.“
Toöortsekunng tot
Die Krisis im Buchdruckerverband.
Man schreibt uns: Der Aufruf, den der Gesamtvor—
tand des Buchdruckerverbandes soeben an die
VBerbandsmitglieder richtet, läßt erkennen, wie kritisch die innere
Lage des Verbandes sich zugespitzt hat. Der Gesamtvorstand
pricht es offen aus, daß die radikalen Gegner der Ver—
zandsleitung es darauf abgesehen haben, die berufenen Ver⸗
rauenspersonen des Verbandes durch Beschimpfun gen
ur Amtsniederlegung zu zwingen und dann Vertre—
Aer einer radikalen Gewerkschaftspolititk ans
Ruder zu bringen. Der Gesamtvorstand will aber solchen
Treibereien die Spitze bieten; er droht — im Einklange mit
einem jüngst gefaßten Beschluß der letzten Generalversamm⸗
ung des Verbandes — den rüdsichtslosen Ausschluß der
adikalen Verbandsschädlinge an, wenn diese Warnung nicht
ruchtet. Ueber die Tragweite der entschiedenen Haltung des
sesamtvorstandes können sich seine radikalen Gegner nicht im
Anklaren sein. Nach 54 des „Or ganisationsvder,
trages“ vom 1. Januar 1907 verpflichtet der Tarif⸗
»ertrag die Mitglieder des „Deutschen Buchdrudervereins“ (der
Arbeitgeber-Organisation), nur socche Gehilfen einzustellen, die
»er Buchdruckergewerkschaft angehören. Die radikalen Buch⸗
oruckergehilfen riskieren also im Falle ihres Ausschlusses aus
»em Verbande, daß sie, von allen sonstigen Nachteilen abge—⸗
ehen, nur bei solchen Unternehmern Arbeit finden, die dem
Deutschen Buchdruderverein“ nicht angehören; sie müßten denn
Vitglieder des ihnen so verhaßten Gutenbergbundes werden
wollen, um sich Arbeitsgelegenheit in dem bisherigen Um⸗
ange zu sichern!
Die Aussicht auf eine derartige schwere Beeinträchtigung
hrer eigenen wirtschaftlichen Interessen wird wohl manchen
Buchdruckergehilfen, der in Versammlungen zugunsten der
„radikalen Phraseure“ (wie der Gesamtvorstand in seinem
Aufruf sich ausdrückt) gestimmt hat, zur Selbstprüfung und
kinkehr bestimmen. Die passiven Verbandsmitglieder
iber, die in großer Zahl den Versammlungen fernbleiben oder
n den Versammlungen nicht den Entschluß finden, ihre Stimme
ugunsten der Verbandsleitung abzugeben, können angesichts
»er Kundgebung des Gesamtvorstandes über die Notwendig-—
eit, den „radikalen Phraseuren“ entgegenzutreten, nicht länger
m Zweifel sein. Der Aufruf des Gesamtvorstandes zeigt
nndlich der sozialdemokratischen Presse, welche Ver—
intwortung sie übernimmt, wenn sie die radikalen Gehilfen
um Widerstand gegen die Berbandsleitung aufpeitscht. Unter
em Eindruck der letzten Gauvorsteherdonferenz hatte sich die
bresse vom Schlage des Vorwärts in dieser Hinsicht Zurück—
„altung auferlegt. Seitdem jedoch eine Stuttgarter Buchdrucker⸗
dersammlung gegen die Gauvoriteher Stellung genommen, hat
der Vorwärts das Liebäugeln mit den Radikalen von neuem
zegonnen. Es wird sich zeigen, ob die sozialdemokratische
Presse aus dem Aufruf des Gesamtvorstandes die gebotenen
Folgerungen ableitet, oder einen Radikalismus züchten hilft,
der füc seine Bekenner äußerst verderblich werden fann.
Inland und Ausland.
