Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

baß diese Muünzen das Bildnis bes Prinz⸗Regenken kragen 
sollen, während die anderen Munzen das Bildnis des Königs 
tragen. 
Im preußgischen Abgeordnetenhause hat die Fraktion der 
Freisinnigen Volkspartei eine Reihe von Anträgen eingebtacht. 
Sie betreffen die Verantwortlichkeit der Minister, eine aerch⸗ 
tere Heranziehung der Steuerpflichtigen zu Einkommens⸗ und 
Wetmögenssteuer, eine Neuregelung des gesamten Beamten« 
rechts, die Förderung der inneren Kolonisation, eine Abände⸗ 
rung der Kreis⸗ und Provinzialordnungen. 
Konsular⸗ und Kolonialgericht. In der gestrigen Kommis⸗ 
sionssitzung betreffend das Konsular⸗- und Kolonialgericht wurde 
nach längerer Debatte als Sitz des Gerichtshofes mit 8 gegen 
4 Stimmen bei einer Enthaltung Hamburg anstatt Berlin be⸗— 
stimmt. Der Staatssekretär des Kolonialamts gab seiner An— 
sicht Ausdruck, daß der Beschluß unannehmbar sei. 
Der württembergische Landtag wurde gestern voni König 
mit einer Thronrede eröffnet. Letztere bringt keine beson⸗ 
deren Ueberraschungen, weist aber doch einen verhältnis— 
mäbig reicheren Inhalt auf, als die Thronrede, mit der kürz⸗ 
lich der preußische Landtag eröffnet wurde. In der Rede 
mird zunächst darauf hingewiesen, daß der Entwurf des 
Etats durch den Aufschwung der wirtschaftlichen Verhält⸗ 
nisse vorteilhaft beeinflußt worden sei, und namentlich das 
Erträgnis der Einkommensteuer weise erhebliche Steigerungen 
aqauf. Dann betont die Thronrede, daß die Wohlfahrt des 
Landes mit einer gesicherten Lebensstellung der öffentlichen 
Diener unverbrüchlich verknüpyft sei, weshalb dem Landtage 
demnächst Vorlagen zugehen, um die Bezuüge der 
Staatsbeamten, wie auch der Geistlichen und 
VRolksschullehrer zu erhöhen. Unter den Maß— 
nahmen der Vereinfachung der Staatsverwaltung erwähnt 
die Thronrede die Aufhebung des Geheimen Rates, 
einer neben dem Staatsministerium zur Vorbereitung von Ge— 
seßzeniwürfen bestimmten Körporschaft, die entbehrlich geworden 
ei. Ferner wird ehne Gesetzesvorlage betr. die Jugend⸗ 
rürsorrge und ein Gesetz, das im Interesse der Gesund⸗ 
heit der Jugend die allgemeine Einführung von 
Schulärzten bezwedt, angekündigt. Für die staatl. Hilfstätig- 
keit zugunsten der notleidenden Weingärtner soll ebenfalls ein Ge— 
sezenlwurf den Landständen zugehen. An dem Eröffnungsakl— 
nahm auch die sozialdemokratische Fraktion teil. — Nach 
dem Hauptfinanzetat für 1911,12 beträgt der Staatsbedarf 
für 1911 insgesamt 103 870 136 M, für 1912: 106 540 518 M 
Die Einnahmen werden auf 105424 143 Mubezw 
107 837 145 Mgeschätzt. Es würde also ein Ueberschuß 
von 1554007 Mubezw. 1297329 Meentstehen, wenn nicht 
die Gehaltsaufbesserungen für Beamte und Geist— 
liche sowie Lehrer Mittel im Gesamtbetrage von 8,1 bezw. 
