GSMXSGSM. M.AMAAI —RV
Lübeckische Anzeigen. Zweites Blatt
Dienstag, den 17. Januar 1911.
aus zabe A.
— — — TA 75
Hereinheitlichung der deutschen Cisenbahnen.
Schluß.)
Diese Löfung der Frage einer parlamentarischen Mit-
arbeit kann als die beste überhaupt denkbare angesprochen
werden. denn sie verbindet mit dem Vorteil, daß alle
Sltaaten eine ihrem Eisenbahnnetz entsprechende parlamen⸗
arische Vertretung finden den gegenüber bestehenden Ver hält⸗
nissen bedeutenden Fortschritt, daß man Spezial-Eisen⸗
bahnparlamente haben wüurde; das will besagen, man
ist in der Lage, eisenbahnfachmaͤnnisch vorgebildete Männer
von den Einzelstaaten in den — und in
elegieren.
die FJandus⸗ eec eute bei Reichstag und Landtagen
Doas Odium, welches h
er Behandlung von Eisenbahnfragen anhaftet. nãmlich daß
sie ohne genügende Kritik hinnehmen müssen, was ihnen der
Fachm ann vorlegt, wurde damit schwinden.
In den Parlamenten könnte es zu einer wirllich fach
männischen Durchprüsung der Eisenbahnangelegenheiten kommen.
ni dicht gefagt zu sein braucht, daß die Gefahr einer
ecukranfierung besteht. denn als Fachleute kom men auch
wiche in Betracht, die auf Grund gründlicher Kenntnis des
n ischaftelebens und feiner Ansprüche an die Eisenbahnen
erklennen können, wo Reformen nötig erscheinen, Kaufleute auch,
die in finanziellen Fragen ein Wort mitzureden verstehen.
Die versammelten Landtagsausschusse hätten den ordent-
ichen Etat zu beraten, der außerordentliche soll der Selbst⸗
estimmung der Einzelstaaten überlassen bleiben, d. h. über
Bahnhofs-⸗ Brucdenbauten ec. hätten nach wie vor die Land-
tage zu beraten.
Für die eigentliche Verwaltung hätte man ein Bundes—
senbahnamt zu schaffen, es wäre nichts anderes als das
hentige Ministerium der öffentlichen Arbeit, aber besetzt und
verstärlt durch Mitglieder der einzelnen Regierungen nach
bestimmtem Verhältnis mit Präsidialverfassung, d. h. der
Thef des Bundeseisenbahnamtes würde seine Entschliebungen
elbständig treffen, nicht durch Abstimmung des ihm unter—
tellten Kollegimms. Es hätte die ganze Verwaltungsmacht
m Händen und das wäre als ein großer Vorteil anzusehen.
So empfiehlt Endres die bestmögliche Zentralisation in der
Verwaltung, die gewiß zu begrühen wäre. Es erscheint be—
rechtigt. daß man hierin Preußen den Vorrang läßt, denn
das Ministerium der öffentlichen Arbeit hat sich in der
äisenbahnverwaltung ausgezeichnet bewährt und dieser Vor—
trang kommt Preußen als größtem Staate zu. Die Macht des
Verkehrsministers braucht damit nicht ins Ungemessene zu
wachsen, denn über ihm stehen Eisenbahnbundesrat und die
durch die Landtagsausschüsse gebildete Verkehrsvertretung.
Die seitherigen einzelstaatlichen Eisenbahndirektionen wür—
— unter der Leitung desBundes⸗
amtes.
Dann die finanzielle Lösung.
Endres will die Einnahmen der Betriebs⸗ und Finanz⸗
zemeinschaft zuerst in einen Topf fließen lassen, aus dem
ille Ausgaben bestritten werden; von den Ueberschüssen würde
dann in jedem Jahre im voraus der Durchschnitt der früberen
Ueberschüsse, etwa der letzten fünf Jahre, den einzelnen
Staaten zugeführt werden. Es würde dies bedeuten, daß
Preußen etwa 600, Bayern 53, Sachsen 48, Baden 24,
Wurttemberg 20 Millionen erhalten würden.
Da nun aber der föderative Zusammenschluß eine erheb⸗
iche Mehreinnahme gegen früher im Gefolge haben würde,
müßte auch dieser Betrag zur Verteilung gelangen, nach
Endres Vorschlag zur Hälfte nach Verhältnis des Anlage—
ar zur anderen Hälfte nach Verhältnis der Betriebs«
eistungen.
