Deutscher Reichstag.
108. Sitzung.
(Aussiührlichet Bericht.
Berlin, den 16. Januar, 2 Uhr nachm.
Am Bundesratstisch: Wermuth.
Eine Reihe von Petitionen, welche von der Petitions⸗
kommiffion als zur Beratung z im Plenum ungeeig⸗
net erachtet sind, wird für erledigt erklärt.
Zur zweiten Lesung steht der Entwurf eines
Zuwachssteuer-Gesetzes
auf Grund des schriftlichen Berichts der 18. Kommission. Es
sind zahlreiche Abänderungsanträge eingebracht. Die Diskussion
iber die 88.1, 12, 1b, Je wird, verbunden.
81Mös. 1 lautet in der Kommissionsfassung dritter Lesung:
Beim Uebergang des Eigentums an inlaändischen Grundstücen
wird von dem Wertzuwachs, der ohne Zutun des Eigentümers
entstanden ist, gemäß den Vorschriften dieses Gesetzes eine Ab⸗
gabe (Buwachssteuers erhoben. Die Abgg. Kuno und Sten⸗
Je! wollen den Passus Ider ohne Zutun des Eigentümers ent—
tanden ist“, streichen.
Abg. Graf Westarp (kons.): Meine politischen Freunde
stimmen in ihrer überwiegenden Mehrheit nicht nur dem im 81
zum Ausdruck gebrachten Gedanken zu, sondern sie stehen auch
zuf dem Standpunkt, daß die AUsgest ltung desGrund—
gedantens nach den Beschlüssen der Kommis-—
ion aktzeptabel ist, vorbehaltlich einiger Veränderungen.
Was uns zu dieser Zuftimmung bewegt, sind nicht so sehr die
Erwängungen derjenigen, die sich von der Wertzuwachssteuer
einen entscheidenden und besonders günstigen Einfluß auf die
Gestaltung des Wohnungsmarktes versprechen. Es handelt sich
hier um eine schwierige Frage. Die Bodenreformer ver prechen
sich bekanntlich von der Werlzuwachssteuer auf den Wohnungs⸗
markt einen besonders günstigen Einfluß. Die Ueberwälzung
der eweener wird schwieriger sein als die Ueberwälzung
mancher anderen Steuerarten, weil sie die einzelnen Grundilücke
in ganz verschiedener Weise trifft. Aber die ganze Ueber⸗
wälzuüngsfrage kann man nicht nach einer allgemetnen Re—
gel ordnen. Sie wird sich je nach Gestaltung von Nachfrage und
Angebot auf dem Wohnungsmarkt regeln. Und deshalb muß
man bei Beurtellung der wirtschaftspolitischen Folgen dieser
Maßnahmen außerordentlich vorsichtig sein. Eine Steuer wie
diese, verfolgt nicht wirtschaftspolitische. Zwecke, sondern sie be—
et die Deckung eines Finanzbedarfes. Die finanzpolitischen
Erwägungen sind es auch, die uns zur Zustimmung bewegen.
Vor allem der Gesichtzpunkt, daß der Gedanke der Zuwachssteuer
m das ganze System der Reichsstenern sich einpaßt und neu und
ruchtbringend ist. Mit Recht hat der Schagsekretär auf odie
grohen Schwierigkeiten hingewiesen, die für den, Ausbhau des
Reichssteuersystems darin bestehen, daß dieses nicht auf, direlte
Einschätzungssteuern übergreijen soll, und daß letztere schon in
zenügender Weise durch die Einzelstaaten und Kommunen aus—⸗
jebgut sind. Wenn wir die Besitzenden steuerlich erfassen wollen,
so sind wir auf Steuern angewiesen, die sich an die einzelnen
wirtschaftlichen Vorgänge anknüpfen, und hier soll der Gewinn
nur insoweit erfaßt werden, als er auf Maßnahmen der Allge⸗
meinheit beruht. Unsere Anregung, auch das beweagliche
Kapital der Zupachsstener zu unterwerien,
wurde bei der Finanzceform als undurchführbar hingestoAt. Wir
haben bamals auf die sofortigeVerwirklichung diesesGedankens ver—
egy und späterhin imPlenum derKotierungsabgabe zuzestimmt.
