Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

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Ausgabe A. Dienstag, den 16. Mai 1911. 
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Abend⸗Blatt Kr. 246. 
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Aus den Nachbargebieten. 
Sanfeftãdte. 
Samburg, 16. Mai. Das 100jãährige Geschäfts— 
'ubiläum, das die Firma G. J. H. Siemers K Co. Montag 
»eging, gab weiten Kreisen unserer Stadt Anlaß zu auber—⸗ 
Jewöhnlichen Ehrungen der beiden Inhaber des Hauses, Edmund 
J. H. Siemers und seines Sohnes Dr. Kurt Siemers. Per— 
önlich überbrachten vormittags ihre Glüchwünsche Bürgermeister 
Dr. Predöhl, Bürgermeister Dr. Burchard, Bürgermeister 
O'Swald, Bürgermeister Dr. Schröder, sowie die Senatoren 
zolthusen, Dr. v. Melle, Brandt, Sander, Berenberg⸗Goßler, 
Bürgerschafts⸗Präsident Engel. Als Vertreter der Handelskammer 
erschien ihr Präsident Edmund Bohlen, der nach einer Ansprache 
eine von Sekretär Dr. Kisselbach verlesene Adresse überreichte. 
Im Namen der Geistlichen von St. Jakobi, die vollzählig im 
GBeschäftshause der Firma erschienen, brachte Hauptpastor voy 
Broecker die Glück- und Segenswünsche zum Ausdruck. Der 
St. Georger Verein von 1874 wurde durch seinen Vorsitzenden, 
A. Gust. Reimers, und die Lungenheilstätte Edmundstal 
zurch ihren leitenden Arzt Dr. Ritter vertreten. Das 
Personal der Firma widmete seinen Chefs eine in Silber getriebene 
Adresse. Von der Hamburg-Amerika Linie sowie von zahla 
eichen anderen Firmen und Privaten waren herrliche Blumen⸗ 
urrangements gespendet worden, die sämtliche Geschäftsräume 
nit lieblicher Pracht und köstlichem Duft erfüllten. 
GKleine Nachrichten) Durch eine Hutnadelein 
Auge verloren. Bei dem Tanzvergnügen eines Altonaer 
Klubs in Altenwerder wurde einem jungen Manne, während 
er tanzte, durch die Hutnadel seiner Tänzerin ein Auge durch einen 
ztich schwer verletzt. Das Auge lief sofort aus. (Wann end⸗ 
ich wird man für genügenden Schutz gegen die gemeingefähr— 
ichen Hutnadeln sorgen? Red.) — Zwei Kinder über-— 
ahren und getötet. Beim Laufen über den Fahrdamm 
im Ausschlägerweg geriet der sechsjährige Knabe Alfred Schult 
wischen die Vorder- und Hinterräder eines Rollwagens und 
vurde überfahren. Die Verletzungen waren so schwer, daß er 
hnen sofort erlag. In der Hoheluftchaussee kam der drei— 
ährige Sohn des Bäckergesellen Becker zu Fall und wurde von 
einem Schlachterwagen überfahren. Die Räder gingen ihm über 
»en Kopf und die Brust und brachten ihm schwere Quetschungen 
bei, die schon mehrere Stunden nach seiner Einlieferung im 
Eppendorfer Krankenhause seinen Tod herbeiführten. 
Hamburg, 16. Mai. Beendigung des Lohn— 
ampfes im Bäckergewerbe. Der Verband der Bäcker 
ind Konditoren, Zahlstelle Hamburg-Altona, hielt Montag 
sormittag im Gewerkschaftshaus eine Versammlung der Nacht-— 
arbeiter ab, in der der Vorsitzende der Streikleitung, Lehmann, 
erklärte, daß auch in den letzten Tagen die Zahl der als 
geregelt geltenden Betriebe sich bedeutend vermehrt habe, so 
daß außer den Arbeitslosen nur noch etwa 120 bis 130 Ge— 
ellen im Kampfe ständen. Der Vorstand sei der Ansicht, daß 
ꝛs an der Zeit sei, den allgemeinen Kampf jetzt für beendet 
iu erklären, dagegen den Kampf gegen die Großbetriebe durch 
Verhängung der Sperre in verschärftem Maße fortzuführen. 
