Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

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ausgabe ⸗ 
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Aus den Nachbargebieten. 
Hanfeftãdite. 
Hamburg, 21. Juni. Die Bürgerschaft sprach sich 
Ar die Eingemeindung von Langenhorn, Finkenwärder und 
Hoorfleth in die Stadt Hamburg aus und genehmigte die 
Anträge, betr. Neubau der Reimersbrücke und der Schaartors« 
brücke, für die rund 900 000 Meubewilligt wurden. 
Der Kampf im Holzgewerbe dauert fort. Eine 
Versammlung der streikenden und ausgesperrten Arbeiter lehnte 
Montag abend alle Vorschläge der Arbeitgeber einstimmig ab 
und beschloß, auf der von den Arbeitgebern angebotenen 
Basis nicht in erneute Verhandlungen einzutreten. — Der 
Arbeitgeberschutzverband der Holzindustrie von 
Hamburg und Nachbarstädten gibt in einem Flugblatt Auf⸗ 
klärung über die wahren Ursachen des Kampfes im Holz- 
zewerbe. 
Gleine Nachrischten) Wegen Majiestätsbelei— 
»igung wurde Dienstag abend ein in der Altstadt wohnender 
Decksmann verhaftet. Der Mann hat sich in einer Wirt— 
ichaft in nicht wiederzugebender Weise über den Kaiser geäußert. 
— Vertrauensbruch. Am Sonnabend erhielt ein Maler— 
arbeitsmann von seinem Arbeitgeber am Berlinertor den Auftrag, 
bei der Hansabank auf einen Scheck 1920 Muzu erheben. Tas 
Held hat er in Empfang genommen und ist seitdem spurlos 
berschwunden. — Fortgesetzter Diebstähle schuldig ge— 
macht hat sich ein 18jähriger Steinsetzarbeiter, der seit Oktober 
d. J. wiederholt nachts durch das Fenster in eine Metallwaren⸗ 
fabrik am Teichweg eingedrungen ist und nach und nach für 
5000 MeWaren entwendet hat, die er dann für einen geringen 
Preis an einen Produktenhändler in Rotenburgsort ver— 
jußerte. In vorletzter Nacht wurde der Dieb auf frischer Tat 
ergriffen. Der Gesamterlös aus seiner Beute soll nur etwa 
100 Meubetragen haben. — Verhafteter Schecfälscher. 
kin in Dresden ansässiger 22 Jahre alter Kontorist hatte von 
einen Eltern 600 Meserhalten, da er nach Amerika fahren 
sollte, wo er eine Anstellung gefunden hatte. Auf der Fahrt 
nach Hamburg machte der junge Mann in Berlin einen Ab— 
techer, wo er 400 Miin Nachtlokalen und auf den Rennbahnen 
verbrachte. Von den verbleibenden 200 Miließ er sich für 
100 Miein Bankkonto einrichten und gab dann drei Schedchs aus, 
die er mit höheren Summen ausstellte, als er auf der Bank 
deponiert hatte. Mit dem hierdurch erworbenen Gelde fuhr 
er nach Hamburg. Hier fälschte ee einen Schech über 700 M 
und erhielt dafür von dem Hotelbesitzer; wo er Wohnung genom⸗ 
men hatte, 200 M. Der Hotelier entdedte dann, als er den 
Schech einlösen wollte, den Betrug und ließ den Scheckfälscher 
berhaften. — To dessturz. In der Mittelstraße versuchte 
fkürzlich der Schneidermeister Franz Haase aus Bremen auf einen 
in voller Fahrt befindlichen Straßenahnwagen zu springen. Er 
türzte ab und zog sich schwere Kopfverletzungen zu, denen er jetzt 
m Krankenhause erlegen ist. — Ausschreitungenstreiken— 
der Tischlergeselken. In Angst und Schredcken wurden 
in der Nacht zum Sonntag die Bewohner der Lutterothstraße 
versetzt. Dort feuerten streikende Wischlergesellen in den Schlaf⸗ 
aal der Tischlerei von Gruhn und Heinrich mehrere Revolver⸗ 
ugeln, die glücklicherweise keinen der dort schlafenden Arbeits⸗ 
villigen trafen. Da die Leute aber gefährdet waren, riefen 
sie um Hilfe, worauf ein Nachbar ans Telephon eilte und den 
neunten Feuerwehrzug alarmierte. Beim Erscheinen des Feuer⸗ 
wehrzuges ergriffen die Revolverhelden die Flucht und ent⸗ 
lamen. 
