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eilagen: Vaterstädtische Blätter. — Der Familienfreunt
e —16. Jahrgang Nachrichten für das Herzogtum Lauenburg, die
eunanierieo sNen de heeechenngen du gürstentümer Ratzeburg, Lübeck und das angren⸗
!ue creende mecllenburgische und holsteinische Gehiet.
Drucg und Verlag: Febrüder Borchers G. m b. S. in Lüũbed. sSechaftsstelle Adreß haus (Koniaustr. 48). Fernintecher 0000 u. 9001.
Amtsblatt der freien und Hansestadt Lühed
heiblatt: Gesetze und Verordnungsblatt Be
25 ———777 —E
IXVXVX
(Große Ausgabe)
Dienstag, den 9. Mai 1911.
Abend⸗Blatt KRr. 233.
Erjtes Blatt. hierzu 2. Blatt,
owie
Gesetz⸗ und dnungsbiatt
der freien und Sansestadt Lübech, Nr. 21, F
enthaltend:
Bekanntmachung, die diesjährige Eröffnung der Jaad auf Reh—
böcee betreffend.
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Umfana der heutigen Nummer 6 Seiten.
Nichtomtlicher Teil.
Das fertige Kompromiß für Elsaß⸗
Lothringen.
Mitglieder haben; dazu ernennt der Kaiser noch ebenso-⸗1
»iele Kammermitglieder. Die Kaiserstimmen dürfen die anderen
richt übersteigen.
Die Sprachen⸗ und Religionsparagraphen der Freikon⸗
ervativen (5 24, a, b: Antrag Dircksen) werden nach den
WVünschen der Antragsteller von der Kommission angenom⸗—
nen werden, obwohl bis jetzt nur noch ein einziger fort—
chrittlicher Abgeordneter opponierte.
Ueber Wahlkreiseinteilung und Wahlrecht
ur Zweiten Kammer wurden die neuen Kompromißvorschläge
er Regierung im ganzen gutgeheißen. Danach besteht
ie Zweite Kammer aus 60 Abgeordneten, die auf 23 Wahl—⸗
reise (die bestehenden) verteilt werden. Dabei entfallen auf
eden Wahlkreis mehrere Abgeordnete. Sie sollen nicht von
em Gesamtkreis gewählt werden, sondern jeder Abgeordnete
rhält einen besonderen Unterwahlkreis. Die Abgrenzung
ieser Unterwahlkreise erfolgt erstmalig durch den Bundesrat.
Vollte man sie in der Kommission oder gar später im
deichstag vornehmen, so würde es ein ewiges Handeln um
inzelne Ortschaften geben. Das Proportionalwahlrecht wird
ielleichht noch einmal die Kommission als Antrag beschäf—⸗
gen, aber sicher keine Mehrheit finden.
Wahlberechtigt sollen Reichsangehörige sein mit dem Zu—
aitz, daß sie 3 Jahre ihren Wohnsitz in Elsaß-Lothringen
aben und eine einjährige Aufenthaltsdauer in der Gemeinde
esitzen. Für Wähler, welche Grundbesitz, selbständiges Ge—
»erbe oder öffentliches Amt haben, genügt einjähriger Wohn—
tz in Elsaß-Lothringen. Das Pluralwahlrecht wird vor—
ussichtlich in der Kommission so behandelt, daß die Re—
ierung auf die Forderung von Doppelstimmen für das voll—
ndete 35. und 45. Lebensiahr verzichtet und sich mit einer
zluralstimme bei vollendetem 40. Lebensjahr begnügt.
Diese Kompromißvorschläge fanden im großen ganzen
ie Zustimmung der Kommissionsmitglieder des Zentrums,
er Nationalliberalen und der Fortschrittler. Freilich stehen
ie offiziellen Erklärungen der Fraktionen dieser drei Par—
eien noch aus; doch werden sie bis zum Beginn der offi—
iellen Sitzung heute mittag eingeholt sein. Es herrscht
nfolgedessen unter den Feeunden des Reformwerkes im Reichs—
ag zuversichtliche Stimmung, und man hofft, daß nunmehr
as schwierige Werk sowohl in der Kommission wie später
riuch im Plenum mit einer Mehrheit, wenn auch mit einer recht
nappen, alücklich verabschiedet wird.
Das Freihafenprojekt für Malmö.
Die Malmöer Stadtverwaltung beschäftigt sich seit län—
erer Zeit mit dem Plan der Anlage eines großen Frei—
afens. Es handelt sich um ein Projekt, dessen Verwirklichung
iehrere Millionen Kronen kosten würde. Nachdem verschie dene
zachverständigenausschüsse sich in umfangreichen Gutachten
ür den Plan ausgesprochen haben. der ktechnisch verbhält-
Io
nismähig leicht ausführbar und wirtschaftlich außerordentlich
empfehlenswert sei, wurde Sonntag auf Einladung der Lei—
isung der in Gründung begriffenen Freihafen-—
rktiengefellschaft eine große Bürgerversammlung ab—
ehalten.
