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Ausgabe 4. Dienstag. den 13. Juni 1911. Abend⸗Blatt Kr. 293.
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Aus den Nachbargebieten.
Sansestñdte.
Hamourg, 13. Juni. Der Großherzog von
Ddenburg traf Sonntag mittag mit seinen Kindern von
Schwerin auf dem Hauptbahnhof ein, besuchte hier Sagen,
zecks Tierpark und fuhr 253 Uhr mit dem Kölner D-Zuge nach
Adenburg weiter.
Hamburg, 13. Juni. Die Gemeinden Langen-
horn, Finkenwärder und Moorfleth sollen jetzt
auch in Hamburg eingemeindet werden.
Bismarcsäulen⸗-Feier. Am 21. Juni wird wieder
uuf der von der Deutschen Studentenschaft auf dem Hamberge
errichteten Bismarcksäule das Sonnwendfeuer zum Gedächtnis
Bismarcks brennen. Vor der Feier findet in Aumühle in Busch-
hecks Lokal Waldesruh ein Konzert statt. Um 834 Uhr wird zur
Säule aufgebrochen. Die Feier bei der Säule vollzieht sich
in den einfachen Formen wie in den letzten Jahren (Festrede,
Befeuerung, Bismarcklieder). Nach der Feier Rückkehr nach
Jumühle, wo sich in der Waldesruh Gelegenheit zu einem
ommersartigen zwanglosen Beisammensein biette.
Der Zweckheiligt die Mittel. Die Sektion, Ju⸗
gendliche“ des Deutschen Transportarbeiter-Verbandes ließ sich
ürzlich von einem Referenten die Schönheiten der Lüneburger
Zeide schildern. „Uralte Sagen umweben viele Stätten der
duneburger Heide. Diese zwingen den Wanderer, voll Ehr—
furcht dort zu verweilen und stumm die denkwürdigen Zeichen
der grauen Vorzeit zu betrachten.“ Das klingt ganz stim⸗
mungsvoll! Und „stimmungsvorl“ war auch der Schluß des
Referats. Denn es heißt in einem Bericht im „Echo“: „Zum
Schluß forderte der Referent auf, die wenige freie Zeit, die uns
das Unternehmertum in seiner Ausbeutungswut läßt (1), dazu
zu benutzen, um in der Heide neue Kräfte für den wirtschaft⸗
lichen Kampf, den die Arbeiteriugend zu führen hat, zu ge⸗
vinnen.“ Kommentar überflüssig!
Gleine Nachrichten) Diebstahl. Dem Fuhrmann
Wienche wurde sein mit zwei Pferden bespannter Wagen,
ruf welchem sich sechs Kisten mit Seide im Werte von 5000 M
hesanden, gestohlen. Der Dieb fuhr mit dem Wagen
iach Wilhelmsburg, und zwar benutzte er nicht die Chaussee,
ondern er machte einen Umweg durch Georgswärder nach
harburg zu. Unterwegs warf er die Kisten mit Seide hinter
inen Deich und fuhr davon. In Harburg ist das Gespann
päter als herrenlos angehalten worden. Der Dieb ist zweifellos
interwegs ängstlich geworden. — Verbrecherisches
Llebespagr, In einer Wirtschaft am Billh. Röhrendamm
iernte ein Schiffer eine 22jährige Plätterin mit ihrem Ge—
liebten, einem 28jährigen Zimmerarbeitsmann, kennen und be—
tellte für beide mehrere Getränke. Schließlich lockte die
Plätterin den Seemann in den Hausflur eines benachbarten
Hebändes, wo der Liebhaber sich auch bald einfand, den
Schiffer überfiel und ihm das Portemonnaie mit 110 Meraubte.
Urn den Ueberfallenen am Schreien zu verhindern, schnürte das
Mädchen während der Durchsuchung der Kleidung dem Opfer
die Kehle zu. Sodann ergriff das Pärchen die Flucht, doch
wurden beide auf Grund der Beschreibung ermittelt und fest—
jenomen. Ein Teil der Beute konnte noch beschlaganahmt
verden.
Bremen, 13. Juni. Entgleist ist der Schnellzug
Nr. 163 am 11. Juni bei der Durchfahrt auf der Südseite
»es Bahnhofes Nienburg-W. mit Lokomotive und Packwagen,
udem er auf einige fortgelausene Wagen gestoßen war.
