reichende Zeit zur Verfugung stehen u, Am dich au ven
Wechsel der Verhältnisse vorzubereite.
Daß das findigs ostäsiatische Inselvoll uns einmal han⸗
delspolitisch unbequem werden würde, war vorausszusehen.
Nicht umsonst hat es jahrzehntelang seine Söhne auf unsere
technischen Hochschulen und in unsere Industriebezirke ent—
sandt, und wo es sonst etwas zu lernen und auszuspionieren
gab. Sie kauften nichts, sondern sahen sich alles nur an
und erlauschten die Geheimnisse der Fabrikation; dann fuhren
sie flugs nach Japan zurück und fabrizierten selbst. Große
Aufträge hat Deutschland nie von Japan erhalten, wohl
aber von China. Wir müssen nun sehen, wie wir uns
mit der fremden Ausnutzung unserer technischen Kenntnisse
und Fertigkeiten am besten abfinden.
—XD
lungen mit den meisten Staaten erheblich im
Vorteil, weil es von diesen mehr Waren einführt, als
es dorthin ausführt. Zu diesen Staaten gehört auch Deutsch—
land. Unsere Einfuhr aus Japan im Jahre 1909 betrug
etwa 30 Millionen Mark (10 Millionen mehr als im Vor—
jahr), unsere Ausfuhr nach Japan, obwohl sie anhaltend
fällt, doch noch immer 77 Millionen. Das Verhältnis wird
sich im Jahre 1910 für Japan etwas weiter verbessertl
und für uns etwas weiter verschlechtert haben; immerhin
werden wir wohl noch doppelt so viel nach Japan aus—⸗
führen, als dieses nach Deutschland ausführt. Es muß
uns also daran liegen, uns dieses Absatzgebiet zu erhalten.
Andererseits hat auch Japan einen guten Markt in Deutsch⸗
land gewonnen, den es gefährden würde, wenn es uns
micht diejenigen Zollerleichterungen gewährt, auf die wir
Gewicht legen. Wenn das Meistbegünstigungsverhältnis fort⸗
dauern soll, werden wir ja Anspruch haben auf die Zu—
geständnisse, die bereits an Großbritannien gemacht worden
jind. Aber ob diese Zugeständnisse uns genügen können?!
Jedenfalls besteht im Reichstage das Bestreben, unseren
Konventionaltarif nur noch denjenigen Staaten zu gewäh—
ren, die uns vollwertige Zugeständnisse zu bieten bereit
find. Daß auch die Regierung der Zukunft nicht mit Sicher—
heit entgegensieht, geht daraus hervor, daß sie bereits
Vorsorge trifft für den Fall einer Ablehnung des abzu⸗
schließenden Handelsvertrages durch den Reichssstag: In diesem
Falle solle der neue Handelsvertrag spätestens am 31. Dez.
1912 wieder außer Kraft treten.
Inland und usland.
Deutsches NReich.
Uebersiedelung des Kronprinzen nach Danzig. Auf Ver—⸗
aunlassung des Kaisers begaben sich heute, Freitag, früh von
Berlin nach Danzig: der Hausmarschall des Kaisers, von
Lynker, Direktor der Schloßbaukommission, Oberhofbaurat
Geyer, Geheimer Hofbaurat Buro, ferner ein Architekt der
Schloßbaukommission, außerdem Hofdekorateur Seybel und
der Hofmarschall des Kronprinzen, Graf Bismarck-Bohlen.
Die Beamten werden die in der Hauptsache zu Langfuhr für
den Aufenthalt des Kronprinzen und der Kronprinzessin ge—
mietete Villa der Frau v. Dippel besichtigen und Anord—
nungen wegen notwendig werdender Umbauten treffen. Ferner
soll das Schloß in Oliva auf seine Bewohnbarkeit geprüft
werden. Es ist auch in Aussicht genommen, das Par—
terregeschoz3 des Schlosses herzurichten; außerdem soll der
Schloßgarten einige neue Anlagen erhalten. Den Hauptschmuck
wird eine Riesenfontäne bilden.