9,1 Mill. Mefordern würden. Davon entfallen 2,90 Mill. M 
auf die Eisenbahnverwaltung. Diese können aus dem in 
Aussicht zu nehmenden höheren Beiriebsüberschuß der Eisen— 
bahn gedeckt werden. Dagegen müssen für den übrigen Mehr— 
bedarf neue Einnahmen geschaffen werden, und zwar durch 
Zuschläge zu den Steuern und den Ertrag einer einzufüh— 
renden Staatslotterie. Für die Bestreitung der auhberordent⸗ 
ichen Bedürfnisse der Verkehrsanstalten sind zwei neue 
Auleihen im Gesamtbetrage von 36 Mill. Meaufzunehmen, 
so daß die Staatsschuld insgesamt rund 656 000 000 Mube⸗ 
trägt. Der Finanzminister betont ausdrücklich daß ange— 
sichts der hohen Anforderungen, die die unumgänglich not—- 
wendige Gehaltsaufbesserung an die Steuerkraft des Landes 
stellt. weitere neue Anforderungen an die Staatskasse zurüch— 
zuweisen sind. Die Maßnahmen zur Vereinfachung der Staats⸗ 
verwaltung werden nur allmählich wirken, und so bedarf es, 
um dem Staatshaushalt die erforderliche feste Grundlage zu 
siichern, der Einhaltung der äußersten Sparsam— 
deit in allen Zweigen des öffentlichen Dienstes sowie der 
wirtschaftlichsten Ausnutzung und Zusammenhaltung der be— 
tehenden Einnahmequellen. 
Die Reichsversicherungsklomzmifsion setzte die Beralung 
sort beim Abschnitt: Besondere Ortskrankenkalsen. Eine Be— 
merlkung von Zentrumsseite veranlaßt einen Vertreter der 
Sozialdemokraten, die Frage zu stellen, ob die Herren der 
Ansicht seien, daß die Versicherungsordnung erst nach den 
Reichsstagswahlen zur Verabschiedung gelangen werde. Der 
Wortführer des Zentrums entgegnet, seine Partei sei fest 
entschlossen, die Vorlage noch in dieser Session zur Ver⸗ 
abschiedung zu bringen. Die Bestimmungen über die beson— 
deren Ortskrankenkalssen werden nur redaktionell geändert. Mit 
a lo unglüdlich, daß mich Marnar so allein gelassen hat! 
Ach, ich kann ja nicht leben ohne ihn, nicht leben!“ 
Und sie warf sich der Greisin zu Füßen und weinte und 
cchluchzte wie ein Kind. 
Aber die alte Jrau legte nicht, wie sonst, die dürre Hand 
heruhigend auf das lockige Haupt. Die Greisin sah wie zu 
Stein erstarrt und blidte weithin ins Leere. 
Mit furchtsamen Augen sah HIridrun verstohlen zu ihr auf. 
Wie eine Norne der Vorzeit dunkte ihr die Alte, und wäh⸗ 
rend sich die dürren Finger gespenstig bewegten, war es 
Fridrun, als ob das unerbittliche Schichsal jetzt leine Fäden 
pann. 
Sie schauderte fröstelnd zusammen, aber sie schmiegte doch 
ihren braunen Kopf mit dem süßen Kindergesicht zärtlich gegen 
die Knie der Greisin und bat liebreich: 
„Ich habe ihn ja so lieb gehabt, ihn, deinen Sohn, Mutter. 
wie ich dich liebe. Undine reizt mich nur so maßlos, und 
da sage ich denn immer alles Mögliche, was gar nicht wahr 
ijt. Verzeihe mir doch! Nur noch ein einaiges Mal!“ 
DTie Greñsin nicte. 
„Hörft du den Sturm? Wie der Dünensand da draußen 
zautlos ins Meer verweht, so fliegen deine Worte an meinem 
Ohr vorbei. Wehe, dreimal wehe dir, wenn du gelogen! 
Ob du gelogen, weiß nur das Meer, das wird dich strafen. 
wenn deine Zeit gekommen.“ . 
Der Kopf der Greisin sank matt auf die Brust, die Junge 
aber entfloh eiligst aus dem stillen Gemach, in dem so un⸗ 
deimlich die roten Flammen zucdten. 
Fridruns lange Trauerschleppe segte den Boden und glitt 
wie ein schwarzer Schatten hinter ihr her— 
v F a 
Fortsetzung folat.) 
der neue Gerhart hauptmann. 
d. Ein Berliner Mitarbeiter ist in der Lage, über „Die 
Ratten“, das neue Drama Gerhart Hauptmanns, 
das am 13. Januar im Lessingtheater zu Berlin die 
Utaufführung erlebt, folgende zuverlässige Mitteilungen zu 
machen: . 
