Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

fürstinnen Militza Nikolajewitsch und Alexandra Josepha. 
Später stattete der Kronprinz sämtlichen in Petersburg wei— 
lenden Großfürsten, dem deutschen Botschafter Grafen Pour— 
Lales, dem Ministerpräsidenten Stolypin, dem Minister des 
Hofes, Baron Fredericks, und dem Verweser des Ministeriums 
des Aeußern, Neratow, Besuche ab. Die Kronprinzessin besuchte 
anterdessen das deutsche Alexanderhospital, wo sie mehreré 
Kranke teilnehmend nach ihrem Befinden befragte. Um 3 Uhr 
nachmittags kehrten der Kronprinz und die Kronprinzessin nach 
dem Winterpalais zurück, wo sie durch den Hofminister und die 
Dberhofchargen empfangen wurden. 
Dem Generaladiutanten Generalleutnant von Schenk wurdée 
der St. Annenorden 1. Klasse, dem Hofmarschall von Bismardc⸗ 
Bohlen der St. Stanislausorden 2. Klasse mit Stern, dem 
Major Grafen zu Solms Wildenfels der St. Stanislaus— 
orden 2. Klasse, dem Hauptmann Edler von der Planitz der 
St. Annenorden 2. Klasse, dem Hofstaatssekretär Sommer der 
St. Annenorden 3. Klasse verliehen. 
Ein neues Kompromiß 
für die elsaß-lothringische Verfafsung. 
M. Berlin, 18. Mai. Die elsaß-lothringische Verfassungs- 
tommission ist nunmehr auf Freitag vormittag 10 Uhr einbe— 
rufen worden. Die zwischen den Parteiführern unter sich und 
zwischen ihnen und der Regierung gepflogenen Verhandlungen 
sind gestern spät abends zu einem gewissen Abschluß gekommen. 
Der Sprachenantrag der Reichspartei mit der Reli 
gionsklausel des Zentrums ist mit einer vom fortschritt⸗ 
lichen Abgeordneten Müller-Meiningen beantragten Mo di— 
fikation angenommen worden. Dafür verlangen die 
Freisinnigen beim Wahlgesetz statt des von der Regierung be— 
antragten Pluralwahlrechts Durchführung des gleichen 
Wahlrechts. Nach langen Kämpfen haben National— 
liberale und Zentrum nachgegeben. Wie die So— 
zialdemokratie sich nunmehr dem ganzen Gesetz gegenüber 
verhalten und ob sie sich der Mehrheit anschließen wird, steht 
dahin. Die Regierung hat der Einführung des gleichen Wahl— 
rechts bisher keineswegs ein Unannehmbar entgegengesetzt. Die 
Chancen des ganzen Gesetzes sind nunmehr wesentlich ge— 
stiegen. 
die Grundzüge des amerikanischen Schiedsgerichts⸗ 
vertrages. 
Das Staatsdepartement in Washington veröffent— 
licht folgende Erklärung: Das Staatsdepartement 
bollendete den Entwurf, des allgemeinen Schieds⸗ 
gerichtsvertrages, der vom Präsidenten gebilligt und 
dem französischen und dem britischen Botschafter übergeben 
wird, als Grundlage, auf der die Regierung der Vereinigten 
Staaten nunmehr gewillt ist, in Verhandlungen einzutreten. 
Der Entwurf ist nicht das Ergebnis von Verhandlungen mit 
irgend einem einzelnen Lande, sondern stellt nur dar, was die 
Regierung als gesunde Grundlage zu den Verhandlungen für 
die Ausdehnung des Bereichs ihrer Schiedsverträge ansieht. 
Er ist dem französischen und dem britischen Botschafter zu⸗ 
gestellt worden, weil sie den Wunsch ihrer Regierungen zu 
erkennen gaben, die Frage eines allgememen Schiedsgerichts⸗ 
vertrages zu dislutieren, der alle Meinungsverschiedenheiten 
einschließen würde, welche zwischen ihnen und den Vareinidten 
Staaten entstehen könnten. 