Personen wurden nicht verletzt. Der Zugverkehr zwischen Nien⸗
burg und Linzburg wurde eingleisig aufrecht erhalten. Von
nachmittags 5 Uhr ab wurde die Strece wieder zweigleisig
vetrieben. — Eine einzige Turbine versorgt
Bremen mit Elektrizität. In den letzten Tagen ist
nsofern ein neuer wichtiger Abschnitt im Bau der Wehranlage
»ei Hastedt erreicht worden, als am 7. Juni die erste Turbine
ves Wasserkraftwerkes in stromliefernden Dauerbetrieb ge—
nommen worden ist. Der Strom wird nach dem Elektrizitäts—
vwerk in Hastedt und von da ins städtische Kabelnetz geleitet.
Es werden je nach den Flutverhältnissen bis zu 520 Kilowatt
etwa 750 Pferdestärken) erzeugt. Mit dem von dieser einen
kurbine erzeugten Strom wurde am letzten Sonntag während
4 Stunden der ganze Konsum der Stadt, mit Ausnahme der
Ztrahßenbahn, gedecht. Die zweite Turbine wird Ende dieser
Woche, die dritte voraussichtlich Anfang Juli, die vierte Ende
Juli, die fünfte Anfang August in Betrieb kommen. — Ein
ßotsunglück auf der Wumme hat Sonntag zwei
Menschenleben gefordert. Beim Segeln auf der großen Wumme
enterte ein Segelboot, das mit vier Personen besetzt war.
der Maler Fromme und der Arbeiter Tietjen aus der Husumer⸗
traße sind dabei ertrunken, die beiden anderen Insassen des
Zootes konnten gerettet werden. Die Leichen sind geborgen.
Schleswig⸗Holstein.
Altona, 13. Juni. Im Margarineprozeß Mohr
hetragen die Gerichtskosten 40 000 M. In der Begründung
des Urteils heißt es: Dah die Backa-Margarine gesun de
reitsschädlich war, wird von dem Angeklagten zug e—
jeben. Er erklärt aber, daß er sich auf den Händler Pohl
ind auf das Attest der Generalzolldirektion verlassen habe.
Ber aber an Hunderttausende Nahrungsmittel abgibt, hat selbst⸗
erständlich die Pflicht, ihre Güte und Brauchbarkeit zu prüfen.
Benn das bisher nicht üblich war, so ist das ein Mißbrauch,
er den Angeklagten nicht entschuldigt. Er hat sorglos ge—
andelt. Die Atteste der Generaldirektion waren für ihn keine
jarantie, sondern gaben nur die Möglichkeit der Verwendung
ach geeigneter Raffination zu. Der Angeklagte hatte die Ver—
flichtung, das neue Nahrungsmittel selbit zunächst zu
ssen, eine bloße Kostprobe konnte bei der Wichtigkeit dieser
rage nicht genügen. Wäre eine entsprechende Probe vorge—
ommen worden, dann hätte sich die Schädlichkeit der Margarine
erausgestellt und die Vergistungen mit Bacha⸗-Margarine wären
uterblieben. Auch bei der Verwendung von „Luisa“ und
Frischer Mohr“ hat der Angeklagte fahrlässig gehandelt.
eine Behauptung, den Versand dieser Marken sofort eingestellt
haben, aͤst nicht erwiesen. Seibst sein eigener Sohn, dessen
Bahrheitsliebe durchaus anzuerkennen ist, hat diese Behauptung
icht unterstützen können. Wenn überall Backa-Margarine noch
ertrieben worden wäre, so wäre der Angeklagte sogar wegen
orsätzlicher Körperverlezung zu verfolgen gewesen. Das Gericht
rachtet nur eine Handlung, nämlich die Vernachlässigung der
otwendigen Aufmerksamkeit als vorliegend. Bei gebührender
leberlegung hätte sich der Angeklagte sagen müssen, daß eine
zefährdung vieler Menschen aus seiner Handlungsweise hervor—
ehen konnte. Das Strafmaß ist nach den gesetzlichen Bestim—
ungen nach jenem Gesetz zu bemessen, das den höheren Straf—
itz enthält. Nun ist nach dem Nahrungsmitktelgesetz, wenn Kör—
erverletzung vorliegt, nur Gefängnisstrafe zulässig. Das Ge—
cht hat aber, unter Berüchsichtigung des Umstandes, daß auch
on anderer Seite, so vom Chemilker der Generalzolldirektion,
ne grobe Verschuldung vorliegt, und auch vom Betriebs—
emiker, von Gefängnis abgesehen und ist auch unter die höchst
tlässige Geldstrafe herabgegangen. — Der Margarine—
rozeß Mohr dürfte noch eine Reihe Zivilprozesse zur Folge
aben, denn ein großer Teil derjenigen Personen, die nach dem
»enuß von „Backa“, „Luisa“ und „Frischer Mohr“ erkrankten, will
zchadenersatzansprüche gegen Herrn Mohr geltend
iachen. — Von den Brandstiftungen. Das Beweis⸗
iaterial gegen den unter dem Verdacht der vorsätzlichen
randstiftung festgenommenen Wächter der Wach⸗ und
ichließgesellschaft hat sich derartig gehäuft, dat der Arrestant
ach seiner Vernehmung in Untersuchungshaft abgeführt wurde.
