Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

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Ausgabe A. 
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Aus den Nachbargebieten. 
Sansestĩdte. — 
Zßamburg, 12. Mai. Der Termin des Stapel⸗ 
taufs des Panzerkreuzers „Ersatz Heimdal“, der 
ursprünglich auf den 27. Mai festgesetzt war, der aber wegen 
der Aussperrung derjenigen Arbeiter der Vulkanwerft, die an 
der Maifeier teilgenommen haben, verschoben werden mußte, 
ist noch nicht bestimmt festgelegt worden. 
BVerlängerung der Straßenbahnkonzession. 
Die Vorlage des Senates betr. Verlängerung der Konzession 
der Straßenbahn, die dem Bürgerausschuß im Dezember 1909 
cuugegangen ist, hat diesen veranlaßt, Sachverständige hinzu— 
zuziehen und Gutachten einzuholen. Die sehr eingehenden 
Arbeiten des Bürgerausschusses haben jetzt dahin geführt, daß 
er — unter Ueberreichung eines reichen Materials (Eingaben 
von Bürgervereinen usw.) — den Senat um weitere sorgfältige 
Erhebungen, Gutachten und sonstiges Material ersucht, die 
ihm zuc Entscheidung der für Hamburg so überaus wichtigen 
Frage erforderlich erscheinen. 
(GKleine Nachrichten) SechsHamburger Groß— 
händler betrogen. Wegen großer Schwindeleien und 
betrücerischen Bankerotts wird der Südfruchthändler Israim 
Groß aus der Keibelstraße in Berlin von der Kriminalpolizei 
verfolgt. Er hatte einen grohßen Laden gemietet und einen 
Handel mit Südfrüchten eröffnet. Die Hamburger Groß⸗ 
händler, an die er sich um Waren wandte, erhielten die 
besten Auskünfte, weil er diese selbst gab. So kam es, daß 
Groß auf Kredit geliefert erhielt, was er verlangte. Als 
dann nach der üblichen Frist die Großhändler um Zahlung 
ersuchten, hielt der Schwindler sie hin mit der Vorspiegelung, 
daß er selbst von seinen Abnehmern noch keine Kasse be— 
kommen habe. Um seine Lieferanten zu täuschen, hatte er 
seine Bücher gefälscht. Der unternehmende Mann hat es ver—⸗ 
standen, sechs Hamburger Großhändler um 30 000 M zu be⸗ 
trügen. Groß ist flüchtig,. — Vom Automobil über— 
fahren. Am Dammtor wurde ein Mann, als er den Fahr⸗ 
damm überschreiten wollte, von einer Kraftdroschke angefahren, 
umgestoßen und überfahren. Der Verunglückte erlitt nicht 
unerhebliche Verletzungen. In dem Wagen saßen zwei Herren, 
die dem Chauffeur zuriefen, er solle schnell davonfahren. 
Der Wagenlenker befolgter den Rat, doch nahmen drei Rad— 
fahrer die Verfolgung des Flüchtlings auf, holten ihn beim 
Schlump ein und veranlaßten seine Sistierung. 
Bremen, 12. Mai. Die Bürgerschaft hat Mittwoch 
die Beratung des Budgets für 1911 beendet. Das Budget 
wurde in der Gesamtahstimmung gegen die Sozialdemokraten 
genchmigt. 
Schleswig⸗ Holstein. 
Altona, 12. Mai. F Freiin Elise von dem 
Bussche, eine durch ihre Tätigkeit im Dienste der Kranken— 
oflege weit über ihren Wirkungskreis hinaus belannte und 
ehr beliebte Dame; ist zu Meran, 73 Jahre alt, gestorben. 
