Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

nqaunsaduno und Zentralberband Deutscher 
Industrieller. 
Das Organ des Zentraloderbandes Deutscher Industrieller, 
die Deutsche Industriezeitung, bemerkt jetzt zu dem Aus— 
tritt des Landrats Nötger aus dem Hansabund folgendes: 
—3,Der Schritt des Herrn Landrats a. D. Rötger kommt 
nicht unerwartet; wer die Haltung des Präsidenten des 
Sansabundes schon seit der Gründung des Bundes nicht 
aus einem einseitigen Varteistandpunkt beobachtet hat, der 
konnkte darüber nicht im Zweifel sein, daß die deutsche In— 
dustrie, die im Zentralverband Deutscher Industrieller ihre 
hauptsächlichste und einflußreichste Vertretung sieht, dem stark 
ausgesprochenen agitatorischen und parteipolitisch einseitigen 
Vorgehen des Hansabundes auf die Dauer nicht Hilfe 
leisten kann, und daß infolgedessen ein schwerer Konflikt zwi— 
schen den führenden Kreisen des Hansabundes unvermeidlich 
sein wird. Die Vorgänge auf der Hansabund-Tagung am 
12. d. M. haben die Entscheidung gebracht. Der Vorsitzende 
des Direktoriums des Zentralverbandes Deutscher Indu— 
strieller, der vor zwei Jahren mit dem Vorsitzenden des 
Zentralverbandes des deutschen Bank- und Bankiergewerbes 
die Versammlung im Zirkus Schumann einberufen hatte, ist 
aus dem Direktorium des Hansabundes im Einverständnis 
mit dem Direktorium des Zentralverbandes Deutscher In— 
dustrieller ausgeschieden. Es wird sich für uns noch reichlich 
Gelegenheit bieten, zu diesem bedeutungsvollen Vorgange 
Stellung zu nehmen. Aber schon heute möchten wir dem 
bereits hervortretenden Versuch, den Zentralverband Deut— 
scher Industrieller als den einseitigen Vertreter der soge— 
nannten schweren Industrie zu charakterisieren, entgegen— 
treten, da dieser Versuch dazu dienen soll, die Bedeutung 
des gemeldeten Vorgangs abzuschwächen. Die diese Mei— 
nung verbreiten und wissen, daß sie unzutreffend ist, machen 
sich der bewußten Fälschung der öffentlichen Meinung schul— 
dig, und die, welche den Zentralverband Deutscher In— 
dustrieller nicht besser kennen und ihn in Wirklichkeit für 
den Vertreter der schweren oder gar nur der rheinisch— 
westfälischen schweren Industrie halten, die kennen weder 
die Geschichte, noch den Arbeitskreis und die Mitgliedschaft 
dieses größten und umfassendsten aller industriellen Ver— 
bände, und haben somit kein Recht, über ihn mitzusprechen. 
Wir werden diesen Versuchen, der öffentlichen Meinung Sand 
in die Augen zu streuen, nachdrücklich entgegentreten. Auch 
die Unterstellung weisen wir zurück, als ob der Rücdttritt 
des Herrn Landrats a. D. Rötger aus dem Hansabund 
mit einer konservativen Kandidatur in Merseburg zusammen— 
hinge. Herrn Rötger selbst ist von einer solchen Kandidatur 
nichts bekannt. Im übrigen verrät eine so ungeheuerliche 
Verdächtigung einen bedenklichen Tiefstand politischer Ge— 
sinnung, und es ist erstaunlich, daß ernste Zeitungen derselhen 
Raum gegeben haben“ 
— — — 
Inland und Ausland. 
Deuisches Reæich. 
