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4
Zeilagen: Vaterstod che Blätter. — Der Familienfreund.
Amtsblatt der freien und Hansestadt Lübed
heiblatt: Gesetz und Verordnungsblatt Xexe
IXRCE —IIIIIIIEEI
10 ,J. Jahrgang Nachrichten für das Herzogtum Tauenburg, die
ainemmuntens do Veenhcen du gürstentümer Ratzeburg, Lübed und das angren⸗
bι jende medlenburgische und holsteinische Gebiet.
Hrugd und Verlaa: Gebrüder Borchers G.m.d. S. im Lubeg. — Geschäftsstelle Adreß baus (Koniastr. 46). Fernorecher —* n. 9001.
Ausgabe
24
o0 (GGroße Ausgabe)
Dienstag, den 16. Mai 191. Abend⸗Blatt Ur. 246.
Erjstes Blatt. hierzu 2. Blatt.
Amfang der heutigen Nummer 6 Seiten.
sichtamtlicher Teil.
ι
gern, was wiederum der französischen Politik zugute kommen
müßte, da ihr inoffizielles Streben zum mindesten dahin—
zeht, die französischen Truppen möglichst lange
m Lande des Sultans belassen zu können.—
der neue handelsvertrag in der schwedischen Reichs⸗
tagskommission.
(Telegramm.)
M. Stocholm, 15. Mai. Die Reichstagskommission für
den schwedisch-deutschen Handelsvertrag erstattete Bericht, in
oelchem es heißt, die schwedischen Zugeständnisse seien be—
eutend; es sei offenbar, daß sie geeignet sind, in der Haupt⸗
iche Deutschland die Beibehaltung des schwedischen Marktes
u garantieren, wie sie auch vollkommen die Opfer aufwiegen,
ie deutscherseits für die Aufrechterhaltung ungestörter Han—
elsbeziehungen zwischen den beiden Vertragsmächten gebracht
vorden. Indessen ist auch für Schweden die Erhaltung un—⸗
estörter Handelsbeziehungen von so wichtigem Interesse, daß
nit Rücksicht darauf von dem Umstande abgesehen werden
önne, daß berechtigte schwedische Forderungen in dem neuen
zertrag nicht in voller Ausdehnung beachtet wurden. Die
Kommission empfahl die Genehmigung des neuen Vertrages.
—
um diese zu vermeiden, zog ich die Resolution zurück und
ehnte: auch das Amt als Vertrauensmann des Bundes ab.
zch tat dies eben im Interesse der gefährdeten Einigkeit, die
»ann auch erhalten geblieben ist. Nunmehr zeigen die jüngsten
stachrichten aus Windhuk, daß der Antagonismus gegen Erd—
nann sich doch nicht länger mehr in Schranken halten ließ.
das mir aufs neue angetragene Ehrenamt werde ich selbst—
nerständlich ammehmen. Es hat lediglich die Bedeutung, daß
ich der Uebermittler der mir cus Südwest zugetragenen
Wuünsche und Forderungen bei den in Frage kommenden In—
stanzen und für die Oeffentlichkeit bin.“
Der marokkanische Appell an Europa.
d4. Lübecd, 16. Mai.
Vie Londoner Daily Mail verdffentlicht in ihrer letzten
sNummer den Wortlaut des Aufrufs, den die aufständischen
marokkanischen Stämme an die europäischen Mächte gerichtet
haben. Eine praktische politische Bedeutung etwa in Form
einer Aenderung in der bisherigen Haltung der Mächte gegen⸗
iber Marokko kann man von diesem Aufruf allerdings
cicht erwarten. Man ist eben in Europa bereits zu sehr
‚ewöhnt, die Stimme der fremden Völlker zu überhören.
Wenn man sich allerdings des Berichtes vom Times—
dorrespondenten Harris über die Stimmung der aufstän—⸗
ischen Marokkaner erinnert, so muß einem die gemäßigte
Zprache auffallen, in der der Aufruf abgefaßt worden ist.
zwar hatte auch der englische Publizist davon berichtet,
daß die Marokkaner nicht früher Ruhe geben würden, als
dis Mulay Hafid abgesetzt wäre; zugleich aber schilderte er
auch die offenbare Wut der Marokkaner gegenüber Frank—⸗
reich und der französischen Einmischung, in der jene das
vichtigste Hindernis sähen, geordnete Verhältnisse in Marokko
vieder herzustellen. Das Fehlen einer Stellungnahme der
Alufständischen gegenüber der französischen Regierung im Auf-
ufe läht annehmen, daß die Redaktion durch französische
zände gegangen ist, denn unmöglich kann man glauben,
»aß ein Protest gegenüber dem französischen Vormarsche von
»en Marokkanern aus besserer Einsicht unterdrückt worden ist.
