Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

gerichtet worden sei, in der um die Einführung des Esperanto 
n den Handels- und kaufmännischen Fortbildungsschulen ge⸗— 
beten werde. Zum Schluß erörterte Redner in eingehender 
Weise eine Reihe von Propagandafragen. Schließlich wurde 
noch der Haushaltungsplan für 1911/12 festgestellt und ge— 
nehmigt. 
Nach Beendigung der Sitzung fand unter Führung von 
Mitglieder der hiesigen Ortsgruppe eine Besichtigung des 
Rathaufes, des Domes und des Heiligengeist— 
shospitals statt. Daran schloß sich ein Fostessen im 
Fermanistenkeller des Ratsweinkellers. Im Verlaufe desselben 
orachte Herr Dr. Mybs-Altona ein Hoch auf den Kaiser 
aus; Serr Patentanwalt Schaeff⸗Berlin weihte sein Glas 
dem Seenat und der Stadt Lübeck; Herr Stadtrat Stard⸗ 
Magdeburg toastete auf die Lubecker Esperantisten; Serr Syn⸗ 
dikus Dr. Kandt⸗-Bromberg feierte den Ehrenvorsitzenden 
und den Ehrenortsausschuhß des Kongresses; Herr Seminar⸗ 
hirektor Möbusz-Lübedk brachte den ausländischen Gästen 
ein Hoch dar; Herr Prof. Dr. Schmadt-Potsdam weihte 
sein Glas dem Autor des Esperanto, Dr. Zamenhof und Herr 
Kaufmann Istel-Wiesbaden togstete auf die Damen. Gegen 
7 Uhr erreichte die Festtafel, die mit Blumen, Maienzweigen, 
Farnblättern und buntfarbigen Standern geschmückt war, hr 
Ende. Danach begab man sich mit der Straßenbahn hinaus 
zur Forsthalle, wosebst dise Regimentskapelle konzertierte, 
der Wald durch Lampions und bengalisches Feuer wunderschön 
veleuchtet war, und der überaus herrliche Sommerabend den 
Aufenthalt im Walde zu einem gana besonders angenehmen 
machte. 
Die Esperantoausstellung in der Kactharinenkirche 
perdient wirklich die eingehendste Beachtung aller Kreise, die 
des Esperanto kundig sind oder die sich über diese Hilfssprache 
tin Urteil bilden wollen. Ein Gang durch die reich be— 
scchidten und Übersichtlich geordneten Abteilungen dieser Aus— 
tellung gibt dem Laien einen überzeugenden Aufschluß über 
den genialen Aufbau, den mannigfachen Nutzen und die schon 
Werraschend großze Verbreitung des Esperanto. Da finden 
vir zunächst Schriften, die die Notwendigkeit einer Welt⸗ 
prache dartun (zum Beispiel die geistvolle Broschüre des 
ßeheimrats Prof. Ostwald), wir finden Tabellen und Klar⸗ 
egungen über die Verbreitung der verschiedensten Sprachen 
vie über den Bau des Esperanto, Flugschriften aus aller 
Zerren Ländern, die die wirkuch verblüffende Einfachheit und 
zie geniale Leistungsfähigkeit der Hilfssprache aufdecken, und 
erner eine stattliche Anzahl Esperanto-Kehrmittel der 
Aerschiedensten Vöolker. Von der Fünfpfennig⸗Broschüre an, 
die schon die Kenntnis des Esperanto in elementarer Weise 
»ermittelt, bis zum eingehendsten Lehrbuch, das alle Fein⸗ 
zeiten dieser Sprache enthält, ist hier jedes Unterrichtsmittel, 
vie es das jeweilige Unterrichtsbedürfnis erheischt, anzutreffen. 
daß daneben auch Schlüssel wie Wörterbücher nicht fehlen, 
dersteht sich von selbst; von den letzteren ist vielleicht der 
echssprachige „Wortschatz“ von Professor Hecker besonders er⸗ 
vpahnenswert. Unter den Tabellen, die das Anwachsen des 
ksperanto zeigen, fällt eine von einem Lübeder sauber und 
nüuhsam hergestellts Karte auf, die die Orte verzeichnet, an 
denen sich Esperantogruppen (über 1700) befinden. Leider 
ist sie noch nicht vollständig, da der Osten und der Norden 
Europas auf der Karte noch nicht boarbeitet werden konnten. 
