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Amtsblatt der freien und Hansestadt Lübed
Veiblatt: Gesetz⸗ und Verordnungsblatt
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Ausgabe A60 GGroße Ausgabe)
Sonnabend, den 24. Juni 1911.
Abend⸗Blatt Ur. 314.
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Erstes Blatt. hierzu 2. Blatt.
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Amfang der heutigen Nummer 6 Seiten.
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Nichtamtlicher Teil. *.7
Das Kabinett Monis gestürzt.
Lübeck, 24. Juni.
Frankreich ist dafür bekannt, daß es viele Kabinette
Herschleißt. Auch dem jetzigen Kabinett Monis hatte man
keine lange Lebensdauer prophezeit. Bei der bisherigen Er—
ledigung der Abgrenzungsfrage im Champagner⸗Weingebiet
schien es noch eben die gefährlichen Klippen umschifft zu
haben. Dann kam das Unglück auf dem Pariser Flug—
platz, das dem Kriegsminister das Leben kostete und den
Ministerpräsidenten so schwer verwundete, daß man mit
seinem Rücktritt rechnen mußte. Aber er blieb trotzdem und
ließ sich vorläufig durch den Justizminister vertreten. Aber
jetzt richtet man gegen diesen seinen Vertreter die Vor—
würfe, die Kabinettskrisie, über die wir heute früh kurz
telegraphisch berichteten, durch eine zu kategorische Erklä—
rung hervorgerufen zu haben. —
Ueber die Einzelheiten der gestrigen Vorgänge liegen
letzt folgende Drahtmeldungen vor:
W. Paris, 23. Juni. In der heutigen Kammersitzung be—
gründete der Abgeordnete André Hesse seine Interpellation
an den Kriegsminister über dessen Anschauungen von
em Oberkommando im Kriegsfalle. Ver Redner
parf General Goiran vor, im Senat gesagt zu haben,
zatz es einen Generalissimus nicht gebe und daß im Kriegs⸗
alle die Leitung der Operationen der Regierung zustehen
oürde. Hesse führte weiter aus, daß es notwendig sei, schon
n Friedenszeiten die einstmaligen Befehlshaber zu be—
timmen und verwies dabei auf Preußen und auf Moltke.
Fin Admiral trat ebenfalls für die Einheit des Oberbefehls
in. Ein General faßte den möglichen Krieg mit dem
Dreibuennd ins Auge, wo die Armee geteilt in den Alpen,
m Norden und im Osten fechten müsse. Da sei ein ein⸗
heitlicher Oberbefehl unmöglich, aber auch er forderte, daß
die Befehlshaber wie in Deutschland shon in
Friedenszeiten bestimmt würden. Der Kriegs—⸗
minister erklärte, man habe seinen Worten eine übertriebene
Bedeutung beigelegt. Er stehe auf dem Standpunkt seines
Vorgängers und habe nicht die Absicht gehabt, an der be—
währten Organisation etwas zu ändern. Er habe seinen
Ausführungen nichts mehr hinzuzufügen.
Da in der Kammerdebatte über die Interpellation wegen
der Rede des Kriegsministers über den Oberbefehl über
die Armee in Krieaszeiten der Justizminister im Namen
u
der Regierung sein Einverständnis zur einfachen Tagesord—
nung, die von der Kammer mit 248 gegen 224 Stimmen
angenommen wurde, verweigerte, giltdas gesamte Mi—
nisterium als gestürzt. Die Minister blieben ruhig ai
hren Plätzen sitzen, und ein sozialistischer Deputierter be—
stieg die Rednertribüne, um die Interpellation über die
Vergebung von Landkonzessionen in Tunis zu begründen.
Die Opposition verursachte jedoch einen so großen Lärm,
daß sich der Vizepräsident genötigt sah, die Sitzung zu
unterbrechen. Nach Wiederaufnahme der Sitzung vertagte
sich die Kammer. In den Wandelgängen der Kam—
mer herrsscht große Aufregung. Verschiedene Mi—
nister sollen dem Justizminister einen Vorwurf darüber ge—
macht haben, daß er sich nicht mit der einfachen Tagesord—⸗
nung begnügt habe.