Was hisber äber, Die Ratten“ an die Oeffentlichkeit ge— 
257 beginnt der Abschnitt über die Betriebskränken« 
assen und Innungskrankenkassen. In erster 
Ldesung ist bekanntlich eine Lücke geblieben, da ein Beschluß über 
die Errichtung bezw. Erhaltung von Betriebskrankenkasser 
uüͤberhaupt nicht zustande kam. Von der fortschrittlichen Volks— 
partet wird festgestellt, daß sie in erster Lesung für die 
Regierungsvorlage eingetreten sei, sich aber mit aller Ent— 
chiedenheit gegen die Bildung kleiner landwirtschaftlicher Be— 
riebskrankenkassen mit einer Mindestzahl von nur 50 Mit— 
ztiedern erklären müsse, weil durch Ausscheiden der großen 
ßetriebe aus den Landkrankenkassen die kleinen und mitt— 
leren Betriebe ganz erheblich geschädigt werden würden. Nach 
ängerer Aussprache wurde beschlossen, die Errichtung einer 
Betriebskrankenkasse von der dauernden Beschäftigung von 
nindestens 160 Versicherungspflichtigen, bei landwirtschaft- 
ichen oder Binnenschiffahrtsbetrieben von mindestens 50 Ver—⸗ 
icherungspflichtigen abhängig zu machen. Die Regierungs— 
vporlage hatte eine Mindestzahl von 500 Versicherungspflich— 
tigen gefordert und fakultativ eine Herabsetzung von 250 
uind im Binnenschiffahrtsbetrieb auf 50 zulassen wollen 
Weiter wurde als 8 289 hinzugefügt, daß bei Saisonbe— 
rrieben die Mindestzahl mindestens für 2 Monate vorhanden 
sein muß. Von fortschrittlicher Seite wurde im vinblick auf 
diese Bestimmung feltgestellt, daß z. B. ein Rübenbaubetrieb, 
der 2 Monate im Jahre 50 Arbeiter beschäftige, seine eigene 
Kafse gründen könne, auch wenn er sonst kaum 10 Leute be— 
chaͤftige. — Dienstag Weiterberatung. 
Der Zeitrunkt der Reihstagewahlen. Im Gegensatz zu 
der hier und da noch auftretenden Meldung, daß nian 
nöglicherweise mit Frühjahrswahlen für den Reichstag rech— 
jen müsse, stellt die N. G. C. zuverlässig fest, daß die Reichs— 
agswahlen in keinem Falle vor dem Herbst und entweder 
n der zweiten Säffte des Monats Oktober oder in der ersten 
zälste des November stattfinder werden. — In parlamen— 
tarischen Kreisen besteht die weitverbreitete Ansicht, dah 
»er Reichstag nach Ostern kaum mehr Lust verspüren werde 
u tagen. Die Nähe der Wahilen drücke bereits auf die 
Irbeitslust. Daher mag sich auch der Skeptizismus erklären 
b die großen Vorlagen, die dem Reichstag noch aufliegen 
n diesem Jahr überhaupt noch erledigt werden können 
zn Regierungskreisen scheint man anderer Ansicht zu sein 
lUlen anderen Nachrichten gegenüber wird erklärt, der Reichs— 
ag werde zusammengehalten, bis er seine Arbeiten fertig— 
zestellt habe, selbst wenn das noch sehr srät in den Sommer 
jinein dauern sollte. Wie weit dabei die Erwartung be 
rechtigt ist, daß auch diesmal, wie sonst, die Sehnsucht 
niach Schluß der Session die Arbeitskraft erhöht, steht dahin. 
Anter den Parteien herrscht offenbar eine starke Furcht vor 
eder Mehrbelagstung des Kontos, das eine jede bei den 
Wahlen zu begleichen haben wird. Sollte sich der Reichs— 
tag vsllig unfähig erweisen, in den entscheidenden Materier 
chnelle und brauchbare Arbeit zu leisten, so wird der Re— 
zierung doch wohl nichts anderes übrig bleiben, als kurzen 
Prozeß zu machen und den Reichstag zu vertagen, um ihn 
m Herbst zum Zwedck der Auflösung zusammenzurufen. In 
Regierungskreisen will man jedoch, wie gesagt, von einer 
olchen Möglichleit nichts wissen und glaubt, der Reichstag 
verde sich durch den Zwang des kurzen Zeitraums dahin 
zringen lassen, das gewünschte Vensum im wesentlichen ab— 
zuerbeiten. 
