Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

Da die Züge fast sämtlich Aberfüllt waren, so ist die Besetzung 
eines gewöhnlichen Wagens mit 50 bis 60 Reisenden nicht zu 
hoch gerechnet. Die Lübecker Bahn hat in der Zeit von 5 Uhr 
morgens bis 4 Uhr nachmittags 30 Zuge befördert. Diese 
Züge sind zum Teil noch stärker als die Züge des Harburger 
Verkehrs und bei ihrer Besetzung muß mit einer durchschnittlichen 
Beförderung von 1000 Persouen in jedem Zuge gerechnet werden. 
Bei 30 Zügen ergibt das eine Zahl von 30 000 beförderten Per— 
sonen. Am ersten Pfingsttage sind in der Zeit von 5 Uhr 
morgens bis 4 Uhr nachmittags schätzungsweise gegen 130 bis 
40 000 Personen mit der Eisenbahn aus Hamburg hinaus— 
befördert worden. Der zweite Pfingsttag zeigte einen 
erheblich geringeren Verkehr als der erste; er dürfte kaum die 
halben Verkehrsziffern ergeben. 
* Auf dem 5. Internationalen Kongreß für Meeresheil⸗ 
kunde in Kolberg ist unser Seebad Travemunde durch 
sverrn Badekommissar Heyk vertreten. 
Zur Vermeidung von Verletzungen durch Sutnadeln int 
Eisenbahmwerkehr gibt die Königl. Eisenbahndirektion in Saar- 
brücken folgendes bekannt: „Der gegenwärtig bei Frauen 
beliebte Gebrauch übermähig langer Hutnadeln kann im Ge— 
dränge des Eisenbahnverkehrs sehr leicht schwere Verletzungen 
anderer Personen verursachen. Die Eisenbahnverwaltung sieht 
sich genöligt, zum Schutz der anderen Reisenden hiergegen Mah— 
regeln zu ergreifen. Es ergeht daher an alle reisenden 
oder den Bahnhof betretenden Damen das Ersuchen, ihre 
Hüte nicht mit solchen durch ungewöhnliche Länge gefährlichen 
Nadeln zu befestigen, oder wenigstens die gefahrdrohende Spitze 
durch Schutzhülsen oder sonstwie unschädlich zu machen. Die 
Eisenbahnverwaltung hat ihr Personal angewiesen, darauf zu 
achten, und, ohne erst Beschwerden anderer Reisenden abzu— 
varten, Damen mit solchen Hutnadeln zur Entfernung der 
Nadeln aufzufordern. Wer dieser Anordnung der Bahnbe— 
amten nicht nachkommt, kann auf Grund des 8 11 der Eisen— 
bahnverkehrsordnung von der Mitfahrt ausgeschlossen und zum 
Verlassen des Bahnhofes aufgefordert werden. Zuwiderhand⸗ 
lungen gegen diese Anordnungen der Bahnbeamten können 
auf Grund der 88 77281 der Eisenbahnbau⸗- und Betriebs- 
ordnung mit Geldstrafen geahndet werden.“ 
Die Wasse wärme in den städ isch a Ra eansialteu betrug 
am 7. Juni im Krähenteich 221, Grad Celsius, auf dem Falken- 
—R— 
** Travemünde, 8. Juni. S. M. Schulschiff Grille“ 
wird heute lt. Bericht aus Warnemünde hier eintreffen. 
—— — ⏑⏑⏑ 
Lũbeck⸗bũchener Eisenbahngesellschaft. 
V Lübec, 8. Juni. 
In der heutigen Generalversammlung, in der 16778 Stimmen 
dertreten waren, führte Herr Bankier E. Schiff-Berlin zur 
Bilanz, Gewinn⸗ und Verlustrechnung sowie Jahresbericht aus, 
er hätte die Absicht gehabt, den Antrag zu stellen, die vom Auf— 
ichtsrat vorgeschlagene Dividende von 814 o0 um eine Kleinig⸗ 
leit zu erhöhen, doch sehe er aus verschiedenen Gründen von 
diesem Antrage ab. Dagegen möchte er die Direktion bitten, 
sich darüber zu äußern, ob, falls das Unternehmen weiter eine 
o günstige Entwichelung nehme wie in den letzten Jahren, es 
möglich sei, in absehbarer Zeit mit einer kleinen Erhöhung der 
Dividende zu rechnen. 
