Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

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Ausgabe 4. 
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Aus den Nachbargebieten. 
Schleswig⸗Holstein. 
Altona, 28. Juni. Die städtischen Arbeiter 
haben beschlossen, bei dem Magistrat Vorstellung zu erheben, 
ob umd wann auf die in Aussicht gestellte Neuordnung der 
Arbeitsbedingungen gerechnet werden lann. Es handelt sich dab ei 
um die Einführung der Achtstundenschicht für Gasarbeiter und 
der neunstündigen Arbeitszeit für aile übrigen städtischen Ar⸗ 
zeitet, Gewährung von Wochenlöhnen, Alters⸗ und Relikten- 
versorgung, Errichtung eines allgemeinen Arbeiterausschusses und 
Herausgabe einer allgemeinen Arbeitsordnung. — Der Hand⸗ 
werkstammer zu Altona ist ein Antrag der Barbier⸗, Fri⸗ 
seur⸗ und Perüchenmacher-Innungen einiger Städte zugegangen, 
der die Festsetzung der Lehrzeit auf 82 Jahre vorschreiben 
will. Der Vorstand der Handwerkskammer hat gegen diesen 
Antrag Bedenken, weil die an den Grenzen des Kammerbezirks 
wohnenden Lehrherren unter Lehrlingasmangel leiden werden, 
—ADD 
Lehrzeit vorgeschrieben sei — Brandstiftung. In der Nacht 
zum Dienstag ging eine der Witwe Beermann gehörende Scheune 
in Lokstedt in Flammen auf. Vermutlich liegt auch hier Brand⸗ 
stistung vor. Die an der Friedenseiche belegene, mit Stroh ge— 
deckte Scheune war von der aus sieben Personen bestehenden 
Familie des Arbeiters Schaaf bewohnt, die noch rechtzeitig in 
Sicherheit gebracht werden konnte. Dagegen ist ihre ganze Habe 
samt zwei Schweinen den Flammen zum Opfer gefallen. Auch 
die dort liegenden Futtervorräte und landwirtschaftlichen Ma— 
schinen sind verbrannt. 
Kiel, 28. Juni. Das Ergebnis des Margareten— 
tages wird auf 33-35 000 Mugeschätzt. — Der Ver⸗— 
bandstag der größerenpreusbischen Fandgemein— 
den wurde hier unter dem Vorsitz des Bürgermeisters DTr. 
Hahn aus Bocdshagen-Rummelsburg abgehalten. Landrat Frü— 
stedt-Berent sprach über die Errichtung einer deutschen Kosm— 
munalbank. Nach eingehender Besprechung wurde be— 
schlossen, den einzelnen Gemeinden zu empfehlen, sich der Er— 
richtung einer Kommunalbank günstig gegenüberzustellen und 
Aktien zu zeichnen. Die Reform des Kommunalabgabengesetzes 
besprachen Gemeinderorsteher Dr. Lücher-Koßberg und Bürger— 
meister Wendel-Homburg. Landtagsabgeordneter Frhr. von 
Zedlitz Geukirch) hielt einen Vortrag über die Verwaltungs—⸗ 
teform und Gemeinden. Die nächste Versammlung soll in Ober⸗ 
schlesien abgehalten werden. 
Segeberg, 28. Juni. Seimatschutzbewegung. 
Das Bestreben, Bahnstationen in weitgehendem Maße den For— 
derungen der Heimatschutzbewegung anzupassen, kommt auch an 
der neuen Bahnlinie Kiel —Segeberg zur Geltung. Kirch— 
vrartau isst dereits seit mehreren Wochen im Besitze eines solchen 
Stationsgebäudes, das in allen Teilen wieder die alte gute 
Bauweise zeigt. Der Entwurf hierzu wurde bereits im Herbst 
des vergangenen Jahres durch die Bauberatungsstelle des Lan⸗ 
desvereins für Heimatschutz aufgestellt. Die übrigen Bahnhöfe 
der Strecke Kiel—Segeberg werden nun nach Entwürfen nam⸗ 
hafter Privatarchitekten in gleicher Weise gestaltet werden. 
Reinbek, 28. Juni. Ein Einbruchsdiebstahl ist 
in der Villa des Konsuls Kothe verübt worden. Die Diebe 
haben für etwa 800 MeSilberzeug erbeutet. 
Neustadt, 28. Juni. Der Reinertrag des Korn— 
blumentages beträgt nach Abzug aller Unkosten 830,92 M. 
