Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

ter Stelle. Die meisten Fahrten pro Ftopf werden in 
Frankfurt a. M. gemacht, die größten Einnahmen pro 
Kopf hat wiederum Hamburg aufzuweisen, da hier pro 
Fahrgast die Einnahmen 12,6 Pfg. betragen, während sie 
in Berlin nur 9,9 Pfg. hosh sind. 
Die Statistik zeigt den allgemeinen Stand von Anfang 1010. 
Die Summe sämtlicher deutscher elektrischer Straßenbahnwagen 
betrug 10800, davon entfallen auf Berlin 1800, auf Ham— 
burg 800. Die Leistungen sind um 28 Millionen Wagenlilometer, 
das sind 5 00, und der Verkehr um 86 Millionen Fahrgäste, das 
sind 4 060, gestiegen, gegenüber 54 bezw. G Zunahme im 
Voriahre. Die Betriebsdichte der Berliner Hoch und Unter⸗ 
grundbahn stieg auf 673 000 Wagenkilometer Betriebslänge; 
bei der großen Berliner Straßenbahn stellte sie sich auf etwas 
weniger als im Vorjahre, nämlich auf 336 000, in Hamburg 
auf 246 000. Der Straßenbahnverkehr der wichtigsten deutschen 
Städte ergibt sich aus folgender Tabelle: 
Ein⸗ Betriebs⸗ Ein⸗ 
Fahrgäste nahmen länge Fahrten nahmen 
Millionen Mill. Mark kum pro Kopf pro Kopf 
Berlin 353 55 399 184 9.9 
Hamburg 144 18 189 148 12.5 
Muünchen 90 8.8 76 168 9.8 
Dresden 98 10 135 190 10.7 
Leipzig 104 98 116 208 9.2 
Breslau 67 55 *8 142 7.9 
Köln 23 208 8.4 
Frankfurt R — 9.0 
Nürnberg 34 41 6 8.3 
Elberseld 30 1 53 93 10 5 
Hannover 50 5 162 161 10.11 
Düsseldorf 49 21 — 193 8.4 
Stuttgart 33 3 48 132 8.7 
Bei den einzelnen Städten kommen meist noch ihre Vor— 
orte mit in Betracht, so z. B. sind in Berlin bei den Zahlen 
alle Vorortverbindungen mit berüchsichtigt. Auch bei Hamburg 
ist das gleiche der Fall. Bei Frankfurt a. M. kommt noch 
Offenbach in Betracht, bei Nürnberg ist Fürth berücdssichtigt, 
bei Hannover die Stadt Linden und bei Elberfeld die Schwester⸗ 
isadt Barmen 
Neueste Nachrichten und Telegramme. 
Königin Maria Pian. 
Wt. Turin, 5. Juli. Königin Maria Pia ist heute nach— 
nittag 3 Uhr 15 Min. im Schloß Stupinigi infolge plötzlich 
ꝛingetretener Urämie gestorben. 
Nach dem offiziellen Krankheitsbericht war die verstorbene 
Königin Maria Pia am Nachmittag des 1. Juli von einer 
sehr heftigen, von Fieber begleiteten Leberkolik ergriffen wor— 
den. Ihr Zustand verschlimmerte sich dann infolge der hinzu— 
getretenen Störung in der Nierenfunktion. 
Endgültiger Abschluß des deutjch-schwedischen Handelsvertrags. 
W. Berlin, 5. Juli. Die Nordd. Allg. Zig. berichtet? 
Der Austausch der Ratifikationsurkunden des deutsch-schwedischen 
dandelsvertrages erfolgte am 3. Juli 1911 in Stodholm. 
Zur Revision des preußzisch-hessischen Eisenbahnvertrages. 
W. Darmstadt, 5. Juli. Die Zweite Kammer nahm in 
der Frage der Revision des preußisch-hessischen Eisenbahnver⸗ 
krages einstimmig den Antrag an. die Regierung zu ersuchen, 
beim Zusammentritt des nächsten Landtages zur 
Klärung der seit Jahren über die Revisfion des Gemein— 
schaftsvertrages in der Oeffentlichkeit behandelten Fragen dem 
Landtag vorzulegen: 1. eine genaue Uebersicht über die auf 
den hessischen Linien der preußisch-hessischen Eisenbahngemein⸗ 
schaft seit Bestehen des Vertrages eingetretenen Betriebsstei— 
gerungen und die damit bedingte Werterhöhung; 2. eine ge⸗ 
naue Uebersicht über die seit Bestehen des Vertrages notwendig 
gewordenen Kapitalaufbesserungen Hessens sowie über die in der 
nächsten Zukunft noch in Aussicht stehenden Aufwendungen. 