Sodaut hrer u chh Micdtneid. Der Aueschube 
chen Hochschullehrertages, der am 7. Januar in Leipzig ver— 
ammelt war, hat folgende Erklärung beschlossen: „Der in 
eipzig versammelte Ausschuß des deu shen Hochschullehrertages 
st anläßlich der Vorbereitungen von Satzungen für den Verein 
Deutscher Hochschullehrertag“ übereinstimmend zu der Ansicht 
zelangt, daß die Mitglieder alademischer Lehrkörper, die den 
Podernisteneid geleistet haben, nicht Mitglieder dieser Ver— 
inigung sein könne, weil sie damit den Verzicht auf unab 
zängige Erkenntnis der Wahrheit und Betätigung ihrer wissen⸗ 
chaftlichen Ucberzeugung ausgesprochen und so den Anspruch 
ruf die Ehrenstellung eines unabhängigen Forschers verwirkl 
zaben.“ Die Erklärung trägt die Unterschrift folgender Pro⸗ 
efsoren: v. Amira-⸗Munchen, Barkhausen-Hannover, Barth 
Leipzig, Binding⸗Leipzig, Brentano-München, Chun-Leipeig, 
hermann⸗Wien, Krüger-Hannover, VParpenheim-Kiel, Rein⸗ 
Jena. Stengel-⸗Greifswald, v. Wettstein-Wien. 
Zur Verfafsunasfrage in Medle:butg. Die medlen⸗ 
vurgischen Blätter bringen einen Aufruf der nationalliberalen 
Vereine zu Rostock und Güstrow in Sachen der Berfassungs- 
langte, ist unvollständig, halbwahr und irreführend. — 
Sandlung der Tragikomödie trägt sich in Berlin zu in 
fünf Alten. Zwei spielen in einem Bodentaum, den ein ent⸗ 
azleister Theaterdirektor (EEmanuel Reicher spielt ihn) ge— 
vachtet und zu einem richtligen Theaterreich ausgestattet hat, 
sich selbst zum Trost, seinen Schülern zum lehrreichen Auf⸗ 
enthalt. Die drei anderen Akte führen ins Heim eines 
Maurerpolierts John und damit ins Heim der eigentlicher 
Zzandlung, die mit der theaterzünftigen nur lose zusammen⸗ 
zängt. Denn die Frau des Poliers — die Rolle ward un— 
verkennbar für Else Lehmann geschaffen — ist die tra⸗ 
gische Heldin des tragikomischen Ganzen. 
Der Poliersfrau ist ein Kind, das sie sich sehnlichst ge— 
wünscht, jung gestorben. Nun, während der Mann in Ham—⸗ 
burg arbeitet, scheint das Schicksal ihr Ersatz zu bieten. 
Ein Dienstmädchen sieht in großer Bangigkeit Mutterfreuden 
entgegen. Frau John befreit sie von der Sorge: sie selber 
wird das Kind für immer zu sich nehmen und als ihr 
eigenes ausgeben. Ihrem Chemann schreibt sie, daß sie selblt 
wieder guter Hoffnung sei. Die Unterschiebung gelingt auch 
wiewohl nicht ohne Verwicklung, zur Freude der Poliersfrau. 
Aber die Geschichte wendet sich ins Tragische, da das 
Dienstmädchen nachträglich sein eigen Fleisch und Blut zurück⸗ 
zegehrt. Die Frau weigert sich leidenschaftlich, das Kind 
jerauszugeben. Sie weiß sich nicht anders zu helfen, als daß 
sie ihren Bruder, einen heruntergekommenen Menschen, anltiftet, 
das Mädchen von dem Gedanken abzubringen. Bei dem Aus⸗ 
flug, den die zwei machen, dommt es auf einsamer Heide 
zu einem Kampf zwischen beiden, wobei der Verkommene — 
aatürlich keineswegs unter verbrecherischer Mitschuld seiner 
„chwester — das Dienstmädchen tötet. Da jener nun seiner 
Schwester meldet, das Mädchen werde nicht wiederkehren, so 
rönnte Frau John fortan im Besitz des Kindes glücklich sein. 