Schleswige Holstein. 
Altona, 21. Juni. Revision beim Reichsgericht 
ungemeldet ist seitens des Inhabers der Altonaer Mar- 
zarine-Werke Mohr K Co. G. m. b. H.; J. M. Mohr, gegen 
das Urteil des hiesigen Landgerichts im „Bacha“⸗Prozeß. 
Kiel, 21. Juni. Eine schles wholst. Aussterlung 
'üär Heimatschutz wird demnächst im hiesigen neueröffneten 
Thaulow-Museum veranstaltet. Zahlreiche Anmerdungen sind 
ingegangen von der Ortsgruppe Kiel des Bundes deutscher 
Architekten, vom Kaiserlichen Kanalamt, den Magistraten von 
Kiel und Altona, dem Bauamt des Kreises Bordesholm, der 
Baugewerkschule zu Eckernförde uswp. Auch werden durch Ver⸗ 
nittelung der königl. Regierung zu Schleswig verschledene neue 
Schulbauten zur Ausstellung gelangen. 
Segeberg, 21. Juni. Fürstliche Belohnung. Im 
hinteren Stadtfelde war ein älterer Mitbürger beim Distel⸗ 
chneiden beschäftigt. Plötzlich sah er die Kühe eines benach⸗ 
harten Besitzers im Roggenfeld eines hiesigen Landbürgers. 
stach 21tftündigem Remühen vesang es dem alten Mann die 
Die jungen Mädchen vom Cheater. 
Ein altes Lied und ein traurig Lied! Wie viele der kleinen 
zunten Mädchenfalter fliegen nicht in jedem Jahre gegen die 
trahlenden Rampenlichter und bühßen ihren Mut mit ver— 
»rannten Flügeln. Wie viel wurde nicht schon gesagt von dem 
Jlenden Leben der armen Schauspielerin, von den schlechten 
Aussichten, wie oft hat man den jungen Novizen vorgerechnet, 
daß nur 1006 aller Priesterinnen der theatralischen Muse ein 
Einkommen von mehr als 3000 Mähaben und daß diese 
noch lange nicht für die Garderobe ausreichen — vergebens. 
Jahr für Jahr derselbe Ansturm auf Schauspielerschulen, auf 
Theaterdirektoren. Jetzt ergreift Wearcell Prdvost wieder das 
Wort, und da die Ausführungen des französischen Dichters 
nicht nur für die Pariser Verhältnisse Geltung haben, seien 
einige Sätze aus Provosts Aussatz wiedergegeben: 
Der Beruf der Sängerm oder Schauspielerin lockt die junge 
Pariserin, die junge Französin in dem Maße, wie sich die 
oziale oder finanzielle Stellung des darstellenden Kunstlers 
jebessert hat und das Vorurteil gegen seinen Beruf in ein 
benso ungerechtes, von allen billig denkenden Menschen ange—⸗ 
ochtenes Vorurteil für ihn verwandelt hat. Es sind durchaus 
nicht nur die in jedem Vaudeville verherrlichten Hausmeisters- 
öchter, die sich der Theaterkarriere widmen, sondern auch die 
Mädchen aus dem bescheidenen Burgerstande: Töchter von 
Zaufleuten, Beamten, Rentnern. 3* 
Die jungen Damen sind sorgiältig erzögen worden und 
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ittwoch, d ⁊ i J * 
en 21. Juni 06 30 — 
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Abend⸗Blatt Kr. 308. 