Deutsches Reich
—Geht Veseler? Nach einer Meldung der Nationalzeitung
oll der Rücktritt des Justizministers unmittelbar bevorstehen,
An zuständiger Stelle wird dengegenüber versichert, daß die
Nachricht unrichtig sei. Trotz dieses Dementis scheint der
Meldung ein Kern von Wahrheit innezuwohnen. Denn be—
anntlich pflegt man offiziell derarlige Berlautbarungen obzu—
treiten, bis das Entlassungsgeiuch durch den Kaiser ge—
iehmigt ist.
Zu den Zolhinter iehungen für Solinger Messerwaren in
Imerika hat sich der Chef der Import- und Fabrikationsfirma
verm. Böker K Co., Remscheid und Newyork, einem Ver—
reter der Newyorker Handelszeitung gegenüber dahin geäußert,
aß die Behauptung, nicht nur ein oder zwei, sondern sämt—
iche Newyorker Importeure von Solinger Messerwaren seien
in den Zollhinterziehungen beteiligt, ganz unberechtigt sei.
ßroße und reputable Firmen werden sich eine absichtliche
sesetzesverletzung nicht zuschulden kommen lassen. Der Chef
ines anderen Importhauses der Branche sagte: Die Newyorker
zrohen Importeure von Solinger Messerwaren stehen zumeist zu
»en Fabrikanten drüben in nahen verwandtschaftlichen Be—
iehungen, und es fällt weder dem einen noch dem anderen
ein, sich auf Versuche, die Zollgesetze zu umgehen, einzulassen.
Die bisher beschuldigten Importeure sind den Großrändlern
aum bekannt. Jedenfalls ist es jedoch ein großes Unrecht,
daraufhin den ganzen Importhandel zu verunglimpfen und die
Fhrlichkeit der Solinger Fabrikaaten in Frage zu ziehen.
Vom ländlichen Genossenschaftsewesen. Auf dem Genossen⸗
chaftstage des Reichsverbandes der deutschen landwirtschaft⸗
ichen Genossenschaften am 13./14. Juli d. J. in Hannover ist
s zwischen dem Vertreter der Preußischen Zentral-Genossen—
schaftskasse und dem Generaldirektor der Landwirtschaftlichen
Zentral-Darlehnskasse zu Auseinandersetzungen über die Gründe
der endgültigen Lösung des Geschäftsoerkehrs beider Kassen
ueinander gekommen. Der Generaldirektor der Zentral-Dar—⸗
ehnskasse bezeichnete die in den Artikeln der Berliner Kor—
tespondenz gegebene Darstellung des Sachverhalts als unzu—
reffend. Das Direktorium der Preußischen Zentral⸗-Genossen⸗
chaftskasse hält die mehrfachen Erklärungen in der Berliner
dorrespondenz in vollem Umfange aufrecht und wird eine
darstellung des Sachverhalts auf Grund des amtlichen Akten⸗
naterials dem Gesamtausschuß der Zentral-Genossenschaftskasse
n einer für die zweite Hälfte des Monats September in
Aussicht genommenen Sitzung vorlegen und sodann der Oeffent⸗
lichkeit übergeben. Alle beteiligten Kreise werden somit zu
einer eingehenden obiektiven Prüfung Gelegenheit haben.,
— e —
Frankreich.
Junggesellensteuer. Die Stadtväter von Lyon haben be—⸗
schlossen, die vielen jungen Männer, die die Eingehung einer
Ehe scheuen, auf dem Wege der Steuererhebung in ihrem
kntschlusse ein wenig wanken zu machen. Die Stadt hat
iich an die Regierung gewandt, um die Erlaubnis zu einer
Junggesellensteuer zu erwirken. Die unverheirateten Männer
ollen von einem Steuerbetrag von 250 Muan einen Zuschlag
yon 5 v. H. zahlen. Unter den heiratslustigen Damen von
Lyon herrscht darüber natürlich Freude.
Rußland.
Der russische Marineminister in Ostasien. Wladiwostoker
Blätter melden, daß der russische Marineminister eine Reise
iach Ostasien plant, um Petropawlowsk an der Küste von
damschatka zu besichtigen, wo Rußland einen Kriegshafen
ind eine Festung anzulegen gaedenkt.
6Großbritannien.