—Die allgemeinen Grundzügedes Entwurfs sind 
folgende: Er erweitert das Bereich unserer bestehenden allge— 
meinen Schiedsgerichtsabkommen dadurch, daß er die in ihm 
enthaltenen Ausnahmen beseitigt, namentlich in Fragen des 
ditalen Interesses oder der nationalen Ehre. Der Entwurf 
sieht vor, daß alle Streitsachen, die von einem internationalen 
Gericht entschieden werden können, dem Schiedsgerichtshof im 
Haag unterbreitet werden sollen, wenn nicht durch ein besonderes 
Abkommen irgend ein anderer Gerichtshof geschaffen oder ge— 
wählt werden solle. Er sieht ferner vor, daß alle Streit— 
fragen, die eine von den beiden Vertragsmächten als nicht durch 
ein internationales Gericht zu entscheiden ansieht, einer Unter⸗ 
suchungskommission überwiesen werden sollen, welche die Voll— 
macht erhalten soll, Vorschläge zur Beilegung zu machen. Die 
Kommission soll aus Angehörigen beider Länder gebildet wer— 
den, die Mitglieder des Schiedsgerichtshofes im Haag sind. 
Sollte diese Kommission dahin entscheiden, daß die Streit— 
sachen der schiedsgerichtlichen Beurteilung zu unterwerfen sind, 
so soll diese Entscheidung bindend sein. Bevor man also 
zu dem schiedsgerichtlichen Verfahren Zuflucht nimmt, selbst in 
den Fällen, in welchen beide Länder dahin übereinstimmen, 
daß sich die betreffenden Streitfragen zur schiedsgerichtlichen 
Erledigung eignen, soll die Untersuchungskommission die vorlie— 
gende Frage prüfen, um eventuell ihre Beilegung anzuempfeh— 
len, welche die Notwendigkeit einer schiedsgerichtlichen Aktion 
ausschließen würde. Der Vorschlag emer solchen Kommission 
soll nicht die Wirkung einer schiedsgerichtlichen Entscheidung 
haben. Die Kommission soll ferner auf Ansuchen einer der 
beiden Regierungen ihr Gutachten ein Jahr aufschieben, um 
die Möglichkeit für die Beilegung auf diplomatischem Wege 
zu gewähren. Die anderen Teile des Vertragsentwurfes behan— 
deln hauptsächlich die Einrichtungen für die Kommission und an—⸗ 
dere Einzelheiten. 
Inland und Ausland. 
Deutsches Reich. 
Die Feuerbestattung in Preußßen. Berlin, 18. Mai. 
Das Abgeordnetenhaus hat heute nachmittag 242 Uhr nach 
heißen Redekämpfen den 8 1 des Feuerbestattungsgesetzes mit 
176 gegen 158 Stimmen angenommen. (Tel.) 
Die Schiffahrtsabgaben⸗-Kommission. Berlin, 18. Mai. 
Die Schiffahrtsabgabenkommission beendete heute die erste Le— 
sung des Entwurfes. Die zweite Lesung beginnt 
nächsten Mittwoch. Die Beschlüsse der Kommission wurden fast 
immer mit der gleichen Mehrheit, mit 12 gegen 8 Stimmen 
gefaßt. Der Widerstand der Sozialdemokraten und der 
säschsischen Abgeordneten scheint nachzulassen. (Tel.) 
Die Budgeikommission des Reichstages beriet den Gesetz 
entwurf betreffend die Tagegelder, Fuhrkosten und Umzugs— 
kosten der Kolonialbeamten und beschloß einmütig, daß nicht 
Kilometer- und Tagegelder gezahlt, sondern die tatsächlichen 
Beförderungsgebühren in Anrechnung kommen sollen. Damit 
ist der grundsätzliche Teil des Gesetzentwurfes gefallen. 
Vorbereitungen für die Reichhstagswahlen. Der Abg. Wam— 
hoff (natlib.) ist von seiner Kandidatur im Wahlkreise Witten— 
berg⸗Schweinitz gegen den Abg. Dove (fortschr. BVpt.) zugun⸗—⸗ 
sten der Ginigung des Liberalismuszurüdgetre— 
ten. — Der nationalliberale Abgeordnete Merkel, der den 22. 
sächsischen Wahlkreis vertritt, hat eine Kandidatur für 
den Reichsttag abgelehnt. 
—— 
Neueste Nachrichten und Telegramme. 
Auflösung der Leipziger Freien Studentenschaft. 