In einer weiteren Abteilung finden wir die Werbemittel 
der verschiedensten Länder für Esperanto und ferner eine schon 
erstaunlich große Sammlung von Zeitungen. Da grüßen 
iich friedlich die verschiedenartigsten Nationen und Rassen: 
Algier, Australien, China, Indien, Japan, Mexiko usw. haben 
neben den Kulturvölkern Europas ihre Sonder-Esperanto⸗ 
zeitungen gesandt. Ehrenvoll ist natürlich unser Vaterland 
vertreten. Wir finden ferner Zeitschriften sür Blinde, für 
Pädagogik, Literatur, Friedensbewegung, Sozialismus, Arbeiter 
isp. Und daneben wird ein stattlicher Auszug aus den 
krzeugnissen der schöngeistigen Literatur gebracht, über 
die die junge Hilfssprache beretts verfügt. Außer esperantisti⸗ 
chen Originalwerken aus vielen Teilen der Welt finden wir 
yortreffliche Uebersetzungen von Meisterwerken der französischen, 
nglischen. deutschen, italienischen, russischen, polnischen, 
armenischen usw. Literatur. Sodann fesselt uns eine kleine 
Zammlung von Musikalien, die einen verschwindenden 
Teil der Kompositionen ausmacht, die das Esperanto bereits be⸗ 
itzt. In der Abteilung Korrespondenz sehen wir, wie 
ꝛifrig Esperantisten aller Herren Länder untereinander korrespon⸗ 
dieren und wie ungemein fruchtbar Esperanto schon auf die 
Postkarten⸗Industrie eingewirkt hat. Ferner wird das Ver—⸗ 
zältnis zwischen Esperanto und der Wissenschaft 
clargelegt. Hier treffen wir Schriften von den verschiedensten 
Arbeitsgebieten der Wissenschaft an, der Philosophie, Vhysik, 
Heographie, Medizin usw. Wir sehen die Hilfssprache im 
Ddienste der verschiedensten Kulturbewegungen: der 
ztenographie, der Friedensbewegung, des Antialkoholismus, des 
‚Roten Kreuzes“ usw. Die Abteilung für Tourismus siellt 
zen Nutzen dieser Sprache für Reisende klar, indem sie eine 
zroße Anzahl von Führern durch Städte der verschiedenen 
Länder bringt, und zuletzt werden wir mit den Einwirkungen 
ieser Zamenhofschen Erfindung auf Handelund Industrie 
bekannt gemacht, indem wir außer zahlreichen Prospekten und 
Zatalogen in dieser Sprache noch verschiedenes andere an— 
reffen. Einem von den Besuchern besonders umstandenen 
Anziehungspunkt der Ausstellung wollen wir aber beim Hinaus⸗ 
jehen noch einen Blick zuwenden: einer Kollektion reizender 
Buphpen in den verschiedenen Nationaltrachten, die in einem 
Hlaskasten zu schauen sind. Anläßlich der Dresdener Puppen⸗ 
usstellung wandten sich Esperantistinnen mit einer entsprechen⸗ 
den Bitte an die „Samideaninoi“, worauf die hier ausge— 
tellten Puppen eingeschikt wurden. Die hochinteressante Aus⸗ 
stellung ist bis z2um Imenden Sonntaa uu besichtiden. 