Kühe aus dem Kornfeld zu bringen. Tafur erhielt er von 
der betreffenden Persönlichkeit, die im Besitze der Kühe ist, 
ine Belohnung von — 20 Pfg. ausgehändigt. Dieses fürst- 
iche Geschenk wurde allerdings nachher auf 1,20 Miäerhöht, 
iber mit dem merkwürdigen Zusatze: „So, nun hebb Se 
wölf Groschen, un wenn mien Köh noch mal werr in fröm'm 
Lud Korn r ümloopt, denn laten Se ehr man ruhig gahn!“... 
Elmshorn, 21. Juni. Der Kornblumentag brachte 
eine Einnahme von 4303,35 M. Die Unkosten betragen rund 
460 M. V—— 
Neumünster, 21. Juni. Spurlos verschwunden 
st seit einer Woche Tischlermeister Jäger. Er hat geäußert, 
oaß er sich Zahlungsschwierigkeiten halber ein Leid antun wollte. 
Grosßherzogtum Oldenburg, Fürstensuun Lübed. 
X. Ahrensbök, 21. Juni. Ihr Kinderfest feierten 
dienstag die hiesigen Schüler im Gehölz Langendamm. Ein— 
jeleitet wurde das Fest durch einen Weckruf des Trommler— 
und Pfeiferkorps, bestehend aus Schülern der oberen Klassen. 
stach einer kurzen Ansprache setzte sich um 8 Uhr der Zug, 
in dem zirka 340 Kinder teilnahmen, vom Schulhofe aus in 
Bewegung. Leider wurde das Fest durch Regen gestört, so 
»aß man schon um 6 Uhr wieder einrücken mußte. Den 
»xsten Preis erhielt beim Schießen Ernst Schultz, beim Topf- 
chlagen Frieda Giese, beim Kegelwerfen Gustav Penz und beim 
Puppenwerfen Marie Grün. 
Großherzogtümer Medcklenburg. 
Schwerin, 21. Juni. Niedergebrannt ist Montag 
die alte schindelgedeckte Windmühle auf dem Mühlenberg. Zwei 
Zchweine, viele Hühner und Enten sind mitverbrannt. Die 
kntstehungsursache des Feuers ist unbekannt. — Vermißt 
vird seit Dienstag Realgymnasialprofessor Krüger hierselbst, 
Boßstraße 10 wohnhaft. Er hat sich seit Dienstag mittag 
nit der Absicht, eine Dampferfahrt nach Zippendorf zu unter— 
sehmen, aus seiner Wohnung entfernt und ilt bisher nicht 
urückgekehrt. 
Rostock, 21. Juni. Schulzahnarzt. Der Rat der 
Ztadt Rostock hat den Assistenten der städtischen Schulzahnklinit 
n Charlottenburg, Max Alexander Weber, zum Leiter der 
iiesigen städtischen Schulzahnklinik zum 1. Juli gewählt. — 
dem Fonds für soziale Zwecke ist von der im letzten 
zteueriahr aufgekommenen Wertzuwachssteuer ungefähr der 
ritte Teil, die Summe von 6000 M, überwiesen worden. — 
Lnglücksfall mit tödlichem Ausgang. Auf dem 
Rühtendamm wurde beim Spielen des 5 Jahre alte Sohn 
es Granitschleifers Jacobs von einem anderen Jungen gestoßen. 
r geriet ins Stolpern und fiel vom Bürgersteig auf das 
zleise der Straßenbahn unmittelbar vor einem herannahenden 
ztraßenbahnwagen. Er wurde von diesem erfaßt und erlitt 
chwere Verletzungen am Sinterkopf. Ins Krankenhaus ge— 
racht, verstarb der Junge bald darguf. 