Freiin von dem Bussche war lange Jahre Oberin des 
Diakonissenhauses zu Altona, wo sie am 9. Jan. 1836 als 
Tochter des 18601 verst. Grafen Julius Clamor von dem 
Bussche-Izzenburg, gen. von Kessel, gebobren wurde. Die 
Beisetzung der Verstorbenen soll in der Familiengruft zu 
Izzenburg bei Wittlage, dem Fideikommißbesitz des Hauses, 
stattfinden. — Der erste Spatenstich für die Verlegung 
der Altona-Kaltenkirchener Eisenbahn fand in Quick 
born statt. 
Kiel, 12. Mai. Ein kleines Mißgeschick wider⸗ 
fuhr Dienstag der Vorstellung der „Götterdämmerung“ im 
Stadttheater Als Sieagfried-Arens mit seinem Pferde 
a 
Fgür unsere Frauen. — 
Damentoiletten im modernen Theater. 
Hat man wohl schon einmal beachtet, wie die moderne 
Ausstattung unserer Theatersäle anfängt, der Wirkung eleganter 
Damentoiletten Abbruch zu tun? Manchem wird's schon be— 
gegnet sein, während er einen Abend im Theater über einem 
langweiligen Lustspiel vergähnte oder pflichtschuldigst ein auf 
einer „höheren Idee“ aufgebautes DTrama bewunderte, daß 
ihm eine mit einem eleganten Tamenzirkel gefüllte Loge als 
ein weit interessanteres Kunstwerk erschien, als die Vorgänge 
auf der Bühne. Da fließen die Farben und Falten seidener 
Gewänder harmonisch durcheinander, Lachen und Jugend be—⸗ 
leben die Gruppen anmutiger Frauengestalten und Flirt und 
Koketterie knüpfen ihre Dramen, meistens auf Kosten des 
befradtten Geschlechts, das düster wie der Chor der tragischen 
Bühne in den Hintergrund verwiesen ist. Aber für die Wir—⸗ 
kung von Damentoiletten muß der Theatersaal mit seinem 
gedämpften Licht auch einen geeigneten farbigen Rahmen ab—⸗ 
geben. Dazu waren die früheren Theater weit besser geeignet 
als die heutigen, vielleicht, weil sie überhaupt instinktiv das 
gesellschaftliche Moment im Theater höher einschätzten, als es 
heute beliebt ist. Immer mehr neigen die Architekten dazu, 
heute für die Innenausstattung eines Theaters Weiß, Creme— 
karbe oder ein lichtes Graugrüun zu nehmen. Damit werden 
viele Farbemmnuancen an einer Damentoilette ihrer Wirkung 
beraubt. Hellrosa, Mattblau, Silbergrau und Weinrot werden 
dor diesem Hintergrunde um den besten Teil ihrer Wirkung 
gebracht, sie zerfließen, sie verlieren alles Geschlossene. Außer⸗ 
dem verschmähen die Baukünstler heute fast völlig, die Logen 
wirkungsvoll zusammenzufügen und abzuschließen, so daß, wie 
man das in früheren Zeiten kannte, ein „Theater im Theater“ 
da war, auf dem mitunter die amüsantesten Lustspiele ohne 
alles Spielhonorar aufgeführt wurden. In diesen Logen herrsch— 
ten, wie überhaupt in der ganzen Theaterausstattung, jene 
warmen, goldroten Töne, die uns ganz abhanden gekommen 
sind und die so entzückend aussehen auf den Bildern älterer 
Maler, wie auf denen von Stevens und auch auf einigen 
Gemälden von Altmeister Menzel. Wie heiß und leuchtend 
yon Vergnügen und Jugend und Freude am Spiel erscheinen 
da Frauenköpfe unter dem purpurnen Sammet dieser Vorhänge 
oder an eine vergoldete Säule oder Karyatide gelehnt! Das 
dicht im Saal war weit gedämpfter als heute, das elektrische 
Licht auf der Bühne unbekannt; alle Schatten und Lichter ge⸗ 
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Freitag, den 12. Mai 1911. 
