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Beilagen: Vaterstädtische Blätter. — Der Familienfreund.
Amtsblatt der freien und hansestadt Lübed
heiblatt: Gesetz⸗ und Verordnungsblatt t8
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161. Jakrgang Nacqhrichten für das herzogtum Tauenburg, die
ud Iireoe de cubeahhen am Fürstentümer Ratzeburg, Lübed und das angren⸗
—ãS ———— jende medlenburgische und holsteinische Gebiet.
Oruc und Berlaa: Gebrüder Borchbers G.m. b. S. in Lübed. — Geichäftsstelle Adreß baus (Komiastr. 48). Ferniprecher 2000 u. 9001.
EGEGrotze Ausgabe) Montag, den 10. Juli 1914.
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Ausgabe
Abend⸗Blatt Kr. 343.
Erstes Blatt. hierzu 2. Blat
—— — — — —— ——
Amfang der heutigen Nummer 6 Seiten.
— — — — — — —
Nichtamtlicher Teil.
Zum Abschluß des deutschen Rundfluges.
Von unserem Berliner Korresponden!en.
Berlin, 10. Juli.
Der erste große deutsche Rundflug ist glücklich beendet.
Das ist wie ein Aufatmen nach seiner gewaltigen Kräftean—
spannung. Was die kühnen Flieger in Wirklichkeit über⸗
standen, wir haben es im Geiste voller Spannung miterlebt.
Vier Wochen lang waren sie draußen im Kampfe um die
Herrschaft des Menschen auch im Reich der Lüfte. Wie lange
haben sich vorher energische Geister um dieses Ziel bemüht! Die
Ballonfahrer schon so lange, daß schier der Glaube an die
Möglichkeit lenkbarer Luftfahrzeuge darüber zugrunde ging.
Als aber dann vor wenigen Jahren die Flieger in den Wett—⸗
bewerb eintraten, da gab es erst recht viel Kopfschütteln
und Zweifeln. Ohne besondere Aufiriebskraft, lediglich mit
Hilfe der eigenen Tragfähigkeit der Luft den menschlichen
Körper oder gar mehrere nennenswert vom Boden zu er—⸗
heben und nach Willlür zu lenken, das schien so unmöglich,
daß man schon staunte, als es den ersten Fliegern gelang,
sich auch nur minutenlang einige Meter in der Höhe zu halten.
Und heute nach so kurzer Zeit können wir bereits auf
einen erfolgreichen Rundflug durch halb Deutschland
rurückblicken.
Das ist ein Tempo des Fortschritts, das auch die kühnste
Erwartung weit hinter sich läßt und mit allen Mängelhn aus—
söhnen muß, die der großarligen Erfindung hrute begreiflicher⸗
weise noch anhaften. Von Berlin aus ging es zunächst an die
Nord- und Ostseelüste nach Hamburg und Kiel. Wo deu'sche
Macht und Klugheit das Weltmeer sich erobert, da sollte auch
anser Anteil an der Beherrschung des Luftmeers dokumen⸗
tiert werden. Ueber die weile Lü ekurger Heide gins dann
an den Rhein. Das Wetter war nicht gut, und riel Nebel
ließ den Flieger seine hilflose Einsamkeit zwischen Himmel
und Erde schwer empfinden. So ist die Depression wohl
verständlich, die sich der kühnen Eroberer hier einen Augen⸗
blick bemächligte. Aber der Augenblick ging vorüber, und der
Flug ging weiter. Von Nordhausen führle er über den Harz
nach Halberstadt. Auch die Berge stellten sich der Ent—
schlossenheit vergeblich in den Weg. Und von Halberstadt
aus bis wieder nach Berlin, das war nun das gewaltige
Schlußstück der ganzen großen Unternehmung. Auf der weiten
—D
dem anderen wieder an. Denn Sieger sind s'e alle miteinander.
M
Aus gärender Zeit.
Roman von Hedwig Kaborh.
(19. Fortsetzung.) Machdrud verboten.)
Maria trat an die eingelegte Kommode und zog sie auf.
Sie legte eine Kunstgeschichte auf den Tisch.
