B.M. 8. Thiel: befürworlet den Antrag von B.M.
Köster, denn alles fei teuer.
Senator H. Evers: Der Senat sei davon ausgegangen.
daß ein 2lUjähriger junger Mann noch keine fünftöpfige Familie
habe, und er mit 1200 Meauskommen könne, andererseits, wer
icht lonne, auch als 40jähriger mit 2200 M bei weitem
nicht auskomme.
BaM. Stelling ersucht nochmals um Annahme der
Anträge von B.⸗M. Köster.
Senator ß. Evers: Würden die Anträge von Herrn
Köster angenommen, werde der Senat den Beschlüssen nicht
ohne weiteres zustimmen können, da erst wieder Ermittelungen
därüber stattfinden müßten, wie die finanzielle Wirkung
der Beschlüsse sein werde.
B.M. Klein fragt an, ob auch die Boten der Behoörden
an der Gehaltserhöhung teilnehmen sollten, wie es mit den—
ienigen Hilfsarbeitern werden solle die bereits 2000 M Ge⸗
halt hätten, und ob und wieviel sie an Zulage erhalten sollten.
zluf die senalssettig dargelegten Aussichten hinsfichtlich des
Aufrüdens der Hilfsarbeiter und die in Aussicht gestellte
Ruhelohnkasse könne er einstweilen keinen Wert legen.
Senator H. Evers: Die Anweisung an die Behsrden be⸗
ziehe sich nicht nur auf die Bureauhilfsarbeiter. In der vom
Senat verlangten Summe von 40000 M seien auch die Auf⸗
besserungen der Gehälter der Boten enthalten.
B.⸗M. Köster: Die geforderten 40 000 Mewürden s. E.
bei weitem nicht gebraucht werden, da die Anweisung an die
Behörden eine vielseitige Auslegung zulasse; er befürworte
m übrigen nochmals seine Anträge.
B.⸗M. Klein: Der Standpunkt des Senates zu dieser
seiner Vorlage habe seit ihrer Einbringung in den Bürger—⸗
ausschuß sich ganz erheblich geändert. Früher sei nur von
der Aufbesserung der Hilfsarbeiter die Rede gewesen, jetzt
seien auch die Boten einbezogen. Was solle denn nun werden
mit denjenigen pensionsberechtigten Hilfsarbeitern, die bisher
Botendienste verrichtet hätten.
Senator H. Evers: Diesen Boten werde die Pensions—
berechtigung gewiß nicht genommen werden. Auch ihnen werde
eine Zulage gewährt werden. Es seien auch in der letzten
Zeit zahlreiche pensionsberechtigte Hilfsarbeiter durch die Neu—
ordnung der Verhältnisse in feste Stellen eingerückt.
Hiernach wurde in eine Beratung der Anweisung an die
Behörden betr. die Besoldung der Bureaugehilsen eingetreten.
B.“M. Köster beantragt, daß bis zum Inkrafttreten
dieser Anweisung von dem Rat⸗ und Bürgerschluß, daß der
Hälfte der Hilfsarbeiter die Pensionsberechtigung verliehen
werden könne, Gebrauch gemacht werde.
Senator H. Evers: Der Antrag sti undusch ührbar. So—
iange eine Vorlage schwebe, halte der Senat sich nicht für
verechtigt, von seiner Ermächtigung Gebrauch machen zu sollen.
B.—“M. Lippert: Der Antrag Ködster sei formell nicht
annehmbar. Aber es wäre wohl richtiger gewesen, der Senaf
hätte der Bürgerschaft Kenntnis davon gegeben, daß er von
der Verleihung der Pensionsberechtigung an Hilfsarbeiter keinen
Bebrauch machen werde.
J —— aotter — wolle durch seinen Antrag nur
„wecken, daz auch in Zulunft pensi nsb i ilksarbei er
e wpensi. ns erechtigte Hilfsarbei er
Boam. Libpert ersucht B.eM. Köster, sei ie
or eee ster, seinem Antrag —
B.⸗M. Sauptlehrer Reimpell fragt an, wieviek von
en 60 pensionsberechtigten Hilfsarbeitern die besondere Ge⸗
haltszulage gewährt worden sei.