Hierauf entgegnete Herr Direktor von Alvensleben: 
Ich bin dem Vorredner dankbar, daß er einen Antrag auf eine Stei⸗ 
gerung der Dividende nicht gestellt hat. denn eine Steigerung 
der Dividende wäre nur möglich gewesen auf Kosten der Ab— 
schreibungen und der Rücklagen, und Aufsichtsrat und Direktion 
ind einstimmig der Meinung, daß eine solche Kürzung der Rüd—- 
agen nicht angebracht ist. In den letzten Jahren sind 600 000 
bis 700 000 MRudlagen gemacht worden. Sie sind in dieser 
Höhe nötig, wenn der Fonds, der in den schweren Jahren 1907 
und 1908 bedeutend zurückhgegangen ist, wieder auf seine alte 
leistungsfähige Höhe gebracht werden soll, und wenn es ermög⸗ 
licht werden soll, aus ihm die beträchtlichen Ausgaben zu 
bestreiten, die in diesem Jahre und im nächsten Jahre aus 
ihm entnommen werden müssen. Die Betriebsmittel sind 
in den letzten Jahren ganz bedeutend verbessert worden, und 
war im wesentlichen auf kosten des Baufonds. Jetzt muß 
dazu übergegangen werden, die neu zu beschaffenden Betriebs— 
mittel aus dem Erneuerungsfonds zu bezahlen. Tarum sind 
alljährliche Rücklagen im Betrage von 600 000 bis 700 000 M 
unbedingt nötig, wenn aus dem Erneuerungsfonds große Aus⸗ 
gaben bestritten werden sollen. Neue moderne Personenwagen 
sind dringend nötig, wenn die Tirektion den Personenverkehr 
in der bisherigen Weise weiter entwickeln soll. Die Frage 
iach der Entwicklung des Unternehmens kann ich dahin be— 
antworten, daß auch in den ersten Monaten dieses Jahres 
die Entwicklung des Verkehrs weitere Fortschritte gemacht 
hat, so daß kein Anlaß vorliegt, pessimistisch in die Zu— 
kunft zu blicken. Dagegen eine Prophezeiung wegen der 
sukünftigen Dividende abzugeben, wird man mohl nicht aut 
don mir verlangen können. 
Serr Senator Possehl: Mit den Ausführungen 
der Direktion bin ich durchaus zufrieden. Ich habe gestern 
zehört, daß aus Aktionärkreisen der Antrag eingebracht 
verden würde, die Dividende von 814 auf 9 00 zu erhöhen. 
Dagegen müßte ich mich mit Entschiedenheit aussprechen. Ja, 
ch würde im Gegenteil gern einer Dividende von 8 00 zu— 
timmen und möchte dafür folgende Gründe geltend machen: 
Wenn man die Jahresberichte der letzten 2 Jahrzehnte 
dennt und den jetzigen Jahresbericht pro 1910 zum Ver— 
gleich heranzieht, wird jeder ernsthafte Altionär zufrieden sein 
rönnen. Der Verkehr der Lübeck-Büchener Eisenbahn-Ge— 
ellschaft hat sich bedeutend, am meisten und besonders auf— 
fällig der Personenverkehr gehoben, so daß 1910 zu m 
erstenmal die Einnahmen aus dem Personenverkehr mit 
1540 000 Me (a460 000 Miuhöher als 1909), die Einnahmen 
mis dem Güterverkehr mit 4230 000 M (190 000 Meähöher 
ils 1909) um rund 300 000 Meu]bersteigen. Bekanntlich ent— 
allen die Einnahmen bei den deutschen Eisenbahnen durch— 
ichnittlich mit 55 auf den Personenverkehr und mit 25 auf 
den Güterverkehr. Bei unserer Lübeck Büchener Eisenbahn— 
Gesellschaft entfallen dagegen die Einnahmen aus dem Per— 
onenverkehr jetzt mit 5190 und aus dem Güterverkehr, 
der mit der Konkurrenz der beiden Kanäle zu rechnen hat, 
mit 49 00 auf die Betriebseinnahmen für Personen und Güter. 
Dies darf hervorgehoben werden. 