Für diesen Antrag des Vorstandes sei auch die Erwägung 
maßagebend gewesen, daß durch weitere Fortführung des allge— 
neinen Kampfes den Innungen, die durch den Wirtschaftlichen 
Zchutzverband mit seinen großen Mitteln unterstützt würden, 
nur Gelegenheit zur Heranschaffung weiterer Arbeitswilliger 
gegeben und dadurch die Arbeitslosigkeit immer größer werde. 
da aber andererseits bei weiterer Fortdauer des allgemeinen 
Kampfes nennenswerte Erfolge in den Kleinbetrieben nicht 
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nents Groß-Jüthorn auf, und zwar freischwebend, mit den 
Zähnen an einer zwölfstufigen Strickleiter hängend. Dem 
daghalsigen Schauspiel wohnten Tausende von Menschen bei. 
Großßherzogtum Oldenburg, Fürstentunn Lübed. 
O Süsel, 15. Mai. Gemeinderat. Zum Wahl⸗ 
»orsteher für die erste allgemeine und geheime Landtags— 
vahl wurde Gemeindevorsteher Kröger-⸗Kuhlbusch und zum Ver⸗ 
reter Sieck⸗-Eclelsdorf gewählt. Die Wahl zweier Abgeord— 
eten findet in Echelsdorf statt. — Genehmigt wurden die 
zläne des Baumeisters Franck, Bahnhof Gleschendorf für das 
eue Schulhaus in Gronenberg. — Die Imker bezogen in 
iesen Tagen mit ihren Bienenstöcken die jetzt in üppiger Blüten⸗ 
racht stehenden Rapssaatfelder der benachbarten Güter. 
O Bahnhof Gleschendorf, 16. Mai. Ein 
zängerfest beschloß der Gesangverein im Juli zu arran— 
ieren. 
nehr erzielt werden könnten, stelle der Vorstand den bereits 
rwähnten Antrag. Dieser wurde angenommen. Die Ver— 
amnmelten geben sich, so heißt es im Schlußsatz der genehmigten 
resolution, der Erwartung hin, daß es im Bunde mit der 
zolidarität der gesamten organisierten Arbeiterschaft gelingen 
erde, auch noch den Kampf gegen die vier gesperrten Brot⸗ 
ibriken mit vollem Erfolg für die um die ihnen lange vor⸗ 
athaltenen Rechte kämpfenden Arbeiter zu beenden. — Der 
birtichaftliche Schutzverband Hamburg-⸗Altona und der Ham— 
urgische Verband zur Bekämpfung der Sozialdemokratie haben 
onntag in den Morgenstunden ein gemeinsam herausgegebenes 
lugblatt in einer Auflage von 40000 Exemplaren im 
reistädtegebiet Hamburg, Altona und Wandsbek verteilen 
issen. Das Flugblatt, das ein genaues Verzeichnis derjienigen 
äckereibetriebe enthält, die die Forderungen des sozialdemo⸗ 
atijchen Bäckerverbandes nicht bewilligt haben, gelangte haupt⸗ 
chlich in der Umgebung dieser Betriebe zur Verteilung. Die 
der Liste belannt gegebenen Bäckermeister haben durch ehren⸗ 
rörtliche Erklärung versichert, sich in keine Abmachungen mit 
em sozialdemokratischen Bäckerverbande einzulassen. Das Flug⸗ 
latt richtet einen herzlichen Appell an die Mitbürger, ins— 
esondere an die Hausfrauen, nur bei diesen Bäckermeistern 
u kaufen und streng darauf zu achten, daß auch die Brot⸗ 
Ȋndler nur Waren aus diesen Betrieben liefern. 
Schles wig⸗Holstein. 