——— S. Evers lehnt die Beantwortung dieser
38 ⸗ w * BR —*
B.iMeKöster zog hierauf feinen Antra ad, hä
a zurück, Hält
aber seinen Antrag hinsichtlich des Anfangs⸗ und —E
aufrecht.
ESenator Dr. Fehling: Der Antrag sei unannehmb
2 5 FX ar,
—— Dint ubersehen könne, was der Antrag dem Sleat
⸗ 2 e
Beomn Lippert ersucht die Burgerschaft, hinsichtli
Anfangsgehaltes dem Antrage des eee aie en
88 Evers widersprach dem und befürwortete die
B.M. Koͤster fragte ven Veren S ami i
b Jeruern —8 normalen Gehaltes — ene
lich werde auch den inzwischen festangestel i i —
orh —— eeee gestellten Hilfsarbeitern die
Senator Dr. Vermehren: Die Aus
Mark sei ermittelt nach den dei Aunaepe d v
—*8 teit d h Grundsätzen der
ung und Besoldung. Die Berechnung des normalen Ge—
haltes könne natürlich nur bei solchen Hilfsarbeitern Anwendung
sinden, die seit dem vollendeten 21. Lebensjahre im ESlaats
dienst gewesen seien. Die später eingetreten seien, hätten da
A keinen Anspruch. In dieser Hinsicht werde von
ehörden gleichmähig verfahren werden. Di
antragten A —
——— ie —
im Frühjahr dieses Jahres. Macleimagen wancher Beanen
Senator H. Evers: Diejeni
Jahr *. er15: Diejenigen Beamten, die im vorigen
eed Hilfsarbeiter gewesen seien. bekämen die Zulage nach⸗
B.“M. Schneider be
— beantragt,
Bureauhilfsarbeiter vom Ane gee enedeb F
öo seied u o een eebensjahre an auf
In * g *
bon 48 8 Gne r wurde der Antrag
4
saet eeh „dagegen der Antrag von B.M.
„M. Köster (zu Abs. IF —
höher ean e Ab 3): Ta die Festsetzung eines
eAn s normaien Gehaltes der B
kommission vorbehalten bleiben solle, müsfe ibe ch 88
llich der Vereinbarung eines geusn aud hinsicht
schehen Er geringeren Anfangsgehaltes ge—
—86 b cantragi eine dementsprechende Aenderung der An—
B.⸗M. Lippert empfahl Köst ies
„V ster, die ü
wieen ren den Beamten nicht die ——
aen e, und die Behörden in ihrer Selbständigkeit behindert
B.M Köster: Er woll
:2 e mit se
— einheitlich verfahren I Welcage nur be⸗
Sena J 5453 4.
gewiß eer —— eblins Zwedmäßkig sei der Antrag Köster
— t. Die Selbständigkeit der Behörden einschränken,
Witse ein großer Fehler sein. J
7 ee zog hierauf seinen Antrag zurüd.
bp V öster (zu Absatz 5) fragat an, ob die Zulage
on 300 Mupensionsfähig sei und ob die Zulage auch füur d
Veraam arndeit gewährt werden solle. ie
Senator H. Evers: Nach der Se i
mwweifellos dak die Zulgge non 300 MNe nenweriae jet ee
B.M. Köster beantragt, daß das Gehalt der Haus
neister und Voten mit Wirkung vom 1. April 1910 ab nach
Maßgabe der Ordnung der Burewigehilfen festgesetzt werde
Senator H. Evers: Man lönne die Boten nicht mit den
Bureauhilfsarbeitern vergleichen und darum auch die Gehälter
aicht in Beziehung zu einander setzen. Die Boten würden an
der Gehaltserhöhung, wie er vorhin schon gesagt habe, teil—
nehmen, wegen der Hausmeister würden Erhebungen angestellt.