Wir halten an dem Grundgedanken unseres ersten Antrages, der
Zuwachshesteuerung auch bei mobilem Kapital, fest. Gegenwär⸗—
ig liegt jedoch ein Anlaß zu Vorschlägen nicht vor. Sobald aber
das Reich mit neuen Steueransprüchen hervortritt, werden wir
unsere Anregung wieder aufgreifen. Man sagt, daß im Kom⸗
munalsteuerwesen das Prinzip von Leistung und Gegenleistung,
hbei den Reichs⸗ und Staatssteuern allein der Gesichtspunkt
der Leistungsfähigkeit maßgebend sein soll— Aber beim
preußischen Kommunalabgabengesfetz ist das erstere Prinzip schon
nicht durchgeführt und ebenso wenig wird man bei den Reichs⸗
ind Staatssteuern auf die Frage verzichten können, wem die
deistung zugute kommt. Bei der Besteuerung des unverdienten
Wertzuwachses wird neben dem Grundsatz von Leistung nud
Kegenleifstung auch dem der Leistungsfählgkeit in hohem Maße
Rechnung getragen. Wie der Aufschwung im Reich in der Ver⸗
gangenheit hohe Weristeigerungen mit sich gebracht hat, so wer⸗
den wir auch in der Zukunft mit zunehmenden Wertsteigerungen
bei mobilem wie immobilem Kapllal rechnen und große Erwar⸗
dungen auf die Ertraͤgniffe der Steuer, setzen können. Nach der
— des 81 in Verbindung mit 85 wird nicht derjenige be⸗
aftet, der seinen Grundbefitz behält, Wer ihn, bewirtschaftet und
nf den Sohn vererbt, der ihn weiter bewirtschaftet, wird nicht
—28 alfo nicht eigentlich der Grundbesitz. Nur wenn man
je Ueberwälzungsfrage bejabht, was nach unserer Auffassung
falsch ift. könnte man von einer Belastung des Grundbesitzes
eden. Bei den Kommiffionsberatungen haben wir gins bemüht,
den Grundsatz durchzuführen, daß nicht derjenige Verkäufer ge⸗
—D—— einen Mehrwert schafft,
nifo nicht der folide Grundstückshandel. Wir halten die Zu⸗
bachsfielier für eine beffere Form als den, Umsaßzstempel. Vdetz⸗
erer würde wegen seines geringen Satzes leichter erträglich sein,
denn nicht die Bundesftaaten und Kommunen in so „bohem
Maße auf diese Steuer zurückgegriffen hätten. In Preußen
derden drei bis vier Prozent erboben, in süddeutschen Stagten
och erheblich mehr. Zudem trifft die Zuwachssteuer auch andere
Sleuerpflichtige als der Umisaßstempel. Schweren Herzens, gber
m Gefühl inferer Verantwortung stimmen wir auch der dreißin⸗
ührigen Abgabe nach 8 564 zu. Nach der Etatsrede des
Schaßfekretars wird das Gesetz über die Friedenspräsenzstärke
hruch 20 Millionen erfordern, die Veteranenbeihilfe 5 Millio⸗
en. Und diese Ausgaben sind, zum Teile wenigstens, auf die
Zuwachssteuer angewiesen, Naͤch dem klaren, Vexsprechen des
Zchabsekretars erwarten wir, daß am 1. Juli 1914 tatsächlich das
sebeneinanderbestehen der Zuwachssteuer und des erhöhten
mfahstempels aufhört. Der Termin scheint uns besonders
Jünstig, weil in den Jahren 1911 bis 1914 die Feblbeträge
pgebürdet werden sollen, und die dazu erforderlichen
de Pitlionen im Etat, für, i915 zum exrstenmale fortfallen.
die Fassung des Entwurfs erscheint mir nicht so prinziplos, wie
Z Pradent Siruß hingeftellt hat; es handelt sich nicht sowohl
n Line Ertragsie ner, als um die steuerliche Erfassung einss
Gewinnes, der noch dazu nicht unverkürzt getroffen werden soll.