W. Paris, 23. Juni. Nach Schluß der Sitzung der De—
putiertenkammer begaben sich die Minister in das Palais
Bourbon und benachrichtigten den Ministerpräsidenten tele—
phonisch von dem Ausgang der Sitzung. Die Minister be—
schlossen, dew. Prälidenten Fallidres bei seiner Rückehr
aus Rouen die Demission zu überreichen.
Ueber die Niederlage des Kabinetts —&
in der Kammer wird in Kammerkreisen erzählt, daß eine
Anzahl von Radikalen gegen das Kabinett gestimmt had, weil
sich dasselbe in der Frage der Wahlreform auf die
Seite der Anhänger der Proportionalwahlen gestellt habe.
Außerdem wird diese Niederlage des Ministeriums haupt⸗
sächlich einem Mißverständnis des Justizministers zugewiesen,
welcher als Vertreter des Ministerpräsidenten der Kammer—
sitzung beiwohnte und die Erklärung abgeben zu müssen
glaubte, daß er in einer so ernsten Frage nur die von dem Radi—
kalen Picard eingebrachte Vertrauenstagesordnung annehmen
werde.
In den Wandel!lgängen der Kammer wird die politische
Lage als besonders verwickelt bezeichnet. Wenn das
nächste Kabinett für die Proportionalwahl sei, werde es
200 Repubelaͤkaner gegen sich haben, die sich gestern
degen die Proportionalwahl ausgesprochen haben.
Sei es gegen die Proportionalwahl, so werde es überhaupsf
keine Mehrheit in der Kammer finden. Die Politiker,
die als Nachfolger von Monis in Frage kommen können,
müßten dementsprechend als Proportionalisten und Antipro—
portionalisten unterschieden werden. Unter diesen wird Cle—
menceau, unter jenen werden Caiaux. Briand und Delcasso
genannt.
—2 —
pagnerfrage wird ein neues Kabinett sich kaum an die
Versprechungen halten, die dem Minister Monis abgerungen
wurden. Die letzte Phase in den marokkanischen Wir—
ren, namentlich die Differenz mit Spanien, verlangt vom
künftige Minister des Aeußern größte Umsicht. Außer dielen
aktuellen Angelegenheiten harren die nicht minder wichtigen
Finanzprobleme der Lösung. — Finanzminister Cail⸗—
laux, der als Ministerpräsident ausersehensein
'oll, wird, wie verlautet, bei der Umbi:dung des Kabinetts
den Justizminister aus den Reihen der Radiko-Sozialisten
nehmen, um mit dessen Hilfe einen ganz neuen Wahlreform-
entwurf auszuarbeiten. Niemand bezweiselt, daß Cruppi
Minister des Aeußeren bleiben wird
Das Pflichtfortbildungsschulgesetz gefallen.
Das Pflichtfortbildungsschulgesetz darf jetzt wohl als ge⸗
fallen angesehen werden. Gestern hielt die Kom—
mission noch eine Abendsitzung ab, die sich bis Mitternacht
hinzog, und nahm die Vorlage mit großer Mehrheit an. Nach
der Abstimmung erklärte jedoch Handelsministen
Sydow, für ihn sei die Vorlage in der gestrigen Gestalt
unannehmbar, da die Mehrheit sich für die gleich—
zeitige Zuständigkeit des Kultusministeriums
ausgesprochen habe. Ebenso nahm der Minister Anstoß an
einem Zusatz zum 8 14, den die Konservativen gefordert
hatten. So wie die Verhältnisse heute liegen, könnte das
Hesetz nur noch zustande kommen, wenn entweder das preußische
Staatsministerium umfiele oder Sydow ginge. Beides scheint
vorläufig jedoch unwahrscheinlich zu sein und so wird der
Entwurf wohl liegen bleiben und nicht an das
Plenum gesangen
Graf Schwerin kein Freund des Zentrums.