Flensburg, 28. Juni. Der Margaretentag 
brachte ein so befriedigendes Ergebnis, daß in diesem Jahre 
während der Sommerferien 93 Kinder nach den Nordseeinseln, 14 
IAI 
in das Kinderheim bei Husum und 182 nach Angeln gebracht! 
werden können. 
Gravenstein, 28. Juni. Niedergebrannt ist in 
Kieding das Stationsgebäude der Kreisbahn Apenrade — Graven- 
tein, das das Wohnhaus, die Casrwirtschaft und die Dienst⸗ 
räume der Bahn enthält. 
Lauenburg. 
B. Mölln, 28. Juni. Gestorben ist Sonnabend der 
hiesige Bahnhofsvorsteher Anthoni, ein Veteran von 1870/71. 
Am 1. Juli sollte er auf seinen Antrag in den Ruhestand 
versetzt werden, da er schon lange kränkelte. 
Großherzogtümer PWiecklenburag. 
Schwerin, 28. Juni. Von dem vermißten 
Gymnasialprofessor Krüger ist bisher noch immer 
keine Spur entdeckt. Alle Gerüchte über die Auffindung des 
Vermißten als Leiche sind unzutreffend und bestätigen sich 
uicht. Es ist nicht ausgeschlossen, daß Gymnasialprofessor 
Früger, vielleicht in krankhaftem Zustand, noch in der Um⸗ 
gebung Schwerins umherirrt. 
Rostock, 28. Juni. In selbstmörderischer Ab⸗ 
icht hatte ein junges Mädchen Kleesalz genommen, das 
Pafsanten vorgestern Nacht beim Grünen Tor bewußtlos auf⸗ 
'anden. Die Lebensmüde wurde ins Krankenhaus gebracht. 
Wäüsmar, 28. Juni. Gutsverkauf. Klotz verkaufte 
ein 513 ha großes Rittergut „Striesenow“ bei Laage an 
Major v. Lepel in Berlin. — Rübenbau. Für die ell 
wmedlenburgischen Zuckerfabriken sind dieses Jahr 19800 ha 
mit Rüben bebaut worden. Im vorigen Jahre waren es 
338 ha weniger. 
Güstrow, 28. Juni. Eige mutige Tat vollführte 
Zonntag morgen der 9iährige Sohn Otto des Buchdruckerei⸗ 
zesitzers Lange. Beim Spielen verschiedener Knaben auf dem 
Waschsteg an der Nebel fiel einer derselben ins Wasser, 
im Fall einen zweiten mit sich reißend. Otto Lange sprang 
den Knaben nach und rettete sie beide. 
Stavenhagen, 28. Juni. Die Aufstellung des 
rritz-Keuter-Denkmals ist nahezu vollendet, nachdem 
bvorgestern die etwa 18 Itr. hwere Bronzefigur Fritz Reuters 
auf den Sockeel gestellt worden ist. Es fehlen jetzt nur noch 
die Bronzereliefs, die den Fries der das Denkmal an beiden 
Seiten begrenzenden Steinbank bilden. 
Schönberg, 28. Juni. Abschiedsfest. Zu 
Ehren des mit dem 1. Juli aus seinem Amte scheidenden 
Realschullehrers Wesemann, der mit dem genannten Te rmin 
die Pfarrstelle in Wokuhl übernimmt, hatten sich vorgestern 
zegen 40 Herren aus der Stadt in Spehrs Hotel ver⸗ 
aAmamelt. um vor dem Abschiede noch ein paar Stunden 
nit dem überall hochgeschätzten Beamten zu verleben. — 
dphtheritis. In Malzow ist gestern abermals ein 
twa fünfjähriges Kind an Diphtheritis gestorben. Es ist 
dies innerhalb einer Woche das zweite Opfer der Krankheit 
derselben Familie 
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System soll es jedermann möglich sein, die Kunst des Flie— 
gens zu erlernen und so lange in gefahrloser Weise zu 
uͤben, bis er selbst stärleren Winden und ungünstigeren Witte⸗ 
rungsverhältnissen Trotz zu bieten vermag. Das System 
beruht auf der Anwendung einer Reihe von eisernen Tra⸗ 
gern, auf denen in etwa 20 m Höhe Schienenstränge laufen. 
yoluf diesen laufen wiederum Rollen, die zur Aufnahm̃e der 
Drahtseile dienen, an welchen die Flugapparate angehängt 
sind. Ein Gegengewicht mit hydraulischer Bremse soll dazu 
dienen, den Flugapparat jederzeit so zu balanzieren, dak 
ernach unten nur ailmählich und mit gebremster Geschwindig— 
keit gelangen kann. Auch neue Konstruktionen von Flug⸗ 
fahrzeugen und fabrikmäßig hergestellte Apparate eines nor⸗ 
molen Typs können auf diesen Bahnen auf ihre Flug— 
ähigkeit erprobt werden. Ob das System „an der Strippe“ 
wirklich gute Flieger ausbildet und nicht nur Alleweltsmit⸗ 
macher, die dem Flugsport nur schaden. muß erst die Vraxis 
zeigen. 