Dies Einnahmeverhältnis kontrastiert sehr gegen frühere 
Jahre. Ich war in den LOer Jahren oftmals als Aktionär 
Hast in den Generalversammlungen, insbesondere 1890 1895. 
Es war die Zeit, wo das deutsche wirtschaftliche Leben 
lich stärker zu entwickeln begann und wo weder Betriebs— 
mittel noch Fahrplan der Gesellschaft den Verhältnissen ge— 
dügten. Mit Fahrplan und Veftriehbsmitteln fieht s nun 
heute unter dem Drud der öoffentlichen Meinung und der 
krkenntnis der Direktion ganz anders aus, wenn ich auch 
sicht sagen will, daß unsere Stadt, deren wirtschaftliche Ent— 
diclung von ausreichenden und guten Zugverbindungen ge— 
adezu abhängig ist, nicht diesbezüglich noch viele berech— 
igte Wünsche hätte. — Ich möchte nur kurz anführen, 
rkß die Verkehrsverhältnisse auf der Strecke nach Büsch e n— 
däüneburg—Hannover noch immer sehr ungenügend sind, 
»aß freilich die Ungeneigtheit der Staatsbahn die Schuld 
»aran trägt, worunter unsere Gesellschaft und die Inter— 
ssen unserer Stadt leiden. — Dann ist die Verbindung 
rach Berbhin ungenügend, auch sehr unangenehm, daß der 
on Berlin in Hamburg eintreffende vorzügliche Abendschnell— 
ug, Hamburg an 12 Uhr, und desgleichen der von Paris, 
töhn und Westfalen in Hamburg eintreffende vortreffliche 
zchnellzug, Hamburg an 12,09 nachts, nicht den notwendigen 
Inschluß nach Lübeck findet, sondern daß man zum Ueber—⸗ 
zachten in Hamburg gezwungen ist. — Ferner ist die Ver⸗ 
»indung Hamburg—Travemünde hinsichtlich der 
zchnelligkeit nicht genügend zeitgemäß entwickelt, was z. T. 
nit dem fehlenden 2. Gleis Schwartau— Travemünde zu— 
ammenhängt. Jedenfalls ist die weitere Entwicklung 
»es Personenverkehrs, ich spreche als Aktionär, ge— 
chäftlich von großem Vorteil für unsere Gesellschaft, die 
etzten beiden Jahrzehnte beweisen das unantastbar. Hier⸗ 
ür in Kürze folgende Ziffern: 
1890 betrug der Personenverkehr 1360 000 Personen 
und die Einnahmen aus dem 
Personenverkehr, wenn man nur 
Personen- und Güterverkehr ins 
Auge faßt und die Neben— 
einnahmen außenvor däit, 
1895 (unser Ausstellungs!ahr) betrug 
der Personenverkehr 
und die Einnahmen aus dem 
Personenverkehr 
1910 betrug der Versonenverkehr 
worunter der Verkehr nach 
Travemünde von Samburg und 
Lübeck die stärkste Zunahme 
mit ũber 300 000 Personen auf⸗- 
vies. Die Einnahmen aus dem 
Personenverkehr betrugen 51 06, 
oer Gülerverkehr also 49 00 ohne die Nebeneinnahmen. 
Diese wenigen Ziffern sind so überzeugend, daß ich auch 
Ner der Direktion nur ans Herz legen kann, das große Atout, 
das sie in der Hand hat. zu benutzen und den Personen— 
zerkehr mit Ballinscher Iniliglive und kräftiger Propaganda 
u entwicheln Keine Strecke, wie ich in der Generalversammlung 
m Jahre 1892 schon ausgeführt, hat für den Personen— 
zerlehr in ganz Norddeutschland, in sämtlichen Küstenprovinzen 
on Memel bis Emden eine solche Chance für eine großartige 
kntwicklung, als unsere Bahn auf der Strecke Hamburg-Lübeck 
ind Travemünde. Dies galt damals als optimü'isch, hat 
ich aber, wie aus unseren Jahresberichten hervorgeht, doch 
»oll bestätigt und wird sich weiter voll bewähren, wenn die 
Direktion dem Personenverkehr weitere energische Liebe zu— 
vendet. Jedenfalls sehe ich als Aktionär in dem großen 
iöglichen Personenverlehr von und nach Hamburg eine starke, 
mentreißbare Zukunftschance unserer Gesellschasft. Wenn die 
diteltion hier geschäftsmäßig fest zugreift, werden wir Aktio— 
äre ihr gern fsolgen und allen Ausgaben zustimmen, die 
ür die Betriebsentwicklung nötig werden möchten. — Des— 
alb wäre ich auch für eine 8prozentige Dividende zu haben, 
ine besonders aktive Entwicklung des Personenverkehrs, die sich 
nit der Zeit doch glänzend bezahlt, kostet natürlich zunächst. 