V Die Feier des 100fährigen Bestehens des „Will⸗ 
lommens“ der Bäcergesellen⸗Brüderschaft am Pfingstsonntag 
aahm unter lebhafter Beteiligung auswärtiger Bruderschaften 
zinen sehr schönen Verlauf. Um 4 Uhr nachmittags versam⸗ 
nelte sich die Bäckergesellen-Brüderschaft mit den Abord⸗ 
uungen zahlreicher Brüderschaften aus Schleswig⸗Hollstein und 
Mecklenburg, die zum Teil auch ihre Fahnen mitgebracht 
jatten, im Vereinslokal in der Stavenstraße, und marschier— 
en von hier in festlicher Handwerkstracht — weißen Mützen, 
veitzem Oberhemd, dunklem Beinkleid und blauen Schärpen 
»der solchen in den Landesfarben — sowie mit dem großen, 
nit silbernen Schildern verzierten Willkommens-Humpen an 
»er Spitze, nach der Fleischhauerstraße, um dort die Meister 
wus ihrem Innungslokal zur Feier im Konzerthaus Lübed 
ibzuholen. Nachdem die Innung in den Festzug, in welchem 
pir 8 Fabnen zablten und an dem sich auch die hiesige 
ladargelellen Briderschaft beeillate— eingelteten war. b 
vegte sich der Zug unter den Klängen flotter Märsche nach 
em Festlokal hinaus. Infolge des herrlichen Sommer⸗ 
betters konnte die Jubiläumsfeler im Garten stattfindemn« 
zin herzlicher Willkommensgruß seitens des Vorsitzenden der 
zäckergesellen-Brüderschaft, Herrn Stricker, leitete die Feier 
in. Dann sang die Liedertafel der Bäckerinnung das Lied 
Bruder reicht die Hand zum Bunde“, worauf Fri. Müller 
inen poesievollen Prolog sprach. Dann nahm der Ober—⸗ 
neister der Bäckerinnung, Herr Kliefoth, das Wort und führte 
.ad. aus: „Leider fehlen nähere Daten und Urkunden, um 
eststellen zu können, wer den Willkomm seinerzeit gestiftet 
at, und zu welcher Jahreszeit und bei welcher Gelegenheit 
as Geschenk Abergeben worden ist; es steht nur darauf 
erzeichnet: „Dies ist der löblichen Weiß- und Festbäckergesellen 
yren Willkumpft gemacht im Jahre 1811. Zu der Zeit sind 
Atgesellen gewesen: V. W. Ludgens, J. C. Basow, C. 
zchulz, J. F. Wandt, F. Ahrtt, H. Dinse und als Büssen⸗ 
chaffer C. Hartung.“ Auf der vergilbten Fahne steht ge— 
eichnet: „Hans Berend, Möller, Möllerbüssenschaft. Anno 
753.“ Es ist nicht ausgeschlossen, daß im 17. und 18. Jahr⸗ 
zundert eine besondere Kollegialität zwischen Müllerbrüder⸗ 
chaft und der Bäckergesellenschaft bestanden hat. Wissen 
vir älteren Kollegen doch noch aus unserer Wanderzeit, 
»aß die Bezeichnung zwischen diesen beiden Gruppen als 
„Schwager“ galt, und wenn man sich auf der Landstraße 
»der Herberge traf, der Gruß galt „Hochschätz“ und ent⸗ 
regnet wurde „Klapperschütz“. — Aus den älteren lübeckischen 
zunftrollen, die von dem Staatsarchivar Wehrmann im 
zahre 1864 herausgegeben sind, ist zu entnehmen, daß 
„ie Brüderschaften im 13. Jahrhundert entstanden sind. 
Zie waren damals auf religiösen Grundlagen aufgebaut. 
auptsächlich sind es die Knochenhauer, Barbiere, Schmiede 
nd Bäder, die die größten Brüderschaften aufwiesen. Erst 
ach der Reformationszeit haben sich die Brüderschaften zu 
eselligen Vereinigungen umgestaltet, und es sind viele noch 
is zur Einführung der Gewerbefreiheit im Jahre 1867 be— 
lehen geblieben, so u. a. auch die Bäckergesellen-Brüderschaft. 