Aber noch ein anderes spricht dafür, daß der ijetzt ver⸗
zjffentlichte Aufruf mehr die Auffassung französischer Politiker
ils die wirkliche Ansicht der unzufriedenen Marokkaner wieder—
zsibt. Es wäre nicht das erste Mal, daß Frank—
eeich durch das Mittel eines Thronwechsels in
Marokko an Terrain gewönne. Bereits einmal ist
der französischen Politik dieses Manöver geglückt, und es läßt
ich leicht vorstellen, daß ehrgeizige französische Patrioten
ein solches zum zweitenmal ausführen möchten. Denn ein
ieuer Sultan müßte durch die Uebernahme der Schulden
eines Vorgängers, sowie durch die notwendige verstärkte In⸗
anspruchnahme des französischen Kredits zur Begründung und
Aufrechterhaltung seiner Herrschaft in noch größere Abhängig—
eit von Frankreich geraten, als Mulay Hafid. Die Geschichte
ieses Sultans selbst beweist am besten die Richtigkeit dieser
Behauptung. Gleichzeitig würde ein Thronwechsel, der natür⸗
ich nur in gewaltsamer Weise durchgeführt werden könnte,
dsie Wirren in Marokfto hedeutend verarößern und verlän—
Ein wertvolles Geständnis.
Die Stuttgarter Bürgermeisterwahl veranlaßt den Vor—
värts, ein Geständnis abzulegen, das angesichts des sozial⸗
»emokratischen Ansturms gegen das neue Krankenkassen—
nesetz von nicht geringem Werte ist. Der Vorwärts schreibt
aämlich:
„Wenn Sozialdemokraten einen Genossen in irgend ein
zffentliches Amt berufen, so tun sie es, damit er in dieser
Stellung die Interessen der Partei nach besten
Träften wahrnehme und, soweit es die Natur des Amtes
jestatte, die sozialdemokratischen Forderungen durchsetzen helfe.“
Nach diesem Grundsatz haben die sozialdemokratischen
rankentassenbeamten lediglich ihre Pflicht als „Genossen“ ge—
san, wenn sie ihr Amt zur Förderung der sozialdemokratischen
Parteizwecke mißbrauchen. Daß ein Mißbrauch des Amtes
porliegt, falls es zur Wahrnehmung von Parteiinteressen be—
mutzt wird, versucht der Vorwärts durch die Behauptung zu
jestreiten: der oben umschriebene sozialdemokratische Grundsatz
ei keine Besonderheit der Sozialdemokratie, sondern gehöre
u den selbstverständlichen Forderungen jeder lebensfähigen
Partei. In Wirklichkeit bekennt sich keine unserer bürger—
ichen Parteien zu einem derartigen Prinziv, sondern zu dessen
Hegenteil. Dadurch wird natürlich auch im bürgerlichen Laser
nicht verhindert, daß im einzelnen Falle ein ausgesprochener
Rarteimann praktisch in einen Gegensatz zu dem gerät, was
eine Partei dem Grundsatze nach fordert. Hier aber handelt
s sich um das Prinzip als solches, und dieses kann nur
von einer so ausgesprochenen Agitationspartei, wie die Sozial⸗
demokratie es ist, im Sinne des Vorwärts zur allgemeinen
Richtschnur erhoben werden. (B.)
Zur Spaltung der Farmer in Südwest.
iber die wir bereits berichtet haben, hat der vom Bundes—
nusschuß zum Vertrauensmann des Farmerbundes gewählte Dr.