r leugnet, zu dem Brand in der Köllnschen Scheune in Stel—
ingen in irgend welchen Beziehungen zu stehen. Seine Erzäh—
ung, daß er bei der Brandstätte einen verdächtigen Mann ge—
roffen und längere Zeit mit ihm gerungen habe, will er darauf
urüdführen, daß er gern als Respektsperson angesehen sein wollte.
Kiel, 13. Juni. Die Zwangsversteigerung der
ansa-Brauerei erfolgte Montag. Das Gewese ist mit
10 000 M Darlehnshypotheken und 65884 Mi Sicherheits-
ypotheken belastet. Das höchste Bargebot gab der Tiefbau—
nternehmer Heinrich Paap mit 50500 Meab. Daneben muß
er Höchstbietende die erste stehenbleibende Hypothek von
00 000 M mit übernehmen.
Lägerdorf, 13. Juni. Spurlos verschwunden
st die 21jährige Tochter des Arbeiters G. Paulsen. Sie
iente bei einem Landmann bei Beidenfleth und war am
rsten Pfingsttage hier zu Besuch. Sie beabsichtigte, hier am
weiten Feiertage an einem Ballfest teilzunehmen; da hierzu
ie Erlaubnis fehlte, rieten die Eltern zur Rüdkehr. Am
rsten Feiertag nachmittags wurde sie im Konzertgarten von
Lehmkuhl gesehen; seitdem fehlt jegliche Spur von ihr.
Burg a. F. 13. Juni. Ein glänzendes Meteor
iel Donnerstag abend am nördlichen Himmel. Die unge⸗
ähre Zeit seines Erscheinens war 11 Uhr 1 Minute. Es
euchtete etwa in der Helligkeit der Sterne dritter Größe auf.
die Zeit der Sichtbarkeit betrug 3 Sekunden.
Lauenburg.
». üchen, 13. Juni. Ueber die Weiterführung
der BergedorfGeesthahter Bahn über Krümmet
u
nach Büchen schreibt die Bergedorfer Itg. folgendes: Der
Plan für die Fortsetzung der Bahn von Geesthacht nach Büchen
iebst den beiden Gleisanschlüssen in der Dynamitfabrik Krümmel
st fertiggestelltt. Alle von der projektierten Linie berührten
zemeinden haben Mittel zu den Vorarbeiten aufgebracht, so
„aß jetzt hierzu 10 000 Muvorhanden sind. Auch die Dynamit⸗
abrik Krümmel und die Pulverfabrik Düneberg sollen gebeten
verden, Beiträge zu den Kosten der Vorarbeiten zu bewilligen.
R. Ratzeburg, 13. Juni. Ein größeres Schaden-—
zeuer vernichtete Sonntag abend den Dachstuhl sowie das
Treppenhaus des Greßmannschen Hauses, Bahnhofstraße, so⸗
vie einen Raum hinter dem Laden. Der Schaden durch Feuer
ind Wasse: ist ziemlich beträchtlich, aber durch Versicherung
gedeckt. Die Entstehungsursache ist unbekannt.
Großzherzogtümer Mectlenburg.
Schwerin, 13. Juni. Der Kronprinz und die
Kronprinzessin trafen Sonnabend abend im Automobil
hier ein. Sonntag morgen begab fich der Kronprinz nach dem
Sportplatz. Der Großherzog, die Großherzogin und die
rronprinzessin besuchten den Gottesdienst in der Schloßkirche.
Nittags T214ä Uhr fand in der Waffenhalle eine Frühstühd s⸗
afel zu 26 Gedecken statt. An derselben nahmen teil
er Großherzog, die Großherzogin, der Kronprinz, die Kron—
zrinzessin, Herzogs Paul Friedrich und Herzogin Marie An—
oinette, Prinz Heinrich XVIII. Reuß mit Gemahlin und seinen
rei Söhnen. Am Nachmittag besuchten sämtliche Fürstlich-
eiten Den Concours Hippique, und abends fand im Schlosse
in Familiendiner statt, während das Gefolge im „Nordischen
zof“ speiste. — Der Großherzog und die Kronprin—
essin besuchten Montag vormittag die Landes-Gewerbe- und
zIndustrieausstellung und besichtigten zum Schluß das Sudanesen—
orf. — Der Großherzog Friedrich August, die Frau
ßroßherzogin und der Erbgroßherzog von Oldenburg sowie die
derzoginnen Ingeborg und Altburg von Oldenburg statteten
zonnabend nachmittag der Landesausstellung einen Besuch ab.