W. Leipzig, 18. Mai. Da die Leipziger Freie Studenten⸗ 
chaft den von der Universitätsbehörde geforderten Aenderungen 
hrer Satzungen nicht nachgekommen ist, wurde sie heute vom 
tademischen Senat aufgelöst. Die Organisation bestand seit 
.2896 und war die älteste Freie Studentenschaft im ganzen 
Deutschen Reiche. 
Eröffnung der Darmstädter Kunstausstellung. 
W. Darmstadt, 18. Mai. HSeute vormittag wurde die 
von der Freien Vereinigung der Darmstädter Künstler im Aus— 
tellungsgebäude auf der Mathildenhöhe veranstaltete Kunst- 
ausstellung in Gegenwart des Großherzogs und der Groß— 
herzogin eröffnet. Die Ausstellung ist mit einer Sonderaus⸗ 
tellung englischer Aquarelle verhunden und dauert bis zum 
18. Nopemhber. 
Die Franzofen in Marokko. 
We Paris, 18. Mai. Eine offizielle Note besagt, daß 
im 16. Mai eine Rekognoszierungsabteilung, von Debdu nach 
Merada gehend, von einer Schar Marokkaner in der Nähe von 
Iluana, 12 Kilometer westlich von Debdu angegriffen wurde. 
Infolge des dichten Nebels konnte die Artillerie nicht ein— 
chreiten. Ein Hauptmann soll getötet, ein Leutnant verwun— 
»et und 10 Mann getötet oder verwundet sein. Der Feind 
vurde zurückgetrieben. Es wurde eine Truppenabteilung aus— 
zeschict, um die Angreifer zu verhindern, den Mulaiafluß 
vieder zu ÄÜberschreiten. 
Wie der Agence Havas vom 15. Mai aus Merada gemel— 
det wird, wurde bei dem Angriff, den die Marokkaner in der 
stacht vom 13. auf den 14. Mai auf das Lager bei Merada 
internahmen, ihr Anführer getötet. Infolgedessen bewirkten 
chon die ersten Salven eine Auflösung unter den Marokkanern. 
ßleichzeitig unternahm eine starke marokkanische Abteilung einen 
dorstoß bis Taurirt, wo die verminderte Besatzung sich auf 
e Erwiderung des Feuers beschränken mußte. Die Marokkaner 
zemächtigten sich eines Teiles der für Verpflegungszwede be— 
timmten Herde von 180 Rinden und 300 Schafen. Sofort 
tusgesandte Kundschafter brachten die Schafe zurück. Mit den 
dindern hatten die Marokkaner bereits den Muluja über— 
chritten. General Toutee suchte um die Ermächtigung nach, 
»as ihm zur Durchführung polizeilicher Maßnahmen zugewiesene 
ßehiet an den Ufern des Muluja zu erweitern. 
Lärm in der belgischen Kammer. 
Brüssel, 18. Mai. In der heutigen Kammersitzung setzte 
die Obstruktion der Linken und der Sozialisten gegen das Schul—⸗ 
zesetz ein. Der liberale Deputierte von Namur, Hambursin, 
prach die ganze Sitzung über zum Etat des Ministeriums des 
Innern. Als er gegen 5 Uhr seine Rede abbrechen wollte, um 
ie morgen fortzusetzen, brach ein unbeschreibbarer Lärm los. 
die Saaldiener waren genötigt, Tätlichkeiten zu verhindern. 
Dder Präsident mußte schließlich die Sitzung unterbrechen und 
ieß gleichzeitig die Tribünen räumen, auch die Pressetribüne. 
stach halbstündiger Pause wurde die Sitzung wieder eröffnet, 
auf dringendes Verlangen der Linken aber bald wieder ge⸗ 
chlossen, damit der Sprecher der liberalen Vartei die Rede 
fortsetzen könne. 
Protest gegen den Schrttzzoll in Holland. 
Amfterdam, 18. Mai. In ganz SHolland macht sich ein 
scharfer Widerstand gegen den Gesetzentwurf über Einfuhr-— 
z81Ié geltend. In einer Versammlung der Amsterdamer Va— 
»enbesitzer wurde betont, daß die Einführung dieses Gesetzes 
eine Preiserhöhung der Ladenartikel bis zu 140 Prozent bringen 
werde. In der Versammlung wurde eine Resolution mit 
allen gegen eine Stimme angenommen, in der die Kammer 
ersücht wird., den Gesetzent wurf zu verwerfen. 