Der Fehler, welcher heute dem preußisch-hessischen Ver—⸗
—X
winn nicht zum Ausdruck gebracht sind, wäre damit der Haupt⸗
sache nach vermieden.
Kleinere Staaten wie der lübsche könnten bei einer Ge—
meinschaft wie der Endresschen schon zu ihrem Rechte kommen
und es braucht dabei auch nicht hinderlich zu sein, wenn
eine Privatbahn mit eingegliedert werden müßte, sie könn—⸗
ten ebenso wie die anderen Staaten ihre Vertretung in den
Fisenbahnparlamenten finden.
Obgieich man in Süddeutschland in weiten Kreisen viel
Som pathie für die Endresschen Pläne hegt, ist ihre Verwirk—
lichung doch noch in weitem Felde, denn wer kaum ein
Interesse an der Gemeinschaft haben würde und sich nicht
viel Sorge um die süddeutschen Nöte macht, ist Preußen. Es
ist vollauf zufrieden mit dem bestehenden Zustand und wünscht
keine Aenderung. Allerdings würde nach der Endresschen
Rechnung auch Preußen einen größeren Gewinn erzielen, als
es ietzt erzielt. Preußens Selbstbestimmungsrecht und seine
Einwirkung auf das übrige Deutschland könnten nicht ge—
ane eine namhafte Einbuke würden sie aber keinesweas
en.
* Vorteile für die süddeutschen Staaten liegen nach
allem, was gesagt wurde, auf der Hand, die Vorteile eben—
so, welche unfere gesamte Vollswirtschaft hierdurch erfahren
lönnte. Auch die mecklenburgische und oldenburgische Staats-
bahn würden gewiß gut dabei wegkommen. Vielleicht gelingt es,
Breußen davon zu überzeugen, wie wichtig das Wohlergehen
* en Verkehrs für das Wohlergehen des preußkischen
Inzwischen tut man gut daran, ohne das große Ziel
— Acht zu lassen. in kleineren Reformen die Abhilfe zu
Seit dem 1. April 1909 ist bekanntlich eine Güterwagen⸗
demeinschaft in Kraft, welche Leerläufe des Wagenmaterials
auf ein Minimum beschränken und seine bestmögliche Ausnutzung
— soll. Die Stimmen über die bisherige Bewährung
ieser Gemeinschaft sind getcklt, jedenfalls ist sie aber ku
begrühen als ein Schritt weiter auf dem dornenvollen Wege
zur Gemeinschaft. Schwierigkeiten, die die erforderliche Neu—
organisation noch macht, sind nur Kinderkrankheiten, wie
Endres es nennt, die die Zeit heilen wird.
Eine neue Erscheinung im deutschen Eisenbahnwesen ist
aeechin eine Tarifgemeinschaft gegenüber dem Auslande.
e e hierdurch die Tarifverfchiedenheiten der deutschen
nim Verkehr mit dem Ausland scwinden Würden.
stein, man har nur eingesehen, daß es nicht zwedmäßig er—⸗
cheint, wenn der Einzelstaat bei Durchtarifierung allein mit
»em Auslande verhandelt. Bekanntlich befassen sich neuer⸗
dings auch maßgebende Korporationen mit der Vereinheit⸗
ichumgsfrage. Der Deutsche Handelstag hat eine Rundfrage
eranstaltet, die alle Mängel des bestehenden Zustandes auf⸗
decken und so e ine Handhabe für Reformen bieten soll. Das
Ergebnis ist noch nicht abgeschlossen. Der Hansa⸗Bund hat die
Vevreinheitlichtngsfrage in seinem Programmbuch stehen.
Alle diese Reformen, so sehr sie zu begrußen sind vielleicht
ils Vorläufer einer späteren Einigung, eine Hauptschwierigkeit
onnen sie a us eigener Kraft nicht beseitigen, wemn sie vielleicht
ruch etwas zu ihrer Bekämpfung beitragen, und das ist die
inanziell mißliche Lage der süddeutschen Eisenbahnverwaltungen.
Schon allein die prebäre Lage der süddeutschen Eisen⸗
zahnverwaltungen würde genügen um die Notwendigkeit einer
Veweinheitlichung zu begründen, um so mehr muß sie aber ange
trebt werden, weil sie uns eine ungeheure Vereinfachung,
edenfalls auch Verbilligung des gesamten Betriebes bringen
bdird, weil sie ein „deutsches“ Verkehrsnetz schaffen wird
ind weil sie auf diese Weise dazu beitragen wird, daß wir
Deutsche uns mehr und mehr unserer Zusammengehörigkeit
»ewußt werden. Darum darf der Wunsch nach einer deutschen
öderativen Eisenbahngemeinschaft nicht einschlafen, sondern muß
mmer wieder mit erneutem Naͤchdruck vor die Oeffentlichkeit
ebracht werden.