Der Abschied des Botschafters Hill von Berlin. Zu Ehren 
des scheidenden amerikanischen Botschafters Hill gab die 
Berliner Handelskammer ein Bankett, an dem die Spitzen 
der Behörden, Vertreter der Finanz- und Handelswelt, der 
Presse und die Mitglieder der ameritanischen Koslonie teiß 
nahmen. Staatssekretär Delbrück hielt eine Rede auf den 
Botschafter, in der er dessen Verdienste als Diplomat und 
Gelehrter hervorhob. Gestützt auf die Kenntnis der Eigen—⸗ 
art Deutschlan ds, auf die mannigfachen Beziehungen, 
die ihn seit der Studentenzeit mit den verschiedensten Krei— 
sen des deutschen Volkes verknüpften, wäre Hill besonders 
berufen gewesen, die guten Beziehungen zwischen den beiden 
durch überlieferte Freundschaft wie durch die Erinnerung an 
die alte Blutsgemeinschaft verbundenen Nationen zu ppfles 
gen. Da ihm neben seinem Beruf Wollen und Eriolg nicht 
gefehlt, säzhe man ihn hier ungern scheiden und werde 
seinem Wirken ein dankbares Andenken bewahren. 
Rheinländische Kundgebungen für Datho. Gestern abend 
fanden in Köln drei vom rheinisch-westfälischen Verband der 
Freunde evangelischer Freiheit veranstaltete Protestversamm— 
lungen gegen die Absetzung des Pfarrers Jatho statt. Nach— 
dem mehrere Redner gegen die Amtsentsetzung polemisiert 
hatten, wurde folgende Resolution angenommen: ,„7000 
rheinische Protestanten, Männer und Frauen, mit Vertretern 
zahlreicher anderer Landeskirchen, die in drei Versammlungen 
wird die liebe Sonne dem lieben Tropf noch scheinen. — 
Also ich sah und sprach ihn. Er saß auf seiner Pritsche — 
ein ganzer Mann mit ungebeugtem Mut. Er hofft bestimmt 
auf seine Begnadigung. Seine einflußreichen Verwandten haben 
schon alles ins Werk gesetzt, sie zu erreichen. Ich soll euch 
grüßen und zu seiner Mutter gehen, ihr seine Grüße zu 
bringen. Dem armen Kerl wurden die Augen feucht, als er 
ihter gedachte. Wenn man bedenkt, daß man nicht allein 
an seinem bißchen Leben und Freiheit gestraft wird, sondern 
auch andere, die einem teuer sind, mit sich ins Unglüch zieht, 
da könnt' einem jedes unvorsichtige Wort gereuen, das cinem 
über die Lippen gegangen,“ sagte Halmer tief ernst. 
„Na, nun wirst du auch noch elegisch!“ rief der junge 
Student Werner ihm zu. „Das lennt man ja gar nicht an dir! 
Hat der Anblick der düsteren Gefängnismauern so dunkle 
Schalten auf dein sonst so heiteres Gemüt geworfenꝰ“ 
„Ja, zum Verdüstern ist es da, Werner, wenn man von 
draußen, aus der lachenden Freiheit jiommt, wo überall Licht, 
Sonne, grüne Bäume, Vogelgesang, Leben und Treiben, und 
dann auf einmal zwischen vier weißgekalkten Wänden steht. 
Oben, fast unter der Decke, ein Loch von einem Fenster, durch 
das das Tageslicht matt hereinfällt, eine Pritsche mit Stroh— 
sack und Dede als Bett, ein Tisch und Wasserkrug. Langsam 
rergeht ein Tag nach dem anderen. Und man ist jung, das 
Leben ruft und lockt! Arme, unglückliche Kameraden,“ brach 
er leidenschafklich ab und aus seinen dunklen Augen flammte 
es wie ein Feuerstrom. 
Da sptang Erhard Burgevis von seinem Sitz auf, und die 
zechte Fand wie beschwörend ausstreudend, sprach er: 
„Wie leiser Mahnruf klopft's an meine Brust, 
Halt still und bleib als Mensch dir voll bewußt, 
Liegt auch die Gegenwart in dunkiker Nacht. 