Die Wahlrede des Reichstagspräsidenten und konservativen
Abgeordneten Grafen Schwerin-Löwitz und seine patriotische Er—
klärung, er werde „immer und unter allen Umständen auch den
schlimmsten bürgerlichen Demokraten doch noch mit aller Ent—
chiedenheit (als das kleinere Uebel) gegen jeden Sozialdemo—
kraten zu unterstützen bitten“, ist gestern hier schon erwähnt
worden. Sie liegt jetzt im Wortlaut vor und zZeigt sich, auch
abgesehen von dieser Erklärung, weit beachtenswerter, als nach
dem offenbar stark zensurierten Bericht der Kreuz-Zeitung an⸗
zunehmen war. Aus der Rede, die im ganzen eine Mahnung
zur politischen Besonnenheit und Einsicht ist, verdienen nun die
Bemerkungen, die der Graf über das Zentrum gemacht hat,
besonders hervorgehoben zu werden. Wörtlich führte er aus:
„Das Zentrum halte ich durchaus nicht wie
die Natio nalliberalen für eine nützliche oder
gar notwendige Partei. Im Gegenteil halte ich die aus den
verschiedensten politischen Elementen. von den konservativsten
— —
zwungene Gatte war ihr zuwider, und das zeiate sie ihm
vom ersten Tage an.
Friedrich Gothard, der in der ersten Zeit der Ehe ihrer
Liebe sehr zugänglich gewesen wäre, wenn sie ihm solche ge—
zeigt, war erbittert und empört, wenn sie iede seiner Lieb—
kosungen heftig zurücwies.
Er war keine feiner organisierte Natur. Er sagte sich
nicht, daß er bei einer Frau, die sich ihm ohne Liebe zu eigen
gegeben, und die ihm das in ihrem kurzen Brautstand so
deutlich gezeigt hatte, doppelt zart um Liebe werben müsse.
Plump griff er zu! Sie war ja seine Frau, die er täglich
mit Reichtum und Wohlleben umgab! Er knauserte nicht, ver—⸗
sagte ihr keinen Wunsch — also hatte sie die Pflicht, ihn
zu lieben und freundlich zu ihm zu sein!
Als sie bei jeder Liebkosung nicht nur scheu zurücwich,
sfondern ihm auch ihren Widerwillen zeigte, packtte ihn eine
maßlose Wut. Er ging in den „Blauen Hirschen“ und trank.
Kanrt er dann heim, so schrie und tobte er. Im nüchternen
Zustande hätte er es nie gewagt, weil ihn Franziskas so
piel feinere Art in Schranken hielt — aher der Akohol brachte
seine Wut zum Ausbruch.
Franziska begriff nicht, daß sie ihn durch ihr Wesen gereizt.
Sie verstand seine Natur nicht — ihre Wesenspole lagen sich
zu fern. Sie glaubte an ein menschliches Tier gefesselt zu sein
und ging ihm an solchen Tagen noch mehr aus dem Wege
— schloß sich meist sogar oben in den Eiebelstuben ein. Der
einzige Halt in ihrer oft tiefen Verzweiflung war ihr die Re—
ligion. Sie war Katholikin, keine Formenfromme — nein—
die Religion war ihr schwärmerische Herzenssache.
Bei einer Flucht in ihr Elternhaus wäre Franziska von
ihren Eltern sicher freundlich aufgenommen worden, denn der
alte Stadtmüller bereute tief und schmerzlich, sein Kind in diese
Ehe gezwungen zu haben, jett. wo er sah, wie unglüclich
seine Tochter war. 0
Aber Franziska würde dies nie getan haben. In der
katholischen Kirche gibt es keine Ehescheidung.
So viel Religion sie auch hatte, diese beruhte mehr in
religiöser Schwärmerei. Die Satzungen der christlichen Moral
hatte sie nicht tief genug gefaßt. um als ersite die duldende
Die Erbschaft des Kabnets.
Die vom Ministerium Monis zurückge assene Erbschaft er—
scheint keineswegs beneidenswert. Die Frage der Verhält—
niswahl ist seit gestern zum Mißvergnügen der am status
quo interessierten Radikalen und Radiko-Sozgialisten an einer
diesen Par eien gefährlichen Eappe augelanzt. In der Cham—
Aus gärender Zeit.
Roman von Hedwig Kaboeh.
(8. Fortsetzung.) Machdrucd verboten.)
Als kurze Zeit darauf der Goldarbeiter Fröhlich meinte
— ob denn der Hirschenwirt in der Hauptstadt nichts über
den Studiosus Möllner gehört hätte, der schon so oft mit
zu den Ferien in der Stadtmühle gewesen, da fuhren wieder
alle Köpfe der Tafelrunde zusammen, und das Wispern und
laute Flüstern begann von neuem. Es sei doch gar zu son⸗
derbar, daß er an der Fränze ihrer Hochzeit gefehlt. Er
wäre doch der beste Freund vom Erhard und der Mariechen
Burgevis ihrem Bräutigam, dem Miediziner Halmer.