Abend⸗Blatt Ur. 239. 
den Rhein zur Gibichenhalle heraufzog, gab es in der Zug⸗ 
zorrichtung des Nachens beim Halten einen plötzlichen Ruck 
ind der Held und das wackere Roß „Grane“ purzelten in 
ie Versatzstücke der Bühne, die in Stücke gingen und die 
ücische Maschinerie bloß legten. Der Held war etwas verdutzt, 
lam aber bald wieder in richtige Stimmung, die in ausge— 
zeichneter Frische anhielt, sein vierfüßiger Begleiter litt jedoch 
m merklicher Bestürzung über den Zwischenfall und schien 
m Hüftgelenk Schmerzen zu haben; aber auch er erholte 
ich noch am Abend vollkommen, so daß er den Schluß seiner 
Rolle“ mit erträglicher Sicherheit bewältigte. 
Kiel, 12. Mai. Kapellmeister und Sänger. Der 
Zapellmeister des Stadttheaters, Dr. Schreiber, hatte den 
Dpernsänger Grifft wegen Beleidigung verklagt. Dieser er⸗ 
oartete nach Schluß der Aufführung den Kapellmeister 
inten im Bühnenraum und sagte zu ihm: „Sie haben keinen 
dunst von der Aufführung der „Walküre“. Sie, Brüderchen, 
Zie kaufe ich mir noch mal. Hüten Sie sich, ich mache Sie 
ünstlerisch noch unmöglich“ Am 12. Mai, als „Tristan“ 
rufgeführt wurde, wo der Sänger im letzten Akt ziemlich 
eidenschaftlich zu singen hatte, gab Dr. Schr. nach Gr.s Ansicht 
dieder die Tempi so langsam, daß der Sänger Mühe hatte, 
nitzusingen. Erregt hierüber, stellte Gr. nach Schluß der 
dorstellung wiederum den Kapellmeister zur Rede und sagte: 
Was fällt Ihnen ein, Sie Ignorant! Sie müssen erst 
dorrepetitor werden und etwas zulernen, ehe Sie sich die 
echheit erlauben, Opern zu dirigieren“ Die Sache 
urde Mittwoch vor dem Sshöffengericht verhandelt. 
Has Schöffengericht verurteilte Grifft zu 830 Mark 
zeldstrafe und hob hervor, bei der Aufführung so großer 
Werke müßten Kapellmeister und Sänger zusammen arbeiten; 
s müsse daher dem Künstler gestattet sein, eine Aussprache 
zerbeizuführen, doch sei Grifft, wenn ihm auch nicht der 
zchutz des 8 193 versagt werden könne, zu weit gegangen. 
Wessen künstlerische Ansicht richtig sei. habe das Gericht nicht 
u prüfen. 
Elmshorn, 12. Mai. Schwerer Unglücsfall. 
Bei einem Gewitter wurde durch einen Blitzschlag eine 
steinerne Figur von dem Giebel des Polizeiamtes herab⸗— 
geschleudert. Die Figur fiel in eine vor dem Gebäude 
spielende Gruppe Kinder und traf den vierjährigen Knaben 
Graumeyer. der so schwer verletzt wurde, daß er dald 
darauf starb. 
Zum Gerberstreik. Die Vereinigten Lederfabrikanten 
ehnten die von dem Elmshorner und dem Zentralverband der 
Lederarbeiter angebotene Verhandlung ab. An die ijetzt be— 
chäftigten Arbeiter wurde nachstehende Bekanntmachung erlassen: 
„Entgegen dem von den Streikenden verbreiteten Gerücht, daß 
alle in unseren Betrieben Beschäftigten sofort nach Beendigung 
des Streiks entlassen würden, erklären wir, daß wir niemand 
entlassen werden, der seine Pflicht tut.“ J 
Neumünster, 12. Mai. Kirchenbau. In Gegen—⸗ 
vart der Geistlichkeit, der Kirchenvertretung und der Spitzen 
der Zivil- und Militärbehörden fand gestern vormittag 11 Uhr 
die Grundsteinlegung zur vielumstrittenen zweiten Kirche auf 
dem alten Friedhof statt. Für den Bau, ohne Innen—⸗ 
ausstattung, stehen 200 000 M zur Verfügung. 