Dereinst das gold'ne Morgenrot der Freiheit lacht.“ 
„Seht den Erhard Burgevis an, ein zweiter Theodor 
Körner. Das Unglück unseres Kameraden begeistert ihn zum 
Dichten. Ja, möge es uns allen vergönnt sein, eine andere 
Zeit zu erleben! Möchte unser Vaterland aus der duünklen 
Nacht emportauchen, die auf ihm kiegt, möge ihm das goldene 
Naorgenrot der Freiheit scheinen, ihm und allen seinen Nor— 
zu Köln vereinigt sind, empfinden die Amtsentsetzung des 
Pfarrers Jatho äls eine ungeheure Unbill für die Kölner 
evangelische Kirchengemeinde und als eine nie wieder gut 
zu machende Schädigung echter Religion in der evangelischen 
Kirche. Aus dem innersten Gewissen heraus wenden sie sich 
an alle Freunde evangelischer Frömmigkeit und bitten sie, 
tatkräftig daran mitzuwirken, daß dem Verderben Einhalt 
geboten wird, durch das die Kirche der Reformation hoff— 
nungsloser dogmatischer Versteinerung ausge— 
iefert werden soll.“ 
Fürst und Fürstin Vilow wöärden am Freitag, wie die 
Zeipz. Neuest. Nachr. melden, dem sächsischen Obermarschall 
Graf Vitzthum von Ecksädt auf Schloß Lichtenwalde 
ꝛinen Besuch von mehreren Tagen abstatten. Von 
odort wird sich Fürst Bülow wie alljährlich nach Norderney 
begeben. 
Der neue deutsch-jzwanische Sandelsvertrag wird heute 
den Bundesrat in seiner letzten Plenarsitzung vor den Som— 
nerferien beschäftigen. Der Bundesrat ist bekanntlich er— 
nächtigt worden, für den Fall des Zustandekommens eines 
zandelsvertrages mit Japan diesen vorläufig in Kraft zu 
etzen. Nachdem nun der Vertrag zum Abschluß gelangt ist, 
»arf man annehmen, daß der Bundesrat seine Inkraftsetzung 
beschliehen wird. Da der gegenwärtige Vertrag schon mit 
dem 16. Juli sein Ende erreicht, dürfie die Veröffentlichung 
des Vertrages der Bundesratssitzung wohl unmittelbar folgen. 
Der Wirtschaftliche Ausschuß hat sich in seiner letzten Sitzung, 
die in der zweiten Juniwoche stattfand, gutachtlich zu dem 
Vertrage geäußert. Dem Reichstage wird der Vertrag in der 
'ommenden Herbsttagung zur Genehmigung vorgelegt. Falls 
»iese Genehmigung etwa nicht erteilt werden sollte, muß 
der Vertrag spätestens zum 31. Dezember 1912 außer Wirk— 
samkeit gesetzt werden. 
Schulkonferenz im preußischen Kulusministerium. Am 30. 
). M. wird auf Veranlassung des Ministers Trott zu Stol: 
eine Schulkonferenz im Kultusministerium abgehalten. Der 
Minister hatte seit längerer Zeit die Absicht, die Provinzial— 
chulräte über einige interne schultechnische Angelegenheiten 
u befragen. Diesem Zwedt soll die Konferenz dienen. Die 
stachricht, daß auch die Frage einer Reform des humanistischen 
ßymnasiums kiuf die Tagesordnung einer amtlichen Schul— 
onferenz gesetzt werden solle, ist irrig. Es handelt sich 
zier lediglich um die Tatsache, daz der Frankfurter Arzt Dr. 
zpieß dem Kaiser eine Dentischrift überreichte, die sich mit 
er Umbildung des humanistischen Gymnasiums (Ersaß des 
ßriechischen durch das Englische) befaßt. Diese Denfkfschrift 
vird, wie alle derartigen Eincçcaben. von den zuständigen 
Stellen einer Prüfung unterzogen. 