Aus den Nachbargebieten.
Hanfestädte.
Bamburg, 17. Jan. Gleine Nachrichten)
Anklage wegen gemeinschaftlichen Betruges ist
regen acht der angesehensten Hamburger Bauunternehmer er⸗
oben worden. Sie werden beschuldigt, gelegentlich einer
zubmission, die für einen größeren Bau ausgeschrieben war,
ich vereinigt zu haben, um den Zweck der Submission zu
jintertreiben und sich rechtswidrige Vermögensvorteile zu ver⸗
chaffen. — Eine jähe Unterbrechung erlitt eine
zochzeitsfeier am Heußweg in Eimsbüttel. Die Trauung
var vorüber, das junge Paar nahm die Glückwünsche ent—
segen. Da ertönte plötzlich ein Angstschrei, die Braut war
nit ihrem Schleier einer brennenden Kerze zu nahe gekommen
ind der leichte Stoff hatte Feuer gefangen. Mehrere beherzte
zerren rissen der Braut den brennenden Schleier vom Kopf,
ie hatte aber bereits Brandwunden in Gesicht davongetragen,
zie sich glücklicherweise als nicht gefährlich herausstellten. —
Fin Dieb bildet seit zirka sechs Tagen den Schreden der
dehrerschaft; er begibt sich während der Unterrichtsstunden
n die Konferenzzimmer der Schulgebäude und stiehlt die den
dehrern gehörenden Paletots. Alle Nachforschungen nach dem
dieb sind bis jetzt vergeblich gewesen.
Geesthacht, 17. Jan. Die Generalversammlung
ber Geesthachter Sparkasse fand Montag unter dem
Vorsitz des Verbandsdirektors Meyer-Hannover statt. Außer
»en Mitgliedern war der Vertreter der großen kaufmännischen
zirma Meyer, Hamburg, und der Vertreter der Landherrenschaft
Martens erschienen. Das Desizit von 150 000 Muwird gedeckt
urch einen Beitrag der Mitglieder des Vorstandes und dem
lutsichtsrat von je 5000 Muäand durch einen Beitrag der Ge—
tossen von je 5000 M, in Amma 60000 M. Die Veräuße—
ungen aus dem Ladengeschäft Schweigmanns dürften 90000
Mark ergeben. Die Haftsummen sind nicht erhöht worden. Der
seschästsanteil ist von 300 auf 500 Meerhöht.
Cuxhaven, 17. Jan. Die Nachforschungen nach
den Sprotten sind von den beiden auf Veranlassung
der Fischerei-Inspektion in See gegangenen FTahrzeugen, dem
Forschungsdampfer „Poseidon“ und dem Fischereischuztorpedo⸗
wot „S. 61“ aufgegeben worden; festgestellt ist jedoch, daß
die Sprotten, wenn auch vorläufig nur in geringen Mengen,
ich nahe unseren Küsten aufhalten, so daß man bestimmt
soffen darf, daß vielleicht schon der nächste Winter qunstidere
Ergebmnsse bringen wird.
Bremerhaven, 17. Jan. Der Sonnabendschluß
in den Werftbetriebten. Bei den in Hamburg ab—⸗
gehaltenen Verhandlungen zwischen den Vertretern der Arbeit⸗
jeber und der Arbeitnehmer in den deutschen Schiffswerft⸗
hetrieben war auch beschlossen, am Sonnabend nachmittag die
Arbeit anstatt wie bisher um 53 Uhr schon um 43 Uhr zu
chließen. Dieser Beschluß ist auf den Werften in unseren
Unterweserorten am letzten Sonnabend zum ersten Male zur
Ausführung gelangt. Man nimmt an, daß damit der end⸗
rũltiae Friede auf den hiesigen Werften besiegelt ist
Schles wig⸗Holstein.
Oldesloe, 17. Jan. Die Stadtkollegien be
schlossen in einer Eilsitzung, für den Fall, daß das Landrats⸗
umt von Wandsbek nach Oldesloe verlegt wird, dem Kreise
ür diesen Zweck den großen wertvollen Platz, auf dem das
alte Logierhaus steht, oder einen anderen geeigneten Platz
für diesen Zweck kostenlos zur Verfügung zu stellen.
Großherzogtum Oldenburg, Fürstentum Lübeck.