zinsosern möchte ich unsere Eisenbahn-Transportgesellschaft weiter 
läftigen, auf keinen Fall aber eine nocch höhere Tividende, 
ils offiziell vorgeschlagen, bewilligen. An der sicher steigenden 
ind auch gefestigten inneren Entwicklung des Unternehmens muß 
edem ernsthaften und dauernden Aktionär mehr liegen, als 
an einer plötzlichen Farken Dividendenerhöhung. 
Sierauf wurden die Bilanz, die Gewinn- und Verlust— 
rechnung, sowie der Jahrecbericht genehmigt und dem Auf⸗ 
ichtsrat sowie dem Vorstande Entlastung erteilt. 
Die aus dem Ausschusse ausschcidenden Herren G. Flörs, 
zeim-⸗-Frankfurt a. M. Konsul Bertling-Lübeck und Kon— 
ul Dimpker-Lübeck wurden wiedergewählt und für den 
erstorbenen Herrn Direkror Götting-Samburg auf Vorschlag 
jon Herrn Bürgermeister Eschenburg-Lübeck Herr Bankier Oito 
Rraul-Hamburg in den Ausschuß gewählt. 
Herr Bankier Schiff-Berlin fragte sodann an, wann 
vohl der zweigleisige Ausbau der Sirede Schwartau-Trave— 
nünde zu erwarten sei, der schon wiederholt in Aussicht ge— 
tellt worden sei. Aus den Ausführungen von Herrn Senator 
bossehl oergebe sich, daß der zweigleisige Ausbau dieser Stredce 
ür die weitere Ausgestaltung des Versonenverkehrs Hambura- 
Lübeck-Travemünde doch von großer Wichligkeit sei. 
Herr Direktor Butterweck entgegnete, das Projekt des 
weigleisigen Ausbaues der Strecke Waldhalle-Travemünde sei 
m Verein mit den Technikern des Lũbeckischen Siaates bearbeitet 
ind ũber die Linienführung auch eine Verständigung erzielt 
porden. Vor zwei Monaten sei den Staatsbehörden das 
ertige Projekt vorgelegt worden, die nun über dasselbe zu 
efinden hätten. Wann der Ausbau in Angriff genommen 
verden könne, hänge natürlich davon ab, wann die Behörden 
as Projekt genehmigten. Zunächst sei der Ausbau der Strecke 
Baldhusen —Travemünde in Aussicht genommen; aber auch 
zier sei die Frage der Herstellung eines neuen Bahnhofes 
wischen Pöppendorf— Walphusen, wofür die jetzigen Bahn— 
zöfe in Waldhusen und Pöppendorf in Forifall kommen sollen, 
noch nicht endgültig entschieden. 
Sportnachrichten. 
Die Sonderklasfeniacht, Jeck II des Prinzen Adalbert 
von Preußen wird an den Auswahlrennen für die deutsch— 
amerikanischen Wettfahrten nicht teilnehmen. Der Vrinz 
hat die Meldung zurückgezogen. 
Doͤe Motorboot⸗Regatten der Kieler Woche scheinen in 
Frage gestellt zu sein. Das Resultat des Meldeschluffes, 
der Donnerstag abend 6 Uhr beim Kaiserlichen Automobil— 
llub war, wird vorläufig noch nicht bekannt gegeben, da 
rst der Vorsitzende der Motorbootkommission, Geh.Rat 
Prof. Busley, über die weriteren Schritte gehört werden soll. 
Heh.-Rat Buslen weilt zurzeit als Reichskommissar der deut— 
scchen Ausstellung in Turin 
Luftfahrt. 