Ausführungs bestimmungen zum Feuerbestattungsg stz. Es 
ist beabsichtigt, zum preußischen Feuerbestattungsgesetz Aus— 
ührungsbestimmungen zu erlassen, die über einzelne Punkte 
tlarheit schaffen sollen. Im 8 9 des Entwurfs ist bestimmt, 
»aß der Nachweis, daß der Verstordbene die Feuerbestattung 
ungeordnet hat, durch eine letztwillige Verfügung des Ver— 
storbenen, durch eine mündliche Erklärung des Verstorbenen 
die von einer zur Führung eines öffentlichen Siegels berech, 
tigten Person als in ihrer Gegenwart asgegeben, bekundet 
ist, sowie ducch das von einer öffentlichen Behörde beglau— 
higte Zeugnis zweier glaubwürdiger Personen erbracht werden 
ann. In bdon Nusfiü hrungebeftimttungen wiro genau festgefetzi 
verden, welche Personen oder Behörden bei diesem 
Paragraphen in Frage kommen sollen. Ferner ist zu be— 
achten, daß ein Publikationsoerfahren, wie es in 
8 17 der Reichsgewerbeordnung vorgesehen ist, für 
die Feuerbestattungsanlagen geosctzlich nicht vorgeschrieben 
werden soll, da die antraasborechtigten Korporationen vor 
Stellung ihrer Anträge VBeschlüĩise falsen müssen, die in der 
Regel in der Oeffentlichkeit besprochen werden. In der Aus— 
führungsanweisung ist aber in Aussicht genommen, eine Wei— 
sung dahin zu geben,daßeine Benachrichtigung 
der etwa von einer projektierten Anlage Be— 
troffenen in geeigneter Form stattfindet, um 
diesen Gelegenheit zur Anbringung etwaiger 
Einwendungen gegen die Anlage zu gehen 
Oesterreich⸗ Ungarn. 
Thronfolger und Kriegsminister. Man schreibt der N. G. C. 
von unterrichteter Sejite aus Wien: „Es ist in politischen 
Kreisen der österreichischen Hauptstadt lebhaft aufgefallen 
und wird viel besprochen. daß der Kriegsminister Freiherr 
kämpfern, die als Märtyrer hinter Festungsmauern schin 
rief der junge Werner, seine Teetasse hebend. 
Die anderen folgten seinem Beispiel und alle stießen die 
Tassen in Ermangelung von Gläsern aneinander. 
Aber es war ein so matter, unschöner Klang, der alle 
zrnüchterte. Die Begeisterung war verflogen. Deutlich ertönte 
in die herrschende Stille der kreischende Laut der Treppenstufe 
herauf. Alle horchten erschrocken auf. 
„Mutter Hampel oder ihre uncchuldige Göre sind wieder 
auf dem Lauscherposten,“ saate Halmer mit gutem Humor, und 
Me lachten. 
Zugleich griffen alle nach ihren Mützen und der Aufbruch 
var allgemein. Halmer schloß sich ilnen an. Er wollte noch 
zu Frau Pastor Möllner gehen. 
Die Türschwelle tönte laut — dann lag über Trevve und 
Hausflut wieder tiefe Stifle 
Von den Bergwiesen fuhr man das duftige Bergheu ins 
Dorf. Bis vor kurzem neigte das mit bunten Blumen ge⸗ 
chmücdte Gras seine schlanken. im Windhauch leise zitternden 
zalme der Sonne zu. 
Der mattlila Wiesenknopf beugte seine saftgrünen Stengel 
nit den runden Blütenköpfen ein wenig zu der steifleinigen 
Aönigskrone, deren Blütenkelche den frinflügeligen Insekten gern 
Rast boten. Die fleischfarbige Pechnelke, in dichten Büscheln, 
und die gelben Blüten des langstengeligen Hahnensußes waren 
malerisch in dem Grün der Wiesen verstreut. Um den rotblumi— 
gen Klee summten die Bienen ihr tieftöniges Lied 
(Fortsekung solat.) 
— 
Theater. Kunit und Wissenschaft. 