Kiel, 16. Mai. Eine Liebestragösdie gab Montag 
rüh in einem Hause der Holtenauer Straße Anlaß zu einer 
‚roßen Aufregung. Ein dort wohnender junger Mann unter⸗ 
ielt ein Verhältnis mit der Schneiderin D. Als der junge 
Nann morgens nach Hause kam, fand er in seinem Zimmer 
inen Abschiedsbrief des jungen Mädchens. Während er den 
zrief las, erschien plötzlich das junge Mädchen vor ihm, die 
cch bis dahin unterm Bett verstedt gehalten hatte. Da sie 
nen geladenen Revolver in der Hand hatte, wich 
ei dem jungen Mann der Mut und er schrie laut um 
zilse. Seine Geliebte beruhigte ihn und rief ihm zu, sie 
»erde ihm nichts antun. In demselben Augenblick richtete 
ie Schneiderin die Waffe gegen sich und verletzte sich durch 
mnen Schuß in der Schläfe. Unter schwerem Blut—⸗ 
erlust verließ sie das Haus, um sich in ihre Wohnung zu 
egeben. Unterwegs wurde sie aber von Schutzleuten ange— 
alten und mit einem Wagen zu einem Arzt gebracht. Die 
zerwundung ist nicht lebensgefährlich. 
Barmstedt, 16. Mai. Beim Baden ertrank in 
er Krückau der Maurer Neumann aus Heide. 
Flensburg, 16. Mai. Verurteilt. Der ver— 
zeiratete Mädchenvolksschullehrer Bichel, Vater von vier Kindern, 
vurde von der Strafkammer wegen Sittenverbrechens, be—⸗ 
jangen an Schulkindern, zu 2 Jahren Zuchthaus verurteilt. 
Oldesloe, 16 Mai. Die Maul- und Klauen— 
euche hat jetzt auch in den Kreis Stormarn ihren Einzug 
ehalten; sie kam Sonnabend auf der Weide unter dem 
tlindviehbestand des Hofbesitzers Burow zu Christinenhof in 
zichede zum Ausbruch. 
Segeberg, 16. Mai. Die Maul- und Rlauen— 
euche ist jetzt auch in Hamdorf festgestellt worden. Sie soll 
urch Futtermittel eingeschleppt sein. 
Marne, 16. Mai. Durch Bliszschlag ist in Auen— 
»üttel der Hofbesitz Frauen eingeäschert worden. In Kron— 
rinzenkoog sind drei Pferde erschlagen worden. Die Meierei 
Bzargen ist durch Blitzschlag außer Betrieb gesetzt worden. 
Wandsbek, 16. Mai. Die Luftschifferin Elvira 
kberling stieg Sonntag abend gegen 8 Uhr kurz nach dem 
Hewitter mit ihrem Freiballon in dem Garten des Etahlisse— 
Lauenburg. 
R. Ratzeburg, 16. Mai. Vom Sitzschlag getroffen 
ourde in der Stadtkaserne Sonnabend ein Jäger der 1. Kom— 
agnie unmittelbar nach der Rüdkehr vom Exerzieren. Montag 
efand er sich wieder auf dem Wege zur Besserung. 
B. Möliin, 16. Mai. Selbstmord durch Ertränken 
n Elbe-Trave⸗Kanal verübte Sonnabend der 77jährige Arbeiter 
ziemann aus Witzeeze, seit drei Jahren Insasse des hiesigen 
Werk⸗ und Armenhauses. 
Großherzogtümer Medlenburg 
Güstrow, 16. Mai. Schwurgericht. 6. Tag.) 
Begen Brandstiftung der Häuslerei Nr. 13 in Groß— 
raasch waren 1. der 56 Jahre alte Häusler Friedrich Tapp 
u Gr.Laasch und 2. der 36 Jahre alte Tischler und Häusler 
zmil Meyer zu Gr.Laasch angeklagt. Letzterer ist durch 
Urteile des Schwurgerichts hierselbst vom 3. März und 17. Der 
910 zu zehn Jahren und drei Monaten Zuchthaus verurteil 
ind verbüßt diese Strafe zurzeit in der Strafanstalt zu Drei 
ergen. Außerdem ist er durch Urteil des hiesigen Schwur. 