Großherzogtum Oldenburg, Fürstentunt Lübed. 
K. Eutin, 12. Mai. Die Hauptversammlung des 
Landeslehrervereins findet am 1. Juli im Hotel „Luisenhöhe“ 
in Malente statt. 
Pr. Eutin, 12. Mai. XIII. Berbandstag der Ol— 
denburger Zone des Deutschen Gastwirtever— 
bandes. (2. Tag.) Nach einer Vorstandssitzung wurde der 
— 
Zonentag im Hotel „Deutsches Haus“ vom Vorsitzenden des 
hiesigen Wirtevereins, Hoftraiteur Janus, eröffnet und die 
Ddelegierten begrüßt. Der Zonenvorsitzende Jühne, Oldenburg, 
vegrüßte darauf den Regierungsvertreter, Assessor Habekamp, 
und Burgermeister Mahlstedt. Nach einem Hoch auf den 
Großherzog wurde die Absendung eines Telegramms an diesen 
beschlossen. Der Kassenbericht weist eine Einnahme von 861,65 
M, eine Ausgabe von 461,20 Mefür 1910 auf und einen 
dassenbestand von 400,46 M. Tas Vermögen betrug 1910 
2472,98 M, jetzt 1873,23 M. Die Rechtsschutzkasse weist 702 M 
ruf. Ein Antrag an das Ministerium, daß bei verbotenen 
sßblücksspielen nicht nur der Wirt, sondern vornehmlich auch der 
zpieler bestraft werde, wurde einstimmig angenommen, ebenso 
in Antrag des Oldenburger Vereins. Die Oldenburger Wirte— 
ereinigung, die 1912 eine Kochkunstausstellung veranstalten 
vird, soll das Risiko tragen. Ter Antrag, den 84 der 
zatzungen dahin zu ändern, daß in Zukunft dem geschäfts— 
ührenden Ausschuß mindestens 2 Mitglieder angehören müssen, 
„ie ihr Gewerbe selbst ausüben, wurde angenommen. Der 
Intrag des Vereins Rüstringen, das Gesetz vom 16. März 1908 
ahin zu ändern, daß Vereinsfestlichkeiten an den Vorabenden 
von Som⸗ und Feiertagen unbeschränkt freigegeben werden, soll 
ils Petition an den Landtag gerichtet werden. Angenommen 
vurde ferner ein Antrag desselben Vereins, eine Eingabe an 
as Ministerium und den Landtag zu machen wegen Herab— 
etzung der Wirtschaftsrekognition. Ein Antrag des Eutiner 
Hereins auf Amahme einer Resolution, betr. Reichs- und 
dandtagswahlen, fand einstimmige Annahme. Die Resolution 
autet: „Die anwesenden Mitglieder des XIII. Zonentages 
»er Oldenburger Zone des Deutschen Gastwirteverbandes sehen 
s als ihre moralische Pflicht an, bei der demnächst statt— 
indenden Landtagswahl, sowie der Reichstagswahl nur solche 
Kandidaten zu unterstützen, die den Beweis erbracht, daß sie 
auch für den Wirtestand ein offenes Herz haben und be— 
onders bei der letzten Finanzreform die den Wirtestand so 
chwer schädigenden Steuern abgeiehnt haben.“ In den ge— 
chäftsführenden Vorstand wurden gewählt: 1. Vorsitzender 
zühne, Schriftführer Hegeler, Kassierer Hinsche, sämtlich aus 
Oldenburg. Für den nächsten Zonentag wurde einstimmig 
Westerstede bestimmt. — Darauf fand im Hotel „Voßhaus“ 
in Festessen statt. Die Damen hatten vormittags einen Spa— 
„iergang durch Eutin und den Schloßpark unternommen. Nach— 
nittags fand noch eine gemeinsame Motorbootfahrt auf dem 
zroßen Eutiner See nach dem Redderkrug statt. Abends be— 
chloß ein Ball im Schloßhotel die Tagung. Der heutige 
Tag ist Ausflügen durch die Holsteinische Schweiz gewidmet. 