B.M. Ir. Görtz: Der Antrag Köster gehöre nicht in die
Anweisung hinein und er bitte darum letzteren, ihn zurückzu⸗
ziehen.
Senator Dr. Fehling: Er bitte, die Vorlage nicht auch
noch mit den Gehaltsfragen der Boten und Hausmeister zu
berquiden, damit sie nicht noch weiter verzögert werde.
Beam. Köster zieht hierauf seinen Antrag zurüch, worauf
B.M. Dr. Wittern der Hoffnung Ausdruck gab, daß
der Senat den beschlossenen Aenderungen ohne längere Prüfung
zeitreten werde.
Zu Ziffer 2 der Senatsvorlage weist der Wortführer darauf
hin, daß mit der Summe von 40 000 M nicht auszukommen sei,
und er bitte um einen Antrag, daß die Summe abgeändert
werde.
BeM. Schneider: Er könne nicht wissen, welche sinan⸗
zielle Wirkung sein Antrag haben werde, empfehle aber, darin
die Summe von 47000 Muaufzunehmen.
Senator Dr. Fehling: Nun sei man glüdlich wieder
auf dem Standpunkt vom Anfang angelangt, man wisse nicht,
vas die Geschichte kosten werde. Taß dem Senat seitens der
Bürgerschaft ein Blanko-Akzept ausgestellt werde, sei bisher noch
aicht vorgekommen. Er empfehle, daß eine bestimmte Summe
esigesetzt werde, und wenn diese nicht ausreiche, der Sena!
mit einem Nachtrag kommen werde.
B.eM. Dr. Benda empfahl Serrn Schneider, in seinen
Anttag die Summe von 47 000 M aufzunehmen.
BaemM. Schneider änderte demgemäß seinen Antrag ab.
Dieser Antrag wurde angenommen und hierauf auch die
Senatsvorlage.
2.
Bewilligung von 9750 Mefür die Beschaffung
eines neuen Dampf- und Formaldehyd-Des—
infektors, Systen Lautenschläger, für die
Allgemeine Armenanstalt.
Der Antrag wird debattelos genehmigt
3.
Bewilligung von 24600 M zur Serstellung
einer neuen Heizungsanlage und einer Brause—
badanlage in der II. St. Lorensschule.
B.M. Ehlers fragt an, welche Gründe den Senat geleitet
hätten, die Freibadeanstalten Falkenwiese und Finkenberg zum
Teil in kostenpflichtige umzuwandein.
Senator Dr. Fehling: Er werde sich hiernach erkun—⸗
digen und in der nächsten Sitzung Mitteilung machen.
BM. Dahms: Da gerade vom Baden die Rede ist,
möchte er darauf hinweisen, daß auf der Wosserfläche des Krähen⸗
teiches seit einiger Zeit große Mengen Fett schwimnen, das
bon einem in den Krähenteich gefallenen Faß Karbolineum
herrühren solle. Es wäre doch wohl zweckmäßig, das Faß zu
entfernen. Da die Brausebadanlage nicht der öffentlichen
Benutzung freigegeben werden solle, hoffe er, daß Lübech bald
eine Schwimmhalle bekomme.
B.M. Lauenstein teilt mit, daß die Einsammlung von
Schulgeld in Krempelsdorf unberechtigt gewesen sei, wie er ge—
sagt habe, und die Oberschulbehörde in dieser Hinsicht einen
Fehler gemacht habe.
Hierauf wurde die Senatsvorlage angenommen.
4.
Erlaß eines Gesetzes betr. die Fürsorgée für die
Hinterbliebenen der Mitglieder des Senates.
B.M. Löwigt: Die Sozialdemokraten würden für die
Vorlage stimmen, obwohl dem Antrage eine Begründung nicht
heigegeben sei and man daher nicht wissen könne, ob die vor—
zeschlagenen Sätze ausreichend seien. Bei dieser Gelegenheit
nöchte er den Wunsch aussprechen, daß für die städtischen
Arbeiter in gleicher Richtung etwas geschehe. Eine Bürger—
ausschußkommission beschäftige sich schon seit langen Monaten mit
der Vorlage, ohne daß man erfahre, wie die Sache stehe. Man
munkle sogar, daß man die Vorlage so langsam von der Bild—
fläche verschwinden lassen wolle.