deider sind die alten Zunftsachen vielfach veräußert wor—⸗ 
en. So sollen z. B. in dem Altonger Museum besondere 
»ertvolle Sachen unserer hiesigen Malerinnung ausgestellt 
eiin. Auch von den früheren Gegenständen der Bäcerzunft 
saben Vexierbecher, zinnerne Krüge u. a. den Weg alles 
fFleisches wandern müssen. Einem besonderen Verdienst des 
soch jetzt lebenden Ladenmeisters C. Schacht und des da— 
aaligen Altgesellen Ernst Schmidt ist es zu verdanken, 
aß dieser 100jährige Willkomm vor Jahren der Brüder— 
haft zurückgegeben werden konnte.“ Redner betonte so— 
ann das gute Einvernehmen zwischen den Bäckergesellen 
ind ihren Meistern, sprach die Hoffnung aus, daß es auch 
erner so bleiben möge, und schenkte der Brüderschaft im 
Auftrage der Innung einen silbernen Schild zum Andenken 
ind Schmüchung des „Willkommens“. Namens des Stadit— 
ind Landamtes sprach sodann Herr Rat Dr. Vobger 
nd gab dem Wunsche Ausdruck, daß die Aufsichtsbehörde 
ie Veranlassung haben werde, Streitigkeiten schlichten zu 
iüssen, sondern der Brüderschaft stets nur helfend gegen— 
berzustehen brauche. Herr Obermeister Rosenquist sprach 
er Bäckergesellen-Brüderschaft die Glückwünsche der Ge⸗ 
erbekammer aus und verband damit den Wunsch, 
aß auch in den anderen Gewerben ein ebenso darmonisches 
zerhältnis zwischen Meistern und Gesellen herrschen möge 
ie bei den Bäckern und Schlachtern. Weiter ließen ihre 
zlückwünsche durch Abgeordnete aussprechen die Bäcker— 
esellen-Brüderschaften in Güstrow, Wismar, Schwerin 
nd Kiel, die zugleich je einen silbernen Schild zum Humpen 
henkten, ferner die hiesige Schlachtergesellen-Brü— 
erschaft, die Bäckergesellen-Brüderschaft in Rostoc so— 
zie die Herbergsmutter Gurke, die je einen Fahnennagel 
um Andenken überreichten, und endlich noch die Bäcker⸗ 
esellen-Brüderschaften in Husum, Flensburg und Neu— 
nünster. An diesen Festakt schloß sich ein Gartenkonzert; 
päter folgte ein Festessen, an welchem mehrere hundert 
zersonen teilnahmen, und ein bis in die frühen Mdorgen— 
unden währender Ball schloß die aufs schönste verlaufene 
zubelfeier. 
Das prachlvolle Pfmgstuelter hatte den Verkehr, der 
hon am Freitag und Sonnabend den ganzen Tag über unge— 
„öhnlich groß gewesen war, an den beiden Festtagen ins unge— 
iessene gesteigert. Schon in den frühen Morgenstunden waren 
m Sonntag und Montag die Landitraßen von Wanderlustigen 
evölkert; elektrische und Eisenbahnen waren kaum imstande. 
ie große Zahl dier dusflügler zu befördern, und auf den 
ampfern und Motorbooten, die den Verkehr zwischen Lübeck 
nd den Ausflugsorten Schwartau, Israelsdorf., Gothmund, 
adelügge uswp. sowie nach Travemünde und den olden— 
urgischen. holsteinischen und medcllenburgischen Ostseebädern ver— 
itteln, herrschte mehrfach ein fast lebensgefährliches Gewühle; 
er Automobilverkehr zwischen Hamburg, Berlin, Lübeck und 
avemünde war ebenfalls ein sehr starker. — Hamburg und 
mgebung stellten an beiden Tagen ein sehr großes Kontingent 
on Pfingstausflüglern, die namentlich Travemünde und 
ie holsteinische Schweiz sowie die oldenburgischen Ostseebäder 
evölkerten, aber auch über Lübed nach Ratzeburg und Mölln 
uhren. Die Lübecker selbst waren in hellen Scharen an die 
zee oder in die weitere Umgebung geslüchtet, um dem gewaltigen 
zerkehr zu entrinnen. Die Eisenbahn hat sast übermenschliches 
eleistet und übertrifft alles bisher dagewesene. Die neuen 
Jahnhofsanlagen in Lübech und diejenigen in Travemünde— 
ztrand kamen diesem großen Verlkehr sehr zustatten. Im all⸗ 
emeinen wickelte sich dieser infolgedessen recht glatt ab, wenn 
uch mancher Zug Verspätungen zu erleiden hatte, die sich z. B. 
im Montag (ab Travemünde 9,50 Uhr abds.) bis auf 20 Min. 
