Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

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Ausgabe 4. 
Tagesberich. 
Aus der Lübecker Bürgerschaft. 
O Lübec, 20. Juni. 
Nach einer reichlich sechswöchigen Zwischenzeit fand gestern 
wieder eine Tagung der Bürgerschaft statt, die nach der zahl— 
reichen Besetzung der Tribüne zu urteilen, einen Hauptan⸗ 
ziehungspunkt in dem vorletzten Gegenstand der Tagesordnung 
bot. Wegen der vorgerücktten Stunde aber haben die oben 
anwesenden Bureaubeamten über die Aufbesserung ihrer Bezüge 
nichts gehört, als daß dieser als erster auf der nächsten Tages⸗ 
ordnung stehen wird. Dafür aber hatten sie Gelegenheit, 
eine sehr ausgiebige Debatte von mehreren Stunden über 
die Volksschulfrage zu hören, deren früheres Ende sie wohl 
mit zahlreichen Mitgliedern der Bürgerschaft herangesehnt haben. 
Es war der Erweiterungsbau der 2. St. Jürgenschule, der den 
ersten Debatteredner veranlaßte, einen längeren Vortrag zu— 
gunsten des von ihm so genannten „Kleinsystems“ zu halten 
und auf die Schäden des „Großsystems“ hinzuweisen. Sodann 
lag ihm daran, den Beweis zu erbringen, daß es nicht richtig 
ist, wenn man in Lübeck behauptet, „die Volksschulen fressen 
uns auf“. In der Tat war über die prinzipielle Frage, 
wonach die Erweiterung der Schule auf 24 Klassen erfolgen 
sollte, bereits am 24. November 1909 in der Bürgerschaft 
entschieden worden. Daher handelte es sich gestern eigentlich 
nur um die Bewilligung des speziellen Bauproiektes. Bei 
dieser Gelegenheit konnte man erfahren, daß nach Aussage 
der Spezialkommissare von der Oberschulbehörde zu einem etwas 
größeren Schulsystem übergegangen werden wird, wofür insbe— 
sondere ökonomische Erwägungen maßgebend sind. Aber man 
wird sich selbst nach seiner Durchführung in Lübeck mit 16,06 
Klassen auf einen Hauptlehrer im Vergleich zu den meisten 
deutschen Städten auf einem sehr anständigen Mittelpunkt hal⸗ 
ten. Schließlich fand der Senatsantrag ohne Abänderung die 
Zustimmung des Hauses, nachdem erst nach längeren Debatten 
eine Einigung über die Lage der Wohnung des Schuldieners 
erzielt war. Die übrigen Vunkte der Tagesordnung wurden 
verhältnismähßig schnell im Sinne der Senatsanträge erledigt. 
Bei der Bewilligung von 107 000 Meäfür die Erweiterung des 
St. Annenklosters zu Museumszwecken wurde in Aussicht ge— 
stellt, eventuell später die Besuchszeiten auszudehnen und der 
Oeffentlichkeit die Räume möalichst qusgiebig zugänglich zu 
machen. 
Gelegentlich der Beratung über die Errichtung der 9. Richter⸗ 
stelle, brach ein Redner erfolgreich eine Lanze für die An— 
wendung der Stenographie bei der Beweisaufnahme. Auch 
was er über die Beweisaufnahme im Prozeßverfahren und die 
Auswahl von Richtern aus geborenen Lübeckern bemerkte, fiel 
zum Teil auf fxruchtbaren Boden. Die Zustimmung zur Abän⸗ 
derung des Bebaluungsplanes von St. Lorenz brachte noch einige 
micht ohne Humor vorgetragene kleinere Wünsche, während die 
Abänderung des Gerichtskostengesetzes vom 12. November 1900 
debatteloss angenommen wurde. Schluß der Sitzung war 
10. Uhr. 
Militärische Personal⸗Veränderungen. Zum überzähligen 
Hauptmann wurde befördert: Oblt. Streccius im Inf.Reg. 76. 
Ernannt ist: Maior Diesterweg in der 4. Ing-Insp. und 
Ing.Offiz. vom Platz in Wesel unter Versetzung in die J. Ing. 