Die „Delag“. Baden⸗-Baden, 28. Juni. Im Kur⸗ 
haus fand Sonntag die erste ordentliche Generalversammlung 
ber Deutschen Luftschiffahrts-Aktiengesell— 
schaft statt. Erwähnenswert ist die Mitteilung, daß durch 
die Beschädigung der „Deutschland“ in Düsseldorf der „Delag“ 
ein Verlust von 200 000 Meäentstanden ist 
Sportnachrichten. 
Das Handilay von Helgoland nach Deal, ein Rennen über 
»ine ca. 330 Seemeilen lange Nordseestrecke, scheint keine 
onderliche Beteiligung erwarten zu können und wird wohl 
PBerhaupt kaum zustande kommen. Bis jetzt sind nur zwei 
Jachten, der „Meteor“ des Kaisers und die englische 
Waterwitch“, gemeldet. Als Bedingung gilt nun aber: 
drei Starter oder kein Rennen“. Eine Nachnennung würde 
also notwendig sein, um überhaupt das Handikay zustande 
zu bringen. 
Ronnsport und Presse. Der „Verein Deutsche Sportpresse“ 
hat in seiner Sitzung vom 22. Juni d. J. einstimmig be— 
chlossen, über die Rennveranstaltungen des Hamburger Sport⸗ 
Tubs auf der Borsteler Bahn bis auf weiteres keine 
Referate — auch nicht die Resultate — zu ver— 
zffentlichen, da der Klub den herechtigten Wünschen der 
Tagespresse gegenüber sich durchaus ablehnend verhalten hat. 
Auf 32 100 Mark summieren sich die vier einzelnen Ein⸗ 
atzbeträge im diesjährigen deutschen Derby, dem ersten von 
125 000 M Gesamt- und 100000 MeuSiegwert. Da der 
Unionklub 25000 MZuschuß zur Dotierung gibt und der 
Hamburger Rennklub 100 000 Mugarantiert, so hat er die 
beträchtliche Summe von 67 900 Miä zu decken. 
Rennen zu Paris⸗Maisons-La'fitte, 27. Juni. Prix Fille 
de LAir. Basse Pointe (O Connor) J1. Bolide II2. Ronde 
de Muit 3. Tot.: 19:10. Platz: 12, 14, 18:10. — Prix 
de Pepinvast. La Montagnole (Roupnel) 1. La Béégude 2. 
Tham 3. Tot.: 231: 10. Platz: 40, 19, 20: 10. 
der europäische Rundflug. 
Amsterdam. 27. Juni. Zur vierten Etappe des euro- 
päischen Rundfluges smd gestern auf dem Flugfelde 
Soesterberg zwischen 2 und 3 Uhr Beaumont und Garros 
rufgestiegen. Kimmerling und Gibert sind bereit, aufzufliegen. 
Die anderen Flieger halten den Aufstieg für äußerst gefährlich. 
Brü'sel, 27. Juni. Auf dem Flugplatz Berchem kam gestern 
als Erster Beaumont um 5 Uhr 24 Min., als Zweiter 
Kimmerling un 5 Uhr 45 Min. an. Ferner trafen 
220 Moedrine Gorros und Gihert 
Lustfahrt. 
Der österreichische Freiballon „Ragusa“. Am 23. Juni 
tieg in Fischameno bei Wien der öiterreichische Freiballon 
„Ragusa“ mit dem Artillerieleutnant Macher und dem Fre— 
Jattenleutnant Huß auf. Der Ballon landete nach neunzehn— 
tündiger Fahrt am Sonnabend nachmittag zwischen Kam— 
min und dem Dorfe Görke in der Nähe der Ostseeküste. 
d. Gefahrloses Fliegenlernen. In Berlin hat sich eine Ge— 
ellschaft zur Einführung von Fluglehrbahnen ge— 
bil die eine nver⸗ Vasnrmothaho oinführeön mwesti Mach diesen 
Trapemünder Brief. 
Travemuünde, 26. Juni. 