Die Ernennung Lord Kitcheners. Die Berufung Lord
Kitcheners nach Aegypten befriedigt allgemein sehr
Man erwartet dadurch die Herstellung der Ruhe in Aegypten
n politischer Hinsicht und eine Stärkung des englischen
kinflusses in Kleinasien und Persien. Auch die eagsche
Stellung in Indien gestalte sich dadurch sicherer.
Japan.
Das englifch⸗japanische Bündnis. Das neue englisch—
rapanische Bündnis ist in Japan im allgemeinen nicht
dümnstiig aufgenommen worden. Die Zeitungen bezeichnen
s als eine ganz ungewöhnliche Vereinbarung.
Wenn sie überhaupt einen bestimmten Zweck haben sollte,
oann wäre es mindestens notwendig, Amerika von dem
Vertrage vollständig auszuschließen. Man drüdt die
Furcht aus, daß der Schiedsgerichtsgedanke zwischen England
ind Amerika geradezu die Anerkennung der amerikanischen
zaltung in der Mandschureifrage durch England bedeute.
*
Tagesbericht.
Bäürgerausschutß. Die auf heute vormittag einberufen
Sitzung konnte wegen Unvollzähligkeit nicht stattfinden.
Statiftische Monatsübersicht über die Stadt Lübeck im Jumn
1911. Lübeck hatte nach der Fortschreibung des Statistischen
Amts am 31. Mai 1911 98 428 Einwohner. Im Mai
amen 83 durch Geburtenüberschuß hinzu, dagegen gingen
3241 durch Wanderung ab, so daß unsere Einwohnerzahl fich
um 288 verminderte und am 31. Mai 1911 98 170 (1910:
326 912) betrug. Die natürliche Bevölkerungsbewegung war
im abgelaufenen Monat folgende (die eingeklammerten Zah⸗
len beziehen sich auf das Vorjahr); es betrug die Zahl der
Summe auf 1000 Einwohner
Eheschließungen 50 (634) 619 (4,26)
Geburten 191 (200) 23,64 125,08)
Sterbefälle 108 (121) 1327 (15,17)
Die Ebheschlieungen nahmen also gegen das Vorjahi
uim 16 zu, die Geburten um 9 und die Sterbefälle um 13
ib. Unter den Geborenen waren 18 oder 9,9 00 (25 oder
2,5 20) unehelich und 7 oder 3.7 66' (3 oder 1.,5 00) tot.
Ddas Alter der Gestorbenen belief sich in 19 (631) Fällen
iuf unter 1 Jahr und in 30 (21) Fällen auf über 70
Jahre. Todes uUrsache war in 12 Fällen Krankheit der
Treislauforgane (insbes. Herzkrankheiten), in 10 Fällen Alters-
chwäche und in 9 Fällen Krebs, Lungenent; ündung und au—
jeborene Lebensschwäche. Ansteckende Krankheiten
ührten 4mal zum Tode, hiervon waren 3 Fälle Masern, 1 Fall
Diphtherie; insgesamt wurden 86 solcher Krankheiten zur
Inzeige gebracht, 17mal Diphtherie, 53 mal Masern, 12 mal
zcharlach und 4mal Typhus. Gewaltseme Todes—
älle kamen nicht vor, seit ianger Zeit das erstemal. Die
Wanderungsbewegung endete mit einem Verlust von
41 Personen; 1233 Zuzügen standen 1574 Abzüge gegen⸗
ber. — Das erste Halbjahr 1911 wies 336 (323) Ebheschlie-
ungen, 1098 (1189) Lebendgeburten und 731 (731) Sterbe—
älle, mithin einen Geburtenüberschuß von 387 (458) Personen
cuf. Diesem Gewinn steht aber ein Wanderungsverlust von
81 (1139) gegenüber, da 10 146 Personen fortzogen und nur
3365 zuwanderten. Der Gesamtverlust in diesem Jahre be—
zrägt somit 414 (6881) Personen.
Landes⸗Gewerbe⸗ und Industrie Ausstellung zu Schwerin.