eber die Frage, ob die Aufwendungengfüer Bauten,
—ä heißer
Streit entbrannt, der in der Kommission damit endete, daß man
efe Aufwendungen, unter die Kategorie derer gufnahm, ie
em Erwerbaͤpreis hinzuzurechnen sind. Den Gedanken der
Zonderung des verdienten vom unverdienten Wertzuwgchs, hat
die Kommssion fehr viel genauer durchgeführt als die Vorlage.
voͤraus fich hinfichtlich des finanziellen Ertrages gegen diese
eine entsprechend erhebliche Verminderung ergibt. Wir wollen
has Geseh immerhin so gestalten, daß es auch den Reiche einen
sennenswerten Betrag Hefert. Die Ausdehriung auf. Bexechti—
jumgen, wesche auf Grundstücken haften, halten wir für durch⸗
uis angemesfen; evenfo giauben wir, daß dinsichtlich der
Steuerhefreiungen die Kommission das Richtige getroffen hat.
Wenn der Antrag des Kollegen Dr, Arendt in 81 Abs. 2 statt
her Summen 2doο, 000 und 2000 seßen will 320 000, 10 000 und
3000 M, so geht das entschieden zu weit.
In Absatz 2 des 1ist bestimmt, daß der Cigentumsüber⸗
anq von der Steuer frei bleibt, wenn der Wert des Grun d⸗
—— nicht, mehr als 20 900 M hei bebauten, MNο. bei unbe⸗
baufen beträgt. Die Steuerfreiheät soll aber nur ein⸗
treten, wenn weder der Veräußerer und sein Ehegatte im letzten
Jahre ein Einkommen, von mehr als 2000 M gehabt haben, noch
einer von ihnen, den Grundstückzhaudel rrnhie betreibt.
z1a besagt: Die Vorschriften dieses Gesetzes über Grundstücke
finden Anwendung auf Berechtigungen, für welche die sich aus
Grundstücke beziehenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts
gelten; ausgenommen sind unbewegliche Bergwerksanteile. Rach
g 1hbssseht dem Uebczgang des Cigentums an Grundstücken gleich
der Uebergang von Rechten an dem Vermönen einer Gesellschaf
mit beschraänkter Haftung, einer Kommanditgesellschaft, Gewerk—
schaft, eingetragenen Genossenschaft, eines eingetragenen Vereins
oder einer offenen Handelsgesellschast, soweit das eee der
VBereinigung aus Grundstücken besteht, wenn entweder zum
Gegenstande des Unternehmens die Verwertung von Grund⸗
stücken gehört, oder wenn die Vereinigung eeh ist, um die
Zuwachssteuer zu ersparen. Nach 8S 1e wird die Steuerpilicht
J
egründet durch die Eintragung der Rechtsänderung in daß
srundbuch oder, wenn es einer solchen zum lebergang des
xigeutums nicht, bedarf, durch den Vorgang, der die Rechts—
inderung, bewirkt. Die Anträge der sopzialdemotraili-
chen Abgg. Albrecht und Gen. bezwecken, jede Steuer—
befreiung, auszuschließen. Ein Antrag Paulih-Cochem (3)
pie die Einkommensgrenze in 81 Absf. 9 auf 3000 M binduf⸗
etzen.
Staatssckretär des Reichsschatzamts Wermuth: In der zwei⸗
en Lesung findet sonst eine Generaldebatte nicht stait. Aber mit
Recht hat der Vorredner 8J, zum Ausgang allgemeiner Betrach—
tungen gemacht, und das läßt sich auch nicht vermeiden. Ich habe
a im Sommer v. J. umsassende Erhebungen veranstalten lassen
und ich habe das Resultat bei Beginn der dritten Kommisfions
esung zur Vorlage gebracht; das betreffende Material ist
hnen, d. h. sämtlichen Herren Abgeordneten, auf Wunfe der
ommissionen zugestellt worden. Unter diesen Umständen schlage
h am besten den Mittelweg ein, wenn jich unsere neuesten Er—
ihrungen in, kurzen Sätzen zusammenfasfee Zunächft glaube ich
zqen zu dürfen, daß, wennedie Zuwachssteuer für das
eich fällt, diesauch für die Gemeindender Falf
st. Fällt die Zuwachssteuer im Reich, so werden sie nur noch
venige Gemeinden, halten können. Die Macht der Gegen—
römung, die setzt schon in den Berliner Vororten, aber auch im
Vesten des Reichs sich geltend macht, würde dann wahrscheinlich
ine Gemeindesteuerordnung nach der andern zu Fall bringen.