kohrbach auf eine Anfrage folgendermaßen geantwortet:
„Mehr oder weniger hängt dieses Vorkommnis mit der
Ddernburgschen Politik und den Stimmungen zusammen,
die sie in Deutsch-Südwestafrika hervorgerufen hatte. Die
Stimmung war entschieden antidernburgisch, wäh—
end ErdmannganzimLagerdes Staatssekretärs
rand. Die Gegnerschaft gegen Staatssekretär Dernburg war
zurch seine Diamantenpolitik herrorgerufen. Die Farmer hatten
chon damals mich ausersehen, ihr Vertrauensmann in Berlin
u sein. Es war dies durch einen Beschluß geschehen, den sie
aeiner Versammlung gefaßt hatten, der einem von mir veran⸗
alteten Vortragsabend vorausging. Ich hielt diesen Vortrag
iOmarruru und beschäftigte mich darin mit dem Bodenkredit
aͤr Südweltafrika. Zum Schluß ilegte ich eine Resolution
sor. in der ich zum Ausdruck brachte, daß Dernburg durch
eine Diamantenpolitik dem Fiskus bedeutende Mittel ent—
iehe, die besser zugunsten des Bodenkredits in unserer Kolonie
Anwendung finden könnten. Gegen die Einbringung dieser
Resolution erhob nun Erdmann Einspruch mit der Begrün—
ung, daß die Farmervereinigung keine Politik treiben dürse.
ztwa die Hälfte der anwesenden Farmer wollte jedoch von
ieser Zurückweisung der Resolution nichts wissen. Es wäre
on an jijerenm Mend 2u ona Syolspng dgekommen und
Der Kampf um den Pflaftersteinzoll.
Durch den neuen deutsch-schwedischen Handelsvertrag fühlt
iich die deutsche Hartsteinindustrie schwer bedroht, weil er
bekanntlich keinen Zall auf schwedische Pflastersteine vorsieht.
Die Unterhändler, welche namens der deutschen Regierung mit
den schwedischen Regierungskammissaren konferiert haben, be—
der Ohm werde mit ihm auf der Seite der Ritter stehen. Er
juhr fort zu berichten von dem Aerger seines Vaters und
»on dessen beleidigendem Spott, daß an einem Schlosse die
Gänse über, das Schwein flögen.
Schapelow verstand sofort die Beziehungen und lachte
unbändig über den — nach seiner Meinung höchst geistreichen
— Witz.
„Das hat er gut gemacht, dein Vater!“ rief er etliche
Male.
Wendelin berichtete über den schleunigen Aufbruch des
janzen Adels.
„Da gibt's vielleicht gar noch eine kleine Fehde,“ sagte
zichapelow.
— „Sie ist schon da,“ verkündete Wendelin; „eh' ich wegritt
von Müncheberg, hatten schon drei angesagt: Ilow, Eickendorf
und Bredow auf Steinhöfel.“
Da schien's, als schlüge Jochens vergnügte Laune plötzlich
um in hellen Zorn.
„Und das sagst du mir erst jetzt?“ schrie er laut, indem
ex mit der Faust quf den Tisch schlug, „nachdem du schon
fundenlang bei mir bist? Was soll ich davon denken?“
„Ich mußte doch von vorn andangen, zu erzählen,“ suchte
Wendelin sich zu entschuldigen.
Jochen schien beruhigt zu sein über das Verschweinen
»er wichtigen Botschaft. Aber die Nachricht selber hatte ihn
doch tüchtig erregt. Er wäre wohl aufgesprungen und leb—
zaft im Zimmer auf und ab gegangen, wenn es seine Gicht
zestattet hätte.
„Und nun kann ich mir das Weitere denken,“ sagte er;
‚,dein ehrenwerter Vater hat dich ausgesandt, daß ich mich
ür ihn entscheiden soll. Freilich muß ich geduldig warten, bis
der böse Anfall vorüber ist. Aber dein Vater soll sich
n mir nicht getäuscht haben, und wenn ich mich freue,
einem etwas am Zeuge zu fliden, so iiit es der dicke
Ilow und sein Bollersdorfer Freund, der mir ein Dorn im
Auge ist.“
Wendelin wurde blaß. Jochen bemerkte es wohl. „Wird
ir's schon wieder schlecht, Junge?“ fragte er voll freund⸗
icher Teilnahme.
Wendelin.
Eine Erzählung aus dem vierzehnten Jahrhundert
von C. Kohlweyer.
18. Fortsetzung.) (Machdruck verboten.)
Es folgte nun eine sehr lange Sitzung. Die Bürger samt
Hhren Söhnen wurden einzeln durchgesprochen und sortiert,
e nachdem sie über Waffenstücke, namentlich aber über Pferde
derfügten. Bei vielen war man bezüglich ihrer Ausrüstung
rnicht genau unterrichtet, so daß man sich genauere Erkundi—
zuungen noch vorbehalten mußte. Am Schluß der Beratung
jatte man sich in folgenden wichtigen Punkten geeinigt. Mar—
fuardsdorf unb Hentze, jeder mit zehn bis zwölf bewaffneten
Reitern, sollten gleich am folgenden Tage ausreiten; der
erstere, um einige Edelleute, der letztere, um die Nachbarstädte
— zunächst Straußberg — auf Münchebergs Seite zu ziehen.