Bremerhaven, 7. Juni. Zweo Fischer vom Waddenser 
deich an der oldenburgischen Weserküste retteten gestern 
rüh mit einem Motorboot drei nur noch mit dem Hemd be— 
leidete Quuftscheffer comus dem MWatt bder Weser Nigle 
varen abends vorher mit noch zehn anderen Freiballons auf⸗ 
jestiegen und um 2 Uhr nachts auf der Weser gelandet in 
er Meinung, festen Boden unter sich zu haben. Da nur zwei 
es Schwimmens kundig waren, mußdte der dritte im Wasser 
tehend auf Rettung warteten. Als die Rettung erfolgte, waren 
ie Verunglückten schon drei Stunden im Wasser. Zwei von 
hnen befinden sich wohl, der dritte ist schwer erkrankt. 
Todessturz eines sAweiztrischen Flegers. Die Fliegerkunst 
zjat ein neues Todesopfer gefordert. Wie aus Lausanne ge— 
neldet wird, ist gestern nachmittag der Luftfahrer Taddeole 
ius Genf, als er in einer Höhe von 200 m über der Stadt 
inen Flug ausführte, plötzlich abgestürzt. Der Tod 
rat auf der Stelle cin. Taddeoli hatte sein Pilotenzeugnis 
als erster schweizerischer Flieger auf einem Dufauxzweidecker 
im letzten Herbst erhalten. 
Bermischtes. 
sh. Das Ende der Radbed⸗-⸗Affäre. Das seit Ende 1908 
beint Landgericht Müniter i. W. shrebende Verfahren gegen 44 
vegen fahrlässiger Tötung angeschuldigte Betriebs— 
ührer, Steiger, Riesel- und Schießmeister der 
Brube Radbod ist nunmehr zum Abschluß gekommen und 
zjat damit die ganze Angelegenheit vor Gericht ihr Ende ge— 
unden. Das Gericht ist auf Grund der Beweisaufnahme zur 
Verneinung der Frage gekommen, ob einer der Angeschuldigten 
zurch Fahrlässigkeit den Tod der in der Nacht vom 12. Nov. 
1908 auf der Zeche Radbod verunglückten Bergleute herbei— 
zeführt hat. In dem Beschluß des Gerichts wird angenommen, 
aß es sich bei dem Unzlück um eine reine Schlagwetter— 
»xxplosion gehandelt habe, deren Ursache sich nicht mehr 
rufklären lasse, da bei der Expiosion sämtliche Zeugen den 
Tod gefunden haben. Von den 47 geretteten Bergleuten 
jaben gerade bezüglich der bedeutungsvolisten Fragen allt 
versagt. Es fehlt nach Ansicht des Gerichts jeder Beweis 
dafür, daß die Katastrophe etwa durch eine unvorschrifts- 
nähige Grubenlampe herbeigeführt worden ist; ebensowenig 
ieß sich ein Beweis dafür erbringen, daß die Explosion durch 
inen vorschriftswidrig abgegebenen Schuß verursacht worden 
st. Auch das Auftreten von Kohlenstaub kann eine irgend— 
vie erhebliche Rolle nicht gespielt haben. Die Wetterführung 
ruf Radbod wird als gut und beiser bezeichnet, als auf den 
neisten Gruben des Bergamtsbezirks. Hinsichtlich der Be— 
ieselung, welche gleichwie die Wasserleitung bei der Interpella 
ion im preußischen Abgeordnetenhause eine große Rolle spielte, 
agt der Beschluß, dab die Anlagen zwedmäßig und die An 
reisungen einwandfrei gewesen seien. Rieselwasser habe zwar. 
vie der Beschluß betont, mehrfach gefehlt. aber Störungen 
nder Leitung hätten sich nicht ganz vermeiden lassen. Aller—⸗ 
ings hätten die stagatlichen Aufsichtsbeamten durch öfteres 
Zefahren der Zechen vielleicht feitstellen können, ob überall 
ür genügende Berieselung Sorge getragen sei. Auch der 
baubetrieb sei ordnungsgemäß gewesen. Dafür, daß die 
nettungsarbeiten nicht richtig geleitet und alle erforderlichen 
Maßnahmen ergriffen worden seien, könne keinerlci Beweis 
erbracht werden. — Das freisrrechende Urteil t hereite 
echts kräftig 
M————— ———— —— ————— 
Neueste Rachrichten und Telegraͤmme. 