Senator Dr. Fehling: Der Vorsitzende der Kommission
des Bürgerausschusses zur Prüfung der Senatsvorlage betr. die
Ruhelohnkasse habe noß vor kurzem eine Reihe von Anfragen
an ihn gestellt, die zunächst bearbeitet werden müßten, also
die Vorlage sich durchaus in Fluß besinde.
Hierauf wurde die Senatsvorlage angenommen.
5.
Bewilligung von 16000 Meaus Anleihemitteln
zur Beschaffung eines zweiten Kohlenelevators
für das Gaswer!k II.
B.M. Th. Schwartz: Er stiehe auf dem Standpunkte
des Senates, nämlich, daß es sich hier um eine Neuanschaffung
handle, die aus Anleihemitteln beschafft werden müsse. Der
Bürgerausschuß wolle diese Mittel aus dem Erneuerungsfonds
der Gaswerke entnommen haben: aus welchem Grunde, sei nicht
zekannt.
Senator Dr. Lienau erläuterte kurz, was nach dem Gesetz
von 1910 betr. die neue Buchführung bei der Verwaltungs—
behörde asuf den Erneuerungsfonds angewiesen werden müsse.
und was auf Anleihemittel.
B.⸗M. Kommerzienrat Scharfff: Er habe seinerzeit im
Bürgerausschuß beantragt, die oerlangte Summe aus dem Er—
neuerungsfonds zu entnehmen. Er habe sich aber inzwischen
davon überzeugt, daß sein derzeitiger vom Bürgerausschuß an—⸗
denommener Antrag sachlich nicht richtig sei, sondern der Senats⸗
anttag angenommen werden müsse.
B.“M. Buch wald: Im allgemeinen sollte man auch die
kleineten Neuanschaffungen aus 1Iaufenden Mitteln entnehmen.
Er habe dies schon wiederholt gesagt und bitte die Behörde,
demgemäß zu verfahren.
Hiernach wurde die Senatsvorlage unverändert angenommen
und sodann eine viertelstündige Pause gemacht.
6.
Bau einer Straßenbahn Lübek—Schwartau.
Der Senat stellt zur Mitgenehmigung der Bürgerschaft:
1. daß die Straßenbahn bis zum Schwartauer Marktplatz
weitergeführt werde;
daß dem in der Unteranlage 1 abgedrudten Vertrage
zwischen der freien und Hansestadt Lübeck und der Fleden—
gemeinde Schwartau vom 10./13. Mai 1911 die erforder⸗
liche Genehmigund erfeilt mern
2
3. daß zur Ausführung des unter 1 bezeichneten Unter—
nehmens ein Betrag von 454 000 M, soweit erforderlich
und Rechnungsablage vorbehalten, aus Anleihemitteln zur
Verfügung gestellt werde.
B.M. Rosenquist gab erneut dem Wunsche Ausdruck,
die verschiedenen Behörden mehr als bisher zusammenarbeiten
möchten. Er verweise beispielsweise auf die Ecke von der König—
und Pfaffenstraße, wo das Zusammenarbeiten offensichtlich nicht
beachtet sei.