Die Vorberatung des deutscheschwedischen Handelsvertrages.
Die 23. Kommission des Reichstaägs zur Vorberatung des
deutsch⸗schwedischen Handelsvertrages hat sich konstituiert und
zum Vorsitzenden den Abg. Speck (Zentrum), sowie zum Stell—⸗
vertreter des Vorsitzenden den Abg. Frhrn. v. Gamp ge⸗
wählt. Die Kommission wird heute, Freitag, ihre Beratungen
beginnen.
Der Entwurf für die Privatbeamtenversicherung, der dem
Reichsstage vor einigen Tagen zuging, ist in der gestrigen
Nummer des Reichsanzeigers veröffentlicht worden.
Vertagung des Reichstages. Dem Reichstag ist der An—
trag zugegangen, zur Vertagung des Reichsstags bis zum
10. Oktober 1911 die verfassungsmähßige Zustimmung zu er—
leilen. Ferner ist dem Reichstag ein Gesetzentwurf zuge⸗
zgangen, wonach die Mitglieder des Reichsstages für die
Monate Oktober und November 1011, falls der Reichstag
A
bauten. An solchen Gehöften war die ganze Reiterschar vorüber⸗
geritten und bemerkt worden.
Mochten nun auch viele Müncheberger die Ansicht des
Garnmeisters nicht preisgeben, so kam doch bei den Verstän—
digeren, namentlich bei den Ratsherren die nüchterne Meinung
zum Durchbruch, daß hier einfach eine Entführung vorliege,
ohne jede Zauberei und Hexerei. Und ohne daß jemand
sagen konnte, aus welcher Quelle er seine Nachrichten geschöpft
hätte, entwickelte sich immer stärker die Ueberzeugung, daß
die Seele des ganzen Werkes niemand anders gewesen wäre,
als Wendelin. Von da aus war es dann nur ein kleiner
Schritt zu der Ansicht, daß die Beziehungen Wendelins zu
Beate nicht erst seit dem Tage der Entführung bestanden
hätten. Ja, wie das bei solchen Dingen zu gehen pflegt,
man erzählte sich, daß Beate beinahe täglich zum Hospital ge—
wandert wäre, um den Junker dort zu treffen. Befreite man
sie so von dem Verdacht, daß ihre Besuche der alten Hexe
gegolten hätten, so beflechte man andererseits den Ruf des
jungen Mädchens mit den unwürdigsten Verdächtigungen. DTas
alles war aber nur erst Untergrund und Sockel, auf denen
sich nun mit voller Wucht die Hauptsache aufbaute: die An—
klage des ersten Bürgermeisters wegen Hochverrats.
Ja, in wenigen Tagen war sie herangereift. Die Miß—
erfolge Marquardsdorfs, Edelleute für die Stadt zu ge—
winnen, während man doch wußte, daß er enge Beziehungen
zu mehreren hatte, fahte man als von ihm beabsichtigt auf.
Seitdem war das Mißtrauen gegen ihn immer stärker und all⸗
gemeiner geworden. Auch hier war man mit unsinnigen Ueber⸗
treibungen bei der Hand. So sollte seinerzeit der Ueberfall
Bollersdorfs lediglich deshalb mißglückt sein, weil Marquards⸗
dorf rechtzeitig gewarnt hätte, trotzdem doch damals gar
keine Zeit und Möglichkeit dazu vorhanden war.
Der stärkste Verdachtsgrund aber, der nun durch Wendelins
Tat neue Nahrung empfangen hatte, war das rätselhafte Ver—
schwinden Wendelins, über das der Vater bisher noch nie—
mand eine ausreichende Erklärunqg abgegeben hatte.