S Die Verpachtung des Kieler städtischen Theaters ange⸗ 
rnommen. Die neue Magistratsvorlage, das Stadttheater und 
das Kleine Theater, wie wir unseren Lesern kürzlich mit— 
zeteilt haben, nun doch zu verpachten, da die Stadt nicht 
änger in der Lage sei, 156 000 Miäjährlichen Zuschuß, ohne 
iie Verzinsung und Amortisation der Gebäude, des Fundus 
sw. zu rechnen, zu tragen. wurde Dienstag abend von den 
»on Schöngaich im letzten Augenblicke seine Beteiligung am 
Stapellauf des neuen Dreadnought „Viribus unitis“ tele— 
zraphisch absagte, obwohl die Marinesektion dem Reichskriegs— 
ninisterium untersteht. Man führt das absichtliche Fernbleiben 
»es Ministers darauf zurück, daß er es vermeiden wollte, 
vem mit der Vollziehung der Schiffstaufe beauftragten Erz— 
herzog⸗Thronfolger zu begegnen, der wegen der Militär— 
vorlagen in shärfstem Gegensatze zu ihmssteht. 
Grsßbritannien. 
Protest gegen die Londoner Seerechtsdeklaration. Gestern 
kand in London eine große Protestversammlung gegen die 
Londoner Seerechtsdeklaration statt. Balfour hielt eine 
Rede, in der er ausführte, die Deklaration sei nicht eine 
Verbesserung des internationalen Brauches, sondern ein 
Schritt zurück. Sie vermindere Englands Kraft im Gegen— 
ingriff mit Hilfe der Blockade, während sie es dem Feinde 
ꝛrleichtere, England auszuhungern. Die Gefahr für Eng— 
and sei jetzt das Verhungern, nicht die Invasion. — Die 
Versammlung nahm einen Beschluß an, in dem gegen die 
Deklaration Einspruch erhoben wird. 
Rußland. 
Eine montenegrinische Sondergesandischaft in St. Peters⸗ 
burg. Der gestern in St. Petersburg eingetroffene Sonderge— 
sandte des Königs von Montenegro, Miuschkowitsch, besuchte, 
vie die Blätter melden, den Verweser des Ministeriums 
»es Aeußern, Neratow, und bleibt etwa drei Monatie in 
St Vetersbura 
* 
Tagesbericht. 
Lübeck, 28. Juni. 
V Se. Königliche Heheit Krenorinz Wilhelm wird, wie 
wir hören, am Sonnabend an Bord des größten deuitschen 
Kriegsschiffes „von der Tann“ von London auf der Reede 
yon Travemünde eintreffen. 
*Exz. General der Infanterie Frhr. von Plettenberg, 
eommandierender General des 9. Armeekorps, sowie der 
Fhef des Generalstabes des 9. Armeekorps Oberstlt. Stolz— 
mann treffen heute in Begleitung des Adjutanten Haupt— 
nann von Miaskowski hier ein. Ferner treffen ein 
Fxz. Generalleutnant Niekisch von Rosenegk, Komman— 
deur der 17. Division, mit Adiutant Major von Stock— 
hausen, Exz. von Stangen, Inspekteur der 2. Kavallerie— 
Brigade, mit Adiutant Masjor von Kameke. Sämtliche 
Herren nehmen im Hotel Stadt Hamburq (Hamburger Hof) 
Wohnung. 
*Die Verfamm ung der Türgerschaft, die auf kommen— 
den Montag anberaunt worden war, ist um eine Woche, auf 
Montag, 10. Juli, rerlegt worden. 
*Bevölkerungsbewegung im Lübeckischen Staate während 
des Mai. Die Zahl der Eheschließungen betrug 83 (1910: 70), 
die der Lebend-Geburten 254 (223) und die der Sterbefälle 
156 (148). Der Geburtenüberschuß belief sich demgemäß auf 98 
(75). Uneheliche Geburten kamen 31 (28) mal vor. Totge— 
zurten wurden 6 (6) mal registriert. 