Insofern sind die Interessen des Reichs und der Gemeinden ge—
neinsam, gehen sie Hand in Hand, aber das Recht des Reiches
teht voran. Ich möchte hier nicht noch länger darüber sprechen,
az das Reich der Haupturheber ist der außer⸗
»rdentlichen, Verststeigerung, welche seit seiner Grün—
ung eingetreten ist. Unser Außenhandel hat sich fast verdreifacht,
er Schiffsverkehr verzwölffacht, die Preis des Grund und Bo—
ens in den Großstädten verfünffacht, Das Reich hat diese Steige—
ungen geschaffen und hält sie aufrecht. Es ist ünr natürlich, daß
iejenigen, denen diese Werterhöhung zugute kommen, zu den
lusn endungen des Reiches beitragen. Die entwickelnde Fätia-
it der Gemeinden in allen Egren, aber ich glanbe. sie wird durch
ie Quote, welche der Gesetzentwurf ihnen zubilligt, im Ver—
ältnis zu der Quote des Reiches reichlich abgegolten. Wir ent⸗—
chtiden hier über eine Besitzsteuer, eine Steuer mit den gleichen
Hrundgedanken und Grundeigenschaften, mit gleichwertigen Vor⸗
zügen und mit nicht stärkeren: Rachteilen wie andere Besitzsteuern
zuch, wie die Vermögenssteuer, die Einkommensteuer, eine Steuer,
die den bisherigen Besitz in dem Augenblick trifft, wo er sich in
einen beweglichen Besitz verwandelt. Hier bietet sich also Ge—
regenheit, unseren indirekten Steuern eine Besitzsteuer zur Seite
zu stellen, und insofern ist die Entscheidung, der Schritt, den Sie
vornehmen, einer der bedeutendsten in der deutschen Steuer⸗
geschichte. Die tatkräftigen Sondergruppen in Deutschland, die
jeschickt der Steuer entgegenarbeiten, haben zu Gegnern weite
bolkskreise, die den Grundgedanken der Steuer richtig aufgefaßt
und nachgefühlt haben. Sie haben zu Gegnern die namhastesten
Lertreter unserer Volkswirtschaftslehre und den Reichstag selbst.
Dieser hat einhellig den Gedanken angeregt, er hat den Verbün—⸗
deten Regierungen dasjenige an die Hand gegeben, was Sie
iunmehr ihrerseits mit voller Ueberzeugung vertreten. Aber die
etzige Vorlage des Bundesrats und noch mehr die Beschlüsse
der Kommissaon gehen weit zurück hinter das, was der
Reichstag selbst im Jahre 1909 seinerseits in zweiter Lesung
chon beschlossen hat. Der Beschluß des Reichsstages von 1909
jatte keine Befreiungsvorschriften im Sinne des 8.1a, er hatte
ine erheblich geringere Anrechnung, keine Sonderbestimmung für
ie Moorkulturen, den Bexgbau, keine Abzugsfähigkeit der
traßeubaukosten, keine Beschränkung der Steuerpflicht
uf 40 Jahre usw. Ich sehe und höre, daß
veitere Abbröckelungen in Werke sind.