Ein türlischer Gast über Deutschland. 
W. Konstantinopel, 5. Juli. Der aus Deutschland zurüc⸗ 
gekehrte Deputierte Dschahid schildert in einem türkischen 
Blatte in bewegten Worten die Gastfreundschaft, die 
der türkischen Reilegesellschaft überall in Deutsch— 
land vom Kaiser und den Würdenträgern bis herab zum letzten 
Privatmann zuteil geworden und die der ganzen ottomanischen 
Nation gelte. Dschahid drückt sein Erstaunen aus über 
die Kulturfortschritte und die Riesentätigkeit 
sowie die Industrie der Deutschen, die bisher den 
Ottomanen nur als Militärvolk bekannt gewesen seien, nun⸗ 
mehr aber von ihnen als die wichtigsten Kulturträger geschätzt 
würden. 
Prinz⸗ Heinrich⸗Fahrt. 
Homburg v. d. Söhe, 5. Juli. Die Prinz-Heinrich-Fahrt 
begann heute früh um 7 Uhr bei herrlichstem Wetter. Prinz 
Heinrich steuerte als erster. In seiner Begleitung befinden 
sich Leutnant-General Griersen und Adjutant Kapitänleutnant 
o. Usedom. Von den gestern abgenommenen 66 Wagen starteten 
bis 9 Uhr 5 Min. 65. Die Startleitung lag in den Händen 
des Korvettenkapitäns Hilmers. 
Gestern abend hat Prinz Heinrich an der Tafel beim 
Landrat v. Marx teilgenommen, zu der auch der Großherzog 
von Hessen erschienen war. Im Kurgarten fand gleichzeitig 
große Illumination statt. 
Wt. Köln, 5. Juli. Als erster Wagen ist kurz nach 3 Uhr 
der Wagen der Fahrtleitung angekommen, als zweiter der 
des Prinzen Heinrich. Bis 74 Uhr abends passierten 60 der 
konkurrierenden Wagen die Ziellinie. Fünf Wagen stehen 
noch aus. 
Wieder ein Erdbelen registriert. 
W. Hamburg, 5. Juli. Gestern nachmittag begann um 
2 Uhr 41 Miin. 25 Sek. mitteleuropäischer Zeit auf der hiesigen 
Hauptstation für Erdbebenforschung die Aufzeichnung eines sehr 
heftigen Erdbebens in 4800 Kilometer Entfernung, östlich von 
Hamburg. Es handelt sich um das Erdbeben, über welches 
inzwischen bereits aus Taschkent untenstehende kurze Meldung 
eingetroffen ist. 
W. Taschkent, 5. Juli. Abends um 614 Uhr wurde hier 
ein starkes Erdhehen verspürt. 
Große Feuersbrunst in Baden. 
W. Engen (Gaden), 5. Juli. Der Feuersbrunst, die seit 
jestern nachmittag wütet, sind bisher 32 Häuser zum Opfer 
gefallen. 360 Familien sind obdachlos. Das Feuer ist noch 
nicht vollständig gelöscht. Die Hauptgefahr ist beseitigt. Eine 
Kompagnie des Infanterie-Regiments in Konstanz ist mit den 
Aufräumungsarbeiten beschäftigt. Eine Abteilung der Kehler 
Bioniere wird erwartet 
Die Hitzwelle in Newnorlk. 
W. Newuoth. 5. Juli. Die Hitze nahm gestern zu und 
erreichte ihren Höchststand mit 104 Grad Fahrenheit. In 
Newyork starben 26 Personen, in Chicago 19, in Pittsburg 15, 
in Neuengland 31, in Philadelphia 9. Die Trocdenheit richtete 
rroßen Schaden an allen Getreidearten an. 
Ader Woche. 
A. 
Wettfahrt der 7- und 6⸗æm-R⸗Klasse 
und der Sonderklasse auf der Lübecker Bucht 
am Mittwoch, dem 5. Juli, 
vormittags 11 Uhr. 
Veranstaltet vom Lübecker Yacht-Club. 
5* Travemünde, 5. Juli. 
Mit flauer Brise aus SW. z. W. und diesiger Luft brach 
der Morgen des letzten Regattatages, den der Lübecker Yacht. 