Insp. zum Ing.Offiz. vom Platz in Wilhelmshaven. Aus 
der Marine scheidet am 30. Juni aus und wird mit dem 
1. Juli 1911 im Heere angestellt der Oblt. im 3. Stamm— 
Seebatl. Mühlmann, im Inf.Regt. 76. Zu Leutnants wur— 
den befördert die Fähnriche: Eyler im Inf.Reg. 76, Herzer, 
Massow und Ruge im Inf.Regt. 163. Zehe, Musikmeister 
int Inf.Regt. 31, zum Obermusikmeister befördert. 
Lübeder Verein für Luftschiffahrt. Zur Landung des 
„Parseval 6“ in Lübeck gibt der geschäftsführende Vor— 
tand des Lübecker Vereins für Luftschiffahrt folgendes be⸗ 
annt: Infolge des ganz außerordentlichen Interesses, wel—⸗ 
ches sich ebenso wie in Hamburg auch hier in Lübeck für 
den Besuch des Luftschiffes bemerkbar macht, sind die Fern⸗ 
sprechstellen des Vorsitzenden des Fahrtenausschusses Herrn 
Schiffsmakler Möller seitens des Lübecker Publikums in 
einem derartig ausgedehnten Maße mit Anfragen über die 
ooraussichtliche Ankunft des Luftschiffes überhäuft worden, 
daß dadurch Unzuträglichkeiten entstanden sind. Es ist da— 
her mit der Oberleitung des hiesigen Fernsprechbetriebes 
das Abkommen getroffen worden, daß die Erteilung näherer 
Auskunft über den voraussichtlichen Zeitpunkt der Ankunft 
des Luftschiffes, in Würdigung der nationalen und sport—⸗ 
lichen Bedeutung des Ereignisses, von heute vormittag ab 
direkt vom Fernsprechamt aus erfolgt und zwar in 
folgender Weise: Die Anrufenden brauchen nach Abnahme 
des Hörers und nach erfolgter Meldung des Amts der 
Beamtin nur zu sagen: „Bitte Auskunft Par— 
seval“. Darauf erteilt die Beamtin kurze Auskunft über 
die dem Fernsprechamt von Herrn Möller zugehenden Nach— 
richten. Die zu erteilenden Mitteilungen werden den Be— 
amtinnen genau vorgeschrieben und zur Beschleunigung eben— 
falls kurz gehalten sein. Weitere Fragen zu stellen, ist 
zwecklos, sie können nicht beantwortet werden. Bei Be— 
nutzung von Fernsprechautomaten ist natürlich zuvor die 
vorgeschriebene Gebühr zu entrichten. Der Rat, sich in 
den bekannten Vorverkaufsstellen mit Eintrittskarten zu ver— 
sehen, sei hiermit wiederholt und empfiehlt sich eindringlichste 
Beachtung dieses Ersuchens. Ferner wird darauf aufmerk— 
sjam gemacht, daß das Rauchen auf dem Exerzierplatz streng 
untersagt ist. — Es sei noch darauf aufmerssam gemacht, daß 
der Zugang zu dem Exerzierplatz entweder von der Goebenstraße 
oder von der Arnimstraße aus erfolgen muh. Der von dem 
Lauerhofer Ring nach dem Exerzierplatz führende Weg hat für 
jeglichen Verkehr gesperrt werden müssen. 
X In die Standesamtsregifter wurden vom 11. Juni 
bis 17. Juni eingetragen: 38 Geburten (21 Knaben und 
17 Mädchen), 38 Aufgebote, 9 Eheschließungen und 31 Sterbe⸗ 
fälle, darunter 7 Kinder unter 7 Jahren. 
* Katharineum. Sonnabend morgen 7 Uhr zogen die 
Rlassen VAI mit wehenden Fahnen und unter den Klän—⸗ 
gen flotter Märsche hinaus vach Isrgelsdorf, um im herr⸗ 
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ienstag, den 20. Juni 191 e 
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lichen Buchenwalde ihr Schulfest zu begehen. BVer Tag 
bot reiche Abwechssung: Einzelspiele wechselten mit gemein⸗ 
samen Spielen im Klassenverband und mit Wettspielen ab. 