R. Ratekau, 17. Jan. Gewählt wurde an Stelle
des verst. Kirchenausschußmitgliedes Hufner Fink, Groß⸗Tim-
nendors, der von 1892 an dem Kirchenkollegkum angehörte,
hufner V. Geerk. Groß⸗Timmendorf.
Lauenburg.
F. Lauenburg, 17. Jan. Verhafkek wurde ein
don der Staatsanwaltschaft Lübeck wegen Diebstahls gesuchter
Schuhmachergeselle.
F. Ratzeburg, 17. Jan. Ein raffinierker Spitz-
bube stand in der Person des vorbestraften, kaum 20 Jahre
alten Hausdieners und Kellners Martin Schröder von hier
dor der Altonger Strafkammer. Der Angeklagte war im
Stablissement „Waldesruh“ angestellt und hat dort einen Ein—
druch verübt, wobei ihm außer einem größeren Geldbetrage
einige Wertsachen in die Hände fielen. Schröder wurde zu
l Jabr 6 Monaten Gefängnis verurteilt.
Großherzogtümer Medlenburg.
Schwerin, 17. Jon. Der Bund für Vogelschutz
in Stuttgart hat sich bereit erklärt, auf seine Kosten in
Zchwerin ein Voagelsshukaeßel- aunusflonzen
⸗
ss Grevesmühlen, 17. Jan. Zu Kaisers Ge⸗
burtstag wird der Kriegerverein unter Mitwirkung des
Besangvereins, Liederkranze eine Festvorstellung veranstalten.
— Vom evangelischen Arbeiterverein wurde der
Vorstand ermächtigt, in dringenden Fällen Unterstützungen bis
zu 10 Mubewilligen zu durfen. Beschlossen wurde die An—
chaffung von Verbandsabzeichen. Zu dem am 22. Jan. in
Schwerin stattfindenden Delegiertentag wurden Specht, Westphal
ind Krogmann als Vertreter gewählt. An 20. Jan. soll
ine Kaisersgeburtstagsfeier mit einem Vortrage des Arbeiter⸗
ekretäärs Timm veranstaltet werden. Die Jahresrechnung
chließt mit einem Kassenbestand von 45 M ab. Der Vorstand
vurde ergänzt durch die Wahl von Neu, Strübing und
Westphal.
Parchim, 17. Jan. Auf der Rodelbahn im
3zuchholze, die seit einigen Tagen stark in Anspruch ge⸗
ommen ist, verunglücckte Sonntag die erwachsene Tochter
es Erbpächters Große, Slate. Das junge Mädchen erlitt eine
ßehirnerschütterung, so daß sie in die Klinik geschafft werden
nußte.
Tessin, 17. Jan. Verstorben ist Sonnabend nach
langem Leiden im 80. Lebensiahre auf seinem Gute Dalwitz
deinrich Graf v. Bassewitz, Senioratsherr auf Wohrenstorf.
Schönberg, 17. Jan. Im einer starkbesuchten
Bersammlung von Anhängern des Chausseeprojektes
Larlo w—addingsdorf—Herrunburg am Sonntag in
Boitin Resdorf wählte man eine Kommission, die das Projiekt
rusarbeiten und dem Lande die Vorlage machen soll. Die Kom⸗
nission besteht aus Gastwirt Bedmann-Carlow, den Hauswirten
Wiend⸗Neschow, Oldenburg-Kl.⸗Mist, Hundt-Gr.⸗„Rünz, Teege⸗
Boitin⸗Resdorf und den Schulzen Refelsdorf-Raddingsdorf und
ßrieben⸗Herrnburg. — Plötzlicher Tod. Der Aclerbürger
Ildörp begab sich Sonntag auf die Futterdiele. Als er nicht
urückkehrte, suchte man ihn draußen. Man fand ihn als Leiche
im Häckerling. Ein Schlag hatte dem Leben des Ssdiährigen
Mannes ein Ende gesekt.
der Moabiter Krawall⸗Prozeß.
Berlin, 16. Jan.