— Der 100jährige Geburtstag der Kaiserin
Augusta fällt auf den 30. September d. J. Dieses Tages
'oll auch in den Schulen gedacht werden. Auf Anordnung des
Interrichtsministers sind die Kreis- und Ortsschulinspektionen,
odie Schuldeputationen und Schulvorsiände veranlaßt worden,
dafür zu sorgen, daß in den Schulen an diesem Tage im Unter—
ticht in geeigneter Weise der verewigten Kaiserin und ihrer
Zeit gedacht wird. Fällt der Tag in die Herbstferien, so soll
les an dem letzten Schultage vor diesen geschehen. — Nacht—
röstee. In der Nacht auf Sonntag trat wiederum eine so er—
jebliche Abkühlung der Temperatur ein, daß in verschiedenen
nedlenburgischen Orten, so in Grabow, Neustadt, Hage⸗
now, Lübtheen, Schönberg und Dassow die Kar—
toffeln auf den Feldern und in den Gärten erfroren sind. Auf
nanchen Feldern sind die Kartoffeln bis auf den Grund er—
roren, so daß die Stauden wie schwarze Haufen glatt auf dem
Boden liegen. Die Kartoffeln, die schon in der Nacht vom
21. auf den 22. Mai abgefroren sind und sich gerade notdürftig
erholt hatten, sind jetzt abermals dahin. Dazu kommt, daß
ie Stauden sich bei der herrschenden Trockenheit des Bodens
ind der wochenlangen Dürre sehr schwer erholen werden. In
zen Gärten haben auch die Gurken, die nicht zugedeckt waren.
irg gelitten, desgleichen die Bohnen, soweit man nicht mit
Wasser gefüllte Eimer oder Schalen auf die Beete gestellt hatte.
— Ungläüdsfall mit tödlichem Ausgange. Sonn—
tag morgen wurde die 67jährige Frau eines Zimmermanns aus
der Roonstraße von einem elektrischen Motorwagen gelegent⸗
liich der Ueberschreitung des Fahrdamms in der Kaiser-Wilhelm⸗
traße bei dier Bismarchstraße beiseite gestoßen und auf das
Pflaster geschleudert. Hierbei zog sie sich eine so schwere Kopf⸗
erletzung zu, daß sie nach wenigen Minuten verstarb. Den
VBagenführer trifft nach Aussagen der Zeugen keinerlei Ver—
chulden, weil er wiederholt und laut das Glockenzeichen gegeben
jat und es ihm unmöglich war, im Augenblick der Gefabr den
Unfall zu verhüten.
Warnemünde, 13. Juni. Der 36. Verbandstag
»er mecklenburgischen Kriegervereine fand Som—
ag hierselbst statt. Gegen zweihundert Vereine mit über hundert
Fahnen waren durch Abordnungen vertreten. Nachmittags be—
vegte sich ein imposanter Festzug durch den Ort. Der Kaiser hat
5 medlenburgischen Kriegervereinen Fahnenbänder verliehen, die
den Vereinen vom Verbandsvorsitzenden Hartmann aus Schwerin
ibergeben wurden. DTanach fand die Enthüllung des
reuen Kriegerdenkmals in Warnemünde statt. Der
nächste Verbandstag soll in Plau abgehalten werden
Der dilettant Goethe.
J
»ann noch zehn Auswahlen der Lyrit, nachdem die Kr
ürstendammautorität behauptet hat, ihr Verfasser „sinke in
ie billige Pfuschkunst der nach eimnander ähnlichen Tonbildern
zchnüffelnden und wate mit innigem Behagen durch das
ersumpfte Weideland der absatzsüchtigen Reimergilde? Merkt
uch die Worte wohl, ihr werdet sie wiederhören in jedem
'alon des westlichen Berlin. Der entthronte Goethe! Auf⸗
etischt nicht einmal in der Saison, sondern wie eine schlechte
zremiere im erwachenden Sommer, da der Großstädter seinen
zchlaf“ beginnt. Seine müden Fauteuilgespräche fangen jetzt
it mattem Lächeln an: „Der Dilettant Goethe —“ und sein
lasses Gegenüber wiederholt leise: „der Dilettant Goethe —“
nd denkt noch leiser: nun kommt die teure luxusbändige
zropyläenausgabe rascher aus der Mode als das Grünfeinene.