erichts vom 20. März d. J. wegen Brandstiftung bei dem 
zäusler Endlich zu Gr.-Laasch zu zwei Jahren Zuchthaus ver— 
rteilt. In der Sitzung vom 11. d. M. wurde Meyer wegen 
Zrandstiftung zu einer weiteren Zusatzstrafe von einem Jahr 
nd sechs Monaten Zuchthaus verurteilt, so daß er bis jetzi 
m ganzen 13 Jahre 9 Monate Zuchthaus abzubüßen hat. 
lußer der jetzt ihm zur Last gelegten Straftat hat Meyer 
ch in dieser Schwurgerichtsperiode noch zweimal wegen Brand⸗ 
iftung zu verantworten. Den beiden Angeklagten Tapp und 
Reyer wird nun in der jetzt zur Verhandlung stehenden 
ctrafsache zur Last gelegt: in der Nacht vom 17. zum 18. Febr. 
907 den Stall und das Wohnhaus der Häuslerei Nr. 13 zu 
5r.Laasch und die in diesen Gebäuden besindlichen, gegen 
reuersgefahr versicherten Sachen in Brand gesetzt zu haben. 
Jer Angeklagte Tapp wird weiter beschuldigt, sich dem Vertreter 
»er Deutschen Feuerversicherungs-Aktiengesellschaft zu Berlin und 
»er Domanialbrandversicherungsanstalt zu Schwerin gegenüber 
»es Betruges schuldig gemacht zu haben. Die beiden Ange— 
lagten wurden von der Anklage der Brandstiftung freige— 
proechen. Der Angeklagte Tapp wurde wegen Betruges zu 
inem Monat Gefängniz, verbüßt durch die erlittene 
Intersuchungshaft, verurteilt. 
Neubrandenburg, 16. Mai. Kindesaussetzung. 
donntag abend fanden zwei Frauen in der Nähe des Fried⸗ 
indertors unter einem Wagen ein erst einige Tage altes 
ebendes Kind weiblichen Geschlechts, das in saubere woeiße. 
ber ungezeichnete Wäsche eingewickelt war. Es wurde nach 
»em Armenhause gebracht 
Walorätsel. 
Von Professor Dr. Udo Dammer, 
Kustos am Kgl. Botanischen Garten. 
oc. Unsere deutschen Wälder sind in der Mannigfaltigkeit 
hrer Zusammensetzung schwer zu Übertreffen. 
Dreierlei haben wir im Wald zu unterscheiden: den den 
Wald bildenden Baumbestand, das Unterholz und die den 
Boden bedeckende krautige Vegetation. Der Baumbestand ist 
eintweder einfach oder gemischt; bald reiner Nadelwald, bald 
reiner Laubwald. Die Nadelwälder sind: Kiefern⸗, Fichten⸗ 
»der seltener Tamenwälder. Reinen Laubwaldbestand bilden 
nornehmlich Buchen und Eichen, seltener Weißbuchen und Birken, 
vährend der gemischte Laubwald Gehsölze verschiedener Art ent⸗ 
jält. So treffen wir Wälder, in denen Buchen, Ahorne, 
Rüstern, andere, in denen Eschen, Ebereschen, Weißbuchen oder 
iuch Eichen, Ulmen, wilde Kirschen und Faulbaum zusammen⸗ 
tehen. An feuchten Stellen treffen wir vor allem häufig 
Erlen an. 