Cuftfahrt. 
116 Kilom. in der Stunde. Paris, 12. Mai. Der 
Flieger Nieuport legte auf dem Flugfelde Bouy in eine? 
Stunde 116 km zurück. Er stellle damit einen neuen Welt— 
ekord auf. 
Köln, 11. Mai. Dem Kölner Klub für Luft— 
chiffahrt ist uunnehr die Erlaubnis des Gouver— 
lements für die Vesanstalung eines Ballonwettflie— 
dens für kommenden Sonntag erteilt worden, mit 
der Verpflichtung, daß keiner der Mäifahrenden photogra— 
»hische Apparate mitführen darf. Es starten insgesamt acht 
Ballons, vier vom Kölner Klub und vier vom Niederrhei— 
nischen Verein für Lufischiffahrt. Tie Fahrtdauer darf sechs 
Stunden nicht überschreiten. Es handelt sich um eine be⸗ 
chränkte Wettfahrt. Der Wanderpreis fällt dem Ver— 
ein zu, dessen drei Ballons die größte Strecke in der Luft-— 
inie zurückleos 
heimnisvoller, phantastischer und jeder suggestiven Wirkung 
oiel günstiger. Solche alten Theater gibt es noch in Paris, 
zahlreich in Italien, auch in London findet man sie noch, 
Iber in Deutschland werden sie immer seltener. Paris hat 
ruch noch die uns ganz barock erscheinende Altertümlichkeit, 
aß einige seiner Theater vergitterte Logen haben. Die Devise 
zer Frauenwelt war zu allen Zeiten keineswegs die des alten 
Soethe „Mehr Licht!“, sondern „Mehr Geheimnis!“ Sollte 
ie sich darin so ganz geändert haben? Das wäre bemerkens— 
vert. Unfraglich sind die neuen Theaterräume größer, luftiger 
uind für die Sicherheit der Zuschauer besser. Aber die far— 
zige Innenwirkung ist dabei oft geopfert. Die meisten Theater— 
äle von heute wirken mit ihrem hellen Licht kalt und 
erstreut, und daß man so oft von der „Intimität“ eines 
Theatersaales spricht, beweist gerade, wie sehr man sie sucht. 
L.D. 
ðz⸗au 
die Glocke geschlagen hat. Uns kommt, offen gestanden, 
diese allerletzte Modelaune ein wenig unpraktisch vor, und 
wir meinen, man kann es abwarten, ob es ihr gelingen 
wird, sich Geltung zu verschaffen. nge. 
* 
Die Kartoffel als Schmuckkästchen · 
Von allen Bestandteilen der Kleidung und Ausrüstung 
inserer Frauen ist der Schmuck den wechselnden Launen der 
Mode am wenigsten unterworfen. Wohl stehen bald Perlen 
ind Diamanten, bald die bunten Steine, Rubinen, Smaragden 
und Saphire höher im Ansehen, aber ganz aus der Mode 
ommt guter, wertvoller Schmuck niemals. Und gerade heut— 
utage trägt man mehr Schmuck als früher, wird in den 
»beren Kreisen der Gesellschaft mit Juwelen ein Luxus ge— 
rieben, von dem man ehemals laum etwas ahnte. Da ist 
s nun eine wichtige Frage, wie man Schmudk am besten 
wufbewahrt. Das kann auf sehr verschiedene Art geschehen. 
