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Orud und Verlag: Gebrüder Borders G. m.b. 8. in Lübes. — Geĩchäfisstelle Mreß baus (Köniastr. 46). Fetnspreder oooo u. B
Abend⸗Blatt Nr. 356.
Ausgabe
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Erstes Blatt. hierzu 2. Blatt.
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Amfang der heutigen Nummer 6 Seiten.
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Nichtamtlicher Ceil.
Das neue Bündnis zwischen England und
Japan. I
WVon unserem Auslandskorrespondenten wird uns hierzu
geschrieben:
Am vorigen Freitag abend ist durch den Abschluß eines
neuen Bündnisvertrages die Allianze zwischen Großbritannien
und dem Kaiserreich Japan in Ostasien für neue zehn Jahre
geschlossen worden. Doch wenn auch das offizielle Bündnis
noch bestehen geblieben ist, so hat sich doch sein Charakter
wesentlich geändert. Von dem früheren bedingungs—
sosen Zusammengehen der englischen und japanischen
Interessen und ihrer Verteidigung in Asien ist nicht allzu—
diel mehr nachgeblieben, nachdem die englische Re—
zierung in den neuen Vertrag die Bedingung hat aufnehmen
assen, daß nur in dem Falle die eine der kontrahierenden
Parteien zur Unterstützung der anderen verpflichet ist, wenn
ie nicht einen allgemeinen Schiedsvertrag mit einer dritten
Macht, mit der eine der Mächte in Konflikt geraten sollte, ge—
chlossen hätte. Mit anderen Worten: England hat sich
vurch diese Klausel der Verpflichtung einer kriege—
rischen Unterstützung Japans gegenüber den
Vereinigten Staaten künftig entledigt. Durch
ziese Tatsache gewinnt der Vertrag die weitgehendste poli—
ische Bedeutung.
Der alte Vertrag gab bisher Japan die Sicherheit, im
Falle eines Krieges mit der Union nicht allein stehen zu
nüssen, da damals diese Klausel noch nicht bestand. Nach
den früheren Bedingungen hätte England einem siegreichen
Amerika in den Arm fallen müssen, um Japans Nieder—
age zu verhindern. Man weiß, wie sehr gerade die eng—
lischen Kolonien, vor allem Australien und Kanada, unter dieser
Verpflichtung des britischen Mutterlandes gelitten, und wie
hesorgt sie einem möglichen Konflikt zwischen Japan und der
Union entgegengesehen haben. Denn Australien sieht jetzt
chon das Schredgespenst einer japanischen Invasion vor Augen
ind mußte daher mehr in den Vereinigten Staaten als in der
zroßbritischen Flotte den Verteidiger seiner eigensten Inter—
essen erblicken. Kanada wiederum mußte fürch“en, im Falle
eines Krieges zwischen England und den Veseinigten Staaten
die leichte Beute der letzteren zu werden. Wenn darum d'e
neue Bedingung, die die Möglichkeit einer Unterstützung
Japans durch England im Kampse gegen die Union ausschließt,
n den Vertrag aufgenommen worden ist so gebührt das
Verdienst dasür nicht zuletzt dem Drängen der Kolonialregie-
rungen, die auf der letztien Reichskonferenz energisch in dieser
gzeziehung ihre Stimmen erhoben hatten. Darauf weist
iuch eine Aeußerung der „Times“ hin, die bei der Würdigung
ieses wesentlichsten Paragraphen im neuen Bündnis das
derdienst der Kolonialminister um sin Zustand:kommen her—
Oorhebt.
Es ist aber selbstverständlich, daß durch diese Einschrän—
ung der neue Vertrag wesentlich an Wert ver—
oren hat, für Japan sowohl wie aber auch für England
bst. Zunächst freilich scheint England bloß Vort:ile, Japan
agegen lediglich Nachteile zu ernten. Denn Japan ist heute
och nicht in jener glücklichen Lage wie England, daß es
cch seiner Bündnispflichten unter Hinweis auf schiedsver—
ägliche Beziehungen zu einer dritten Macht entziehen kann.