zelief. — Die Wagenabteile waren teils so stark besetzt, 
»aß bis zu 20 Personen in einem Abteil 2. Kl. eingepfercht 
haren. Dennoch wurde alles mit Humor ertragen, da ein 
eder froh war, überhaupt ein bescheidenes Plätzchen ge— 
unden zu haben. An die Betriebs⸗Beamten wurden 
adiesen Tagen überaus große Anforderungen geslellt, 
ie haben fast Abermenschliches geleistet. Der Umsicht und 
ꝛer Ruhe dieser Beamten ist es zu danken, daß sich der 
zerklkehr so ohne Unfall und glatt erledigte. — Außer den 
ahrplanmähigen Sonn- und Festtagszügen, die alle von sehr 
roher Achsenzahl waren, dienten zahlreiche lange Sonder⸗ 
dge dem Verkehr. Alles nur verfügbare Betriebsmaterial 
jar in Dienst gestellt, und dennoch reichte es nicht aus, 
rotzdem alle vorgesehenen Züge mit ihrer Höchstbelastung 
bgelassen wurden. — Wie uns aus Hamburg berichtet wird, 
var der Bahnsteig Z des Hamburger BSauptbahnhofs, von 
»em die Züge nach Lübeck und Berbhin abfahren, am 
Sonntag morgen um 10 Uhr von einer kompakten Menschen⸗ 
nenge besetzt, so daß kaum jemand die Treppen hinauf 
der hinunter kannte. Zeitweise waren hier in Lübeck die 
zahnsteige ebense übervöllert. — Travemünde wär 
eiden Pfingsttagen so besucht wie noch nie zuvor. Die 
kage der Kaiserregatten oder Rennen der früheren Jahro 
»urden, was den Verkehr anbetrifft, weit in den Schatten 
estellt. — Am Strand, im Kurgarten, 'in der Kaiserallee, 
uf der unteren und oberen Strandpromenade wimmelté 
s von Menschen, auf der blauen, leicht bewegten Seé 
ummelten sich viele Segler und Vergnügungsdampfer. Alle 
zotels und Restaurants waren überfüllt; die Wirte hatten 
Mühe, alle Gäste zu bedienen. Sie werden alle ein gutes 
sttinagstacschäft gemacht haben. 
STravemünde. 6. Juni.. Vom Pfinastverkehr. 
Man schreibt uns: Der Besuch an den beiden Pfingittagen, 
die bei Nordostwind von dem herrlichsten Wetter begünstigk 
varen, ist ein derart starker gewesen, wie kaum je zuvor, 
is war kein Logis zu haben, selbst die Wohnungen in der 
Itstadt sind sämtlich besetzt gewesen. Mehrfach haben die 
zinwohner den Gästen ihre eigenen Betten zur Verfügung 
estellt, um sich an den beiden Tagen einen Schilling zu 
erdienen (3 bis 4 Mupro Bett und pro Nacht). Trotzdem 
lle Hotels und Privatlogis bis auf den letzten Platz besetzk 
ewesen waren, hat die Unterkunftsmöglichkeit doch aicht aus— 
ereicht, so daß man mehrfach zu Strohquartieren hat Zu⸗ 
ucht nehmen müssen, um unterzukommen. Auch sind die 
trandkörbe am Strande in der Nacht vom ersten zum 
weiten Pfingsttage vielfach in abgekehrter Windrichtung besetzt 
‚ewesen, weil die jungen Leute in der Tat nicht unterzukommen 
erwochten. Auch letzte Nacht war am Strande ein fort⸗ 
vährendes Jubilieren und manche haben erst die Morgenzüg— 
zenutzt. um mieder von der See fortzukommen. 
deuefte Nachrichten und Telegramme. 
Ein neuer Austausch⸗Prof ssor in Behn. 
W. Neuwyork, 5. Juni. (Meldung der A'sockated-Preß.) 
der Professor für Geschichte an der Columbia-Universität-— 
Pilliam Sloane, ist für die Roosevelt-Professur in Berlir 
musersesen. 
Rich'er noch in Gefangen'chaft. 
W. Ima, 6. Juni. Ingenieur Richter, der am 28. Mai 
im Olympgebirge von Räubern gefangen genommen wurde, 
— — 
die Bemühungen, die Spur der Räuher azu verfolgen, waren 
isher resultatlos. 
die britißke Reichskenferceuz cenn die Konkurtenz ausländisch:es 
Schiffer. 
W. Londen, 6. Juni. Nach dem amilichen Bericht übet 
zie Verhandlungen der Reichskonferenz, beschloß diese am Frei— 
ag einmülig, es für wünschenswert zu erklären, daß der un— 
llige Weitbewerb fremder subventionierter Schiffe mit der 
zritischen Schiffahrt verhindert werde. 
Berlebeng im Hause Rothjichisd. 