Club in der Travemünder Woche veranstaltete, an. Schor. 
jegen 10 Uhr verließen die ersten Jachten den Hafen, um recht 
eitig an den Start zu gelangen, der wieder wie am Tag 
uvor bei Marke C, nördlich von Bahrendorf, an der Medlen 
urger Küste, vom Vorstand bestimmt war. An Bord des 
ztartdampfers war die grüne Flagge gehißt, zum Zeichen, 
daß der Dreiekskurs von Marke Cenach Marke A zur Marlke F 
And zurück nach Marke C und zwar zweimal ausszusegeln sei. 
Alle Boote hatten die Marlen und den Richterdampfer beim 
Passieren der Ziellinie bei Marke & ebenfalls an Bacbord 
u lassen. Die Windstärke wurde zu Beginn der Regatta auf 
1-3 m geschätzt, die im Verlaufe derselben etwas mehr aufbriste. 
Die erste Tour von Marke C zu A war zu kreuzen, von A 
nach B konnten die Jachten anliegen, von dort zu Marke 0 
wurde raumschoots gefahren 
Am Start, der pünktlich um 11 Uhr Os Min. für die Son⸗ 
derklase vor sich ging, fanden sich wieder alle gemeldeten 
Boote mit Ausnahme von „Jeck II“ ein.« Als erste ging 
z,Tilly X“ in Luv durch die Linie, gesolgt von „Irrwisch III“, 
n Lee als drittes Boot „Wolkuse“ (L. Y. C.), dann,Jenny“ 
„Lunula“, „Wittelsbach VII“, „Wannsee“, „Tilly, XIV“, Mar 
garethe“, „Jutta III und als letzte „Resi IV“. Es war ein 
hübsches sportliches Bild, als bei flauer Brise die Jachten sich 
in langer Kette durch den Start schoben. 
Der zweite und letzte Start um 11 Uhr 10 Min. galt 
der 7-⸗ und 6⸗—m-R-⸗Klasse. „Windspiel XV“ ging hier 
als erste Jacht durch den Start, dann „Schelm“, „Harald IV“ 
„Melusine II (7-m-Klasse), „Gefion III“ (⸗m-Klasse), 
„Primula“ (7-m-Klasse) und als letztes 1 Min. 55 Sek 
päter nach dem Fallen des Startschusses die englische Jacht 
„Gypaetos“. 
Die Kreuztour nach Marke A, die von einigen Jachten unter 
Land an der Mecklenburger Küste, von anderen von See aus 
zu erreichen gesucht wurde, beanspruchte genau eine Stunde. 
Um 12 Uhr rundeten das erstemal die Marke An, Tilly X“ 
als erstes, wenige Sekunden darauf „Wannsee“ als zweites, 
die Lübecker „Wolkuse“ als drittes Boot. In schneller 
Folge umsegelten dann bei guter Brise „Tilly XIV“, 
„Jenny“, „Jutta III, „Primula“, aus der 7—m-Klasse 
„Irrwisch IIIund Wittelsbach“ diese Marke. 12 Uhr 
b Min. folgten „Margarethe“, „Windspiel XV“, 
Melusine II“, um 12 Uhr 7 Min. „Resi IV“, „Ha— 
rald IV“, „Gefion III“, „Lunula“, „Schelm“ und als 
letztes Boot „Gypaetos“ um 12:12: 57. 
Die erste Runde hatte nach zwei Stunden um 12 Uhr 56 
Minuten „Tilly XIV“ ausgesegelt, 8 Sek. später folgte 
„Tilly X“, dann „Primula“, „Wannsee“, „Melu— 
ine U“, „Wolkuse“ „Jenny“, „Windspiel XV, 
„Jutta III“, „Irrwisch III, „Wittelsbach XII“, 
„Margarethe“, „Harald IV“, „Gefion III“, „Lu— 
nula“ und als letztes Boot der Sonderklasse „Kesi IV“, 
ferner 11: 29 später als „Tilly XIV „Schelm“, ganz als letztes 
„Gypaetos“. „Melusine“ ging gleich nach der Rundung 
„Primula“ in Lee vorbei, da der Wind mehr aufgebrist hatte. 
Die Lübecker „Wolkuse“ war zwar während dieser Fahrt 
von dem dritten Platz auf den vierten zurückgefallen, hatte sich 
uber infolge der ausgezeichneten Steuerung durch Herrn Poll⸗ 
born gegenüber „Tilly XIV“, „Tilly Xund „Wannsee“ 
vorzüglich gehalten. Ja sie hatte bereits an der Marke A 
auf der zweiten Kreuztour den dritten Platz gegen „Tilly XIV“ 
rkämpft, die den ersten Platz an „Wannsee“ abtreten mußte. 