Wenn Malmsö einen Freihafen erhielte, so würde ein
roßer Teil des schwedischen Transilverkehrs künftig statt
dopenhagen den Malmöer Hafen benutzen. Ferner würde
iuch durch die Anlage eines Freihafens, die Möglichkeit füt
ie Schiffe, Rücffracht zu bekommen, wesentlich erhöht werden.
f—benso erhofft man in Schweden von dem Proijiekt eine
rhebliche Förderung des Getreidehandels an diesem Platz
Die sehr - zahlreich besuchte Versammlung beschloß, in kräf—⸗
igster Weise das neue Vroiekt zu fördern.
Zu Diaz' Rucktrittsentschluß.
(Telegramm.)
Die Veröffentlichung des Entschlusses des Präsidenten
Diaz, zurückzutreten, erfolgte in Extrablättern am Sonn—⸗
ag abend und erregte überall Jubel. Diaz kündigte scine
kntscheidung in einer Versammlung des Kabinetts an. Er
zehält sich das Recht vor, nach seinem Urteil zu eunt—
cheiden. wann der Friede tatsächlich wiederher—
jestellt ist. Dies werde der Fall sein, wenn er die gewisse
leberzeugung habe, daß seinem Rücktritt nicht die Angrdie
olgen würde. Er wendet sich an den Patriotismus der Be—
»ölkerung und fordert sie auf, für den Frieden und den
Fortichritt der Nation in Einigkeit zu handeln.
Madero befand sich bereits auf dem Vormarsch nach
dem Süden gegen die Hauptstadt, als die Nachricht von
Ddiaz Ankündigung eintraf. Madero erklärte, er werde
Ziaz ein Telegramm senden, in welchem er ihn zu disem
lkt höchste Selbstaufopferung und des höchsten
Fatriotismus beglüchwünsche. Madero kündigte welter
m, er werde in einen neuen Waffenstillstand willigen, um die
Friedensverhandlungen wieder aufzunehmen.
d. Lübed, . Mai.
Im Bundesratiszimmer des Reichstages hat gestern nach—
mĩttag eine Besprechung zwischen dem Staatssekretär Dr. Delbrück
und den Kommissionsmitgliedern der elsaß-lothringischen Ver—
fassungsneform stattgefunden, die mit einer erfreulichen Einigung
über die seither strittigen Punkte der Vorlage endete. Das
Kompromiß, bei dem die Reichsregierung ebenso wie die ver—⸗
chiedenen Parteivertreter erhebliche Zugeständnisse gemacht
haben, erstreckt sich auf folgende wichtigere Bestimmungen:
Das Budgetrecht der Ersten Kammer soll so
'ormuliert werden, daß die Finanzgesetze von ihr nur im
janzen angenommen oder abgelehnt werden können. Im
Konfliktsfall wird der Regierung das Recht verliehen, Schatz⸗
anweisungen auszugeben, soweit die Einnahmen aus den auf
hesonderen Gesetzen beruhenden Steuern und Abgaben nicht
uusreichen, um die rechtlich begründeten Verpflichtungen der
Ldandeskasse zu exfüllen. Dieser Formulierung werden alle
Parteien, die sich für das Zustandekommen des Gesetzes über—
zaupt interessieren, geschlossen zustimmen.
Uebed die Zusammensetzung der Ersten Kammer wird
»ie Fassung der Regierungsvorlage, die in der ersten
dommissionslesung bekanntlich durch Abstimmungsschwierigkeiten
arg verstümmelt wurde, wieder hergestellt werden. Dabei
vird dem Zentrum zugestanden, daß bei der Sedisvakanz der
Bischöfe ihre ordentlichen Stellvertreter ohne weiteres in die
ẽrste Kammer eintreten. Auch der Wunsch der Universität
soll erfüllt werden, daß die Wahl ihres Vertreters vom Plenum
erfolgt. Alle anderen Anträge, insbesondere auch die Zentrums—
vorschläge über eine erhöhte geistliche Vertretung in der Ersten
zammer werden nicht wieder eingebracht werden. Die Arbeiter⸗
zertretung soll so geregelt werden, daß zunächst durch Landes—
jesetz Arbeiterkammern eingeführt werden, die dann drei Ver—
reter in die Erste Kammer entsenden. Dann würde also
nach dem Regierungsentwurf die Erste Kammer 21 vorher 18
Ein Deutscher über die Lage in Marokko.
Ein glaubwürdißter deuischer Landsmann, der gestern aus
Fasablanca, Rabat und Mehedia eintraf, entwirft folgendes
Zituationsbild: Casablanca ist so sehr feanzösifer
ßasen, daß der einlausende holländische Kreuzer „Gelder—
and“ statt dec scherifischen die französische Flagge hißte. Der
delegraph ist gegen unwillkommene Nachtrichten nach innen wie
iach außen abgesperrt, so daß beruhigende Nachrichten aus Fez
inbekannt bleiben. Die Zahl der Trurpen in Casablanca schätzt
der Gewährsmann auf über 20 000 Mann, die die Orischafsen
ängs der Küste mit Wallgräben umgeben. Alles weist daraunf—
in, daß die Franzosen lange Kämpfe ahnen. Die Araber eiltn
wmit der Erntearbeit. um nordwärts in den Kamrf zu zieden.