dasenveld und Crest sollten die Bewaffnung und Ausrüstung
»er Bürger überwachen und vervollständigen. Nikolaus DTrysch
iber wurde anheimgegeben, sich selber erst einmal derart aus—
urüssen, daß er sich in der Schar der Bewaffneten sehan
lassen könnte. Damit er aber in jseiner Würde als Stadtvater
nicht gänzlich überflüssig dastehen sollte, so wurde ihm über—
ragen, die Bewaffnung der Weiber in die Hand zu nehmen.
za. der Weiber! Nickel Hentze bezeichnete das — freilich mit
einem verdächtigen Zuden in den Mundwinkeln — sogar als
ein äußerst wichtiges Geschäft. Es könnte doch leicht zu einer
Belagerung kommen und zu einem Ansturm der Feinde. Dann
müßten die Weiber mit heran zur Verteidigung der Mauern,
namentlich wenn von den Männern eine stattliche Zahl aus—
zeritten wäre. Die Weiber müßten aber notgedrungen für
hren Kriegsdienst ausgerüstet sein. Da brauchte man Steine
n großer Menge, Pfannen und Törfe, die mit siedendem Pech
anzufüllen waren, und mancherlei Dinge dieser Art, um die
Feinde an der Erstürmung der Mauern zu hindern. Darüber
wurde nun Nickel Drysch als Generalfeldzeugmeister gesetzt.
Bei diesen Verhandlungen kam Marquardsdorf verschiedene
Male in große Verlegenheit. Es war ihm zunächst unange—
iehm, daß man, wie schon am Vormittag, mehrfach betonte,
nan würde an Wendelin eine große Hilfe haben. Unange—
nehmer wurde die Sache, als die Stadtväter sich darauf ver—
teiften, Wendelin solle sogleich an ihren Beratungen teilnehmen.
Am peinlichsten aber war es dem Vater, als man ihn geradezu
ragte, wo denn sein ältester Sohn wäre.
Marquardsdorf, der selbst auch ein offener, wahrheits—
iebender Charakter war, empfand es als etwas ganz Uner—⸗
rägliches, daß er durch Ausflüchte den wahren Sachverhalt
zerschleieen mußte. Um so fester nahm er sich's vor, gleich
im Morgen des folgenden Tages die Sache in Ordnung zu
ringen. Immer lebhafter bereute er seine Uebereilung, und
ede neue Erinnerung an den Bruch, den er doch schließlich
erbeigeführt hatte, brachte ihm einen neuen Ausweg zum Be—
yußtsein, durch den er eben diesen Bruch hätte vermeiden
zunen. Hätte! Das Wort wurde er den ganzen Tag
icht wieder los. Was er ausch denken und reden und tun
nochte: es war, als ob da drinnen in seinem Innern ein
öser Geist säße, der unablässig einen Satz nach dem andern
erplapperte, und jeder fing an mit den Worten: „Ach, hätte
ch doch — —!“ —
War nun dieser Nachmittag in Müncheberg so bedeutsam,
'o war er's in Quilitz noch mehr.
Jochen Schapelow war die Zeit schon sehr lang geworden.
kr versuchte aufzustehen; aber der Gichtanfall, mit dem er
chon seit einer Reihe von Tagen zu tun hatte, nötigte ihn
vieder auf den Lehnstuhl und löste ein paar derbe Flüche aus.
Endlich kamen die beiden aus dem Garten zurück. Jochen
var nicht gerade in bester Laune.
„Endlich,“ empfing er die beiden, „eine halbe Ewigkeit
eid ihr geblieben! Und nun, Wendelin, setze dich und
rzähle mir noch mehr vom gestrigen Tage!“
Während Gisela das Zimmer verließ, setzte sich Wendelin
»em Ohm gegenüber. Aber so viel er auch nachdachte, es
vollte ihm nichts anderes einfallen, als die Fehde. So schoß
er denn gleich auf sein Ziel lhos.
Er erzählte von den Hänseleien der Edelleute. Dies
zörte Schapelow mit großem Vergnügen an.
„Die Müncheberger werden sich schön geärgert haben,“
agte er; „wäre ich dabei gewesen, ich hätte sie wohl auch
ein bißchen gehänselt.“
Wendelin war überrascht und schöpfte nun die Zuversicht,