Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

—33 —6 M 
Ausgabe A. Freitag. den 26. Mai 191. 
5 * 58 * E — —2 * 
A F 38 * 
385 7 — V⏑— 7 B 3— 4 
—— —⏑ — —3 
18 —I 3— 
— 2 * un — —3 * 
* 2 , 
44 
2 
Abend⸗Blatt Ur. 263. 
— 
Aus den Nachbargebieten. 
Schles wig⸗Holtein. 
Kiel, 26. Mai. Der Wohnungsüberschuß Kiels 
jat jetzt das zweite Tausend erheblich überstiegen. Wahrend 
Ihr einem Jahtzehnt eine schwere Wohnungsnot bestand, hat 
die amtliche Feststeilung ergeben, dah die Zahl der leerstehen den 
Wobnungen allmählich auf 2328 angewachsen ist. Die Bau⸗ 
rätigkeit wird lediglich durch die Gartenstadtbewegung und 
die Flucht in die Vororte belebt, da dort erheblich günstigere 
Steuerverhältnisse bestehen, als in den älteren Stadttetlen. — 
Drückende Armenlasten. Wie sehr die wirtschaftliche 
Ungunst in Kiel die Armenlast sleigert, ergibt sich daraus, daß 
sie im letzten Jahre 795 000 Megegen 708 000 M im Voriahr 
betrug. Dabei ist eine nennenswerte Vergrößerung der Stadt 
nicht eingetreten. 
Itzehde, 26. Mai. Funfzig Jahre im Armen-— 
hause zugebracht hat hier die 68jährige Julie Evers, im 
Volksmunde „Jule aus dem Armenhause“ genannt. Die Alte, 
die von Jugend auf geistig zurücgeblieben und beschränkt 
arbeitssähig war, verrichtete mit großer Treue verschiedene 
Bolengange. Vom Armenkollegium wurde ihr ein Lehnstuhl 
geschenkt. — Auch ein-Zeichen der Zeit. Als am 
jeßten Sonntag zwei hiesige Damen dem Hauptgottes dienst in 
der Kirche in Münsterdorf anwohnen wollten, wurde ihnen 
hie Mitteilung gemacht, daß der Gottesdienst wegen Mangels 
an Zuhörern ausfallen müsse. 
Eiderstedt, 26. Mai. Eine „fürstliche' Belohnung. 
Vor einigen Tagen verlor ein Landmann auf dem Wege nach 
Garding einen Geldbeutel mit 400 M. Ein Maler fand den 
Beutel und händigte ihn dem Eigentümer wieder aus. Dieser 
griff in seine Brusttasche und überreichte dem ehrlichen Finder 
in seiner Freude als „Belohnung“ — eine Zigarre. 
Tondern, 26. Mai. Der Lehrerlegatprozeß der 
Gemeinde Lindholm hat sein Ende gefunden. 1842 war der 
Gemeinde von dem Hofbesitzer Nissen ein Legat von 8000 
Talern zugefallen mit der Bestimmung, daß die Zinsen dem 
jeweiligen Lehrer zufallen sollen, damit die Gemeinde stets 
einen küchtigen Lehrer erhalten könne. Nach der Einführung 
des neuen Lehrerbesoldungsgesetzes rechnete die Gemeinde dem 
Lehrer den Zinsenbetrag von 842 Mauf das Grundgehalt 
an. Der Lehrer strengte jedoch eine Klage auf Auszahlung 
der Zinsen neben dem vollen Grundgehalt an mit der Be— 
gründung, daß der Erblasser nicht der Gemeinde, sondern dem 
jeweiligen Lehrer den Betrag habe zuwenden wollen. In der 
setzten Instanz wurde die Klage mit der Begründung abge⸗ 
wiesen, daß heutzutage eine besondere Zuwendung zur Heran⸗ 
ziehung eines guten Lehrers nicht mehr nötig sei. Der Kläger 
hatte noch geltend gemacht, daß das Vermächtnis auch auf 
die heutige Zeit passe, da die Landflucht der Lehrer noch 
groß sei. 