Vom Freimdenverkehr. Der Flottenverein für Berlin 
ind die Mark Brandenburg, der, wie schon berichtet, gestern 
in Lübeck. weilte, hat sich heute fruh 7 Ahr 2 in. mittels 
Sonderzuges nach Travemünde lhegeben, um dort das auf der 
deede liegende Schulschiff und die Anlagen Traremündes zu 
zesichtigen. Der erste Tag der eiwa einwöchizen Reise rahm 
inen ganz ausgezeichneten Verlauf. Beim Miltagessen im Rats⸗ 
deinkeller brachte Herr Hauptmann Tr. Roeper-Berlin in 
»on patriotischem Geiste getragenen Worten cin mit lebhaftem 
Zeifall aufgenommenes Kaiserhech aus. Der Redner benutzte 
dieses erste Zusammensein, um die Zwedbestimmung der ganzen 
Reise, die Liebe zu einer starken Tlotte in die breiteren Volks— 
nassen zu tragen, zu crläutern. Namens der Ortsgruppe Lübeck 
zegrüßte Herr W. Dahms, der auch am Bahnhof den Ankom— 
nenden ein kurzes Millkommen zugerufen hatte, die Reilegesell— 
chaft auf dem historischen Boden des Ratsweintellers. Die 
nit Beifall aufgenommenen Ausführungen gipfelten in einem 
zoch auf den deutschen Flottenverein und seine Bestrebungen. 
die Besichtigung der Sehenswürdigteiten am Nachmittag ver— 
ehlte auch diesmal ihre Wirkung nicht. Beim Rundgang 
wurde im Café Opera, im Café Sudermann und in der Stadt— 
halle kurze Einkehr gehalten. Die vorgesehenen Zeiten konnten 
tichtig eingehalten werden, da an auen zu besichtigenden Stellen 
di⸗ orforderlichen vorbereitenden Schritte getan waren, so daß 
—— 
Kieler Stadtverordneten mit 19 gegen 15 Stimmen ange— 
nrommen; der Magistrat seinerseits nahm die Vorlage mit 
gegen 3 Stimmen an. Oberbürgermeister Dr. Fuß 
timmte gegen die Vorlage. Die entscheidende Sitzung brachte 
nanches erregte Wort für und wider. Zunächst hielt der 
Iberbürgermeister eine längere Rede, in der er be⸗ 
auptete, daß während seiner Abwesenheit anfangs Juni 
nanches in der Theaterfrage sich geändert habe, ohne daß 
ein Stellvertreter ihm darüber berichtete. Er spricht sich 
icharf gegen die „Verquickung“ der Theaterfrage mit der Be⸗ 
oldungsvorlage aus. Endlich sucht er die Regie gegen die 
Verpachtung ins Licht zu setzen Bürgermeister Linde⸗ 
mann verteidigt sich gegen die Vorwürfe des Oberbürger— 
meisters und bricht eine Lanze für die Verpachtung des 
Theaters. Er weist darauf hin, daß die Verpachtung der 
tädtischen Theater die Regel sei, führt das reiche Char—⸗ 
ottenburg als Beispiel an und sucht auch die Befürchtungen 
wegen des Orchesters zu zerstreuen. Stadtrat Martin 
Möller berichtet, daß er in Berlin Anerbietungen von 
ünstlerisch leistungsfähigen und auch finanzkräftigen Persön— 
ichkeiten bereits erhalten habe, so daß die Befürchtung, 
s werde unter den gegebenen Verhaltnissen kein geeigneter 
Pächter zu finden sein, hinfällig werde. Mehrere Herren 
iehmen dann noch die Theater-Kommission mehrfach in scharfen 
Worten in Schutz und drüden ihre Besorgnis wegen des künst— 
erischen Niederganges der verpachteten Theater, wegen der Zu—⸗ 
unft des Orchesters aus, und suchen nachzuweisen, daß auch die 
Regie von Jahr zu Jahr billiger arbeite. 
So hat sich denn die Kieler Behörde überraschend schnell 
entichlossen, ihre Theater einem Pächter zu überantworten. 
Der Brief Luthers an Kaiser Karl V., den Pierpont 
Morgan an den Kaiser abgetreten hat, befand sich bis 
»or kurzem im Besitz des Leipziger Autographensammlers 
Dr. Geibell. Er wurde dann bei Römer in Leipzig ver—⸗ 
teigert und erzielte nach einem Anfangsgebot von 5000 M 
nnerhalb fünf Minuten den Preis von 102 000 M. Der 
Zzuschlag wurde einem Florenzer Kunsthändler erteilt. der 
den Brief für Pierpont Morgan kaufte.
	        
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