„Mit dem Studenten Möllner muß es was haben, denn in
der Mühle spricht keiner den Namen mehr aus,“ meinte
der Goldarbeiter Fröhlich wieder leirer. wobei sein Gesicht noch
süßsaurer wurde.
„Ja, das wär' so was, wenn sie den einsperrten, nachher
folgten die Intimen bald hinterher! Ta könnt' einem der
alte Burgevis leid tun. Und das Mariechen noch mehr!
Nachher wär's Essig mit der Frau Doktor!“
„Na, redet Euch nur was an den Hals, Meister Gold⸗
arbeiter. Ich kann dabei nichts Verdächtiges finden, daß der
iustige Student Möllner mal länger fortgeblieben ist — er
wird schon wiederkommen! Ihr pahtet wirklich zu den Spitzeln
nach der Hauptstadt — würdet eure Sache ganz famos ver—⸗
tehen! Aber ich muß heim,“ damit erhob sich der dicke
Gerbermeister, reichte jedem die Hand, langte seine Mütze
vom Nagel und ging aus der Tür.
„Der ist für die Burgevis mit Leib und Seele, da darf
man nichts sagen,“ meinte der Hirschenwirt, diesem und jenem
seiner Gäste die Mütze oder den Ueberzieher hinreichend.
Die Türklinke ging aus einer Hand in die andere, und als
der Hirschenwirt als Letzter sein kleines Hinterstübchen verließ,
um in die danebenliegende große Schenkstube zu treten; hörte
man die Fliegen summen, die die herbstkühle Luft von draußen
hereingetrieben — so still war's plötzlich darin geworden. —
Wieder war es Frühling geworden! Der Tauwind, der
über die Berge zog, nahm auch die kleinsten Eis- und Schnee⸗
teste mit fort, und der warme Regen, der darauf folgte,
zatte selbst die Matten der höheren Berge schon grün ge—
ärbt. In den Tälern knospete und blühte alles! Ein so
zeitiges Frühjahr wie heuer hatte man lange nicht erlebt.
Franziska Gothard hatte die Freude für den Garten von
ihrer Mutter geerbt, und sobald die Sonne wärmer geschienen,.
war sie täglich stundenlang im Garten ihres Stadthauses tätig
gewesen.
Auch heute stand sie mit der großen Gartenschere und be—
schnitt die Stachelbeer- und Himbeerbüsche. Die frische Luft
hatte ihre Wangen, die so blaß und schmal gewordoen, rosig
zefätbt, und als sie sich jetzt freudig bewegt über ein blühen⸗
des Frühlingsbeet bog, konnte man meinen, die frühere Fränze
Burgevis vor sich zu haben.
Die Täuschung währte nicht lange, denn über die tiefen,
blauen Ringe, die unter den Augen lagen, konnte auch die
tosige Farbe der Wangen nicht hinwegtäuschen. Der müde,
herbe Zug um den kleinen Mund schien sich kaum einmal zu
einem Lächeln zu verziehen.
Sie sah so aus, als trüge sie schwer am Leben.
Sie hatte lich ihre Ehe mit Friedrich Gothard schwer und
freudlos vrorgestellt, und wenn lie auch, von ihren Gefühlen
äberwältigt, einmal ihrem Vater gesagt hatte, sie würde Got⸗
hard hassen, falls sie sein Weib werden müsse, so hatte sie das
in Wahrheit doch nicht geglaubt.
Aber seit sich ihr trauriges Schichsal erfüllt hatte und
Friedrich Gothard ihr Gatte war, kamen ihr ihre Worte
von damals immer wieder in den Sinn. Ihre Gefühle des
Widerwillens und Abscheus für ihren Mann steigerten sich
täglich und wurden denen des Hasses immer verwandter.
Sie hatte damals wahr gesprochen.
Ohne Schuld war sie sicher nicht, daß sich ihr Gatte immer
mehr dem Trunke ergab. So roh und heftig Gothard auch
war, Franziska hätte ihn ändern können, denn es war wirklich
eine leidenschaftliche Liebe gewesen, die ihn um sie hatte werben
lassen.
Franziska hätte bei ihrer Klugheit großen Einfluk au“
hn gewinnen können. Sie wollte aber nicht. Der aufos