) Uhr rief die Sekundaner zum Dreikampf (Hochweitsprin⸗ 
gen, Schleuderball und Laufen über 100 w), in dem 
Detlef Schümann OIla den 1. und Ide Brandes OIIb den 
2. Preis errang. Das Hauptinteresse sowohl der Schüler 
als auch der Gäste und Zuschauer nahm wie immer der 
„Fünfkampf“ in Anspruch, der, 11 Uhr beginnend, auf der 
zroßen Wiese ausgefochten wurde. (Springen, Gerwerfen 
daufen, Schleuderball und Ringen.) Als erster Sieger ging 
Walter Wulf Ola hervor, zweiter wurde Karl Buller Ula 
ßeim Stafettenlauf der drei Untertertien siegte die UIIIb2 
Das Mittagessen konnte, wie auch das Frühstück und das 
Abendessen unter freiem Himmel eingenommen werden. Nach⸗ 
mittags fand in den einzelnen Klassen Preisschießen statt 
Den glücklichen Königsschützen wurden unter launigen Versen 
vom Oberprimaner Lindenberg wertvolle Preise überreicht. 
Dankbare Zuhörer fanden auch die Liedervorträge der Ge— 
angsklasse. Bei sehr zahlreichem Besuch nahm das Schul⸗ 
fest den denkbar besten Verlauf. Abends 8,30 Uhr kehrten 
die Klassen V—AIII, 9 Uhr- die Sekunden und Primen mit 
der Bahn nach Lübeck zurück. 
Das 39. norddeutsche Bundesschießen in Kiel wurde 
Sonntag vormittag mit dem Festzuge nach dem neuen Schützen⸗ 
olatz eröffnet. Dem Zuge wurde die historische Augustenburger 
Fahne, die vom Herzog Christian August, dem Großvater 
der Kaiserin, der Augustenburger Schützengilde geschenkt, später 
ruf Befehl der dänischen Behörden aller schleswig-holsteinischen 
Insignien und Farben enikleidet, nach der Befreiung der Her— 
ogtümer aber wieder in der ursprünglichen Gestalt herge 
tellt wurde, vorangetragen. Dann schloß sich das Festesser 
n der Festhalle an, an dem zahlreiche Ehrengäste teilnahmen 
Der Bundespräsident Pahl brachte das erste Hoch auf den 
daiser aus, Bürgermeister Lindemann begrüßte die Fest 
eilnehmer namens der Stadt Kiel und feierte die Schützen 
zm Namen des Kieler Schützenvereins ensbot der Vorsitzend⸗ 
daufmann Bockeloh den Gästen ein Willkomm. Der Bum— 
»esschrifftführer Rönndahl-Lübeck dankte im Namen der 
Schützen der S'adt Kill süt den schöenen Empfeng. Er welhte 
ein Hoch der Stadt Kiel. Landrat Frhr. er. Heintze leerte 
ein Glas auf das Wohl der Tamen. Bundespräses Pahl 
»rachte ein Hoch auf Armee und Marine aus, worauf Sta— 
ionschef Admiral Schröder dankte. Nach Beendigung des 
Festessens strebten die Schützen den Schießständen zu, wo um 
Uhr das Schießen mit einem Schneltfeuer begann, das bis 
Ddonnerstag fortgesetzt wird. Auf dem Festplatze hatte sich 
nzwischen ein lebhaftes Treiben eniwickelt. In der Winter— 
chießhalle des Schützenhauses nahm um 8124 Uhr die Dele— 
diertenversammlung ihren Anfang. Nach dem Be— 
richt des Bundespräses Pahl gehören dem Norddeutschen 
Z„chützenbunde 42 Vereine mit rund 1900 Mitgliedern an. Füns 
gereine sind im vorigen Jahre dem Bunde beigetreten, während 
ine Abteilung infolge örtlicher Daäfferenzen ausgeschieden ist. 