Großzherzogtum Oldenburg, Fürftentum Lubes. 
sr. Eutin, 26. Mai. Guts verkauf. Das dem 
Futsbesitzer Meyer gehörige, 560 To. große Gut Kiekbusch ist 
mit allem Zubehör an den Gutsbesitzer Gerig aus Wandsbek 
der früher einen Hof in Maienfelde hatte, verkauft worden. 
— Rerkauft hat Bäckermeister Schümann in Nüchel sein 
Gewese nebst Bäckerei an seinen Sohn. 
ESchwartau, 26. Mai. Gefährdung des 
Waldes. Von der Wollaus, diesem gefährlichen Baum⸗ 
schävbling, sind in den hiesigen Waldungen besonders die 
Bucheubestände im Holstenlager nach der Peterstraßenseite be—⸗ 
fallen, so daß schon im letzten Winter erhebliche Baumschläge 
vorgenommen werden mußten. In der letzten Versammlung 
tes Bürgervereins wurde der Befürchtung Ausdruck gegeben, 
daß, wenn weitere Abholzungen erfolgen müßten, das wieder⸗ 
holt aufgetauchte Gerucht, der Fiskus beabsichtige, diesen Wald— 
teil niederzulegen und zur Bebauung aufzuschlieben, seine Be— 
itätigung finden könnte. Es herrschte Uebereinstimmung darüber, 
oaß eine solche Maßnahme den schärfsten Protest der Gemeinde 
erausfordern müßte. da mit einer Beseitigung auch nur 
Teile des Waldes unserem Kurort die Lebensader unterbunden 
vpürde. — Marktbrunnen. Zwecks Stellungnahme zu 
der Erwerbung des vom Bildhauer Professor Peterich, einem 
Sohn unseres Ortes, entworfenen Monumentalbrunnens fand 
estern im Hotel „Germania“ eine öffentliche Versammlung 
latt. Der Vorsitzende, Gemeindevorsteher Dr. Gleiniger, hielt 
ie Etwerbung des Kunstwerkes für sehr erstrebenswert, aller⸗ 
ings könnten öffentliche Mittel hierzu nicht in Anspruch ge⸗ 
ommen werden, da die Gemeinde zunächst dringendere soziale 
lufgaben zu lösen hätte, als Schaffung einer Flußbadeanstalt, 
Turnhalle, Kinderbewahranstalt uspv. Von anderer Seite 
vwurde angeregt, die Mittel von privater Seite und eventuell 
zus Erträgnissen der Kurtaxe zu beschaffen. Eine Kommission 
vurde mit der weiteren Verfolgung der Angelegenheit betraut 
die Versammlung war leider nur schwach besucht, wie über⸗ 
Jaupt unverkennbar ist, daß das Interesse an der weiteren 
Ausgestaltung unseres schönen Marktplatzes seit der im Winter 
erfolgten Verunstaltung der prächtigen Linden sehr im Schwin⸗ 
den begriffen ist 
D 
G. Die Greisin ist anscheinend in einem Wahnanfall nachts 
ausgestanden, nach dem Glambecker See geeilt und ins Wasser 
agelausen. Ein Wächter, der das Vorhaben von weitem be— 
merkt hatte, eilte zur Hilfe herbei und holte die Frau aus 
dem See heraus. Wiederbelebungsversuche hatten aber keinen 
krfolg. 
Sportnachrichten. 
w Berliner Frühjahrs⸗Segeiwoche. Bei der offenen Wett⸗ 
fahrt des Kaiserlichen Jacht-Klubs am 20. Mai erhielten 
Preise in per Nationalen Jollenklasse: „Halli Hallo J. 
„Ahasver“ II. „Atout II“ III. Bei der Nationalen Wett⸗ 
ahrt auf dem Wannsee und der Havel am 21. Mai erhielten 
Preise in der Nationalen Jollenklasse: „Blachand Blue“ L. 