Doch jeht fügt es sich (auf Grund der erwähnten Verwidlung), 
daß ihr Mann hinter ihr Geheimnis kommt. Als die Unter— 
schiebung offenkundig wird, tötet sich die Frau durch einen 
Sturz aus dem Fenster — falls dieser herbe Schluß nicht 
etwa doch noch im letzten Augenblick geändert werden sollte. 
Der neue Hauptmann will also im wesentlichen eine Tra— 
a4sdie der Mütterlichkeit. nenguer: der Muttersebnlucht lein 
reform, der durch eine außerordentliche Schärfe allgemein A 
sehen erregen wird. Der Aufruf beginnt: „Wir geben 
tiefsten Bedauern, dem Unmut und der Mibstimmung, ja 
Entrüstung weiter bürgerlicher Kreise über die Behandlu, 
der Verfassungsangelegenheit hierdurch öffentlich Ausdrug, 3 
richten an die Regierung und die Ritterschaft die Frage: & 
Sie sich dessen bewuht, welches Kapital an monardint 
staatstreuer Gesinnung hier verwirtschaftet wurde? Warne 
rufen wir der Regierung zu: Es ist die höchste Zeit, daß da 
vor mehr als drei Jahren dem medlenburgischen Volke gegeben 
Fürstenwort eingelöst, daß die stark gefährdete Autorität de 
Krone und der Regierung gewährt und dem im Vertrauen gi 
seinen Fürsten geduldig harrenden medlenburgischen Volke en 
lich eine wirklich zeitgemähe Verfalsung gegeben wird. Jahr 
lange Verhandlungen, eindringliche Vorstellungen, Bitten un 
Mahnungen, das dentba rwei!este Entgegenkommen der Reg! 
rung und Landschaft haben bei der Ritterschaft nichts gefruchte, 
Wahrlich der Worte sind nun genug gewechselt! Was jetzt allei 
ür Fürst und Regirung und Volk die Situation retten kann, il 
eine energische Tat!“ Im weiteren wird der Landschaft de 
Dank für ihr bisheriges Verhalten ausgesprochen und das Vor 
gehen der Regierung, betreffend den Dominialkapitalfond 
aufs schärfste verurteilt. 
Rehchskanzler und Vatikan. Die Nordd. Allg. Itg. schreibt 
Ein Teil der Presse beschäftigt sich mit den Artikeln des, Neue 
Jahrhunderts“ über angebliche Einwirkungen des Reichslangzler 
in Rom bei den Verhandlungen des Kardinals Fischer und de 
Abgeordneten Spahn und Pieper mit der Kurie über die Ge 
werkschaften in Deutschland. Soweit es die Haltung des Reich— 
kanzlers und des preußischen Gesandten beim Vatikan betriff 
enibehrt der Artikel jeglicher Grundlage. 
Defterreich⸗ Ungarn 
In der Sitzung des ungarischen Finanzausschusse 
erklärte der Obmann Ludwig Lang, der glänzende Erfolg de— 
Subskription auf dem deutschen Markt biete Veranl-s'ung, de 
Freude über diesen Erfolg, welcher ohne Vartekunterschied an— 
zuerkennen sei, Ausdruck zu gcben. Der Flnanzminister, dessa 
Verdienste um die Herbeifßhrung des Ersolges auzuerkennen 
seien, sei unbestreibar zu beglückwünschen. Flnanzmin'ster 
Lukacs erwiderte, er betrachte das Resusat als eine geradezu 
demonstrative Kundgebung des Vertrauens für den ungar'schen 
Staatskredit. Das Resultat der Substription sei um so hähen 
zu veranschlagen, als die Hälfte der Zeichnungen Sperrstüde 
ceträfen. — Die Beteilligung der einzelnen Staaten an de 
Subskription der Ungarischen Kronenrente ist folgende 
Deutschland 12 Milliarden, Oesterreich 1800 Miillione 
Ungarn 400, Schweis 17. Belgien 7 und Holland 6 Millione 
Portunal. 
Nach der Proklamierung der Republik waren die Gemeinde— 
behörden von Lissoabon und Oporto als die einzigen in Ante 
zelassen, mit Rücksicht auf ihre republikanische Gesinmng. 