Wismar, 21. Juni. Der elektrische Strom der 
Lübecher Ueberlandzentrale ist Dienstag eingeschaltet 
vorden. 
Rehna, 21. Juni. Zum Bau einer Kapelle auf 
»em hiesigen Gottesacker hat der Großherzog ein 
znadengeschenk von 1200 Mugestiftet. 
Doberan, 21. Juni. Der Erbgroßherzog von 
Mecklenburg-Schwerin ist hier zu längerem Aufenthalt in 
zeiligendamm eingetroffen. Der deutsche Kronprinz 
vird am 3. Juli erwartet. 
die deutsch-amerikanischen Sonderklassen⸗Wett— 
fahrten in Kiel. 
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nach dem siegreichen amerikanischen Boot das Ziel kreuzte. Der 
Triumph der Amerikaner war an diesem Tage um so voll— 
ständiger, als der Wind, der aus WEW. stand in einer Stärke 
von 68 Sekundenmetern wehte. Man gab sich auf deutscher 
Zeite vielfach der Hoffnung hin, daß es bei der strammen 
Brise — die in der Wyker Bucht einen Kriegsschiffskutter zum 
Kentern brachte! — einem deutschen Voot vergönnt sein möchte, 
den Sieg zu erringen. Diese Hoffnung ist gründlich getäuscht 
worden. Alle amerikanischen Boote haben, wie den Ham⸗ 
vburger Nachrichten berichtet wird, gegenüber ihren deutschen Kon⸗ 
currenten unter den bisherigen Wind- und Segelperhältnissen 
eine absolute Ueberlegenheit erwiesen. Wir haben gutes Boots— 
naterial. Aber die Boote der Amerilaner sind besser! Die 
Amerikaner haben — wie nach der Regatta einer unserer erfah— 
tensten Segler erklärte — in den letzten zwei Jahren ganz 
olossale Fortschritte im Bootbau gemacht. Da auch bei der 
Windstärke 6—7 der Wind noch nicht stark genug, die See noch 
nicht rauh genug für die deutschen Boote war, bleibt nur die 
chwache Hoffnung, daß »unsere Jachten bei einer Sturmregatta 
Windstärke von mehr als 8 Seiundenmeter) bestehen könnten. 
die Hurras, die die deutschen Sporisleute sür die siegreichen 
Amerikaner ausbrachten, waren jedenfalls trotz der Enttäuschung 
nicht weniger kräftig und herzlich. 
Die offiziellen Resultate waren: (GBahnlänge: 12 See— 
meilen) „Beaver“ 2:26:0. 83. Preis. „Bibelot“ 
2: 25: 39 2. „Cima“2: 25: 31 1. „TilIn XIV2: 27: 55,5 
4. „Seeh und III2: 41: 55 6. „Wannsee“ 2:32: 31 5. 
Internal!icnele Stewet faurt Glücebhurg — Kiel. 
Die offiziellen Resultate der Wettfahrt am Montag sind fol— 
gende: „Comet“ 5: 32: 54 1. Pr. 12-m-Kl.: „Ske aj“ (L. H. C.) 
3: 21: 40 1. 10-—m-Kl.: „Pesa“ 6: 49: 20 1. „Isa“ 6: 49; 50. 
„Feinsliebchen VII— 6: 50: 45. 8-m-Kl.: „Taifun“ 7: 26: 57 
1. „Decima“ 7:29: 20 
Lustfahrt. 
Venm ei em Flug pprang ropft. Arf dem Rakoser Flug. 
felde bei Budapest, wo ein zahlreiches Poblikum die au⸗ 
gekündigke Ansuft des Wiene: Oberlzninan!s Tier erwartete, 
unlernahmen mehrere Flieger Flugversuche. Tabei geriet ein 
Flugzeng beim Abstieg in die Menge, die erschredt ausein— 
andersteb. Ein Mädchen rannte in ra iscchtr Verwirrung 
gerade in den Apparat und wurde von einem Vropeller 
erfatzt, der ihm den Korf huchtxhlick pom Leihe riß. 