Sehr wechselreich ist das Unterholz. Es wird gebildet 
einerseits von jungen, heranwachsenden Pflanzen verschiedener 
Baumarten, andererseits von besonderen strauchartigen Ge— 
xächsen, die aber für die verschiedenen Waldformationen 
harakteristisch sind. So ist ein Begleiter des Kiefernwaldes 
»er Wachholder, den wir deshalb auch vornehmlich im nörd⸗ 
ichen Teile unseres Vaterlandes antreffen. Diese Pflanze ist 
ein Merkmal des Kiefernwaldes. Ueberall dort, wo wir 
ie an freien Stellen antreffen, lönnen wir mit Bestimmtheit 
angeben, daß einmal ein Kiefernwald gestanden hat. Unter⸗ 
holz im Walde bilden ferner Haseln, Kreuzdorn, Himheeren, 
vilde Rosen, Heckenkirsche, im Westen unseres Vaterlandes der 
vülsen, auch Stechpalme genannt, Hollunder uswp. Außerordent⸗ 
ich manmnigfaltig ist die krautige Waldvegetation. Sie ist 
ioch mehr als die strauchige an ganz bestimmte Gehölze ge— 
zunden; es würde zu weit führen, hier eine Aufzählung zu 
jeben. Wer sich die an den einzelnen Stellen zusammen⸗ 
rehenden Pflanzen näher ansieht, der findet, daß stets be— 
nimmte Pflanzen zusammenstehen, so daß er, wenn er eine 
dewisse Pflanze sucht, nur nach einer der Begleitpflanzen Aus— 
schau zu halten braucht. Ein geübtes Auge kann daher an 
kodungsstellen mit Sicherheit angeben, was für Pflanzen 
rüher hier wuchsen. Es ist nämlich eine merkwürdige Er— 
cheinung. daß die Samen vieler kiautartiger Waldpflanzen im 
Boden sehr lange Zeit keimfähig bleiben. Aendert sich nun im⸗ 
polge äußerer Verhältnisse an einer Stelle die Vegetation des 
Valdes, so kommen die im Boden ruhenden Samen nicht zur 
deimung. Wenn dann nach langer Zeit wieder Verhältnisse 
intreten, welche jenen Pflanzen günstig sind, dann keimen ihre 
zamen, und wir sehen plötzlich Pslanzen erscheinen, die wir 
ahrzehntelang vorher an dieser Stelle nie beobachteten. 
Um diese höchst merkwürdige Erscheinung zu verstehen, ist 
s nötig, das Leben der Pflanzen zu kennen. Jede Pflanze 
raucht zu ihrem Gedeihen eine ganz bestimmte Menge Licht 
nd Bodenfeuchtigkeit. Nehmen wir an, es würde eine Stelle, 
»elche bisher keinen Baumbestand ug, in eine Baumschonung 
erwandelt. Der Forstmann hat in den ersten Jahren viele 
Nühe, die jungen Holzpflänzchen gegen das Ueberwuchern der 
„ild wachsenden Vegetation zu schützen. Diese ist gewöhnt, 
‚oll von der Sonne beschienen zu weiden, sie braucht, um sich 
»ohl zu fühlen, die volle Pralisonne. Ihre tief in den 
Zoden dringenden Wurzeln sichern ihr auch dann die nötige 
jeuchtigkeit, wenn einmal eine längere Trockenzeit herrscht. 
zanz allmählich wachsen nun die jungen Holzpflanzen heran, 
erzweigen sich schon frühzeitig und beschatten den Boden in 
hrer nächsten Umgebung. Die Folge davon ist, daß nun die 
zflanzen, welche bisher hier wuchsen, von den Zweigen be—⸗ 
hattet werden, nicht mehr so viel Licht wie bisher erhalten 
ind nicht mehr in demselben Maße gedeihen können. Ihre 
Samen finden nicht mehr die früheren günstigen Keimungs— 
»edingungen, und in kurzer Zeit sind die Pflanzen an dieser 
?telle verschwunden. Einige Jahre später haben sich die jungen 
zolzpflanzen soweit entwickelt, daß sie sich gegenseitig berühren. 