Ausschreitungen in Oporto. 
Oporto, 18. Mai. Die Besatzungen der ausländischen 
Zchiffe bewirkten unter militärischem Schutz die Ladung und 
öschung. In Braga, dem Sitz mehrerer religiösen Gesell— 
chaften, wurde das Redaktionsbureau eines katholischen Blättes 
jestern von einer erregten Menge angegriffen, mehrere Häuser 
vurden beschädigt, weil sie anläklich eines dirchlichen Feiertages 
zeflaggt waren. 
Ausschreitungen beim Waldenburger Stratzenbahnerstreil. 
W. Waldenburg. 18. Mai. Die entlassenen Streikenden 
»er Niederschlesischen Elektrischen Kleinbahngesellschaft verübten 
zestern abend in Altwasser vor dem Direktionsgebäude eine 
Massendemonstration. Sie verursachten Lärm und bewarfen 
vorüberfahrende Wagen der Elektrischen Kleinbahngesellschaft 
mit Steinen. Die Polizei schritt ein und verhaftete elf. 
Von Guftav Mahlers Krankenlager. 
Wien, 18. Mai. Der Zustand Gustav Mahlers hat in 
er letzten Nacht keinerlei Veränderungen erfahren. Der Kranke 
chlummert im Agoniezustande, aus dem er zeitweilig erwacht. 
Ein Lehrer und sechs seiner Schüler ertrunken. 
W. Münster, 18. Mai. In Settenrade bei Lüding— 
zausen badeten gestern ein Lehrer und sechs Schulkinder im Alter 
bon 13 bis 14 Jahren in einer Mergelgrube. Dabei ge— 
cieten sie an eine tfiefe Stelle und ertranken. Die 
Hrube war infolge der letzten Gewitter mit Wasser ge—⸗ 
süllt. Der Lehrer hatte den Knaben in der Schule mit— 
zeteilt, daß er nachmittags baden wolle. 13 Knaben erklär— 
en, mitbaden zu wollen. An der Grube angelangt, ging man 
zleich ins Wasser. Drei Knaben sahen beim Entkleiden, wie 
iner nach dem andern verschwand. In der Grube befand 
ich ein sechs Meter tiefes Loch. von dem keiner eine Ahnung 
zoft⸗ 
— — — — 
Wt. Berlin, 18. Mai. Die deutsche Einfuhr aus 
ZIchweden belief sich im abgelaufenen Jahre im Spezial— 
andel und ohne Edelmetalle auf 163,8 Millionen Mugegen 
41,8 Millionen Meim Vorjahre, die Ausfuhr auf 190,5 gegen 
56,2 Millionen M. Die Einfuhr hob sich gegen das Vorjahr um 
5,5 v. H. die Ausfuhr dagegen um 22 v. H. 
Wt. Memel, 18. Mai. Dem Miemeler Dampfboot zufolge 
and die Aussperrung der Memeler Holzindustrie nach 24 
vöchiger Dauer ihren Abschluß. Es wurde eine Einigung 
wischen Arbeitgebern und Arbeitern erzielt. Die Arbeit soll spä— 
festens am 20. Mai aufgenommen werden. 
W Nieskiy, 18. Mai. Amtliches Wahlergebnis. 
ßei der heutigen Landtagsersatzwahl im Wahlkreise Neuen— 
rdiegnitz wurden insgesamt 335 Stimmen abgegeben, davon für 
dittmeister von JenasJahmen (tons.) 233, Rentier Nischwitz- 
diesky (natlib.) 102 Stimmen. v. Jena ist somit gewählt. 
Kiel, 18. Mai. Der kürzlich nach Amerika geflüchtete und 
tedbrieflich verfolgte Agent Kuchel, ein Genosse des wegen 
nancherlei Schwindeleien von der hiesigen Strafkammer ver—⸗ 
rteilten Aaenten Knuth, ist nach Kiel zurückgekehrt und hat sich 
reiwillig der Staatsanwaltschaft gestellt. Er wurde soforf 
erhaftet. — e7* 
W. Wilhelushaven, 18. Mai. 400 Arbeiter der 
Firma Philipp Holtzmann & Co, die beim Hafenbau beschäftigt 
ind, legten wegen Lohnstreitigkeiten die Arbeit nieder. Es 
vird ein Vergleich angebahnt. 