Tagung der Deuischen Kolonialgeselnschaft. 
Stuttgart. 7. Juni. Aus Anlaß der Tagung der Deut— 
chen Kolonialgesellschaft fand heute abend im Residenzlschlosss 
Tafel statt, an der der Präsident der Gesellschaft, Herzog 
zohann Albrecht von Medlenburg-Schwerin, Regent von 
zraunschweig, mit Gemahlin, die Mitglieder der königlichen 
Familie, die Staatsminister, die obersten Hofchargen und 
die Mitglieder des Ausschusses der Deutschen Kolonialgesell— 
chaft teilsahmen. Während des Mahles hieß der König— 
den Herzog und die Herzogin sowie die Kolonialgesellschaft 
yerzlich willlommen und brachte auf das Herzogspaar undð 
die Kolonialgesellschaft ein Hoch aus. Der Herzogregent 
dankte dem König für den Empfang, für das den Be— 
trebungen der Kolonialgesellschaft entgegengebrachte Inter⸗ 
»ffe und schloß mit einem Hoch auf das Königspaar. 
Beendigung des Berliner Bäderstreiks. 
W. Berlin. 8. Juni. In einer stark besuchten Mitglieder⸗ 
»ersammlung des Bäder- und Konditoren-Verbandes wurde 
zestern die Aufhebung des Berliner Streiks befürwortet. 
Im die noch auf einem ablehnenden Standpunkt stehenden 
Meister gefügig zu machen, wurde nach Annahme des Be— 
ichsusses, den Streik für beendet zu erklären, die Fort— 
setzuna des Kleinkrieges empiohlen. 
Einzug Maderos in Mexilo. 
Mexiko. 7. Juni. Bei seinem heutigen Einzug in die 
ßauptstadt fuhr Madero zum Nationalpalast und von da zue 
Wohnung seines Vaters. Viele Vereine, politische Organi— 
ationen. Soldaten in Paradeuniform, Frauen in Wagen und 
aroke Volksmassen folgten dem Zuge. 
Die französischen Winzerunruhen. 
W. Bar⸗-sur⸗Aube, 7. Juni. Im Weinbaugebiet pflanmt' 
nehrere Gemeinden abermals auf den Rathäusern ».8 
Kirchen die rote Fahne auf. Verschiedene Inschriften erscheinen 
wieder auf den öffentlichen Gebäuden. In allen Dörfenn 
herrscht eine lebhafte Erregung. 
Der Verbleib des Ingenieurs Richter. 
W. Konstantinopek, 8. Juni. Bisher wurde weder ein— 
Spur von der Bande gefunden, die den Ingenieur Richter 
entführte, noch irgendwie wegen des Lösegeldes Fühlung 
gesucht. Richtig ist nur, daß die türkischen Behörden von acht 
Stellen aus geheime Nachforschungen veranlaßten, ohne daij 
his zur Stunde ein Ergebnis vorläge. (Lokalanz.) 
W. Verltin, 8. Juni. Als der 80jährige Schriftsteller 
Stettenheim gestern einen Fahrdamm überqueren wollte, 
wurde er von einer im schnellsten Tempo daherrasenden 
Radlerin umgerissen und überfahren. Der stark Blutende 
wurde in einer Droschke nach Hause gesahren. Die Aerzte 
tellten fest, daß er nur leicht verleßt wurde. 
W. Allitedt, 8. Juni. Bei einem Einbruch in das 
Amtsgerichtsgebäude erbeuteten die Diebe eine zwei 
zentner schwerte Geldkassette, die sie auf dem Felde auf— 
prengtsen. Aus Aerger darüber, daß ihnen nur einige hundert 
Mark in die Hände fielen, vernichteten sie wertvolle Bücher 
und Papiere. 
W. Dresden, 8. Juni. Im Ministerium des Innern wird 
die Exrichtung eines sächsischen Landesgesundheitsamtes er— 
—RVRB 5 — 
—W. Stockholm, 8. Juni. Bei Morrland sind etwa 
150000 Aar Waldbestände verbrannt. Zur Hilfe- 
leistung bei den Löscharbeiten wurden über tausend Soldaten 
hberandernogen
	        
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