Ich möchte die Beispiele des Vorredners durch drei weitere
rgänzen. Aus dem Hausbesitze wähle ich ein bebautes
Srundstück mit 200000 M. von 4 ar Fläche, für das zum Aus—
zau 20000 M aufgewendet sind, und das 1910 verkauft wird für
280 000 M. Dieses zahlt, wenn das Grundstück 1885 erworben ist,
teine Steuern, ist es 1895 erworben, 1510 M. ist es 1900 erworben,
2855 M Steuern. Ein Terraingrundstück, das für 120 000 AM er-
vorben ist, unbebaut und unbenutzt von 100 ar Fläche, wird 1910
ür 250 000 M veräußert. War dieses Grundfstück 1885 erworben. so
ahlt der Verkäufer 717 M, war es 1895 erworben, 8821 M, wenn
er Erwerb 1900 stattfand, 6988 A. Ein Beispiel aus der Land-
birtschaft: Ein für 100 00 M erworbenes landwirtschaftlich benutztes
ÿrundstück von 200 ar Fläche, für das 30 000 M an Meliorationen
ufgewendet sind, wird 1910 für 195 000 M verkauft. Hier zahlt
er Veräußerer, falls das Grundstück 1883 erworben war, keine
Zteuer, erwarb er es 1895, zahlt er 866 .A. und wenn er es 1900
iworben hat, 2636 M. Steuern. Näher illustriert werden die Ab—
chwächungen noch durch drei Fälle, in denen völlige Steuerfreiheit
intritt. Ein landwirxtschaftlich genutztes Grundstück von 800 ar
fläche, das 50 000 AM gekostet hat und für das 30 000 M an Melio-
itionen aufgewendet siind, zahlt, wenn es nach 20 Jahren für
O8 000 AM veräußert wird, keine Steuer. Ein unbebautes und un—
enutztes Terraingrundstück von 300 ar mit einem Erwerbspreis von
9000 M. und einem Veräußerungspreis nach 20 Jahren von
16 000 M ebenfalls nicht. Eine Baustelle mit ZinShaus mit einem
zrwerbspreise von 400 000 wird bei einem Veräußerungspreis von
30 000 M nach 20 Jahren ebenfalls steuerfrei bleiben. Sie sehen,
vie milde die Bestimmungen fich bereits gestaltet haben. Ich bitte
Zie, dies zu berücksichtigen, wenn es auch im Plenum wie in den
rei Lesungen der Kommisston unausgesetzt Anträge auf weitere
bmilderungen regnet. Wir können nicht ein Steuergesetz machen,
as einen überaus großen Apparat in Bewegung setzt und schlie z⸗
ich durch das fortwährende Sieden und Destillieren inhaltlos wird.
den schwarzen Bildern über den Einfluß der Steuer fönnen
vir die Praxis entgegenstellen. Wir haben von mehr als
Od Gemeinden, die die Steuer bereits eingeführt und gehandhabt
aben, Nachrichten über die von ihnen hierbei gesammelten Er—
ahrungen, Da ergibt sich, daß in diesen Gemeinden bei mehr als
7 p3l. keine Steigerung der Grundstückspreise, bei ebenso vielen
eine Steigerung der Mietspreise, in mehr als 98 pZt. keine Ein—
VxRF der Bautätiglkelt stattgefunden hat, und in 99 pZt. von
hnen sind Terraingesellschaften zum Eigenbau nicht übergegangen.
Zie sehen daraus, wie gering die Prozentsätze sind, in denen über⸗
aupt irgendwelche wenn auch noch nur mäßige Folgeerscheinungen
ieser Art beobachtet sind. Also alle Erscheinungen, die in Ver—⸗
animlungen, Reden und Zeitungsartikeln herangezogen werden, der
Nieter, auf den die Steuer abgewälzt wird, der Bauhandwerler und
zauunternehmer, die infolge des Eigentums von Terraingesellschaften
eiseite geschoben werden, der mit Plackerereien überlastete kleine
randwirt — sie alle verschwinden im Lichte der Tatsachen.
Daß der Mittelstand und der sogenannte kleine Mann die
wberzeugtesten Freunde der Zuwachssteuer stellen, brauche ich hier
des näheren nicht nachzuweisen. Der Entwurf vergilt ihnen das
a auch, denn er hat in sehr weitgehender Weise für den kleineren
gesitzer gesorgt. (Der Schatzsekretär führt hierfür eine Anzahl
on Belegen aus dem Gesetze an), Ich habe weiter die Behaup⸗
ung.aufgestellt, daß der Grundbstuücksumsag und damit der
Amsatzstempel durch die Zuwachssteuer, in keiner Weise be⸗
inträchtigt werden. Hierüber hatte ich eine sehr eingehende amt⸗
iche Untersuchung veranstalten lassen und bereits vor einiger
Zeit veröffentlicht. Es ist von keiner Seite eine Widerlegung der
navin enthaltenen eingehenden Daten unternommen worden. E—
Ht endlich fest, daß die befürchteten Schwierigkeiten wegen der
andhabung des Gesetzes ganz wesentlich übertrieben
Ind. Auch hier stehen uns die Erfahrungen der Gemeinden zur
Seite. In mehr als 800 Gemeindon mit 14900 Veranlagungen
ind cinem Gesamtsteuereinkommen von 12,8 Millionen Mark
ind für Veranlagung der Steuer ausschließlich tätig nur 96 Be⸗
imte. Die Veranlagung hat, soweit die Mitteilungen exrkennen
assen, nur in etwa 27 pBot. der Fälle Einspruch und in nicht mehr
is 7 pZi. Anfechtung im Rechtswege zur Folge gehabt, also auch
ie vielfach in Zeitungen neuerdings genannte Zahl von 74 pgzt.