Sportnachrichten. 
Roͤnnen zu Paris-Bois de Boulogne, 20. Juni. Prix de 
Mallerot. Allamanda (Sharpe) 1. Nolido II 2. La Bo— 
hème II 3. Tot.: 275: 10. Platz 91, 69: 10. — Prix Macken— 
zie. Cavallo (O'Neiil) I. Mati II 2. Tot: 12:10. 2 Pferde 
liefen. 
Nordwestdeu sche Slernfelut f'r Kraft afrreuge rach Sam— 
hurg. In der Ausschrebung ist geändert worden, daß die 
Fahrtzeit nur im höchsten Falle zmörf Stunden betagen darf, 
während der Start nicht vor 4 Uhr morgens eifolgen soll. 
Der Fahrausschuß enispricht damit den Wünschen einiget 
Fahrer, und es werden Nachifahrten vermieden. Bis zum 
2. Rennungsschluß am Freilag, dem 23. d. M., abends 8 Uhr, 
nimmt Herr Gauzahlme'ster Feix Schultze, Famburg, Paul. 
itraße 2, II. noch Meldungen mit einfachem Einsatz ent—⸗ 
gzogen. 
Der Vesuch der Renzbahn von Auteril, wo Sonntag die 
zroße Pariser Sieeplechase gesaufen wurde, war trotz des schönen 
Wetiers und wegen der anderen großen sportlichen Ereig— 
aisse geringer als im Vorjahre. Trotzdem beirugen die Ein— 
nahmen an Eintrittsgeldern 287 000 Frks. (gegen 340000 
im Vorjahre). Am Tolalisa'or wurden 3812 000 Frls. um— 
gesetzt (gegen 4000 000 im Vorijahre.) 
Pfordegussiellung in Letzden. Taie deu!sche Kronprinzessin, 
Prinz Heinrich von Preußen, der Großherzog von Medclenburg— 
Schwerin, der Herzog Ernst von Cumberland, Prinz Georg 
oon Großbritannien und der Kronprinz von Servdien erschienen 
Dienstag nachmititag in der Pferdeausstellung zu 
Dlympia. In dem Weitbewerb für Offizierspferde wurde 
der erste Preis im Beirage von 20 Pfd. der braunen Stute 
„Stella“ des Leumants Frhen. v. Lersner vom preußischen 
l. Gardedragoner-Regimeni Königin Vicior'a von Grodbritan— 
nien und Irland, zuerkannt. 
auch die schütteln die meisten jungen Damen nur so aus dem 
Aermel. 
In der Schauspiel⸗ und Gesangschule fangen dann die Ent— 
äuschungen an. Wer uns doch den Roman des anständigen 
Mädchens schriebe, das durchaus auf die Bühne will! Ihren 
Schreck, ihr Entsetzen ausmalte, wenn sie mit ihren Pensionats- 
ansichten plötzlich in die Welt des gleißenden Scheines versetzt 
wird. Sie wagt gar nicht, den Eltern zu klagen, wie sehr 
sich ihr die Moralbegriffe verwirren, wagt nicht zu erzählen, 
was sie stündlich sieht und hört. Fürwahr, das wäre ein 
Seelengemälde, würdig des modernen Psychologen! Ein Seelen⸗ 
gemälde von dem Mädchen, dem jeder Tag eine andere 
Illusion raubt! 
Ich selbst kann den Schlußprüfungen niemals zuhören, ohne 
an diese schweren Konflikte zu denken. Ich sehe die hübschen 
blonden und braunen Pariser Puppen sich mühen, sich spreizen, 
ihr Piauenrad schlagen; ich sehe ihre Energie, ihre Nerven, zum 
Reißen gespannt, im Kampf um Ruhm und Gold. Wie viele 
unter ihnen mögen wohl — ich will nicht sagen eine andere 
Satah Bernhardt — sondern nur Sterne zweiten oder dritten 
Grades werden, die das Publikum auf Minuten in Atem halten? 