Sobald aber nur der erste HGedanke Wurzel gefaßt hatte,
dah man den ersten Bürgermeister anklagen und zur Rechen⸗
aft ziehen müsse, schürte ein Ratsherr das Feuer, so daß
in dieser BZeit versämmelt ist, aus der Reichskasse eine außer—
»rdentliche Aufwandsentschädigung von insgesamt 700 M
erhalten sollen.
Eine Novelle zum Zündwarensteuergeseß ist dem Reichs—
tage am Mittwoch zugegangen. Das Gesetz bestimmte bisher
im 8 3, daß in den ersten fünf Jahren nach dem Inkraft«
treten des Gesetzes keine Erhöhung der Zündwarensteuen
um 20 vom Hundert eintreten solle für Zündwaren, die
in Fabriken hergestellt sind, welche erst nach dem 1. Juni
909 betriebsfähig hergerichtet sind, und für jene Zündwaren,
die aus schon früher betriebsfähigen Zündwarenfabriken
stammen, deren Jahreserzeugnis das nachweisliche Durch—
schnittserzeugnis der letzten drei Jahre übersteigt. Durch die
Novelle soll nun diese fünfjährige Frist in eine zehnjährige
berläugert werden, außerdem soll die für die einzelnen
Zündwarenfabriken festgestellte Jahreserzeugungsmenge (Kon—
tingente), soweit erforderlich (verhältnismäßig jedoch unter
jeeigneter Berücksichtigung der kleinen und mittleren Fabriken),
herabgesetzt werden. Die näheren Bestimmungen über die
Ausführung dieser Vorschriften sowie zur Regelung des Ueber—
gangszustandes soll der Bundesrat erlassen. Diese Bestim—.
mnungen sind dem Reichstage sofort vorzulegen und außer
Kraft zu setzen, soweit der Reichstag dies verlangt. In der
Begründung wird betont, daß die Verlängerung der Frist
auf 10 Jahre genügen dürfte, um der Industrie die Ueber—⸗
windung der vorhandenen Schwierigkeiten zu ermöglichen.
Die Straßburger Studentenschaft. Der Ausschuß der hie—
sigen Studentenschaft hafte an das Rektorat eine Eingabe
zerichtet, in der er den Senat bat, in Zukunft bei Festen der
Studentenschaft und der Universität den kommandierenden
General und den Gouverneur wegen des Zwischenfalles wäh—
rend der Anwesenheit des Kaisers nicht mehr einzuladen. Der
Senat forderte daraufhin die Studenten auf, ihre Eingabe
zurückzuziehen, was jedoch abgelehnt wurde. Nun hat das
Rektorat bestimmt, daß der Ausschuß der Studentenschaft auf—
gelöst wird, weil er eine bereits auf gütlichem Wege erledigte
Angelegenheit in einer unziemlichen Petition an den Senat
nochmals zur Erörterung gebracht hat.
Tas Programm des HSansataßes. Der am 17. Juni 1911
im Sportpalast in Berlin, Potsdamer Straße 72, stattfindende
Hansatag beginnt mittags um 2 Uhr. Der Vorsitzende des
Präsidtums des Hansabundes, Geheimer Justizrat Professor
Dr. Riesser wird die Einleitungs- und Schlußworte sprechen.
Als Referenten sind die Abgeordneten Kämpf, Dr. Stresemann
und Rahardt gewonnen worden. Ferner werden führende
Mitglieder des Hansabundes aus den im Hansabund vertretenen
Erwerbsgruppen kurze Begrüßungsansprachen hallen. Einzel—
heiten des Programms werden noch besonders veröffentlicht.
Am Abend wird für die Mitglieder und Freunde des Hansa—
bundes im Landesausstellungspark eine gesellige Zusammen—
kunft veranstaltet. Sämtliche Veranstaltungen finden mit
Damen statt.