alt vor unseren Erhebungen nicht Stand. Nichts spricht dafür,
aß die Schwierigleiten bei der Handhabung durch das Reich
rößer seien, im Genenteil, die einheitliche Handhabung wird
weifellos Vorteile bringen. Ich sichere ihr nochmals, wie ich es
n der Kommifsion getan habe, auf, das bestimmteste zu, daß der
zundesrat bestrebt sein wipd, durch seine Ausführungsvorschriften
därten und Ungleichheiten abzuschmochen, und daß der Reichs⸗
anzler und die Bundesregieruingen ihr Bestreben in demselben
zinne walten lassen werden. Jusbesondere werden wir darauf
edacht fein. Belehrungen der Behörden sowohl wie des Publi⸗
ums vorzunehmen, und endlich werden wir uns besonders ange
egen sein lassen, Prozesse zu vermeiden und Bill gkeit da waln
u lassen, wo sie dem Ziele schneller zuführt. Aber gerade 64
pegen ist es nötig, daß der sichere Ertrag aus dem Grundftück
lmnsatzstempel noch eine, kurze Zeit uns bewahrt bie
vãhrend die Zuwachssteuer, sich allmählich, entwickelt,
Bir haben die Extraügnisse der Zuwachssteuer nen
eranschlagt auf Grund der Mitteilungen der Bundesstanten
som Sommer, haben von diesem Erkrage die Ceeresvoclage
bgezogen und den Rest für die Veteranen eingestellt
Väre er größer gewesen, so hätten wir mehr einslesten können;
ei einem kleineren Rest weniger. Nachdem wir in Gemeinschaft
nit Ihnen vergeblich nach anderen Mitteln für de Veteranen
esucht haben, bleibt nichts anderes übrig, als diese Weise, um
en Veteranen bald eine vermehrte Hilfe zuteil werden zu lassen
dach Ablauf der gegenwärtigen Finauzperiode werden wir be—
timmt dazu mitwirken, daß der Zuschlag zum Umsaßz—
tempel,, wegfällt. Ich kann die Erklärung abgeben, daß
einerlei Absicht besteht. diese Bestimmung demnächst durch einen
ntgegengesetzten Antrag außer Wirksamkeit zu setzen. Aber bis
um Ende dieser Periode ist, uns der, Zuschlag inentbehriich.
Wem es am Herzen liegt, daß die Sanierung unserer Finanzen
licht mitten auf dem Wege stecken bleibt, der muß nich dafür
orgen, daß wir in den Stand kommen, unsere CEtatsgrundsähe
—— erhalten. Für wirklichen Bedarf müssen auch wirk—
iche Mittel gewährt werden, keine Scheinmittel irgend iwelcher
Art. Hier giebt es kein Wanken und kein Weichen. Beifall)
Abg. Marx (8.): Wir sind grundsätzlich für eine
Vertzuwachssteuer, die dem Keiche zu qute Lommt. Au
oll nur der unverdiente Wertzuwachs getroffen werden, 8653
oll diese Steuer auch wirksam sein und wirkliche Erträge liefern.