„Tilly XIV und „Wannsee“ führten Protestflaggen. Der 
Protest wurde, wie wir vorausschicken wollen, nach Schluß 
der Regatta vom Schiedsgericht nach Anhörung der Beschwerden 
zu ungunsten von „Tilly XIV“ entschieden. Der vierte Preis 
der Sonderklasse wurde nicht „Tilly XIV“ sondern „Jutta III“ 
zuerkannt, die damit zugleich den Cochran-Preis zugesprochen 
erhielt. Die Reihenfsolge des Rundens der Marke A beim 
weiten Male, die von 1 Uhr 40 Min. ab stattfand, wurde von 
uns wie folgt beobachtet. „Wannsee“ 0O: oo, „Tilly X0: 33, 
„Melusine II 0: 55, „Wolkuse“ 2: 51, „Primula“ 3: 09 
„Tilly XIV 4: Os, „Jutta III 4: 44, „Jenny“ 6: 26,,„ Irr⸗ 
wisch III 6: 42, „Wittelsbach III 6: 53, „Windspiel XV“ 
7: 47, „Sarald IV 11: o4, „Schelm“ 11: 21, „Gefion III“ 
11: 49, „Resi IV sowohl wie „Lunula“ gaben nach Runden 
der Marke die Wettfahrt, weil aussichtslos, auf, ganz zum 
Schluß kam „Gypaetos“ an die Marke. „Tilly X war der 
„Wannsee“ dicht aufgelaufen, doch ließ letztere erstere nicht 
vorbei. „Wolkuse“ war in Lee weiter etwas aufgelaufen. 
Alle Boote setzten alsbald bis auf „Wolkuse“ Spinaker an 
Steuerbordbug, weil die Brise etwas achterlicher geworden. 
Die Luft war weiter aufgeklart, die Sonne hatte die Herrschaft 
gewonnen. Kurz vor der Marke Bevperschwanden die Spinaker 
vie der, „Primula“ brachte ihn zuletzt weg. „Wannsee“ in Lee 
iegend, versucht „Tilly X“ aufzuluven. 
Am Ziel langte „Melusine‘ um 2:39: 55 an, 1 Min. 65 
Sekunden später gefolgt von „Primula“. Dann wurden ge— 
eitet „Tilly X“2: 42: 53, „Wolkuse“ 2: 42: 55, „Wannsee“ 
2: 43: 10, „Tilln XIV 2: 43: 58, „Windspiel XV 2: 45: 23, 
„Jutta“ 2: 47: 26, „Irrwisch III 2: 47: 55, „Wittelsbach“ 
2: 49: 28, „Harald“ 2: 51: 34, „Gefion III 2:52: 32 
„Schelm“ 2: 52: 43, „Gypaetos“ aufgegeben. 
Die Lübecker Jacht „Wolkuse“, die ganz brillant gesegelt 
wurde, sicherte sich den 2. Preis, vor „Wannsee“, die sich dies— 
mal mit dem 3. Vreis begnügen mußte, während „Tilly X“ 
ven ersten Preis und den Senatspreis erhielt. 
Die Wettfahrt fand kurz vor 3 Uhr ihren Abschluß, worauf 
der Begleitdampfer gegen 124 Uhr die Zuschauer in Travemünde 
landete. Abends 6 Uhr 30 Min. fand im Kurhause die 
Preisverteilung statt, worauf Herr Konsul Piehl als Vor— 
itzender des L. Y.C. den fremden Seglern den Dank für 
hre Betätigung an der Travemünde Woche aussprach, mit 
»er Bitte, im nächsten Jahre wiederum zu erscheinen. Hesrr 
drogmann dankte für die liebenswürdige Aufnahme, die 
nan den fremden Seglern auch diesmal wieder gewährt hobe 
und schloß seine Ansprache mit einem Hoch auf den Lubecke 
HVacht⸗Club. 
So haben die Wettfahrten des Lübecker Yacht-Clubs in 
der Travemünder Woche einen schönen Abschluß gefunden. 