Mt. Leipzig, 18. Mai. Das Reichsgericht verwarf 
zie Revision des Lithographen Irl und des Kaufmanns Doll— 
egoll, die am 2. April wegen Munszverbrechens zu 8 bezw. 12 
Jahren Zuchthaus verurteilt wurden; sie hatten brasilianische 
rünfhundert Milreisnoten hergestellt, um sie im Auslande 
i verbreiten. 
Köln, 18. Mai. Gestern nachmittag wurde durch die Kri— 
ninalpolizei der Kassenführer des Spar⸗ und Bauner—⸗ 
ins in Mulheim am Rhein verhaftet. Er wird der Un— 
erschlagung beschuldigt und soll Bücher gefälscht haben. 
Ddie Höhe der defraudierten Summe steht noch nicht fest. 
München, 18. Mai. Hofkapellmeister Beidler, der Schwie 
zersohn Cosimar Wagners, ist jetzt nach längerem Ehescheidungs— 
orozeß von seiner Gattin Isolde geschieden worden. Das der 
khe entsprossene Kind wurde der Mutter zugesprochen. 
W. Breslaun, 18. Mai. Die Blättermeldung des Gene— 
aldirektors der Vereinigten Königs- und Laurahütte, Ge⸗ 
„eimer Bergrat Hilger trete aus Gesundheitsrüdsichten 
zurück, erklärt die Schlesische Zeitung auf Grund von Infor— 
nationen an zuständiger Stelle für unzutreffend. 
W. Leitmeritz, 18. Mai. Zu der heute beginnen— 
»en d eutsch⸗österreichischen Motorbootfahrt 
deitmeritz⸗üBerlin sind bis jetzt 26 Motorboote hier ein⸗ 
jetreffen. Sie legten Flaggengala an und liegen längs der fest— 
ich geschmückten Schützeninsel. Von den startenden Motorbooten 
zehören vierzehn zur Klasse der offenen Rennboote, achtzehn 
der Kajütenboote und Oberdecdijachten. 
W. Sedan, 18. Mai. Der Gemeinderat Sedans beschloß 
urückzutreten, falls die zur Aufrechterhaltung der Ord—⸗ 
rung in das Champagnegebiet entsandten Soldaten der dortigen 
sSarnison nicht bis Sonnabend zurückgekehrt sind, 
za durch die lange Abwesenheit der Truppen die Kaufleute 
rroßen Schabden erlitten. 
Wt. Reims, 18. Mai. Der Flieger Pierre-Marie, der 
nit dem Leutnank a. D. Dussay als Passagier aufgestiegen 
var, stür zte infolge eines Windstoßes ab. Das Benzin geriet 
n Brand und die Flammen zerstörten das Flugzeug. Der Leut⸗ 
jant Dussuy wurde in verkohltem Zustande unter den Trüm— 
nern hervorgezogen. Vierre-Marie ist seinen Verlehungen er 
egen. 
Deutscher Reichstag. 
W. Berlin, 18. Mai. 
Die zweite Lesung der Reichsversicherungsordnumng 
vird fortgesetzt. Zunächst wird die geschäftsordnungsmäßig er⸗ 
orderliche Wiederholung der Abstimmung über den nunmehr 
jedruckt vorliegenden Antrag Gothein: Bekanntmachung der 
Insallrerhütungsvorschriften in fremden Sprachen, vorgenommen. 
der Antrag wird angenommen. 
Die Beratung beginnt bei dem 2. Teil: Landwirtschaft⸗ 
iche Unfallversicherung. 1. Abschnitt: Umfang der Versiche— 
ung, 88 913 bis 924. 8 9185 besagt, daß als landwirtschaft⸗ 
liche Betriebe auch die Park- und Gartenpflege sowie der Fried⸗ 
jofsbetrieb zu gesten hat, soweit er nicht der gewerblichen Un⸗ 
allversicherung unterliegt. 