„Ahasver“ II. „Halli Halto“ II., „Kärrekiek“ IV. 
Bei der dritten Wettfahrt auf dem Wannsee erhielten Preise 
in der Nationalen Jollenklasse: „Ahas ver“ J. „Halli 
SHallo“ II. „Phirist er“ III. „Ontkel Arnold“ IV. 
sr. Rennen zu Leipzig, 26. Mai. Lipsia. Silberner 
Zchild und 10 000 M. Lt. F. v. Zobeltitz' Erzherzogin (Bes.) 1.. 
Syncopate 2. Small Boy 3. Tot.: 38: 10. Pl. 22, 31: 10. 
sr. Rennen zu Hamburg⸗Großz⸗Borstel, 25. Mai. I. 
Fürstenbergs Aeronaut (Warne) LJ., Lobelia 2. Jupiter 3. Tot.: 
16: 10. II. Fürstenbergs Stigma (Locht) * L., Graf Seidlitz⸗ 
Sandreczkis Narses ̃ 1., Saubenlerche 3. Tot.: 121 (Stigma), 
20 Marses): 10. Pl. 42, 16,16: 10. III. Balduins Gallier 
Weatherdon) 1., Oos 2., Irokese 3. Tot.: 19: 10. Pl. 13, 
7: 10. IV. A. Webers Boulanger (Goff) 1., Herzog II 2. 
Tourbillon 3. Tot.: 50: 10. Pl. 16, 21, 12: 10. V. Bor— 
teler Handikap, 10 000 M. A. v. Köppens Werra II (Deimans) 
., Papyrus 2., Erbschaft 3. Tot.: 25: 10. Pl.: 14, 12: 10. 
II. J. Laus' Cousin Bob (Blades) J., Hafstig 2. Ria 3. Tot.: 
38: 10. Pl. 21, 21, 23: 10. VII. Hauptgestüt Graditz' Novelle 
(Warne) L., Tristan F 2. Don Cesar * 2. Tot.: 18: 10. Pl. 11. 
3, 5: 10. 
Deu tfch⸗? ster reichisch· Motorbooifahrt. Magdeburg. 
24. Mai. Die kleinen Havarien, die einzelne Boole an Pro— 
pellerbrüchen und -Beschädigungen auf der gestrigen Etappeée 
erlitien, konnten im Laufe des Abends ausgebessert werden, 
ind heuie vormittag setzte die noch fast vollzählige Flottille 
hre Fahrt elbabwärts bis Parcy und dann durch den Plaueschen 
Kanal nach Brandenburg, der vorletztien Etappensta ion, fort. 
Das von der Stadt Magdeburg im Friedrich-Wilhelms-Garten 
gegebene Fest verlief glänzend, wenn auch die Illumination 
und das Feuerwerk verregneien. Die ganze Gesellschaft Magde— 
zurgs war vertreten. Unter den Anwesenden bemerkte man 
den Oberpräfidenten v. Hegel, der in einer Ansprache den 
naiionalen Charakter der Veranstaliung betonte, die dazu bei— 
tragen werde, die Bundesgenossenschaft beider Völker weiter 
zu bekräfligen. Sene Worie klangen aus in ein Hoch auf 
Kaiser Franz Josef Und Kaiser Wilhelm II. Oberbürger— 
neister Reimarus begrüßie die Fahriteilnehmer und heb 
die Entwicklung des Motorbootsports hervor, der jetzt die 
Stelle einnehme, die ihm längst gebühre. Dr. Lautin über. 
nahm es, an Stelle des durch die Strapazen der leßten Tage 
etwas indispon'erten Admirals Aschenborn, den staallichen und 
städtischen Behörden. sowie dem Magadeburger Automobililub 
zu da nken. 
Lauenburg. 