B.M. Buchwald: Man lkönne der Vorlage zwar sym—
nathisch gegenüberstehen, denn dieBahn liege im Interesse Lübeds,
»asjenige Schwartaus sei aber sicherlich noch größer. Daher
zabe er gegen den im Entwurf vorliegenden Vertrag mit
Schwartau mancherlei einzuwenden. Die Schwartauer hätten
⸗s ganz vorzüglich verstanden, ihr Interesse wahrzunehmen. Bei—
pielsweise werde von Anfang an ein Fehlbetrag von 4000 M
zerausgerechnet. Tatsächlich sei er aber um mindestens 10 000
Mark höher, denn in den Verkehr der Schwartauer Bahn sei
der Ertrag der bereits bestehenden Linie Kohlmarkt— Schwar⸗
rauer Allee eingerechnet. Ein anderer Punkt betreffe die Ga—
antieleistung Schwartaus. Durch die vorgesehene Stipu—
ierung der Garantiesumme schaffe man ein Novum. Hier wolle
nan den Garantiezeichnern die Summe zurückerstatten, den Mois—
ingein aber soll kein Pfennig zurückgegeben werden. Aus der
Annahme des Vertrages mit Schwartau ergebe sich mit zwin—
gender Logik, daß dre Schlutuper sofort eine Strabenbahnver—
bindung mit Lübeck fordern können, denn Schlutup sei erheblich
aröher als Schwartau, habe eine blühende Industrie, eine Bahn
Zorthin werde große Staatsländereien erschließen usp. Durch
»ie Annahme des Vertrages lomme man in Straßenbahnver—
zältnisse hinein, die jährliche Zuschüsse von 40 000 und 50 000
Viarketend mehr erfordern würden. Das bedenklichste an der
Senatsvorlage enthalte aber die Konzessionsurkunde. Nach
herselben könnten die Eutiner jeden Tag einen 5-Pfg.⸗Tarif
ooischreiben, einen 8-Minuten-Verkehr usw. fordern, während
man hier in Lübeck den Fünfminutenverkehr auf der Marli-Linie
trotz jahrelangen Drängens nicht errangen könne. Redner fragt
sodann an, ob Schwartau die Kosten und die Unterbilanz dem
Staate zu ersetzen habe, wenn es einen Betrieb verlange, der
ich nicht rentiere, und ob Schwartau dies zugesichert habe. Nur
unter dieser Voraussetzung werde er trotz aller Bedenken gegen
die Norlage dieser zustimmen. Könne der Senat diese Versiche—
lung nicht geben, bitte er (Redner), die Vorlage zweds Rüd—
frage bei Schwartau zu vertagen, und nach Eingang der Aeube—
rung Schwartaus die Angelegenbeit in vertrau icher Sizung zu
verhandeln.
Wortführer Konsul Dimpker: Um letzteres zu ermög—
lichen, brauche nur der Antrag auf Ausschluß der Oeffentlichkeit
gestellt zu werden.
B.eM. Buchwald stellte hierauf diesen Antrag. Er fand
die hinreichende Unterstützung und auch sofort Annahme.
Darauf wurde in nichtöffentlicher Sizung weiterverhandent.
Nach Wiedereröffnung der Sstzung — 1154 Uhr — teilt
der Worfführer mit, daß eine Veröffentlichung des Potololles
über die Verhandlung dieses Gegenstandes verab nicht Jatt—
finden wird. Wie wir hören, ist mit Ausnahme einzelner
Bestimmungen die Annahme der Vorlage erfolgt unter der
weiteren Voraussetzung einiger Klarstellungen.
Die Besprechung des Berichtes beir. die Strabenbahn-Jeit⸗
fahrkarien wuürde, nachdem B.«M. Lippert einen Antrag auf Ver⸗
weisung des Verichtes an eine Kommission gestellt hatte, auf die
nächste ordentliche Sizung am Montag, dem 17. Juli, vor
mittags 10 Uhr, verlegt.
Schluß der Sitzung 11 Uhr 50 Min.
Vermischtes.