arüber aber darf niemgls Recht und Gerechtigkeit, die Billig—
eit nicht außer acht gelassen werden. Eine neue Belastung des
ationalvermögens wollen wir vermeiden, deshalb fordern wir
ie Beseitigung des Umsatzstempels. Es ist nücht zu
eugnen, daß die Steuer auch vielfach als eine erhebliche Be—
astung empfunden werden wird, so wird heute in vielen
ztädten der Grundstückserwerb als eine Art Sparbankanlage
etrachtet. Wir wünschen, daß bei der Zinsanrechnung der
ztraßenbaukosten eine Milderung eintrete und ebenso eine Er—
eichterung für weniger wertvolle Grundstücke
Staatssekretär Wermuth: Die Auffassung, als ob im Reichs—
chatzamt die Steuergesetze ohne Berücksichtigung der Rechte und
znteressen des Volkes ausgearbeitet werden, trifft nicht zu. An—⸗
esichts der Abschwächungsanträge wird es mir allerdings zweifel—
aft, in welcher Weise für die Veteranen gesorat werden
»ll. (Hört! hört! bei der Reichsp.) Die Regierungen wollen
brem Wunsche entsprechen, wenn sie diese Vorlage vorlegen,
zie müssen aber auch Ihre Mithilfe voraussetzen. Einfach
ureaukratisch werden die Steuergesetze nicht ausgearbeitet; wir
saben alle Interessenkreise befragt. Unsere Berechnungen sind
— angelegt worden, daß günstioe Beispiele borauskammen
u en.
Abg. Göhre (Soz.): Wir beantragen die Wiederhersellung
es 8 J in der ursprünglichen Regierungsvorlage. Wir werden
in dem Zuüstandekommen dieses Gesetzes mit
Tlem Ernist mitarbeiten. Wir wünschen, daß ein der—⸗
irtiges Gefetz in die Reichssteuergesetzgebung eingefügt werde.
Abg. Dr. Weber (nl.): Die Stellung meiner politischen Freunde
at fich seit dem vorigen Jahre grundsätzlich nicht geändert Wir
vollen das Gesetz mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln fördern.
venngleich wir uns nicht verhehlen, daß manche der vorgetragenen
ßedenken durchaus der Erörterung wert sind. Der Grundgedanke,
er immer von den Bodenreformern betont wird, ist ja der daß die
uwachssteuer das einzige Mittel ist um den Grund und Boden im
deutschen Reiche mehr der Bebauung zuzuführen und dadurch eine
gesunde Wohnungspolitik zu treiben. Eine Mietvertenerung trete
nicht ein da der Mietspreis sich nach Angebot und Nachfrage richte.
dies ist der grundlegende Gedanke bei der Zuwachssteuer. zugleich
iber auch der Irrtum der Bodenreformer. Es ist durchaus irrig,
maunehmen, daß die Zuwachssteuer sich nicht doch eines Tages iwn
Bodenpreise dusdrücken wird. Wenn der Grundbesitz nicht für die
Bebauung freigegeben wird, weil keine Hypothekendarlehen zu haben
ind, dann' muß natürlich die Steuer vom Eigentümer getragen
verden; wenn aber durch das enge Wohnen in den Städten die
Bodenbreife allmahlich anziehen, so können wir heute schon nach
dem mir naheliegenden Beispiele der Stadt Dresden, feststellen,
aß von Vierteljahr zu Vierleljahr versucht wird, die Mietspreise
in die Höhe zu treiben. Dann wird natürlich die Steuer auf
die Meispreise geschlagen, umsomehr, als in den engbe—
pölkerten Bezirken wie Rheinland und Westfalen das starke Be⸗
treben hervortritt, in die Verträge die Bestimmung aufzunehmen,
aß eine etwaige Wertzuwachssteuer vom Erwerber des Grund⸗
tücks zu tragen ist. Meine Freunde können den Ausführungen, des
ztaatssekretärs über die Bedarfsdeckung gern folgen, aber es fragt
ich, ob man nicht gerade mit Rückficht guf die Notwendigkeit zur
Schaffung von Einnahmen vergißt, auf die Interessen der Beteilig—
en genügend Rücksicht zu nehmen. Die Gemeinden können derartige
Hesetze natürlich ganz anders den lokalen Bedürfnissen anpassen.
dir wollen Grundsätze schaffen, die auf die außerordentlich ver—
chiedenartige Gestaltung der einzelnen Gebietsteile im Reiche Rück—
scht nehmen. Gegen das Nebeneinanderbestehen des
rhöhten Umsatzstempels und der Zuwachssteuer
Jaben wir schwere Bedenken insofern. als der Stempel von Gemein—
ben und Bundesstaaten ohnehin erhöht ist. Auch stellt er eine so
tohe Form der Besiteüerung dart, daß er in möglichst
eschränktem Umfauge in Deutschland gelten muß.