R. Ratzeburg, 26. Mai. Bürgermeister a. D. 
Tronnier ist im Alter von 53 Jahren gestorben. — Sein 
zojähriges Dienstjubiläum feierte dieser Tage unter 
allseitigster Anteilnahme der 88jährige Küster der Domkirche. — 
Zein 5s0jähriges Militärjubiläum feierte gestern 
darl Jiske hier. Er trat am 25. Mai 1861 als Musiker in 
das 14. dänische Inf.-Kgt. ein und gehört seit 1877 der 
Lauenburgischen Veteranensektion an. 
Gudow, 26. Mai. Unglücksfall. Mittwoch morgen 
cheuten die Pferde des Hufners Grader und gingen mit dem 
Wagen durch. Der 20jährige Sohn wurde überfahren. Er 
rlitt außer Quetschungen eine klaffende Wunde am Fuß. Es 
nußte sofortige ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden. 
Aumäühle, 26. Mai. Einen einzig in seiner Art 
tugelegten „Waldfriedhof“ wird die hiesige Kirchen— 
semeinde erhalten. Der Kirchhof wird im sogenannten Viert— 
usch, inmitten des Sachsenwaldes, angelegt. Um jedoch den 
cbarakter eines Waldfriedhofes zu bewahren, bleiben die 
Bäume nach Möglichkeit bestehen und werden durch Neu— 
mpflanzungen ergänzt. Kirche und Psarrhaus erhalten am 
Börnsener Weg ebenfalls im Sachsenwald ihren Platz. In 
zochherziger Weise hat die Frau Fürstin v. Bismarck das er—⸗ 
lorderliche Gelände der Kirchengemeinde zur Verfügung gestellt. 
Großherzogtümer Medllenburg. 
Rostock, 20. Mai. Von seinem eigenen Fuhr— 
verk totgefahren wurde der Kutscher Engel. Er wird 
vahrscheinlich zu Fall gekommen und dabei unter den Wagen 
seraten sein, denn die Räder sind ihm, während die Pferde 
hren Weg fortsetzten, über den Kopf gegangen, so daß der 
Tod auf der Stelle eingetreten ist. 
Wismar, 26. Mai. Tödlicher Unglücksfall. Ein 
Arbeiter, der seiner Tochter des Abends die Betten vom Dach 
half, wurde plötzlich vom Schwindel befallen und fiel so 
inglüdlich die Treppe herunter, daß er das Genick brach. 
der hinzugerufene Arzt konnte nur den sofort eingetretenen 
Tod konstatieren. 
Friedland, 26. Mai. Verschwunden ist seit 
nehreren Tagen der etwas schwachsinnige 15jährige Sohn des 
Arbeiters Panschow im benachbarten Graf Schwerinschen Gute 
Zinzow. Alle Nachforschungen sind bis jetzt resultatlos ver— 
aufen. 
Schönberg, 26. Mai. Landtagswahl im Fürsten— 
dum Ratzeburg. Nachdem der Schulze Hartmann in Demern 
ie auf ihn gefallene Wahl eines bäuerlichen Landtagsabgeord⸗ 
ieten für die erste Abteilung der Bauernschaften in der 
Zogtei Stove abgelehnt hat, ist von der Landvogtei hierselbst 
ine Neuwahl auf Freitag, den 23. Juni, im Becmannschen 
Hasthofe zu Carlow angeordnet worden. 
Neustrelitz, 20 Mai. Ihrem Leben ein Ende 
remaöocht hat die etwa 75 Jahre alte Frau des Rentners 
Vermischtes. 
Ueber die Wärmestauung unter dem Hut gibt, wie wir 
der National-Zeitung entnehmen, eine graphische Stizze auf 
der Hygieneausstellung in Dresden folgende inieressanie Dar— 
tellung. Bei einer Außenwärme von 60 Grad Celsius beirägt 
die Wärme unter der Kopfbedecdung bei der Jagdklubmütze 
7 Grad, dem Helm 363 Grad, der englischen Mütze 340 Grad, 
em steifen schwarzen Hut 332 Grad, dem Zylinder 32 Grat 
dem weichen Filzhut 30 Grad, dem leichten Strohhut 263 Grad, 
dem Vonomohf 2534 Grod 
zür unsere Frauen. 