Der Zentralausschuh zur Förderung der Volis⸗ und Ju⸗
gendsprele in Deutschland versendet soeben die Einladung zum
42. Deutschen Kongreß, der vom 1. bis 3. Juli in Dresden
abgehalten werden soll. Der Hauptvortrag „Zur Physiologie
der Leibesuũübungen“, der von einer der ersten wissenschaftlichen
Autoritäten auf diesem Gebiete gehalten wird, soll die Ueber—⸗
zeugung von der Noiwendigkeit der Leibesübungen erbringen;
der ihm folgende Vorirag, von einem wissenschaftlich und
praktisch gleichmähig gebildeten langiährigen Vorkämpfer für
die Pflege der Leibesübungen, wird das Thema behandeln:
„Die Frau und die Körperkultur.“ —
— — *
Danemark.
Das amceritanische Geschwader in Kobenhagen. Die
weite Division des atlantischen Geschwaders der Vereinigten
Staaten ist gestern zu mehrtätigem Besuch in Kopenhagen
ingetroffen. Die Division besteht aus vier Panzerschiffen
ind einem Hilfskreuzer. Es sind zu Ehren der Offiziere und
Mannschaften eine Reihe von Festlichkeiten geplant. (Tel.)
Goßbritannien.
Wolkszählungsergebnisse. Nach dem vorläufigen Volks—
zählungsergebnisse haben England und Wales 36075 269 Ein—⸗
wohner gegen 32527 843 im Jahre 1901. Die Bevölkerung
von Groß-Londonbeträgt 7252963 gegen 6581402
im Jahre 1901. (Tel.)
Die Vetobill im Oberhause. Im Oberhause empfahl bei
bder Debatte über die Veto-Bill der Erzbischof von Canter—
bald aller Herzen in hellen Flammen aufloderten; das war
Nikolaus Hentze. Hatte er doch wegen seiner Erfolge die
beste Aussicht, an Marquardsdorfs Stelle gewählt zu werden.
(Fortsetzung folgt.)
Theater, Kunst und Wissenschaft.
Lübeck, 26. Mai.
Stadthallen⸗Theater.
Wohltaã tigleits vorstellumg für den Kinderhilfstag.
„Die Schmetterlingsschlacht“,
Komödie von Hermann Sudermann.
„Die Schmetterlingsschlacht,, die vom Berliner Premieren⸗
»ublikum so schlecht behandelte, ist eins der reifsten Stücke
hes Bühnendichters. In der feinen, selten stark auftragenden
Art der Charakterbezeichnung erinnert an seine besten Romane.
Hier ist kein Bramarbasieren, keine Effelthascherei, wenig blen—
»ende Sentenzen, kaum ein glänzender Abgang. Mit der
„Heimat“ hat sie die packend wahre Milieuschilderung, die
Zunst sozialen Sehens gemein. Ein Grundton ehrlichen Lebens—
rnstes, warmen Verstehens ist ihr eigen, wie jeder echten
Jomödie.
„Die Schmetterlingsschlacht“ ist nicht leicht zu spielen, thr
Ton schwer zu treffen, schwerer noch festzuhalten. Um so
anerkennenswerter ist es, daß eine so einheitliche Vorstellung
ustande kam. Alle Achtung vor dem Spielleiter Pichon, der
die verschiedenen, natürlich zunächst noch auseinanderstrebenden
klemente des Ensembles so zu einheitlicher Wirkung zusammen—
zufassen wußte. Im ersten Akt überwog noch ein zu leichter,
zu stark auftragender Lustspielton, an dem alle Mitwirkenden
rnicht ganz schuldlos waren, mehr und mehr aber siegte der
vahre Geist des Stückes und ließ die letzten Szenen besonders
zu ergreifender Wirkung gelangen.