der Vorsitzende des Kieler Schützenvereins Bockeloh hieß die 
delegierten zu ihrer ersten Tagung in der neuen Schützen⸗ 
zjalle willkommen. Der Bundespräsident verkündete dann die 
S„chützen Sauerbrey-Kiel, Koch-Kiel und Heud-Kiel-Wellingdorf 
ils Sieger im Schneliftuern und überreichte jedem cinen sil— 
bernen Becher. Den drei Siegern brachte die Versammlung ein 
Zoch aus. Nach Feststellung der Präsenzliste wurde in die Be— 
atung der Anträge eingetreten. Der Antrag der Abteilung 
binneberg, daß bei Bundesschießen arf den drei Festscheiben 
n der Regel der Wert der ersten Preise den Betrag vor 
150 Municht übersteigen solle, wurde abgelehnt. Der An— 
rag des Vorstandes: „Auf den Feld- und Auf age-Festscheiben 
ann die Einlage einmal, bei der Stand-Festscheibe bis zur 
krzielung eines Treffers wiederholt werden“, wurde eben⸗ 
alls abgelehnt. Angenommen wurde dagegen der Zusatzantrag 
er Abteilung Lübeck: „Auf den Feld-, Auflage- und Stand⸗ 
estscheiben kann die Einlage einmal erneuert werden. Die Be— 
timmung tritt im nächsten Jahre in Kraft.“ Als Festort für das 
üächstjährige Norddeutsche Bundesschießen wurde Segeberg ge— 
bählt. Die Neuwahl des Bundesvorstandes ergab die einstimmige 
Wiederwahl der Herren Pahl als Präses, Mißfeldt als 
8gizepräses, Plähn als Kassierer und Rönndahl-Lübed 
ils Schriftführer. Am Montag wurde um 7 Uhr moraens 
wieder mit dem Schießen begonnen. 
DDas Missionsfest des Evaugelschen Missionsvereins 
tand noch ganz unter dem Eindrus der 78. Jubelfeier 
der Norddeutschen Missionsgesellschaft in Bremen. Schon in 
»em Festgottesdienst in der Reformierten Kirche konnte der 
Festredner, Herr Pastor Diethe aus Bremen, einleitend darau 
inweisen, wie die Mission aus einer anfänglich verachteten 
Winkelsache allmählich zu einer Macht geworden sei, mit der 
elbst die maßgebenden Kreise zu rechnen beginnen. Das 
eige ins besondere die Jubelfeier der Norddeuischen Mission, 
der von den Senaten der drei freien Hansestädte, von Ver— 
retern des Kolonialamtes, der obersten Kirchenbehörden und 
er verschiedensten Korporationen die wärmste Anerkennung zu— 
eil geworden sei. Diese habe in der Ueberreichung von 
Irdensauszeichnungen an den Direktor und die beiden ältesten 
Missionare der Gesellschaft ihren sichtbaren Ausdruck gefunden 
An der Hand von Hesekiel 37, 14210 zeigte dann der Redner, 
wie das Heidentum mit seiner Geisterfurcht, seinem Ahnenkull 
und seinem Götzendienst tatsächlich einem Totenfelde gleiche 
und wie noch heute die Mission berufen und imstande sei, 
mit dem Wort von dem gekreuzigten und auferstandenen 
Zeiland Leben in diese Totengebeine zu bringen. Zur Nach⸗ 
jseier im schönen Garten der Lachswehr hatten sich reichlich 
300 Missionsfreunde zusammengefunden. Herr Pastor Bode 
berichtete über die Jubelfeier in Bremen. Herr Missions— 
inspektor Schlunk gab in kurzen Zugen einen Ueberblid 
iber die Geschichte der Norddeutschen Mission und zeigte, 
wie die ersten Missionare unter unglaublichen Mißerfolgen, 
aber mit heldenhaftem Glauben ihr Panier hochgehalten hätten 
ind wie nun ihres Heilands Sache mit staunenswertem Erfolq 
zekrönt worden wäre. Nach der halbstundigen Kaffeepause 
n der der Büchertisch stark in Anspruch genommen wurde 
rauschten alle den Worten des Pastors Andreas Aku aus 
Togs. Er hatte im Auftrage seiner zum Christentum be— 
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kehrten 8000 Volksgenossen zur 75jährigen Jubelfeier der 
Norddeutschen Missionsgeseilschaft eine Dankesgabe von 15 000 M 
gebracht und bat inständig, daß man seinem Volke durch 
die Misston weiter helfen möchte, Zum Schluß ergriff Herr 
Pastor Diethe noch einmal bas Wort, um dem schön ver 
laufenen Feste die würdigen Schlußakforde hinzuzufügen. 