Was die Mode bringt. 
GPariserBrief.) 
rem. Am Blumenmarkt der Madelaine in Paris stehen 
Körbe und Wagen voll frischer, duftender Frühlingsblumen, 
die so billig sind, daß sich arm und reich in zärtlichen Händen 
den Frühling ins Haus trägt. Durch den Blumenschmuck, der 
ich auch an allen Balkons und Fenstern der Stadt zeigt, erhält 
das Straßenbild eine anmutige Note, und ungemein inter—⸗ 
essiert wenden wir uns den ausgestellten Nouveautss der Mode—⸗ 
jalons zu, die immer wieder unser Staunen erregen durch die 
Mannigfaltigkeit der Formen und die gewagte Zusammen— 
tellung der Farben. Wir suchen darin nach einem Spiegelbild 
»es Pariser Zeitgeistes, denn nichts reagiert so feinfühlig auf 
den Zeitgeist, wie die Mode. Hierbei muß gesagt sein, dah die 
vornehme Pariserin stets dadurch erkenntlich wird, daß sie in 
der Modeerscheimmgen Flucht die seine Mittellinie zu halten 
versteht, also den vornehmen Geschmad offenbart; und wir 
können uns nicht verhehlen, daß gerade in den letzten Jahren 
sich die Kleidung unter den Händen der grande dame zu einer 
sensationellen Kunstübung entfaltet hat. 
Das Allerneueste auf dem Gebiete der Aermelmode ist der 
von Béschoff⸗David, dem Erfinder des Hosenrockes, in den 
letzten Tagen lancierte Manche-crinoline. Es ist dies ein in der 
gewohnten Weise bis zum Ellenbogen reichender Ktmono⸗Aermel, 
der sich dort etwas verengt und sich dann in einem angesetzten und 
in Form geschnittenen Volants wieder weit ausdehnt. Der 
Manche-erinoline ist äußerst kleidsam fliür den Arm und därfte 
sich bald Freunde erwerben. — 
Den extravaganten Schnitten der diesjährigen Sommor⸗ 
roben entspricht auch das verarbeitete Material. Die Seide hat 
das Leinen ganz verdrängt, man sieht mir noch vereinzelt 
zier und da ein Leinenkleid und wird auch im Hochsommer nicht 
djel davon zu sehen bekonimen. Foulardstoffe in Munktmustern 
nit abstechenden breiten Seiden borbiren sinð beliebt; ala 
Zrit mag immerhin der Seidenstoff gelten, und ganz be— 
sonders hübsch sind rote Streifen auf blauem Seiden-Fonds. 
Zur Bekleidung des luxuriösen Sonnenschirmes wählt die Mon—⸗ 
daine dann denselben streifigen Seidenstoff und überspannt 
»en Schirm mit schwarzem, gefalteten Tull, der am Stocdh 
vie eine Rusche zusammengenommen ist. 
Noch zu Anfang der Saison behaupteten die großen 
lassischen Hutformen ihren Platz auf dem Haupte der Frau, 
venn es auch als notwendig galt, für die Straßentoilette 
inen kleinen Hut zur Hand zu haben. Jetzt aber ist die 
leine Type unumschränkte Siegerin und nur ganz vereinzelt 
rreten große Formen auf. 