Sportlich waren sie sehr interessant und für die Zuschauer be—⸗ 
sonders anregend. Die Travemünder Woche hat auch im 
weiten Jahre ihres Bestehens die Berechtigung dieser Veran 
taltung voll und ganz nachgewiesen. Hoffentlich werden die 
aächstiährigen Regatten ebenso gut besucht werden und ebenso 
interessant ausfallen. Das wünschen wir dem Lübecker Yacht- 
Tlub und seinem rührigen Vorstand. 
Offizielle Zeitenliste 
ber offenen Wettfahrt auf der Lübecker Bucht 
vor Travemünde am S5„. JJuli. 
7em⸗R⸗Klasse: „Melusine II“, ges. Zeit 8: 29:55 L. 
„Rübezahl“, nicht gestartet, „Primula“ 3: 31: 20. 
6⸗m⸗R⸗Klasse: „Windspiel XV“, ges. Zeit, 3: 35: 23 1. 
„Gypaetos“ aufgegeben, „Gefion III“ 3: 42: 32, „Harald TV“ 
3: 41: 34 2. „Schelm“ 3: 42: 43. 
Sonderklasse: „Jeck II“ nicht gestartet, „Tilln XIV“ di— 
stanziert, „Lunula“ aufgegeben, „Jenny“, aufgegeben, „Wann— 
see“, ges. Zeit 3: 38: 10 3. „Tilly X3: 37: 53 L.u. Senats- 
preis, „Margarethe“ aufgegeben, „Irrwisch III 3: 42: 45, 
„Resi IV aufgegeben, „Wittelsbach VIIS 3: 40: 28,, Jutta III“ 
3: 42: 36 4., Cochran-Preis, „Wolkuse“ 3: 3755 2. 
Punkt-Wertung 
für die Wettfahrten der Sonderklasse am 3., 4. und 5. Juli. 
„Tilly X13 Punkte, Senatspreis, „Wittelsbach VII“ 
13, Cochran-Preis, Wannsee“ 14,, Wolkuse“ 18, „Irrwisch III“ 
18, „Lunula“ 20,, Jutta IIIS 20, „Margarethe“ 22, „Tilly XIV“ 
23, „Resi IV 24, „Jenny“ 26, „Jeck II 32 Puntkte. 
— — 
Zuntes Allerlei. 
Ein Kinderschicksal. Ein schauerliches Familien— 
drama hat sich in der Nacht zum Montag in einer der 
Vorstadtstraßen von Frankfurt a. M. zugetragen. Die Anwohner 
der Straße wurden plötzlich durch lautes Hilfegeschrei aus dem 
Schlafe geschreckt. Als man die Fenster öffnete, sah man zwei 
Kinder, ein Mädchen und einen Knaben, nur mit dem Hemd 
belleidet, blutüberströmt aus einem Hause laufen. Es stellte sich 
heraus. daß der in dem Hause wohnende Arbeiter Schreiber 
versucht hatte, seine fünf Kinder im Alter von zwei bis zwölf 
Jahren zu ermorden. Während die beiden ältesten Kinder sich 
durch die Flucht retten konnten, wurden zwei Mädchen im Alter 
bon zwei und sieben Jahren getötet, das fünfte Kind, ein 
siebenjähriges Mädchen, versuchte ebenfalls zu flüchten, brach 
aber tot im Hausflur zusammen. Die beiden ältesten Kinder 
wurden ins Krankenhaus gebracht, wo sich ihre Verletzungen 
nicht Als lebensgefährlich erwiesen. Schreiber wurde kurz nach 
der Tat auf dem Wege nach dem Stadtwald verhaftet. Auch 
die Mutter der Kinder, die erst gegen sieben Uhr mokgens 
on einer Tanzmusik nach Hause zurückkehrte, wurde in Polizei— 
jewahrsam genommen. Die Tat ist auf eine unglückliche Ehe 
zurüdzuführen. Das Ehepaar bewohnte ein elendes Dachge— 
choß und lebte in ärmlichsten Verhältnissen. Der Chemann 
war einige Wochen von Frankfurt abwesend, da er in Berlin 
eine Stellung gefunden hatte. Bei seiner Rückkehr erfuhr er, 
daß seine Frau mit einem Maurer ein Verhältnis angefangen 
hatte, das sich sehr intim gestaltete. Gestern nachmittag ning 
die Frau in eine Wirtschaft des Vorortes zur Tanzmusik, wo 
sie mit ihrem Liebhaber zusammentrafßf. Der Mann hätte sich 
zern mit ihr ausgesöhnt, sie wies jedoch seine Annäherung mit 
schatfen Worten zurück; ebenso ihren lleinen Sohn, der sie holen 
sollte. Schreiber muß sich daraufhin zu der schauerlichen Tat 
entschlossen haben. Kurz vorher hat er sich Bier und Schnaps 
holen lassen. Gegen zwölf Uhr liefen die älteren Kinder noch 
auf der Straße herum, was jedoch niemand in der Gegend 
verwunderte, da die Mutter meistens sehr spät nach Hause lam. 