Abg. Busold (Soz.) beantragt, auch solche Personen in 
ziese Versicherung einzubeziehen, die in kleinen Haus- und Zier— 
zärten beschäftigt werden. 
Der Antrag wird abgelehnt. 8 918 bezieht außer Arbeitern 
ruch Betriebsbeamte ein, deren Jahresarbeitsverdienst nicht 5000 
Mark übersteigt.! 
Abg. Dr. Potthoif (Fortscht. Vpt.) beantragt, auch noch 
zöher entlohnte Beamte in die Betriebsunfallversicherung ein— 
zubezichen. 
Abg. Albrecht (Soz.): Diesem Antrage stimmen wir zu. 
Die Anträge werden abgelehnt, der 1. Abschnitt wird ange⸗ 
iemmen. 2. Abschnitt: Gegenstand der Versicherung, 88 925 
bis 947. 8 926 enthält Vorschriften für die Rentenberechnung 
für Betriebsbeamte und Facharbeiter. 
Abg. Busold (Soz.) beantragt, diese Bestimmung allgemein 
u fassen und Betriebsbeamte und Facharbeiter zu streichen. 
Der Antrag wird abgelehnt. 
8 933 besagt, daß, sobald der Jahrsarbeitsverdienst 1800 
Mark übersteigt, dieser in allen Fällen nur mit einem Drittel 
angerechnet werden soll. 
Abg. Dr. Potthoff (Fortschr. Vpt.) beantragt, dieses Ver⸗ 
dienitmaximum auf 3000 Mazu erhöhen. 
Der Antrag wird abgelehnt. Ein sozialdemokratischer An- 
frag auf Einfügung eines 8 935 a wird abgelehnt. Auf Antrag 
des Abg. Doerksen (GReichspy) wird die Debatte über die 88964, 
273, 985 a, 997 bis 999. 1001. 10012,. 1006. 1007 und 1027 
erbunden. 
Der Abschnitt wird angenommen, ebenso der Rest des 
weiten Teils bis 1035. 
Es folgt der dritte Teil, Seeunfallversicherung« 
Erster Abschnitt, Umfang der Versicherung, 88 1036 bis 1054. 
Zum 8 1036, der die Versicherungspflichtigen aufzählt, beantragt 
Abg. Schwartz⸗Lübeck (Soz.), auch solche Personen versiche« 
ungspflichtig zu machen, die von ausländischen Schiffen, on 
ur Schiffsbesatzung zu gehören, in inländischen Häfen un 
nuf Kanälen und Flüssen beim Löschen oder Laden, bei dei 
Zeaufsichtigung und Reinigung und dergleichen beschäftigt sinde 
kedner befürwortet ferner einige weitere Abänderungsanträge 
vezüglich der Fürsorge bei klimatischen Krankheiten sowie bezüg« 
ich der Berechnung der Rentenlätze für Versonen der Schiffs⸗ 
vesatzung. 
Abg. Molkenbuhr (Soz.) befürwortet gleichfalls den An—⸗ 
ktrag, die klimatischen Krankheiten als Berufsunfälle anzu⸗ 
sehen, wie dies in England schon der Fall ist. * 
Die Anträge werden abgelehnt. 
Der erste Abschnitt bleibt unverändert. Der zweite Ab— 
schnitt, „Gegenstand der Versicherung“, 88 1055 bis 1107 
verden mit einer redaktionellen Aenderung im 8 1071 ange— 
iommen, ebenso der dritte Abschnitt, Träger der Versicherung 
zer vierte Abschnitt, Verfassung, und der fünfte Abschnitt, 
Lufsicht, bis 1144. 
Sechster Abschnitt, Auszahlung, Eutschädigung und Aufb rin⸗ 
zung der Mittel. Zun8 1156 beantragt Abg. Votthoff Got. 
u sagen: Uebersteigt der Entgelt während der Beitragszeil 
im Jahresbetrag 5000 Miü(statt 3000 M), so wird der Ueber⸗ 
schuß nur angerechnet, soweit die Satzung der Versicherung sich 
ruf einen höheren Jahresverdienst erstrechtt hat. Der Antrag 
vird angenommen. Der Rest des dritten Buches bis 8 1211 
vird debattelos unverändert angenommen 
Weiterberatung am Freitag 12 Uhr—
	        
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