Eine kleine, schmalrändrige Form, „Astrologue“ benannt, 
ist sehr on vogus. Man hat den Rand schwarz und den Kopf 
veiß und mit weihen Aehren, Flieder vder Straußenfedern 
imhüllt. Aber auch umgekehrt wird eine gute Wirkung er⸗ 
ielt, indem man den Rand mit weißer Seide abfüttert und den 
Kopf in Schwarz hält. Sehr schön war ein Astrologue in 
Violett, der Rand mit dunkel-⸗violettem Sammet umkleidet, 
der Kopf mit weißem Sammet überzogen und ganz mit bunter 
Wide oder weißem Flieder umhüllt. Es lassen sich hier feen⸗ 
jafte Wirkungen erzielen. Die neuesten Modelle des Astro— 
ogue haben einen weniger hohen und etwas abgestumpften 
Ropf, den man oft nur mit einer abstechenden koketten Sam⸗ 
netschleife und einem dito Stutz garniert. Auch ein sehr ori— 
inelles, kleines tschakoförmiges Modell findet großen An—⸗ 
lang. ebenso eine kleine schwarze Form aus spanischem Stroh, 
»ie hinten mit weißem Mailintüll ausstaffiert ist. Die Tusi— 
garnierung gelangt überhaupt in auffallend reichem Maße 
zur Verwendung. 
Der Frühling hat die kleine Hutform gebracht, aber der 
Sommer ist stets der Verbündete des großen Blumenhutes, der 
darum nur für kurze Zeit vom Damenkopfe verbannt ist. 
6G. K. 
Eine Königin zur Kleiderfrage 
Beil dem immer steigenden Luxus der Frauenkleldung, die 
heute vielfach ihre Werte nicht in ver Schönheit und Har—⸗ 
monie, sondern in der Kostspieligkeit sucht, hat ein Brief, den 
die königliche Dichterin Carmen Sylva vor einiger Zeit an die 
Herausgeberin der „Neuen Frauenkleidung“ richtete, Interesse 
und Bedeutung. Carmen Sylva spricht darin nicht nur der 
Bewegung zur künstlerischen Reform der Frauen— 
tracht ihre Sympathie und Anerkennung aus, sie nimmt 
auch perfönlich Stellung zu der Frage, wie wir Frauen unsere 
Kleidung gestalten sollen, wenn sie schreibt: 
Sehr verehrte Frau! 
Hier kommt ein kleiner Artikel für Ihre Zeitung, die mir 
große Freude macht, wie die ganze Bewegung in Deutschland 
nach passender Kleidung. Vielleicht wirft mein Artikel ein 
etwas neues Licht auf die Kleiderfrage. Man ist im all— 
zemeinen nicht so sehr in der Lage wie ich, Rassen und ihre 
Verschiedenheiten zu studieren. Ich schicke Ihnen auch meine 
etzten Bilder mit, weil die in einer gewissen Weise meine 
hedanken illustrieren und ich Gott sei Dank nicht zu sagen 
hrauche: Vit nach meinen Worten und nicht nach meinen 
Werken! Ich versuche, anständig alt zu werden! Die Kleider— 
rage halte ich für so sehr wichtig. Sie bedingt unsere ganze 
Zukunft, denn wir werden nicht mehr genug heiraten, nicht 
nehr genug Kinder hervorbringen, wenn die Kleider nicht 
»ereinfacht werden. Die Frage ist viel ernster und wichtiger. 
ils die meisten Menschen denken. Tie Frauen, die 600 Franken 
ür einen Hut ausgeben, sind viel gröhere Sünderinnen als die— 
enigen, die man so zu nennen beliebt, denn sie verleiten zur 
Sünde. Die Männer werden unredlich, weil sie die Kleider 
nicht bezahlen können. Gott! Wenn ich denke, wie niedlich 
unsere alten Kattunkleidchen aussahen, und wie mir Fräulein 
Lavater erzählte, daß sie zwölfmal mit demselben Tarlo— 
lanekleid, das sie mit wollenen Pois gestickt hatte, auf dem 
Ball war. Wir werden doch noch wieder einfach werdent 
ks wird eine Zeit kommen, in der man sich förmlich nach 
kinfachheit sehnen wird und einmal wieder versuchen, ob ein 
unges Mädchen im Kattunkleid mit langen Zöpfen nicht am 
zllerschönsten ist! Elisabeth.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.