cs gibt sehr vornehme Damen, die ihren Schmuck ständig 
n der Verwahrung einer Bank lasen und täuschend ähnliche 
inechte Nachahmungen davon tragen. Es gibt andere, die 
venigstens die kostbarsten Stücke ihres Schmuckes nicht im 
igenen Hause behalten, sondern nur zu besonders festlichen 
Inlässen aus dem sicheren Gewahrsam einer Stahlkammer 
olen lassen. Aber die gllermeisten Frauen begnügen sich 
och damit, Armbänder, Ohrringe, Kolliers und Agraffen 
ibends, wem sie von einer GEesellschaft heimkehren, in die 
»afür bestimmten Kästchen aus Leder oder Samt zu legen 
ind diese Kästchen fortzuschließen. Für Perlen gibt es jedoch 
einen besseren Platz als am menschlichen Körper selbst. Wer 
zas Glüdk hat, eine Schnur schöner Perlen sein eigen zu 
zennen, tut am besten, sie niemals, auch des Nachts nicht. 
„om Halse zu entfernen; so behalten sie am längsten den 
chillernden Glanz, der ihr höchster Reiz ist. Auch Tiamanten 
rauchen — und das ist wohl weniger bekannt — einen 
jewissen Grad von Feuchtigkeit und Wärme. Der rohe Dia— 
nant löst sich häufig, wenn er plötzlich aus der Mine ans 
dageslicht gefördert wird, in tausende von kleinen Staub—⸗ 
örpern auf. Daher empfiehlt es sich, Diamanten in einem 
nit Kleie gefüllten Leinwandsädchen zu verwahren. Noch 
»esser aber ist — eine innen ausgehöhlte Kartoffel. Sie 
Netet außerdem den Vorteil, daß selbst der gewiegteste Ein⸗ 
hrecher ihre Bestimmung als ESchmuckkästchen nicht vermuten 
oirb. ure. 
34 
Die Uhr im Rodfutter — die leßte Damenmode. 
Pünktlichkeit ist bekanntlich nicht gerade die stärkste Seite 
zes. zarten Geschlechtes. Es lähßt sich von unseren holden 
jrauen nicht behaupten, daß sie „die Uhr im Kopfe haben“. 
im Gegenteil, sie betrachten es wohl als ihr Vorrecht, stets 
ind überall auf Nachsicht rechnen zu dürfen, wenn sie eine 
„erabredete Stunde nicht innehasten. Fast jede neue Mode 
ersucht, dieser Schwäche abzuhelfen und der Uhr am Kleide der 
jrau ein bequemes, gfälliges Plätzchen zu sichern. So ent⸗ 
land das Uhrenarmband, das aber notwendigerweise immer 
in wenig plump ausfallen mußte und für zarte, schmale 
dandgelenke kein passender Schmuck war. So entstand die 
Ihr-Berloque, die kleine, mit Juwelen gezierte, an einer 
zchleife befestigte Uhr, die, gleichsam wie ein Orden, auf 
ie linke Seite der Bluse geheftet wurde. Und so entstand 
sie Uhr im Bügel des Besuchtäschchens, die Uhr am Porte⸗ 
nonnaie und die Uhr im Fingerring. Die Mode des Jahres 
911 will auch in dieser Hinsicht nicht hinter ihren Vor⸗ 
ängerinnen zurücksstehen. Man wird in diesem Frühlahr und 
zommer als elegante Frau die Uhr an der Innenseite des 
adetts tragen. Solche Uhren, die jetzt in den Schaufenstern 
er tonangebenden Pariser Juwelierläden zu sehen sind, gleichen 
n der Form den Kettenknöpfen, mit denen die Herren ihre 
Manschetten schließen. Eine runde, mattgoldene Fläche verrät 
an der Außenseite des Jacketts den Sitz der Uhr. Das Ziffer⸗ 
»latt ist aber nach imnen gewendet, und man muß das untere 
knde des Jadetts umschlagen. wenn man erkennen will, was
	        
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