Marianne Pawlow als Frau Hergentheim stand ganz
auf der Höhe der Situation in ihrer Aussprache mit dem
alten Fabrikanten, den Herr Pichon einheitlich mit feinem
zumor und gelegentlich hervorquellender Bitterkeit ausstattete
den Keßler spielte Hans Schedlich ein wenig zu jugendlich
ind unruhig, im Übrigen treffsicher und mit natürlicher Ueber⸗
—
burny dringend, ein Kompromiß zu schließen. Der Lord.
dans her erklärte, die Regierung werde im gegenwärtiger
Stadium der konstitutionellen Krisis die Veto-Bill nicht auf
ageben. Er deutete jedoch an, datß es möaglicherweise zu
einen Abkommen über das weitere Problem des Oberhause
kommen werde; ein solches Abkommen werde aber nur dang
möglich sein, wenn die Notwendigkeit einer wirklichen Gleich
heit zwischen beiden Parteien vom Oberhause anerkannt
würde. Wenn die wirkliche Gleichheit gegeben sei, könnten
vielleicht nachher neue Beziehungen zwischen beiden Säuserg
des Parlaments geschaffen werden. (Tel.)
Rußland. I
Die Abrüstungsfrage in Rußzland. Der Führer der Pro—
gressisten, der Präsident der interparlamentarischen Gruppe,
zjab in der Reichsduma namens 118 Mitglieder des Hauses
eine Erklärung ab, in der auf das Anwachsen der Rüstungen
oer Mächte hingewiesen und an den Vorschlag des Kaisers
bom 24. August 1898, den Rüstungen Einhalt zu tun, er—⸗
nnert wird. Sowohl die erste und zweite Haager Konferenz
hätten nicht zur Lösung der Frage geführt, doch hätten die
Bertreter der gesetzgebenden Versammlungen in den fort—
chrittlichen Staaten Europas den Gedanken der Abrüstung
richt fallen lassen. Die Dumamitglieder, heißt es in der
krklärung weiter, sind UÜberzeugt, daß die dem Abrüstungs-
zedanken günstige Stimmung in den gesetzgebenden Kam—
mern den Regierungen die Lösung dieser großen und drin—
genden Aufgabe erleichtern wird. Deshalb vereinigen sie
ihre Stimme mit der Stimme anderer Parlamente und spre—
chen den Wunsch aus, die Regierung möge im Einverständ⸗
nis mit anderen Mächten Maßregeln ergreifen, damit dem
Programm der dritten Haager Konferenz die Frage der
Jleichzeitigen Einschränkung der Rüstungen eingefügt werde.
J *
Taagesbericht.
Lübeck, 26. Mai.
Vom Rinderhilfstag.
Allgemeiner Rüdblick.
Wenn man rückblickend sich das Tagesprogramm für den
Kinderhilfstag, dem 24. Mai, vergegenwäriigt, so muß aner—
kannt werden, daß der Ausschuß seine Absicht, die Bewohner
Lübecks zu veranlassen, aus den Häusern auf die Straben und
Plätze zu kommen, vollständig erreicht hat. Kaum das
Volksfest, bei dem doch die Teilnahme jeden guten Lübecers
orausgesetzt wird, hat wohl je in den Straßen einen größeren
Zetrieb gesehen, als dies am Mittwoch während des
ranzen Tages zu verzeichnen wat. Der nachmittags 3 Uhr
insetzende Regen vermochte nur wenig Eindruck zu machen,
die Menschenmenge harrte aus und gab so den jungen Samm—
erinnen Gelegenheit, immer aufs neue an den Zweck des Tages
u mahnen und unter Darreichung der Blume der Barm—⸗
herzigkeit oder einer schönen Postkarte die Sammelbüchse weiter
zu füllen. Wenn das unsere schönen, so uneigennützig und mit
zroßem Geschick wirkenden Sammlerinnen über einen
twaigen Schnupfen hinweg zu trösten vermag, so
ann darauf hingewiesen werden, daß in Hamburg der
Zinder hilfstag völlig verregnete, dort hat es von früh bis