läme es darum jetzt etwa zwischen England und Rußland zu
mem Konflikt und sollte der allerdings unwahrscheinliche Fall
iner Niederlage Englands — etwa in Indien — eintreten,
»müßte Japan seinem Bundesgenossen mit bewaffneter
Nacht zu Hilfe eilen. Nun hat aber auch Japan die
öglichkeit, durch den Abschluß von Schiedsgerichtsverträgen
it seinen eventuellen Gegnern in Ostasien sich in eine weit
essere politische Position zu bringen, als es sich augen—
lickich durch die Verlängerung des abgeänderten Bündnis—
ertrages mit England befindet. Kommt zwischen Tokio und
etersburg eine dauernde Verständigung zustande, wie sie
zreits durch den Mandschureizertrag angebahnt ist, so müßte
ngland künftighin Indien allein verteidigen und hätte dann
eilich bei einem wiedererstarkten Rußland das Nachsehen.
u einer solchen Annäherung Jaypans an Rußland wird
as Kaiserreich des Mikado förmlich gezwungen, wenn man
och weiter in Betracht zieht, daß Rußland bei einem Kriege
hischen der Union und Japan leicht den Wunsch haben
onnte,« Amerika zu Hilfe zu eilen, um das verlorene
errain in Ostasien wieder zu gewinnen. Dieser für Japan
efährlichen Eventualität eines Krieges nach zwei Fronten
eße sich dadurch am besten vorbeugen, daß man die begonnene
lnnäherung an Rußland bis zu einem förmlichen Abschluß
nes Schiedsvertrages fortzuführen versucht. Aller dings
uß Rußland sich daru einverstanden erklären. So ist durch
ze veränderte Erneuerung des Bündnisver—
Ages zwischen England und Japan die russische Stel—
ung in Ostasien von neuen bedeutend wich—
iger geworden, ein Erfolg, den sicher England
richt FgFewünscht hat.
wwwWwW
reichen Berichte über die Studientsahrt des Kronprinzen ver-
»ankt, folgendes:
In Lakhnau, wo während der großen Meuterei 2000
kngländer fielen, sah der Kronprinz, wie die Briten für
hre Veteranen sorgen. Sofort eriundigte er sich bei den
zerren seiner Umgebung, wie es um die Versorgung der
invaliden und der Hinterbliebenen der Gefallenen aus der
lufstandszeit von Deutsch-Südwestafrika bestellt sei. Als der
hronerbe dann erfuhr, daß es hier wohl manche Not zu
indern gelte, da die amtlichen Mittel und die Vorschriften
iber ihre Verwendung nicht überalk ausreichten, um Härten
u vermeiden, entschloß er sich, persönlich helfend einzugreifen.
zei der Heimreise kam einmal das Gespräch darauf, daß
ie schönen photographischen Aufnahmen des Kronprinzen zu
inem wohltätigen Zweck veröffentlicht werden könnten. Sogleich
zuiff der Kronprinz den Gedanken auf und rief: „Ja,
venn für unsere Südwestafrikakrieger damit
twas erreicht werden kann. dann will ich es
un!“
Nach der Ankunft in Potsdam hat der Kronprinz dann
ille Arbeiten für die Herstellung des Albums selbst geleitet
ind jede, auch die kleinste Einzesheit selbst bestimmt. Alle
ßorschläge, die auf eine prunkvolle Ausstattung abzielten,
at er abgelehnt. Daher kommt es, daß dies Album in
ziner schlichten, aber würdigen, vornehmen Art ein Stüd Cha—
akter des Kronprinzen widerspiegeit, der allem aufdringlichen
zomp abhold ist. Auf der Reisle durch Indien zeigte sich
tztgenannte Eigenschaft häufig, denn immer wieder ersuchte der
ronprinz ũberall da von prunkvollen Empfängen abzusehen,
ao es seine Stellung als Thronerbe des Deutschen Reiches
ind die damit verbundenen Repräsentationspflichten nicht unbe⸗
ingt erforderten. Männer. die in Demut ersterbend, ihre
Männlichkeit verleugnend, schmeicheln, um gefällig zu sein
ind sich Wohlwollen zu erwerben, sind dem Kronprinzen ein
zreuel und verschwinden bald aus seiner Umgebung. Die
rau Kronprinzessin ist in dieser Hinsicht genau wie ihr Ge—
ahl. — Ueber die eingehenden Unterstützungsgesuche; und
zeträge läßt sich der Kronprinz genau Bericht erstatten, und
genn er eine Zeitlang nichts von den einzehnen Veranstaltun⸗—
sen gehört hatte, hat er wiederholt persönlich gefragt, wie
soch die für die Südwestafrikaner abgefallene Summe sich
ezifsere.
Mode und Ppolitik.