Zu der heutigen Verhandlung vor dem Schwurgericht waren
nicht weniger als 60 Zeugen geladen. Nach einigen Zeugen⸗
dernehmungen wird in die Erörterung des Falles Luksch
ingetreten. Hierzu wird der Kriminalschutzmann Kopischke ver⸗
iommen, der bekundet: Wir hatten den Auftrag, uns
„wischen dem Publikum aufzuhalten und ver—
dächtige Personen festzunehmen. Als ich mich in
der Beusselstraße zwischen dem Fublikum aufhielt, sah ich, daß
der Angeklagte einen Stein aufhob und warf. Der Angeklagte
erklärt hierzu, er sei ohne jede Veranlassung von den Polizisten
mit dem Säbel geschlagen worden; er sei darüber aufgebracht
jewesen, habe einen Stein genommen und geworsen. Der Zeuge
»ehauptet, er habe nicht gesehen, dar der Angeklagte geschlagen
vurde, er hat auch nicht beobachtet, daß der Angeklagte, wie er
ehauptet, auf dem Kohlenplatze von Schutzleuten oder Arbeits⸗
virligen geschlagen wirde. — Zeuze Kriminalschutzmann Thu⸗
'off hat gesehen, daß der Angeklagte Cieslick einen Stein
varf. Er kann nicht sagen, wie Cieslick einen Stich in den Vauch
ekommen hat. Er hat nur gesehen, daß Cieslick mehrere Säbel⸗
siebe abbekam, als er der Verhaftung Widerstand leistete. —
Vert. R⸗A. Heine: Der Stich hat den Angeklagten zum
xrüppel gemacht, er geht von hinten nach vorn, das ist doch
igentümlich. — Zeuge: Ich lann es nicht sagen, es ist eben
dann im Gedränge geschehen. Auf eine Frage des Vert. R.A.
zacobyy erklärt der Zeuge, daß drei bis vier Schutzleute ein⸗
jeschlagen hätten, aber nicht bloß auf den Angeklagten, sondern
ruch auf andere Personen, die dem Angeklagten Hilfe leisteten.
»n derselben Weise werden noch eine Reihe weiterer Einzelfälle
örtert. In der morgigen Sitzung wird voraussichtlich als
Abschtußk der Beweisaufnahme noch eine kurze Beweiserhehung
iber die allgemeinen Vorgänge erfola⸗
die Weddingkrawalle vor der Strafkamuer.
Berlin, 16. Januar.
In dem Schwurgerichtssaale des Landgerichts III in Berlin
nahm heute ein neuer Strafkammerprozeß wegen Landfriedens—
bruchs und Aufruhr seinen Anfang. Es handelt sich diesmal
um die Tumulte auf dem Wedding, die am 29. und
30. Okt. v. J. aus Anlaß eines beim Schlachtermeister Ernst
Morgenstein in der Schererstraße ausgebrochenen Streiks
tattfanden. Es sind im ganzen 18 Personen ange⸗
lagt. Die Zeugenliste umfaßt 8) Namen, darunter die vieler
S„chutzleute. Den Vorsitz führt Landgerichtsdirektor Baher. Bei
der Vernehmung bestreiten die Angeklagten die ihnen zur Last
gelegten Straftaten. Einer von ihnen gerät in hochgradige
krregung und fängt an zu weinen, als er schildert, daß er ohne
sßrund einen Säbelhieb erhalten habe und dann festgenommen
vorden sei. Eine längere Erörterung entspinnt sich, als Staats—
iwaltschaftsrat Brüning an sämtliche Angeklagte die Frage
ichtet, ob sie den „Vorwärts“ lesen und gewerkschaftlich organi—⸗
iert sind Der Verteidiger fragt, was die Staatsanwaltschaft
daraus folgern wolle. Der Staatsanwaltschaftsrat erklärt:
durchaus nichts Politisches. Ich wil' nur wissen, ob die Ange—
lagten durch die Lektüre des „Vorwärts“ und durch die gewerk—
chaftliche Organisation davon unterrichtet waren, daß bei Mor⸗
jenstein gestreikt wurde. So gut wie ich als Jurist den Gerichts⸗
teil der Zeitungen lese, ebenso werden die „Vorwärts“-Leser
und Gewerkschaftler sich dort sur die im Gange befindlichen
Streiks interessieren.
Heschäftliche Mitteilungen.
101. Das wirhamste Mittel, das der Industrie- und
dandelswelt zur Erweiterung ihrer Absatzgebiete zur Ver—
ugung steht, ist die Zeitungsreklame. Die Schwierigleit aber,
bei der Mannigfaltigkeit des Reklamewesens das Zweckmäßige
und Richtige zu treffen, macht es den Inserenten wünschens⸗
vert, einen zuverlässigen Führer und Ratgeber zur Verfügung
u haben. Dem um dire Jahreswende regelmäßig erschrinenden
Zeitungskatalos der Annoncen-Expedition Rudolf Mosse wird
»eshab stets mit bsonderem Interesse entgegengesehen. Auch
die meue 44. Auflage dieses bewährten Handbuches enthält
vieder alle wünschenswerten Angaben in übersichtlicher An—⸗
urdnung