In unserer Nachbarstadt Schwerin wird zurzeit eine Ge—
werbe- und Industrie-Ausstellung abgehalten, die durchaus
der Beachtung und des Besuches wert ist. Man sollte nun
denken, daß die Generalditektion der Mecklenburgischen Fried
ich-Franz-Bahn sich die Gelegenheit, aus den Schwerin um—
zebenden Großstädten, beifpielsweise von Lübeck und Ham—
urg, Besucher in großer Zahl in die Ausstellungsstadt zu
ühren, sich nicht entgehen lassen werde. Die Eisenbahn⸗
direltion hatte auch entsprechende Vorkehrungen getroffen
3Ind einen freilich recht langsam — fast 220 Stunden fahrenden
Sonderzug von Lübeck nach Schwerin eingelegt, aber daß
vbieser angeblich an jedem Mittwoch und Sonntag fahrende
Sonderzug einem größeren Publikum in genügender Weise
zekannt gemacht wäre, haben wir nicht beobachtet. Die
kisenbahnen haben ja — leider muß man sagen — das
Inzeigenwesen recht sehr eingeschränkt und es im allge—
fneinen den Zeitungsredaktionen überlassen, die Eisenbahn—
Unternehmungen — (Fahrpläne, Sonderzüge usw.) — unter
Beltendmachung des allgemeinen Interesses, ohne Kosten für
die Bahndirektion, im redaktionellen Teil zu erwähnen. Im
»orliegenden Falle ist aber beides nicht, oder in verschwin—
sendem Maße erfolgt. Die Sonderzüge sollen ständig eine
chwache Besetzung gezeigt haben. Die starke Besetzung der
zamburger Sonderzüge während der Deutsch-Nordischen Han—
»els- und Industrie-Ausstellung im Jahre 1895 geben das
treffende Gegenstück zu diefen Maßnahmen, es wird weder
Ausstellung noch der Bahn durch solche Unterlassung genützt
— Eines weiteren Umstandes muß noch bei Erwähnung der
Schweriner Ausstellung gedacht werden. Wer Schwerin be—
ucht, lasse Schirme, Stöcke, photographische Kameras,
zrößere Handtaschen usp. zu Hause. Die gedachten
vegenstände müssen nämlich an den Eingängen zu den einzelnen
sallen abgegeben werden, und zwar nicht nur in einer Halle,
ondern in mehreren derselben. Wehe dem Sterblichen, der
s wagt, auf Grund seines wohlerworbenen Eintrittsbilletts
nit einem Schirm den Eingang zu erzwingen. Er kann,
vie es dem Schreiber dieser Zeilen ergangen ist, gewärtig
ein, daß kräftige Mecklenburger Fäuste ihm die Besichtigung
»erwehren. Keine Geltendmachung der erworbenen Rechte oder
indere Gründe helfen, der Schirm muß draußen bleiben
— sonst gibts nichts zu sehen. Will man aber alle Hallen
zesichtigen, so kommt man durch das zu zahlende Garderoben⸗
geld ungefähr auf die doppelte Höhe des Eintrittspreises,
Weshalb die Ausstellungsleitung statt solcher als Beutel—
orellerei empfundener Maßnahmen nicht gleich ein etwas
jöheres Eintrittsgeld nimmt, ist unerfindlich. — Anerkannt
nuß werden, daß die Beförderungsmittel (Straßenbahnen)
echt gut funktionieren. — Möge die Ausstellungs—
eitung, die, soweit wir hören, durch Todesfälle etwas
»erwaist ist, dafür sorgen, daß die von uns gerügten Män—
zel abgestellt werden, so sind wir sicher, daß auch Lübed
ind Hamburg ein gröheres Besucherkontingent zu der recht
wuten Ausstellung stellen wird.
Die Umgestaliung der Versscherungs marlen für die In
aliden⸗ und Hinterbliebenen⸗Versicherung wird eine der am
neisten in die Augen fallenden Aenderungen sein, welch«
zie Reichsversicherungsordnung mit sich bringt. Infolge der
ünftigen neuen Leistungen der Versicherungsanstalten e höhen
ich die Wochenbeiträge, die bisher in der ersten Lohnklaste !4,
naüder zweiten 20. in der dritten 24. in der vierten 30