„Darin lese und studiere ich jetzt ebenso, wie in vielen
anderen guten Büchern. Wenn ich dann zu Theodor gehe,
fprechen wir alles durch, was ich gelesen habe! Da hat er
seine Freude daran! O, ich kann mich noch bilden ich bin
a noch jung!“
Gerührt sah Franziska die Schwester an. Und die, hatte
sie geglaubt. stützen zu müssen! Die zarte blonde Frau wuchs
vor ihren Augen zur Riesin. Wie sie ihre Person hintenan
setzte, nur alles für ihren Mann tat, nur in ihm lebte und
sich selbst so gern aufopferte!
Das war trotz alle ück Iũ d
— —— m Unglüch doch das Glück, in dem
Als sie dann im gemeinsamen Zimmer zur Nachtruhe
gingen, war Fränze immer noch voll eit * d
üngste Schwester. Sie hatte in ihr, als der Jüngsten, noch
smmer ein halbes Kind gesehen und hatte nun in ihr einen
fertigen Menschen wiedergefunden.
DTaß doch alles im Leben so anders war, als es schien!
— 52
die Heimgekehrten, mögen sie nun an erster oder letzter
Stelle bei der Verteilung der Preise steher. Und ihr Sieg
darf zugleich als eine nationale Ruhmestat ge—
feiert werden. Denn es war eine Frage nicht nur
»er deutschen Ehre, sondern auch — ganz praitisch
jesprochen — der deutschen Konkurrenzfähigkeit,
ob dieser Rundflug gelang oder nicht. Es war eine natio—
nrale Ehrensache geworden um so mehr, als bekanntlich
französischer Chauvinismus die deutscheStrecke
rus dem ursprünglichen Plan des internatio—
nalen Rundfluges (Paris-Verlin-Brüssel-London) ge—
trichen hatte. Und es war eine wirtschaftlich wie
nilitärisch wichtige Frage, weil Deutschland bis—
zer das Gebiet der Aviatik allzusehr der aus—
ändischen Konkurrenz, insbesondere der franzö—
ischen Industrie, überlassen hatte. In den fran—
ösischen Manövern hatten sih die Flieger als wertvolle Hilse
rwiesen, und die französische Industrie hat schon Millionen
ind Abermillionen an Flugapparaten verdient. Nun haben
»eutsche Männer auf deulschen Apparaten auch die deuilscke
deistungsfähigkeit auf diesem Gebitte unwiderlezlich dargetan.
Was die heimkehrenden Flieger geleistet haben, ist ganz
rußerordentlich wenn man sich natürlich auch in der
Beherrschung der Luft“ noch mit Geduld rüsten muß. Schon
allein die Größe der zu überfliegenden Strecke von 1900 km
— in der Luftlinie etwa die Entfernung von Berlin nach
Tunis — übersteigt alle bislang bei uns gestellten Aufgaben
Line Reihe von lokalen Wettbewerben waren zugunsten des
grohßen Rundfluges als selbständige Veranstaltungen aufgegeben
uind ihm eingegliedert worden. Die von der Leitung des
Wettbewerbes vorgeschriebenen Bedingungen, Zwischenlandungen,
Zchleifenfahrten und Termine stellten gleichfalls alle nur denk—
haren Anforderungen an die Fähigkeit der Beteiligten. Dazu
dann noch die arge Ungunst des Wettes: die Stürme in der
kbene, die Nebel im Gebirge; die Männer, die über das
iles Herr geworden sind, haben damit der deutschen Aviatik
Rs allergrößte Vertrauen errungen und den Mut zu weiteren
Ruhmestaten mächtig gestärkt.
Ueber die Endreslultate des deutschen Rundfluges werden
wir im Depeschenteil sofort nach ihrem Bekanntwerden berichten.
— — ——
sie ist vielmnehr von Kreisen veranlaßt worden, die Wert
datauf legen, öffentlich bekannt zu geben, wie weit Frankreich
schon vorgeschritten ist, um Marokko unter seine Botmäßigkeit
zu bringen. Der bestehende Vertrag mag in Einzelheiten von
der Veröffentlichung der „Exchange Telegraph Company“ ab-
weichen, das Wesentliche des Abkommens ist aber richtig wieder—
gegeben. Und auf die Grundtendenz des Vertrages kommt es
heute vor allem an; diese aber rähßt sich dahin zusammen⸗
fassen, daß die französische Regierung unter Miß⸗
achtung der Algecirasakte im Begriffsteht,
dem Sultan von Marokko das gleiche Schidsal
zu bereiten, wie seinem Leidensgenossen in
Tunis. Um hiergegen in nicht mißzuverstehender Weise Pro—
test zu erheben, hat jetzt Deutschland sein Kriegsschiff nach Agadir
entsandt. Warten wir ab, welche Antwort uns Herr Cambon
jetzt bringen wird.“
Tiersendungen und Seuchengefahr.