Das ist das Neueste in der Politik, daß nun auch die
Mode in den Bereich ihrer Kämpfe hineingezogen wird.
ztraßendemonstrationen waren wir bisher eigentlich nur ge—
vöhnt, wo es sich um Wahlrechtssteuern und ähnliche Fragen
sandelt. In Neapel erstrecken sich derartige hochbedeutsame
zolitische Veranstaltungen nun aber auch schon auf die Mode
des Humbelrocks Nachdem die Geistlichkeit sich
— —⸗—
diese Sehnsucht ein stilles, häusliches Glück an der Seite einer
ufriedenen, heiteren Frau. J
„Na, Kinder, nun sind wir ja vollzählig,“ sagte Baron
on Schorn, „ich denke, wir gehen noch einmal durch die
Lusstellung. Bruno, Irmgard und Lörsbach müssen sie sich
insehen, dann wollen wir uns als Belohnung einen guten
Tropfen gönnen; mir klebt die Zunge am Gaumen.“
„Cher papa, laß mich den Wein aussuchen, ich kenne
ie besten Marken,“ bat Leutnant Bruno. „Es gibt eine
Rüdesheimer Berg — delikat!“
„Du bist ein Sybarit, Bruno,“ meinte Lörsbach lachend,
iber es klang ein leiser Tadel in diesen Worten.
Der Leutnant lachte etwas gezwungen, dann neigte er
»en wohlfrisierten Kopf beistimmend.
„Ja, Wein, Pferde, hübsche Weiber, — das ist meine
Bassion! Uebrigens sieh dir mal dort das reizende Käferchen
in, sie tritt eben in den Saal, wo Böcklins Bilder ausgestellt
ind. Hast du je solche Augen gesehen, solch herrliches, gold⸗
londes Haar, dazu diese herrliche Figur? — so zierlich wie
in Püppchen, — nur etwas blaß ist sie. Wahrscheinlich solch
in abgearbeitetes Lasttierchen an einer Schule oder in einem
Heschäft; isch möchte sie gern lennen lernen!“
„Um ihr den Kopf zu verdrehen, wie du es liebst,“
agte Lörsbach.
„Ja, vielleicht,“ entgegnete Leutnant Bruno ked.
„Aber, was ist das? Da redet der Vater die ältere
dame an, die mit der Kleinen gekommen ist! Woher kennt
her père sie?“
Baron Schorn schüttelte eben herzlich die Hand der Tame,
ie neben dem jungen Mädchen stand. Er hatte in ihr die
Witwe eines Regimentskameraden erlannt, der den deutsch-
ranzösischen Krieg mitgemacht.
„Es freut mich wirklich sehr, gnädige Frau, Sie nach
o langer Zeit wiederzusehen,“ sagte Baron Schorn, die Hand
er Frau Major Ludolff herzhaft schüttelnd, „ich habe Ihrem
Manne, meinem früheren Major, ein treues Andenken be—
vahrt. Wie geht es Ihnen?“
Ueber das trotz der grauen Haare noch hübsche Gesicht
Frau Ludolffs glitt ein freundliches Lächeln, die dunklen Augen
Der Kronprinz als Autor.
Ueber die Entstehung des vom Kronprinzen herausge—
zebenen Albums von seiner Indienreise erfährt die Voss. Itg.
zon Herrn Dr. Bongard, dem sie die interessanten und lehr—
Sonnensehnsucht.
Roman von G. von Schlippenbach. s
(1. Fortsetzung.) Machdruck verboten.)
Allerdings hatte Schorn eben jetzt eine größere Summe
n der Wirtschaft nötig für allerlei Anschaffungen, und der
Junge, der Bruno, hatte den vpäterlichen Beutel stark in
Anspruch genommen. Aber es mußte dennoch gehen; die
Tochter durfte nicht unter des Bruders Leichtsinn leiden.
Frau von Schorn hatte Bekannte gefunden und setzte sich
nit ihnen auf eine Bank. Ihr Mann ging hinaus, sich nach
Bruno umzusehen. Auch die älteste Tochter Irmgard, die an
»en Hauptmann von Lörsbach verheiratet war, sollte kommen,
im sich die Ausstellung anzusehen und später mit den Eltern
»en Abend zu verbringen. Elfriede blieb allein. Sie sah sich
»ie Gemälde eine Weile an, kehrte aber dann zu ihren
Michen Menschen“ zurück und vertiefte sich in das fesselnde
ild.