Von der Bahu auf die Jungsrau. Man schreibt der
Vossischen Zeitung: Der große Jungfrau-Tunnel wird wohl im lom⸗
menden Sommer dem Verkehr eröffnet werden können. Die Eisenbahn⸗
züge werden dann von der Station Eismeer das gewaltige Felsmassis
des Mönch unterfahren und die Station Jungfroujoch erreichen, die
letzte vor der Erreichung des erstrebten Ziels, die Spitze der Jungfrau
elbst. Durchschnittlich werden an jedem Arbeitstage drei Meter des
Tunnels hergestellt. Im Jahre 1909 bettug die Arbeüsleistung 938
Pleter, 1910 erreichte sie 1076 Meter, ein sehr bedeutendes Ergebnis,
wenn man die hohe Lage des Tunnels über dem Meere, ungefähr
3400 Meter, und das harte Gestein, zumeist Gneis, in Betracht zieht.
Nur auf einer kurzen Strecke zeigt sich Hochgebirgskalk. Auch die
stetig zunehmende Länge der Förderstrecke erschwert den Betrieb, und
es mußte eine große Fördermaschine mit 12 Kilometer Geschwindig⸗
eit per Stunde eingestellt werden. Gleichzeitig mit den Bohrungen
geschahen auch die Vorarbeiten sür die Anlage der Station Jungfrau⸗
och, die auf 3440 Metern Höhe gebaut wird. Die Steigung des
Tunnels ist also so groß, daß der Betrieb nur miltelst einer Zahnrad⸗
ampe möglich sein wird. Eine kurze Strecke vor dem Jungfraujoch
elbst wird ein Seitenstollen durch das Felsmassiv zur Herstellung
jelangen, und dann wird es sich zeigen, ob das vprojeltierte „Hotel
Juugfraujoch“ oder vielmehr die einsachen Unterkunstsräume für die
seisenden draußen auf dem Felsen des Jochs, umgeben von den ewigen
Schnee⸗ und Gletscherfelsen, gebaut werden können. Andernfalls wird
es im Berginnern selbst zur Herstellung gelangen. Um dem Tunnel
frische Luft zuzuführen, und gleichzeitig auch die Möglichkeit zu geben,
das ausgesprengte Maierial in unmittelbarer Nähe der Bohrarbeiten
auszuwerfen, ist eben auf 3440 Metern Meereshöhe ein Seiteniollen
nach der Nordseite des Jungfrau⸗-Massivs durchgeschlagen worden.
Von seinem äußeren Ende sieht man das çewaltige Schneehorn und
die Pyramide des Silberhorns. diese zwei Trabanten der Jungfrau⸗
Majestät, unmittelbar vor sich, noch um ein paar hundert Meter höher
aufragend, während sich 2770 Meter unterhalb des Stollensfensters die
grüne Ebene von Interlaken ausbreiiet. Die beiden Riesengletscher
an den Flanken des Schneehorns, der Gießen⸗ und Guggi⸗Gletscher.
reichen sast unmittelbar an das Wolkenfenster heran. Aber während
von oben die einzelnen Riesenhotels von Interlaken, das herrlicht
Victoria, Jungfrau⸗Hotel, Belvedere usw. deutlich zu sehen sind, mühen
ich die Bewohner des Victoria⸗Hotels und anderer von ihren Fenstetn
vergeblich mit dem Feldstecher ab, in den ungeheuren Fels- und Eis—⸗
nauern der Jungfrtau die Stollenöffnung zu entdecken. Die Jung
fraubahn loat nicht nur durch die hehre Majestät des Hochgebirges, die
sich dort oben darbietet, londern als technisches Wunder selbst immer
nehr Touristen an, und an manchen Augusttagen überstieg die Zahl
der Passagiere zweitausend! Während der 142 sommerlichen Betriebs⸗
tage des Jahres 1910 war die durchschnittliche Passagierzahl täglich
160, während des Monats Augulft erreichte sie die doppelte Zahl.
Durch die Eröffnung der Station Jungfraujoch im kommenden Jahre
vird die Frequenz sicher noch erheblich steigen. Von dort lind nur
nehr 3 Kilometer Tunnel herzustellen, um den Endpunkt der Bahn.
die Station Jungfraululm, zu erreichen. Nach dem bisherigen Fort
chritt des Tunnelbaus dürfte die Strede im Jahre 1912 erreicht
werden, die höchste Eisenbahnstation Europas, und in der Welt nur
ann den fühneon Raknhautan in Meru übhertirnffon