Man sch ebt un:: Es ist mehrfah beoba tet worden,
datz die den Wagenladungen lebender Tie e vom Versender
beigegebenen Begleiter die Sendung nicht bis zur Be—
stimmungsstation begleiten, sondeirn bereits auf vorgeleçenen
Stationen verlassen. Dieses Verh-olten der Begalciler ha! be—
sonders bei Seuchengefahr zu Mißständen geführ‘. Die
Dienststellen sind daher vom preußischen Essenbahnminister
angewiesen worden, beim Vorhandensein dieser Gefahr in
—R
die Eissenbahn auf Kosten der Versender oder Empfänger
zu stellen. .)
*
Die preußische Schulkonserenz und Schulreform.
Der ojfiziös bediente Neue polit. Tagesdienst schreibt: „Von
einer Korrespondenz ist die Mitteilung verbreitet, die Schul—
konferenz, welche am 30. Juni und 1. Juli unter dem Vorsitz
des Kultusministers stattfand, habe die Besorgnisse
zerstreut, welche die Freunde humanistischer Bildung
aus Anlaß dieser Konferenz empfunden hätten. Denn an den
maßgebenden Stellen dächte man nicht daran, an den gegen—
wärtigen Zuständen in unserem höheren Schulwesen etwas zu
ändern. Diese Ausführungen beweisen, daß der Urheber dieser
Mitteilungen in völliger Unkenntnis über den
Zweck der abgehaltenen Konferenz sich befindet.
Denn von einer Reform auf dem Gebiete des höheren Schul⸗
wesens durch die Umgestaltung der Lehrpläne ist auf der
Konferenz nicht mit einem Wort die Rede gewosen, da sie
hierzu überhaupt nicht berufen war. Es hat sich vielmehr
lediglich um eine Reihe pädagogischer Fragen ge—
handelt, unter denen die Frage der Kurzstunde
an erster Stelle stand. Ueber diese und ähnliche Fragen
Jollte ein Meinungsaustausch zmischen den Provinzia'shulräten
— ——— — ——
jungen Frau zur Seite stehen. Karl diente sein Jahr ab und
wer weiß, ob Wilhelm kommen konnte. Da blieb sie mit den
Peils allein.
Sie hatte sich ins Wohnzimmer gesetzt, wo sie mit ihrem
Manne fast täglich geweilt. Hier bsieb sie im Gedenken an
ihn zurück.
Sie konnte all die Menschen jetzt nicht sehen. Der Taͤg
würde mit allem, was kam, noch schwer genug für sie werden.
Sie, die sich bisher den Töchtern an Jugendkraft gleich
gesühlt, drückten heut' die Jahre. Des Lebens Sorgenlast
war gar zu reichlich gekommen. Die vielen schlaflosen Nächte
hatten ihrem Geist die Spannkraft genommen.
So, wie die dichten Wolken der Sonne draußen den Weg
versperrten, daß es den Anschein hatte, als könnten ihre
Strahlen den Dunstkreis, der über der Stadt lagerte, nie mehr
durchbrechen, so war's im Innern der Frau Stadtmüller.
Der Schmerz um den toten Gatten und die große Kummer—
last hatten ihr Gemüt ganz verdüstert. Ihr war zu Mute,
als könnte es nie, nie mehr Licht in ihr werden!
Da klang ein Posthorn zu ihr herüber. Es tönte fast
heiser in den Regen hinein. Es mußte wohl eine Extrapost
sein, die jetzt kam.
Sie hörte deutlich die Weise: „Muß i denn, mubei denn
zum Städtle hinaus“, die der Poslitlon, als er in die Stadt
einfuhr, blies.
—Das kang gar zu sonderbar. Und der Schein eines
leisen Lächelns zog über ihr Antiitz.
Wie doch die Komik dem tiefsten Leid und Schmerz
immer so nahe ist!
Das Lied hatte sie aufgerüttelt und ihren Gedanken eine
andere Richtung gegeben.
Als sie wieder still vor sich hinstarrte, da wurde drauhen
die Haustür fest und sicher geöffnet. Ein wohlbekannter Schritt
erklang. FJ
Die Frau Stadtmüller fuhr vom Stuhl empor und sah ge—
spannt nach der Tür.