„Werde auch ich einst einen Mann finden, den ich so liebe,
vie jenes Mädchen, werde ich ihn mit denselben glücklichen
Augen ansehen und fühlen, daß er mir alles werden könnte ?“
Ein weicher, träumerischer Ausdruck trat in ihr Gesicht.
Und plötzlich hatte sie das Gefühl, nicht mehr allein zu
sein. Jemand war leise an ihre Seite getreten, jemand
ah sie an. Sie wandte sich um; ein Herr stand neben ihr.
Es war ein in einen einfachen grauen Sommeranzug ge—
leideter junger Mann von vielleicht 28 Jahren. Er war
anansehnlich von Gestalt, die rechte Schulter war höher, das
Hesicht blaß und unschön, aber zwei große, dunkle Augen
chienen es zu durchleuchten; sie wurden von einem Kneifer
bededt. Es glomm ein stilles Feuer in diesen braunen Augen,
etwas Sehnsüchtiges, das den schmächtigen Körper zu ver—
ehren schien, jene Sonnensehnsucht der Schattenblume, die
o vielen vorschwebt und — versagt vleibt. —
‚Glüdtiche Menschen!“
Hatte er es gesprochen? Hatte Elfriede es nur gedacht?
Wie kam es, daß sie es wußte? Diese beiden Worte paßten
ticht auf den Mann an ihrer Seite, er stand ihrem sonnen—⸗
ind glückdurchleuchteten Dasein sern. — Sie wandte sich ab
und ging zur Mutter. Als sie flüchtig nach der Stelle
zinübersah, war der Fremde verschwunden. — —
Baron Schorn hatte den Sohn und seine Tochter Irm⸗
jard mit ihrem Gatten im Ausstellungspark gefunden. Bruno
dar ein schmucker Gardeoffizier, der dem Vater glich; Haupt⸗
nann von Lörsbach schien ein ernster Mann zu sein, er sah
eben seiner kleinen, rundlichen Frau riesengroß aus. Irmgard
zäre hübsch gewesen, wenn sie nicht einen unzufriedenen Ge⸗—
chtsausdruck gehabt hätte. Sie gehörte zu den Frauen,
ie ewig klagen und sich bemitleiden, obgleich sie durchaus
eine Ursache dazu hatte. Sie besaß einen prächtigen Gatten
nd zwei gesunde Kinder; die jährliche Zulage des Vaters
rmöglichte ihnen ein recht behagtiches Leben. Aber obgleich
e auch auf der Sonnenseite stand, seufzte sie oft und kam
ich bedauernswert vor im Vergleich zu manchen besser Siku—
erten unter den Regimentsdamen.
„Nun, Irmchen, wie geht es dir?“ fragte die Mutter.
Das iß“ doch schön. deß ihr auch da seid! Wie geht
s Annchen und Fritz?“
„Ach Gott, Mutter, ich bin so abgehetzt,“ klagte Frau
yon Lörsbach, auf einen Stuhl sinkend und sich Luft zu—
ächelnd. „Annchen ist so eigensinnig und Fritz hustet; er
at dreimal in der Nacht geweint und ieß uns nicht schlafen.“
„Du hast es aber bis 11 Uhr nachgeholt, liebe Frau,“
emerkte der Hauptmann trocken; „als ich um 6 Uhr zum
Dienst ritt, da schliefst du noch fest.“
„Ja, natürlich! Soll ich es denn nicht?“
Es klang gereizt. Der Hauptmann zucdte die Achseln.
Er hatte es gelernt, zu schweigen, aber es gab trotz ge⸗
rügender Mittel und Dienstboten leine rechte Behaglichkeit
m jungen Haushalt. Oft war das Essen zur Zeit nicht
ertig oder schlecht gekocht, denn Irmgard war zu indolent,
im selbst nachzusehen, und die Dienstboten wurden nicht an⸗
jeleitet. — Hauptmann von Lörsbach litt unter diesen un⸗
rquicklichen Zuständen, aber er liebte seine Frau aufrichtig
ind schwieg. Dieser Rede an Gestalt besaß ein rüchsichtsvolles,
esbstloses Wesen, von dem nur ein kleiner Teil bei Irm—
gard genügt hätte, um ihren guten Mann glückliich zu machen.
Ja, auch er hatte die Sonnensehnsucht, unter der die
Menschen sich so Verschiedenartiges denken. Für Lörsbach hieß