Zudem hatten wir beschlossen, dem Grundbesitz etwa 40 bis 50
Millionen Steuern aufzuerlegen. Jeßt stellt sich die einseitige
Belastung des immobilen Besitzes auf etwa 90 Millionen. Ferner
zedeutet die Steuer einen schweren Eingriff in die
Zelbstverwaltung der Kommunen. Es wird ihnen
der Hauptsache eine Steuerquelle entzogen, die sie sich wenig—
ens einigermaßen lukrativ gestaltet haben. Meine politischen
yreunde meinen, daß man den Anteil der Gemeinden erhöhen,
en der Bundesstaaten reduzieren sollte. Wir miissen den Ge⸗—
neinden ein Präcipuum zuweisen. Graf Westarp hat wieder
ein Lieblingslied von der Unvermeidbarkeit der Bedarfsdeckung
efungen. Bei der Finanzreform haben wir, gerade weil sich eine
Nehrheit durch diesen Gesichtspunkt leiten ließ, die Erfahrung
emacht, daß dann Steuern von so unheilvoller Wirkung wie die
Zündholasteuer gemacht werden. Man soll nur nicht glauben daß,
e scharfer, man die, Steuerschraube anzieht, desto höher die Ex⸗
räge werden, Unsere Bedenken wegen, des Zurück⸗—
sehens bei Berechnung der Steuéer bis auf ises sind
zurch die heutigen Erklärungen des Staatssekretärs nicht behoben.
Fein noch so guter Kenner des Grundstücksmarkts wird sagen
onnen, wie ein bestimmtes Grundstück 1885 zu bewerten war. Die
üsführungsbestimmungen werden sicherlich mit einer
ewissen Zartheit ausgearbeitet werden; es ist aber eine Frage,
b sie auch von den unteren Steuerbehörden ebenso zart gehand—
jabt werden. Ich kann aus meiner Praxis die Versicherung acben,
satß dies bei der Branntweinsteuer nicht der Fall ist. Der Reichs⸗
J ermächtigt sodann den Bundesrat, das Gesetz nach Gutdünken
ur einen großen Teil von Geschäften, die im Reich bestätigt
erden können, nach seinem eigenen, Ermessen anzuwendeun.
s kann nicht Aufgabe und Zweck eines Gesetzes sein, dem Bundes⸗
at so weitgehende Volimachten zu geben, daß er ganze Teile des⸗
elben außer Kraft setzen und gegebenenfalls zu ungunsten des
nittleren und kleineren Besitzes anwenden kann, Es wird sich
nich eine Unza hlvon Prozessen und Schwierigkeiten hei
er Berechnung ergeben, denn jseder wird versuchen, sich dieser
Zteuer zu entziehen. Dadurch wird den Steuerbegmten eine Ar⸗
eitslast erwachsen. von deren Umfange sich heute keiner derselben
inen Begriff machen kann. Während 7 Monate sind auf dem
hrundstücksmarkt 138 000 Umsätze getätigt. Die Erhebung der
Zteuer beim gebundenen Grundbesig hat eine Gestaltung be—
ommen, der meine Freunde nicht zustimmen können. Weunn man
ie Steuer —— foll maͤn sie auch für den ganzen Grund—
besitz einführen, auch keinen Unterschied zwischen Standesherren
ind Laudesfürsten machen. Warum soll ein solcher, wenn er an
inem Grundftuckzverkauf einen großen Verdienst erzielt, nicht
ur Zuwachssteuer im Reich herangezogen werden? Dem An-
rag Cunomuß ich widersprechen. Er hebt die Diffe-
enziernug zwischen verdientem ünnd unverdientem Wertzuwachs
bieder auf. Niemand wird sein Grundstück der Bebauung zu⸗
ühren, wenn seine Arbeit überhaupt keinen Lohn mehr,erhält.
Nan sollte sogar die Anxechnungsfahigkeit erhöhen, soweit kleinere
finzelunternehmungen in, Frage kommen. Die Bodenrefornie!
dürden ihren eigenen Aegen der Förderung der Bebau,