Die Vorsaison, die sich infolge des prächtigen Wetters im 
Mai schon recht gut angelassen hat, erreichte in den Psingst⸗ 
tagen ihren Höhepunkt, daß man sich fast in die Hochsaison 
versetzt glaubte. Alle nur verfügbaren Zimmer waren tagelang 
vor den Feiertagen von Erholungsuchenden und Ausflüglern 
belegt worden, so daß trotz des Zuwachses von drei großen 
modernen Hotels (Hotel de Russie, Ostsee-Hotel und Park-Hotel), 
einer Anzahl von Pensionen, Privathäusern und Villen, die 
im Laufe des Winters und Frühjahrs erbaut worden sind, 
am Pfingst-Sonnabend Hunderte von Personen in unserem 
lieblichen Badeorte keinen Platz sinden konnten und nach Nien⸗ 
doxf und anderen Badeorten der Küste weiterwandern mußten. 
Travemünde hat sich infolge der vielen Neubauten sehr 
verschönert und erweitert. Die Zahl der Betten, die den 
Fremden und Kurgästen jetzt in den Hotels und Pensionen zur 
Verfügung gestellt werden können, hat sich gegen das Vor⸗ 
iahr um mindestens 150 bis 200 vermehrt. 
Unser Städtchen und Neu-Travemünde haben dieses Jahr 
einen merklichen Ruck nach vorwärts gemacht. Im Villen—⸗ 
viertel Neu⸗Travemünde sind einige recht geschmackvolle Villen 
entstanden. Am Strandbahnhofe ist das Park-Hotel er— 
baut, von dem man einen herrlichen Blickh auf die Park— 
anlagen und die Teiche des Villen-Terrains genießt. 
Das Aussehen der Kaiser-Allee hat sich in wenigen Jahren 
gänzlich verändert; aus dier vornehmen Villenstraße ist eine 
Strahze geworden, in der sich eine Pension an die andere reiht. 
Nur wenige Villenbesitzer sind dort noch anzutreffen. 
Das Strandhotel auf der Strandpromenade hat durch den 
Anbau großer gedeckter Glasveranden mit Ausblick auf die See 
sehr gewonnen, das Hotel de Russie in der Altstadt ist wie ein 
Phönix aus der Asche im Winter neuerstanden und gewährt 
mit seinen behaglichen, vornehmen Restaurationsräumen einen 
Jjehr angenehmen Aufenthalt. Das Hotel selbst ist auf das 
modernste ausgestattet. Das Kurhaus mit seinen Dependenzen 
Augusta, Hansahaus, Schweizerhaus, Konditorei hat ebenfalls 
wieder bedeutende Verbesserungen im Innern aufzuweisen, unter 
anderm den Einbau von Badezimmern neben den Schlafräumen 
und anderes mehr. Das Ostsee-Hotel am Ende der Kaiser⸗Allee 
am Fuße des Brodtener Ufers gelegen, nimmt sich recht stattlich 
aus. Von dort aus genießt man einen prachtvollen Ausblich 
auf die See und die gegenüber liegende malerische Mecklen⸗ 
butanche Kusft⸗ 
Der Strandbahnhof ist modern umgestaltet worden, was 
die Gleisanlagen und Signal- und Stellwerksanlagen betrifft. 
Der Neubau des Bahnhofes selbst, sowie der Hallen über den 
Bahnsteigen ist für den kommenden Winter vorgesehen. 
Der neue Badekommissar Herr v. Heyl, der seit dem 
. April seines Amtes waltet, schaltet und waltet mit großer 
Umsicht und großem Interesse. Tas Vergnügungsprogramm, 
das er für die Saison entworfen, ist sehr vielseitig und 
interessant; sicherlich wird es den Beifall der Kurgäste finden 
Die neueingerichtete öffentliche Lesehalle im alten Spiel— 
saal des Kurhauses hat einen direiten Zugang für jedermann 
»om Kurgarten zwischen dem Kurhaus und der Konditorei. 
Sie ist mit einer Unzahl deutscher und ausländischer Tages— 
Feitungen und Zeitschriften ausgestattet; sie findet reae Beach⸗ 
ung bei den Fremden. 
Das Postamt II, das in früheren Jahren in einem Häuschen 
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Sommer in der Gärtnerschen Bazarhalle neben dem Strand⸗ 
»avillon eingerichtet. Der Zugang liegt leider etwas verstect 
und ist nur für Eingeweihte aufsindbar. 
Der Fremdenzuzug nach Travemünde ist in diesem Jahre 
bedeutend größer, was teils auf das schöne Wetter der 
Monate Mai und Juni zurückzaführen ist, zum Teil aber 
auch wohl auf die bessere Reklame, die in auswärtigen Blättern 
und Zeitschriften gemacht ist. Diese ist wohl auf den Herrn 
Badekommissar zurückzuführen. 