pät gegossen, doch auch dort hat die gleiche Opferfreudigkeit
zeherrscht wie hier. Es ist schön zu beobachten, wie das
»eutsche Volk, wenn es von einer großen Idee beseelt ist,
vie ein Mann zusammensteht, und dieser Idee — hier den
Zindern der Zukunft Deutschlands gewidmet — zum Siege
»erhilft. Daß hierbei auch nur die kleinsten persönlichen Ein—
üsse im Spiele seien, wird niemand behaupten können, in Lübech
erst recht nicht, da hier an keiner Stelle Ausschußmitglieder in
irgendeiner Form hervortraten, außer bei den dringendsten
Anordnungen für die Umzüge. Diesem Wirken in der Stille
gegenüber hat die Oeffentlichkeit und ihre Organe die schöne
Pflicht, den Dank der Gesamtbevöllerung zum Ausdruck zu
bringen. Mag der Erfolg den seit Wochen unermüdlich selbstlos
und unter Hintansetzung der eigenen familiären und geschäft—
lichen Pflichten wirkenden Ausschußmitgliedern, Damen wie
Herren, die Genugtuung gewähren, daß ihr Wirken durch die
Anteilnahme der Gesamtbevölkerung ohne Unterschied des Stan—
des, des Alters oder einer Partei Anerkennung gefunden hat.
Das Erträgnis des Tages
annähernd zu übersehen, ist zurzeit noch nicht möglich. Das
Zählen des Inhaltes der einzelnen Sammelbüchsen, bei dem
die einzelnen Banken dankenswerterweise neben den Ausschuß—
— ⸗
legenheit. LDie schwierige, undankbare Rolle des verkannten
Sohnes füllte Willy Kleinoschegg mit warmem Leben.
Er weiß klug maßzuhalten, dürtte aber in den Gesten noch
freier werden. Die drei Töchter wurden scharf und konsequent
harakterisiert sdurch Clara Bracco, welche Sinn fur fein—
humoristische Pointen hat, Anna Stettner und Käte
Marks. Die Rosi verlangt vielleicht in der Champagnerszene
durch Ton und Bewegung noch akzentuiertere Motivierung der
rasch wechselnden Stimmungen, auch mwuß Käte Marks sich
oavor hüten, allzu rasch und lärmend zu sprechen, wozu das
Naivenfach und die schlechte Akustik der Stadthalle ja leicht
verführen. Sie wirkte aber stets überzeugend und sympathisch.
Alfred Falk machte aus dem Oberlehrer Kosinsky in
Spiel und Maske eine köstliche hieine Charge. Recht brav,
nur manchmal gar zu lebhaft war der Apothekerlehrling von
Dheodor Ditze
Die beiden Wohnräume waren zweckentsprechend und
typisch. — Die leider nicht sehr zahlreichen Zuschauer spendeten
herzlichen Beifall. —A
„Sein Doppelgänger“,
Schwank von Maurice Hennequin und Georges Duval.
Mit dem „Doppelgänger“ führt Direktor Feldhusen
einen Schwank ein, den man sich schon gefallen lassen kann.
Gewandt aufgebaut, voller Ueberraschungen und urkomischen
Situationen, mit leichter, nicht ostentativer Pikanterie ge—
würzt, ist er sehr geeignet, einen Sommerabend ohne stärkere
Gemütsbewegungen ausgelassen, lustig unterhalten, hinzu—
bringen.
Die Darsteller trafen im großen und ganzen den ge—
wandten Ton recht gut, und das Tempo war auch rasch
genug, um das Auditorium nicht zum Nachdenken kommen
zu lassen. Glänzend war Herr Pichon als der gerissene
Anatol Barisart, dessen unfehlbarer Trick schließlich ebenso
durch das Ungeschick seines Freundes, wie durch die Schlau—
heit einer Frau aufgedeckt wird. Von drastischer Komik war
ferner Bianca Reinhardt als militärische Schwieger
nutter. Die skeptische und die vertrauensselige Frau fander
in Clara Bracco und Anna Stettner gewandte un'