A. Kaballerie⸗Uebumgen auf der Palnger Heide. Montag 
vormittag fand auf der Palinger Heide Regimentsbesichtigung 
des Medlenb. Dragoner⸗Reg. Rr. 18 aus Parchim statt. Den 
Zuschauern, die sich zu früher Stunde aufgemacht hatien, um 
»en Uebungen zuzusehen, bot sich ein interessantes Schauspiel. 
Um 624 Uhr nahm die Besichtigung mit einem Vorbereitt des 
Regiments vor dem kommandierenden General des 9. Armee— 
'orps, dem Divisions- und Brigadekommandeur nebst Gefolge, 
hren Anfang. Darauf erfolgten Gefechtsübungen, teils zu⸗ 
ammen mit dem Regiment Lübed (3. hanseatisches Nr. 162). 
S„chneidige Attacken wurden geritten. Die Heide glich einem 
Schlachtfelde. Laute Befehle und Signale schallten über das 
Jeld, Ordomnanzen sprengten hinüber und herüber. Hinter einer 
Anhöhe verstedt lag die Infanterie schußbereit. Im Lager des 
Feindes wurde zum Angriff geblasen, und heran stürmten in 
asendem Galopp die Reiter, als wollten sie alles, was ihnen 
in den Weg kam, schonungslos niederreiten. Doch plötzlich, auf 
Schußweite herangekommen, setzte ein Gewehrfeuer 
ein, das im Ernstfalle wohl die ganze Reiterschar 
niedergemäht hätte. Nun versuchten die Tragoner, ihren Feind 
aus den Waldungen heraus von verschiedenen Seiten anzu⸗ 
rreifen, aber unsere Infanterie war gefaßt und sandte den An—⸗ 
meifern Salve auf Salve entgegen, bis „Halt auf der ganzen 
Ldinie“ geblasen wurde. Gegen 10 Uhr beendete eine schneidige 
Parade, im Schritt und Galopp geritten, das Manöver. — 
Heute (Dienstag) ist die Besichtigung des Dragoner-Regiments 
Nr. 17 us Ludwigslust, und werden auch an den folgenden 
Tagen die Regimenter auf der Palinger Heide exerzieren. Gegen 
knde des Monats wird dann noch eine Brigadebe ichtigung statt⸗ 
rinden. 
78Schwere Gewitter mit starken Niederschlägen sind 
Sonntag abend nicht nur über Lübeck, sondern auch in 
der ganzen weiteren und näheren Umgegend, in Hamburg, 
Mecklenburg, Holstein usw., niedergegangen. Die Nieder— 
schläge waren zwar reichlich, aber noch lange nicht ge— 
nũgend, um der Dürre auf dem Lande endgültig ein 
Ende zu bereiten. Gestern (Montag) nachmittag drohten 
zwar Gewitterwolken, doch abends 7 Uhr hatten sie sich 
wieder verzogen und der Himmel bloute abermals über 
Lübeck. 
Die Wasserwärme in den städtischen Badeanstalten be— 
trug am 19. Juni im Krähenteich 19 Grad Cels. auf dem 
Falktendamm 189 Grad Cels. 
0- Einbruch in eine Fahrradreparalurwerhtatt. In der 
Nacht zum Sonnabend, dem 17. Juni, sind aus der im 
Keller belegenen Reparaturwerkstatt eines an der Mois— 
inger Allee wohnenden Fahrradhändlers 4 in Reparatur 
gegebene Fahrräder, 1 Werkstattluftprumpe und ein neuer 
Fahrradluftschlauch mittels Einsteigens gestohlen worden 
1. Ein Fahrrad mit niedrigem, schwarzem Rahmenbau, Frei— 
auf, nach oben gebogener Lenkstange und der vom Polizei— 
imt gelieferten Erkennungsnummer 12283. 2. Ein Fahrrad 
mit schwarzem Rahmenbau, gelben Holzfelgen, dicken Gummi— 
reifen, verstellbarer Lenkstange und 2 verschiedenen Pedalen. 