Travemünde, das sich in wenigen Jahren schnell zu einem 
nodernen, zu einem der modernsten Bäder der Ostsee entwickelt 
hat, bedarf aber einer besseren und häufigeren Be— 
sprengung der Promenadenwege sowohl im Kurgarten, 
als auch in den Anlagen, wie der öffentlichen Straßen. In 
»en beiden Pfingsttagen herrschte bei dem prachtvollen aber 
sehr trokenem Wetter ein unglaublicher Staub, der leider 
nicht durch Vornahme von Sprengungen beseitigt wurde. Diese 
Unterlassungssünd e soll zwar auf Wassermangel in den Wasser⸗ 
verken zurückzuführen gewesen sein, doch ist dieses in einem 
Badeort, der auf Fremdenpublikum angewiesen ist, nicht ent— 
chuldbar. Der nahen Ostsee oder der Trave hätte man mittels 
Feuerspritzen Wasser entnehmen lönnen. Leider soll es an der 
mtsprechenden rechtzeitigen Anweisung gefehlt haben. 
Jetzt werden zwar die Strahen und Promenadenwege täglich 
vormittags an trocenen Tagen gesprengt, doch genügt dieses 
laum. In wenigen Stunden wirbelt der Staub im Kurgarten 
wieder ebenso wie vorher auf. Es wäre im Interesse der Bade⸗ 
näste und Konzertbesucher dringend ꝛu empfeblen wenn die 
Sprengung dieses Teiles des Kurgartens, sowie der Außen⸗ 
Allee täglich zweimal vorgenommen würde. 
Die Aufforstung des Calvarienberges hat sich recht gut 
entwickelt. Leider scheint der Stadtgärtner, dem diese An—⸗ 
iagen unterstellt sind, aus dem Wäldchen, was dort nach der 
Absicht des Oberförsters entstehen sollte, eine Parkanlage machen 
zu wollen, da in jedem Herbst und Frühjahr Ichön entwidelte 
Bäume abgeschlagen werden. Dies sollte man unterlassen, 
denn an Wald krankt Travemünde doch gerade sehr. 
Die Kurkapelle unter Leitung des Kapellmeisters J. de 
Ruyter ist in diesem Jahr in bedeutender Verstärkung (39 
Zünstler) zusammengetreten und spielt wie früher dreimal 
äglich, morgens am Strande, nachmittags und abends im 
aurgarten. Leider läßt die Zusammenstellung der Programme 
ruch dieses Jahr wieder zu wünschen übrig — es werden 
u häufig Stücke ausgewählt, die so viele Pianostellen ent⸗ 
alten, daß man nur direkt vor dem Musikpavillon stehend 
diese hören kann. Zum Beispiel wurde Sonntag abend von dem 
recht tüchtigen neuen Konzertmeister Siegfried Rosenthal ein 
Zigeunerweisen⸗Solo für Violine von Sarasate vorgetragen, dat 
ich für ein Bierkonzert im Freien nun ganz und gar nich 
eignet. Solosachen sollte man überhaupt nicht dort vor 
tragen, dazu wähle man einen geschlossenen Raum. Die Pro— 
ramme sollten daraufhin von berufenen Personen vorher ge⸗ 
prüft werden. Die Wiedereinführung von Wahlkonzerten, für 
zie das Publikum vorher beim Badekommissar seine Wünsche 
bekanntgeben kann, ist sehr dankenswert und wird von den 
Konzertbesuchern lebhaft begrüßt. 
Mit dem Beginn der Sommerferien in Lübech, Altona 
and Wandsbek setzt am 1. Juli vun auch die Hochsaison recht 
fräftig ein, da obendrein die JTravemünder Woche am Tage 
zuvor ihren Anfang nimmt und der Deutsche Schulschiffverein 
am Montag, dem 8. Juli, seine Tagung hierselbst abhält. 
Das Schulschiff „Prinzeß Eitel Friedrich“ ist bereits Freitag 
auf der Reede eingetroffen, während das Schulschiff „Groß— 
herzogin Elisabeth“ ehestens erwartet wird. Der Großherzog 
von Oldenburg wird auf seiner Dampfiacht „Lensahn“ 
bereits Mittwoch dieser Woche erwartet. 
Travemünde ist bereit und gerüstet, den großen Fremden⸗ 
ustrom aufzunehmen, möge er nur kommen. Hoffentlich sind 
die Kaiser- und die Regattatage der Travemünder Woche von 
Wind und Wetter begünstigt, dann kann Travemünde mit großem 
Vertiauen dem Verlaufe der Hochsaison, die noch manches 
wortliche Ereianis perheilnt. entaegensehen Seebdr.
	        
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