Schreiber hat anscheinend ein großes Taschenmesser zu der Tat 
verwandt, das in der Wohnung noch vorgefunden wurde. 
Das selisamste Blumenland der Erde. Noch vor wenigen 
Jahren galt Hawaii, die größte der Sandwich-Inseln, für 
das Blumenparadies der Welt. Die forischreitende Kultur 
hat jedoch, wie der „Honolulu-Stat“ meldet, die reichhaltige 
Flora des Landes sehr gelichtet. Viele der farbenprächtigen 
Blumen des Eilandes haben seltsame Eigentümlichkeiten an 
ich. So blüht der Hau-Baum nur einen einzigen Tag im 
Jahre. Seine Blüten öffnen sich am Morgen und schließen 
am Abend ihre Kelche. Ueber Nacht fallen sie ab und bedecken 
die ganze Landschaft mit einer rötlichweißen Stickt, die an 
im Morgenlicht schimmernden Schnee erinnert. Eine selt— 
ame Pflanze ist auch der Hauhile. Er blüht nur am Tage, 
und was noch seltsamer ist, seine Blüten wechseln von Zeir 
zu Zeit die Farbe. Der Koali-Awahu zählt ebenfalls zu 
den eigentümlichen Kindern Floras, deren Farbenpracht mit 
der Jahreszeit wechselt. Während seine Blülen am Morgen 
n tiefem Purpur leuchten, sind sie mittags grün und schillern 
zeim Untergang der Sonne in duntlem Saphirblau. Vicele 
Blumen auf Hawaii blühen nur während der Monale April 
und Mai. Die größte Anzahl jedoch trägt das ganze Jahr 
zindurch Blüten. Ihre Früchte sind zum großen. Teil eßbar 
uind dienen den Eingeborenen als willkommene und erfrischende 
Nahrung. Bemerkenswert sind auch die prächtigen Orchideen— 
arten, deren Farbenschmelz von unbeschreiblicher Schönheit ist. 
fFine Abart ist als sogenannier Fliegensänger bekannt. Ihre 
Blüten schließen sich, sobald ein Insekt eingedrungen ist. 
Andere wiederum strömen einen betäubenden Duft aus, der 
die in der Nähe flaiternden Schmetterlinge wie celähmt zu 
Boden streckt. Eine von Botanikern sehr gesuchte Orchideen— 
art ist die Stundenblume, die einmal im Jahre und nur eine 
Stunde lang blüht. Von den vierhundert Arten, die in 
Hawaii früher gezählt wurden, sind jetzt nur noch wenige 
vorhanden. Es wird wohl kaum lange währen, bis auch diese 
der modernen Kultiur zum Opfer gefallen sein werden. 
Aus den Fliegenden Blättern. Amtsstil. Eine Behörde 
gibt an eine ihr unterstehende folgenden Erlaß heraus: „Der 
Erlaß vom 12. 8. 1910, mit welchem der Erlaß vom 11. 9. 
1909 außer Kraft gesetzt wurde, wird hiermit außer Kraft 
zesetzt, weil der damit außer Kraft gesetzte Erlaß bereits 
mit Erlaß vom 12. 3. 1910 außer Kraft gesetzt war.“ — 
Schlechtes Gewissen. Die zwei bösen Buben des Nach— 
dars machen beim neuen Bezirksarzt Besuch und werden vom 
Dienstmädchen ins Empfangszimmer geführt. Im selben Mo— 
nent kommt eiligst die Frau Doktor und fragt das Dienst⸗ 
nädchen, auf ein Fläschchen weisend, das hinter den beiden 
Jungen im Glasschranke steht: „Sind das dort die Hoffmann— 
chen Tropfen?“ Betroffen erwidern unisono die beiden Buben: 
„Nein, wir sind die Müllerschen!“ — Zart angedeutet 
Feldwebel (zum Rekruten): „Heut' hab ich in der Zeitung 
gelesen, daß ein ausgewachsenes Rhinozeros zwanzigtausen! 
Mark wert ist .. Müller — meine Hochachtung!“
	        
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