Das Rad, dessen vordere Gabel bereits geflickt war, stammte 
aus Amerika. 3. Ein Fahrrad mit schwarzem Gestell. Es 
trug am Gestell und auf einem vorne angebrachten Schilde 
die Aufschrift: „Deutsche Waffen- und Fahrradfabrik Kreyensen 
am HSarz.“ Schräg über der Aufschrift des Schildes war 
die Bezeichnung: „Jagdrad“ zu lesen. Das Rad hatte 
eine nach oben gebogene Lenkstange mit braunen Leder— 
zriffen, Freilauf und Mäntel mit der Marke: „Orient 
Expreß“. Die Fabriknummer laut 551 323 338. 4. Ein Fahr— 
rad, Marke: „Premiere“, mit Freilauf, schwarzem Rah— 
menbau, der vom Polizeiamt gelieferten Erkennungsnummer 
15 515 und Radlaufglodce. 5. Die gestohlene Luftpumpe hatte 
Messingschaft und einen etwa 1mm langen Gummischlauch. 
Sie war unten kuppelartig gearbeitet und mit 4 Schrauben 
auf einem Brett befestigt gewesen. Der neue Fahrradschlauck 
hatte eine defekte Stelle. 
Strafkammer III. Sitzung vom 17. Juni. Wegen 
Unterschlagung, Diebstahls, Urkundenfäl— 
ichung und Béeihilfe haben sich die folgenden, noch ju— 
gendlichen Personen zu verantworten: 1. Fritz S., 2. Lothar 
S., 3. Willi L. 4. Alwin W. gen. R.5 Walter S., 6. Adolf 
Dd. und 7. Alfred B. Am 6. Januar fand Fritz S. am 
danal bei der Johannissstraße in Zeitungspapier eingewickeltes 
ßeld im Betrage von 7—8M. Er behielt und verbrauchte das 
BSeld für sich. Am 9. März machten sich Fritz S. Lothar S. 
und Willi L. an den Schaukasten des Kaufmanns Boy in 
der Breiten Straße, der nicht verschlossen gewesen sein sol 
ind eigneten sich aus demselben Metallkugeln, Glas- und 
Tonpicker und eine Kinderpistole an. Am 12. März ginger 
W. und L. nach dem Hause des Malermeisters Drefahl in det 
Mengstraße, um Kaninchen zu stehlen. Zweimal çing L. auf 
W.s Veranlassung durch das Haus nach dem Drefahlschen Ka— 
linchenstall und holte je ein Kaninchen heraus. Sie brachten 
ie Kaninchen nach W.s Wohnung. Aus Angst vor Entdedung 
ötete W. am folgenden Tage die Kaninchen. — Am 31. März 
rorgens 8 Uhr, krochen Walter S. und L. durch beschädigte 
kinfriedigungen auf den Lagerplatz des Produktenhändlers 
Stahlberg, öffneten gewaltsam einen Schuppen und stahlen 
einen Sack mit Wolle, den sie bei einem anderen Händler 
perkauften. — In den ersten Tagen des April gingen diese 
beiden Angeklagten wieder nach dem Stahlbergschen Platze 
und stahlen wieder einen Sack mit Wolle. Diesmal war 
der Schuppen nicht verschlossen. — Am Nachmittag des 
0. April gingen Walter S., L. und D. zum Kanalhafen, um 
Ddiebstähls auszuführen. Während D. Wache gestanden haben 
soll, stiegen S. und L. über eine Bretterplanke auf den 
Platz der Firma Hardel und Krüger und eigneten sich dort 
zwei leere Säde an. Dann gingen sie nach der Kanalstraße, 
vo vor dem Stahlbergschen Platze Eisenbahnwagen mit Säcken 
standen. Sie untersuchten die Säcke und als sie Wolle kanden,
	        
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