.. Wer hätte das gedacht....
Ja, wir können ihr nur die alte Weiberweisheit nach⸗
agen: Wer hätte das gedacht! So etwas kommt rascher,
merwarteter als ein aviatischer Unglücksfall. Merkwürdig.
jahrzehntelang schrieben sie über und um Goethe, und plötzlich
— da entdedt's einer. Wie wenn man seinen Ledersessel durch⸗
esessen hat und drunter einen Raffael findet. Nur daß die
entdedung diesmal weniger rühmlich... Trotzdem: Merk—
nürdig! Zumal er recht zu haben scheint. Gibt es nicht
ine Menge lächerlicher, läppischer, alberner, flacher Gedichte
oll üblen Reimgeklingels? Spottet der zweite Faustteil nicht
lem gesunden Menschenverstand und aller DTramatik? Aber
ewitz! Goethe hat hundert Gedichtlein gemacht. wo sein
ßenies keinesweas dreimal aus jseber Verszeile blikt. di⸗
CX
heinahe auch ein Krähwinkler Poet gemacht haben könnte
nit Hilfe eines Reimlexikons, und dessen Produkt man dann
nit Recht ins Feuer würfe. Was sich die Leute nicht alles
inter Genie vorstellen! Wer damit behaftet ist, darf nach
hnen überhaupt immer nur Göttliches, Herrliches, Hohes sagen,
enken und schreiben und von Erdendingen, die am Tage
leben, gar keine Notiz nehmen, muß stets auf den Stelz-
einen des Pathos gehen und nur am approbiert Guten,
zchönen, Edlen seine Lust und Freude haben. Herr v. Goethe
var aber so frei, sich die Welt nicht bloß von oben, sondern
on überall her zu betrachten, nicht nur bei Mondschein Faust⸗
zisionen zu haschen, sondern auch einmal ein hübsches, frisches,
leichtes Spiel mit Reimen und Mädels zu treiben. Also.
auch wenn der Minister Goethe im Gras lag und jene jetzt
o ungnädig aufgenommen, man möchte fast sagen, in—
iminierten Gedichte vor sich hinsang, war, sein Genie bei
hm und lebt in jedem der leichten Vögel, irgendwo in einem
osen Wort. Indes! — Man soll dem Lauf der Dinge
zicht vorgreifen. Noch ist Goethe nicht verlassen. Die
„Rettungen“‘ werden nicht ausbleiben; man wird beweisen.
Man bringt das germanistische Bested und bringt Zitate. Und
ettet Goethe. Und die Industrie. Er aber sitzt im hohen
Olymp und sieht mit heiterem, allversöhnlichem Lächeln auf
die auf- und niedersteigenden Lebensläufe, die sein Geist da
inten lebt — und verzeiht allen. G. Glod.
4 ä
Es gibt Leute, die geronnene Milch zu Käse verdichten und
pvon diesem Handel ihr Leben fristen. Das ist ganz in der Ord—
sung. Es gibt aber des weiteren Leute von so hoher Ge—
innung, daß ihres Geistes Flug sich über Käsebereitung erhebt
und erst auf höchsten Höhen endet, solche Menschen gewinnen
hren Lebensunterhalt durch autige (wenn auch unfreiwillige)
Mitwirkung der Exzellenz W. v. Goethe. Dergestalt, daß man
iber diesen alten Herrn redet und ihn reden läßt, je mehr,
»esto besser, in Pappband oder in Saffian, populär oder
klusiv, wie die Nachfrage steht. Nun hat plötzlich die Goethe—
hörse durch ein Börsenmandver Maximilian Hardens einen
enormen Kurssturz erfahren, wenigstens glaubt man, daß die
Aktien durch diesen Bluff in eine Wertschwankung geraten,
rus der sie nicht ohne Schaden herauskommen werden. Un—
»erantwortlich! Eine blühende Industrie zu schädigen, um sich
us des Besiegten Kränzen den Glorienschein, der schon zu ver—
»lassen drohte, neu zu flechten! Gewiß, man gönnt Harden
nuch seinen Teil an Goethe — und er hat ihn sich all die
Jahre reichlich genommen — aber es gibt doch Rücksichten!
Wenn Goethe in der überwiegenden Anzahl seiner Poemata
in „Stümper“, ein schlimmer Dilettant war, wenn der Faust
II. Teil), wie der „große Zerstörer“ behauptet, nichts an—
eres als eine Revue (.‚Hurra, wir leben noch!“) und Helena
ie Commre und Mephisto der Compdre ist — wie werden
vann die Aussichten für nächste Weihnachten? Wer vperled;