Vorgestern reichte die Gemeindevertretung von Oporto 
lollektid ihre Entlassung ein und begründete sie mi 
dem Miangel an Vertrauen seitens des Regierungsvertreters ir 
Dporto. Der Gouverneur reichte aleichfolls seine Ent 
salssung ein. 
Ter Ausstand der Eisenbahner isßt unvderänderi 
Die Bahnhöfe sind verlassen. Die Versorgung der größere! 
Oete mit Lebensmitteln aeschijeht durch Wagen und auf dem 
Wallerwege. 
Jaßan. 
Als über die jetzt ablaufenden Handelsverträg 
FJapans mit Großbritannien, Frankreich und 
Deutschland verhandelt wurde, suchte Japan die Ab 
chaffung der Exterritorlalität zu erlangen und erklärte sich 
zereit, seinerseits Zugeständnisse in anderen Richtungen zu 
nachen. Der damals in die Verträge aufgenommene 
Konventionaltarif ist daher gänzlich einseitig. Japan ver— 
langt. daß die neuen Verträge mehr auf Gegenseitigkeit be 
ruhen sollen. Die jetzt mit Großbritannien und anderer 
Ländern stattfindenden Verhandlungen zielen darauf ab, dieser 
Gedanken der Reziprozität zu verwirklichen. Was den kürzlid 
in Japan eingeführten neuen Tarif anlangt, so wird erklärt, 
daß er nach der japanischen Verfassung durch Spezialverträge 
mit fremden Mächten ersetzt werden kann, ohne daß das 
Parlament um seine Zustimmung ersucht zu werden braucht 
und obschon das Tarifgesetz sesher unperändert geblieben isr 
Hauptmanns eindringliches Milempfinden schlichtesten Lebens 
war und ist die starke Wurzel seiner Kraft, und tragikomisch 
gebrochene Naturen sind ihm meist, künstlerisch gesprochen, zu 
zlüdlichen Figuren gedieben. Die Gestirne stehen allo 
günstig ... 
Aus Berlin schreibt man uns über die Uraufführung 
Berhart Hauptmanns fünfaktige Berliner Tragikomodi 
„Die Ratten“ befremdete bei ihrer Uraufführung am Freita 
bas Publikum des Berliner Lessing-Theaters so, daß mu 
die menschlich ergreifende Darstellung der Frau Else Leh⸗ 
mann das mißglückte Werk auf ein höheres Niveau empor⸗ 
zuheben vermochte. Der Beifall klang recht kühl. Als zun 
Schluß der Dichter erschien, ertönte wie zur Antwort durch oll 
Ränge des Haufes der Ruf: Lokpe⸗— 
Kunst und Wissenschaft. 
Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze! Bei de 
Beerdigung des früheren Opernsängers Adolf Peschier vom 
Hofoperntheater in Wien, der, wie gemeldet, obdachlos auf de 
Gasse aufgefunden wurde und bald darauf im Spital ver 
slarb, wurde die kaum glaubliche Tatsache konstatiert, da 
richt ein einziger Leidtragender erschienen war 
uim dem bedauernswerten Manne die letzte Ehre zu erweisen 
Dio Friedhofsangestellten muhten daher einige zufällig an—⸗ 
vesende Personen, unter Nennung des früheren Berufes des 
Verstorbenen, bitten, die Leiche zu Grabe zu geleiten. 
d. Ferdinand Bonn und „Oedipus“. Bei den auswärtigen 
Frühjahrsgastspielen Max Reinhardts wird unter anderen Fetr 
dinand Bonn, der bereits am Silvesterabend in „Lumpacivaga— 
hundus“ als Gast am Deutschen Theater auftrat, in Hofmanns 
hals „Oedipus“ mitwirken. 
„Zum grohßen Wursil“. Das von Dr. Eugen Robert goe 
eitete Theater „Zum großen Wurst!“ eröffnete seine Vorstel 
ungen im Munchener Lusespielhaus mit einem Einakterzyklus 
Die Dame im Kamin“, „Der alte Frst“. Zur 
Schluß des Abends kam,Varietsé“ von unsermLübecker Lands 
nann Heinrich Mann, trotz des Verbotes des Autots zu 
Aufführung, eine sehr amusante, glänzend pointierte Satit— 
Bei temperamentvoller Darstellung gefiel das prickelnde Nuuß⸗ 
verschen außerordentlich
	        
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