dun beginnt zwischen ihnen der Kgmpf um das Licht. Mit 
MNacht streben sie dem Licht entgegen, ihre ganze Kraft ver— 
venden sie auf die Ausbildung des Mitteltriebes. Die ersten 
herzweigungen sterben ab und der Boden unter ihnen wird 
vieder etwas frei. In den Reihen zwischen den jungen Bäum—⸗ 
hen wird es lichter, der Wind erlangt Zutritt zu den Zwischen- 
äumen und führt mancherlei Samen mit sich. Einzelne dieser 
Samen finden in dem Halbschatten gerade die für sie gün— 
ligslen Bedingungen und keimen. Es entwickelt sich nun hier 
ine neue krautige Vegetation. Aber diese Flora kann sich auf 
zie Dauer nicht halten. Die Bäume wachsen empor, beschatten 
»en Boden wieder stärker, und die Folge ist, daß nach und 
ach auch diese zweite krautige Vegetation verschwindet. Mittler⸗ 
beile hat sich aus dem abgefallenen Laub eine nicht unbedeu⸗ 
ende Humusschicht gebisdet, die das Regenwasser und die 
rũuhlahrsschmelzwässer festhält. Hier finden nun wieder an⸗ 
——— 
dere Pflanzen die ihnen besonders zusagenden Lebensbedingun— 
jen: ziemlich starke Bodenfeuchtigkeit, stark humosen Boden 
ind tiefen Schatten. So tritt also die dritte krautige Vege— 
ationsformation in die Erscheinung. Wenn dann nach einiger 
zeit der Forstmann daran geht, die Schonung auszsulichten, 
ann ändern sich wieder die Licht- und Bodenfeuchtigkeitsver- 
ältnisse, und die Folge ist ein neuer Wechsel der Bodenflora. 
zo sehen wir, wie sich im Laufe der Zeit die krautige Vege— 
ation des Waldes immer wieder verändern muß. Wie prompt 
ie Waldpflanzen auf jede Aenderung in der Belichtung rea— 
ieren, das können wir an jeder durch Windbruch entstandenen 
rzichtung im Walde erkennen; wir werden dort stets eine andere 
flora antreffen, als dicht dabei im Walde. 
Die im Laufe der Zeit entstehenden verschiedenen Licht— 
ind Bodenfeuchtigkeitsverhältnisse geben uns den Aufschluß über 
ie verschiedene Flora in den verschiedenen alten Wäldern. Aber 
vir erhalten dadurch noch keinen Aufschluß über die höchst 
nerkwürdige Erscheinung, daß sich immer dieselben Pflanzen 
u Gesellschaften zusammenfinden. Aus der Regelmäßigkeit 
er Erscheinung müssen wir schliehen, daß ihr stets die gleichen 
lrsachen zugrunde liegen. Tas Dunkel, das über dieser Frage 
uht, ist bisher noch recht wenig gelichtet und bedarf noch 
ründlichen Studiums. Eine Ursache, die bisweilen maßgebend 
t, besteht darin, daß manche dieser Waldpflanzen sogenannte 
zalbschmarotzer sind, die auf andere, ganz bestimmte Pflanzen 
ils Wirtspflanzen angewiesen sind. Diese Pflanzen haben zwar 
ie Fähigkeit, weil sie grüne Blätter besitzen, Kohlensäure zu 
ssimilieren; aber zu ihrem besten Gedeihen müssen ihre 
Purzeln mit Wurzeln anderer, bestimmter Pflanzen verwachsfen 
ind diesen Nahrung entziehen. Wenn wir auch bereits eine 
Inzahl solcher Halbschmarotzer kennen, so ist es doch wahr—⸗ 
cheinlich, daß ihre Zahl noch weit gröker ist. Ferner wissen 
odir, daß eine Reihe von Pflanzen in einem symbiotischen Ver⸗ 
ältnis zu gewissen in der Erde lebenden Pilzen steht, die 
hre Wurzeln mehr oder minder dicht überspinnen und ihnen 
us dem Boden Nahrung zuführen, die sie selbst gar nicht 
rufzunehmen vermöchten. Auch das Vorhandensein bestimmter 
Bodenbakterien mag mitbestimmend für das gemeinschaftliche 
luftreten bestimmter Pflanzen sein. 
So birgt der Wald eine Menge von Raͤtseln, die noch 
„elöst werden sollen. Jeder Naturfreund hat Gelegenheit, 
u ihrer Lösung beizutragen. Genaue Beobachtung, Berücsich 
igung aller in Frage kommenden Merkmale kann ihn auf 
en richtigen Weg der Erkenntnis sführen
	        
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