W. Wicen, 5. Juni. Die einzige Tochter-des verstorbenen 
Zarons Albert Roihschild, Baronesse Valentine Rothschild, wird 
ich, wie einewm Privat-Telegramm aus Wien zufolge das 
steue Wiener Journal mitteilt, im August mit dem Londoner 
Bankier Sptͤnger, einem Verwandten des Wiener Großindu— 
triellen Baron Gustav Springer, verheiraten. Die Mitgift 
der Braut wird auf 150 Millionen Kronen geschätzt. 
Dicbstahl auf der Tueiner Ausstellung. 
Turin, 5. Juni. Der französischen Modefirma Jungmann, 
zie im französischen Pavillon der Ausstellung kostbare Roben 
russtellt, wurde cine kostbare Chinchillarobe im Werte von 
30 000 Fr. aus einer Kiste gestohlen. Das französische Ko— 
nitee beschwerte sich bei der italienischen Regierung. 
Annahme der griechischen Verfassungsrevision. 
W. Athen, 6. Juni. Die Kammer nahm gestern unter 
ebhaftem Beifall in der Gesamtabstimmung die Revision der 
Berfassung an. 
Der türkijchhe Sultan besucht Saloniki. 
W. Konstanticophl, 5. Juni. Der Sultan Yt nachmittags 
in Bord des Panzerschiffes ‚Barbarossa Chaireddin“ nach Sa— 
oniki abgefahren. Die kaiserlichen Prinsen, der Khedive, das 
iplomaiische Korps, die Spitzen der Behörden und eine große 
Rsienschenmenge hatten sich engefunden. Die Schuljugend war 
nit Musik und Fahnen erschienen und brachte dem Sultan 
ürmische O valionen dar. Im Gefolge des Sultans befinden 
ch zwei Söhne, der Großwesir, der Marineminister, der Unker⸗ 
ichtsminister, der Minister des Innern, der frühere Finauz- 
uinister Dschawid Bey und verschiedene Hofwürdendräger. Die 
zanzerschiffe ‚Torgut Reis“ und „Messudije“, der Kreuzer 
Medschidaje“, eine Panzerkorveite und zwei Torpedoboote be—⸗ 
leiteten den Sultan, der vor dem Einlaufen in Saloniki 
devue über die Schiffe abhalten wird. Die Blätter heben 
ie politische Bedeutung der Reise hervor. Während der Reise 
ührt der Scheik uel Islam den Vorsitz im Ministerrat, im 
brigen wird der Großwesir vertreten durch den Justizminister. 
der Kriegsmänister, der den Sultan ebenfalls begleiten sollte, 
erschob, wie verlautet, im lekten Augenblick die Reise auf einen 
pöteren Zeitpunkt. 
Luftfahrt. 
W. Flugplatz Johannisthal, 5. Juni. Am heutigen 
weiten Tage der nationalen Flugwoche erreichte 
ei den Flügen mit einem Passagier König die beste Zeit in 
.Stunde 21 Minuten. Jablonsky flog 1 Stunde 10 Minuten 
ind Schendel 26 Minuten. Flüge ohne Passagiere vollführten 
er Leutnant Jahnow (1 Stunde 12 Minuten), der zu scharß 
andete und das Untergestell brach, er selbst aber unverletzt 
lieb; Kahnt (1 Stunde) und König (57 Minuten). Die 
ttößte Höhe erreichte Vollmöller auf einem Rumpler-Etrich- 
lpparat mit 1870 Meertn. Er schlug damit den bisherigen 
eutschen Höhenrelord mit 1561 Metern, aufgestellt von 
Bincziers. Jahnow erreichte 1520 Meter. Gestern erreichte 
ßollmöller ungefähr 1120 und Schendel mit einem Passaaier 
twa 900 Meter. 
W. Nizza, 5. Juni. Von dem Flieger Bague, der um 
Uhr früh in der Richtung nach Korsika abgeflogen ist, war 
is zum späten Abend keine Nachricht eingegangen. Da Vaque 
Brieftauben mitgenommen hat, befürchtet man, daß der Flieger 
erunglückt ist und die Brieftauben nicht in Freibeit setzen 
annte 
W. Steinheim (Kreis Höxrter), 5. Juni. Vorgestern sind 
hier neun Wohnhäuser niedergebrannt. Elf Familien 
ind obdachlos. Der Schaden wird auf mehrere hundert— 
ausend Mark geschätzt. 
W. Lund, 5. Juni. In dem Landstädtchen Hagen sind 
heute abend durch einen verheerenden Brand neun Gehöftée 
ndeässchert worden
	        
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