Vielleicht keine einzige! Jedenfalls aber sehr, sehr wenige! 
Und die anderen? Was wird aus den anderen? 
Wer die Schlußprüfungen mit sehenden Augen zu betrachten 
versteht, für den sind sie schwere Tragödien, und spielte sich 
oben auf der Sgene auch die tollste Posse ab. —d. 
Kiel, 21. Juni. 
Auch die zweite Wett fahrt der auserlesenen Reprä— 
entanten der deutschen und amerikanischen Sonderklassenboote, 
ie jetzt auf der Kieler Förde um den Kaiser-Wilhelm-Pokal und 
en Prinz⸗Heinrich⸗Pokal kämpfen, brachte den Farben der 
Inited States einen vollen Erfolg. Und zwar war es das 
merikanische Boot „Cima“, das cim Dienstag vor allen Kon—⸗ 
uttenten als erstes durch das Ziel ging. An zweiter Stelle 
— acht Sekunden später — kam „Bibelot“ ein. „Beaver“, 
ie bei der ersten Wettsahrt am Wiontag im harten Endkampf 
vas Rennen knapp für sich entschieden hatte, mußte sich dies 
nal mit dem dritten Platz begnügen und passierte eine halbe 
Rinute nach „Cima“ die Ziellinie. Als erstes deutsches Boot 
olgte „Tilly XIV“, von dem bewährten Hamburger Segler 
dich. C. Krogmann gesteuert, den vierten Platz hatte, Wann⸗ 
iee“. während Seebund“ an leßkter Stelle lag und erst 16 Min 
sauben es darin mit jeder Weitdame auinehmen zu können. 
Zie sehen mit Verachtung auf eine Zukunft, die dem gegen— 
därtigen Leben ihrer Mutter. gleicht: der Platz hinter der 
dasse, eine beschränkte Wohnung, das Vegetieren in- der Pro— 
inz. Nun müßten sie aber schon sehr reich sein, um in 
zaris das Leben einer großen Tame zu führen, denn die 
zeiten sind längst vorbei, in denen eine Provinzmama die 
00 000 Frs. Mitaift für eine reiche Aussteuer halten konnte 
DTas moderne Mädchen will vor allem und rasch zu Ver—⸗ 
nögen kommen; sie, die würdige Schwester des Strebers. Sie 
jt zu praktisch, um ihre Zeit mit dem Warten auf den 
zZrinzen Wunderhold zu vertrödeln; zu anständig, um an 
Nittel zu denken, wie sie beinahe jedem jungen, hübschen 
Nädchen zu Gebote stehen. Da greift sie denn naturgemäß zu 
»em einzigen Beruf, der schon mancher Zwamzigiährigen Ruhm 
ind Gold einbrachte. Die harte Arbeit schredt sie nicht, weil sie 
urch die Kunst geadelt wird. 
Käünstlerin! Wie das klingt! Dem nach Luxus und Beifall 
ürstenden vergnügungs⸗ und rutzsüchtigen Provinzgänschen 
cheint der erwählte Beruf nur aus dem Fliegen von Triumph 
u Triumph, aus ewigen Festen und einem einzigen goldenen 
degen zu bestehen. Ein Professor auf Schülerfang ist hald 
efunden, der ein Stimmchen in der glatten, sechzehnjährigen 
Lehle entdedt. Ja, auch diese ist überflüssig, wenn er der 
sovizin nur Schauspielrollen einzupauken hat. Jeder eitle Kopf 
laubt mit der darstellenden Kunst leicht fertig werden zu 
önnen; gerade so wie mit der armen Schriftstellerei —
	        
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