Ihr Sohn Wilhelm stand in ihrem Rahmen und sah sie
mit seinen großen Träumeraugen leiderfüllt an.
„Daß du doch noch kommst, Wilhelm!“ mehr konnte die
Frau Stadtmüller nicht sagen. Dann bara lie schluchzend ihren;
Neber den französisch- marokkanischen Geheimvertrag
chreibt die Deutsche Orient-Korrespondenz entgegen den De—
nentis der Agence Havas:
„Der Vertrag besteht doch! Daran ist von sachkundiger
Seite gar nicht zu zweifelnl. Das Vorhandensein des
VBertrages, der vom 10. April d. J. datiert, war
n eingeweihten Kreisen schon längst bekanmt. — — Die Ver—
zffentlichiung der Vertragsbestimmungen ist nicht etwa von
französischer Seite, auch nicht von deutscher Seite aus erfolaf:
— ———— ————⏑ —
war es strahlend hell! Der Sonne Kraft hatte für Augen—⸗
blicke gesiegt und ihr flammendes Anttitz gezeigt.
Da hob sich eine dunkle Riesenhand, spreizte die Finger
weit und umfaßte alles.
Der Lichtstrahl erlosch. Ein mattgoldenes Flimmern blieb
noch, bis der Himmel sich wieder tiefdunkel färbte.
So hatte das Wetter den ganzen Morgen gekämpft. Jetzt,
über Mittag, hatte sich die Sonne gezeigt. Ihr kühler Schein
lag nun wieder eingebettet hinter Tunst und Regenwolken.
Die Wolken gingen tiefer und verbreiteten Dunstkreise
Die Dämmerung, die auf den Straßen lag, verdichtete sich
Srohe Tropfen, die erst vereinzelt euf dem Pflaster klangen,
rielen hernieder, dann rauschte ein dalter Regen, der die Schnee⸗
reste auf den Straßen mit fortnahm, herab.
Die Rinnsteine waren bald übervoil und auf den schmalen
Bürgersteigen und den engen Straßkendämmen standen die Wasser⸗
lachen. d —
Die Frau Stadtmüller saß am Fenster der grohen Wohn⸗
stube und sah mit trüben, vom Weinen geröteten Augen hinaus
in den Regen, der mit groken Tropfen an die Scheiben
atschte.
So trübe wie draußen sah es auch in ihrem Innern aus.
Heute sollte die Beerdigung ihres Mannes sein.
Er lag drüben in der guten Stube aufgebaährt. Die Tür
nach dem Flur stand weit offen, seit langer Zeit schon gingen
Memnschen dort aus und ei. 7
Es war eine alte Sitte im Städtchen, daß die Toten
von den Verwandten und Freunden im Sarge noch einmal ge⸗
sehen wurden. WW
Der alte Stadtmüller war im Städtchen und der nächsten
Umgebung allen so wohlbekannt gewesen.
Johanna Peil stand am Sarge ihres Vaters und nahm die
Händedrüde und die teilnehmenden Worte in Empfang.
Die Frau Stadtmüller blieb drüben. Sie war ganz gegen
ihre sonstige Gewohnheit menschenschen geworden. Ihr Hera
war kummervoll und schwuer.
Ihr Mann, der ihr bisher Stab und Stütze gewesen, war
tot. Ihr ältester Sohn war auf Festung, ihr Schwiegersohn
im Inquisitoriat der Residenz gefangen. Frangiska, ihr drittes
dind in so unalücklichem Eheseben. Maße jeknber verlassenen
R
Ueber der kleinen Gebirgsstadt zogen schwere Wolken. Ueber
die Berge kam's. Groß, riesenhaft türmten sie sich überein—
ander. Wie eine Reihe gigantischer Reiter, die sich zu jagen
schienen, trieb eine der anderen nach. Graue Riesenköpfe
jaen über den dunklen Koller. Das lange, schwarze Streit⸗
roß dehnte sich weit unter ihnen. Aber ehe sie sich erreicht,
wrang der Koller. Grauweiß quoll's darunter hervor, schob
von hinten darüber hin und türmte sich zu einem Schnee—
gebirge am Himmel zusammen.
Wie matte Dämmerung lag's auf den Straßen.
Die dunklen Wolken zogen sich auseinander, ihre Höhen
färbten sich durchschimmernd gelb, wie ein Goldstrahl gleißte
2s auf und sprang in die Tämmerung hinein. Pfölid