—
stand, auf den lustigen Einfall, den ihm zunächst Stehenden
mzurufen: „Kommt Kinder, wir gehen anders rum!“
Und im Nu bildete sich ein neuer Zug, der nach der ent⸗
gegengesetzten Richtung hin abmarschierte.
Wendelin hatte sich den Edelleuten anschließen wollen.
kr wurde aber weit von ihnen abgedrängt. Da, als er
aum den Festplatz verlassen hatte, bemerkte er mit freu—
»igem Schreck, daß Beate an seiner Seite ging. Sie hatte
auch die Schar der Jungfrauen nicht mehr erreichen können.
„Beate,“ sagte er tief beglückt, indem er ihre Hand er—
ahte, „siehst du, wir sollen als oute Kameraden nebenein—⸗
inder hergehen.“
„Wirklich!“ antwortete sie, scherzhaft lächelnd, „mir soll
s lieb sein.“
„Und doch,“ fuhr er fort, „hast du's mir vorhin verwehrt
und mich traurig gestimmt.“
„Ich?“ fragte sie erschrocken, „wann hätte ich das
getan?“
„Du sagtest vorhin, mein Platz wäre unter den Edel—
euten, und du wärest eine Lürgerstochter,“ flüsterte er
hr zu.
„Aber es ist doch so und läßt sich nicht ändern,“ gab sie
urück.
„Beate,“ sagte er, ihre Hand ungestüm drüdend, „ich
vilt dir mehr sein, als ein guter Kamerad; ich habe
ich lieb.“
Sie antwortete ihm nicht, aber ihr Gesicht erglühte dunkel—
ot. „Laß los,“ sagte sie nach einer Weile, indem sie ihm
hre Hand entzog, „wir sind hier nicht allein.“
Und auch ihrem Gefährten schien das einzuleuchten, denn
r sprach während des ganzen Umzuges nur noch wenig und
»ann über gleichgültige Dinge. Aber immer wieder schaute
r sie liebevoll an und mar jedesmal entzückt. wenn sich bre
Blicke begegneten.
Die Edelleute hatten sich zuerst in der allgemeinen Fest—
immung dem Zug eingeordnet. Als sie aber eine Weile
iarschiert waren und inne wurden, daß der Spaziergang durch—
us nicht klein werden würde, da lam wie mit e inem Schlag
ber alle die Empfindung, als ob sie bei der ganzen Sache
ine Rolle spielten. die ihrer nicht recht würdio wöre
Wendelin.
Eine Erzählung aus dem vierzehnten Jahrhundert *
von C. Kohlweyer. *
2. Fortsetzung.) Machdrud verboten.)
„Es ist mein Sohn,“ erwiderte Ehrhard trotzig, wenn
uuch mit Ehrerbietung gegen den jungen Ritter, „und der
zohn ist in der Gewalt des Vaters.“
„Ich will ihn dir auch nicht nehmen,“ sagte Wendelin,
‚ich will ihn nur vor Schlägen schützen. denn er hat sie nicht
nerdient.“
„Doch hat er sie verdient,“ antwortete Ehrhard, „er
ist wieder ungehorsam gewesen; er hat das Haus verlassen.
du bist auch deines Vaters Kind und wirst den Ungehorsam
icht verteidigen wollen.“
Wendelin erblaßte vor Zorn, er faßte sich aber und ent⸗
zegnete: „Nein, das will ich nicht. Aber es ist Ritter—
flicht, den Bedrängten zu schützen, und der arme Kerl weiß
licht, was er tut; darum hat er auch keine Schläge verdient.
Wenn du darauf bestehst, daß er wieder ins Haus zurück⸗
ehren soll, dann will ich ihn geleiten.“
Und zu dem Schutzflehenden gçewandt, sagte er freundlich,
iber bestimmt: „Komm mein lieber Bludo ich bringe dich
nach Hause.“
Bludo grunzte einige unverständliche Laute. Er erhob
ich aber gehorsam wie ein Kind und lieh sich von Wen—⸗
»elin an der Hand durch die Volksmenge führen. Ehrhard
olgte schweigend, aber er warf auf den Junker feindselige
Blicke. Er fühlte sich vor aller Welt bloßgestellt nicht nur
urch das Erscheinen seines blödsinnigen Sohnes auf dem
Fesiplatze, sondern mehr noch durch das Auftreten des iungen
Edelmannes.
Als sie aus der Menge heraus waren, übergab Wendelin
einen Schützling dem Vater Ehrhard und sagte freundlich:
‚„Hier hast du ihn; habe doch Erbarmen mit dem armen
ßeschöpf; es ist ja dein eigen Fleisch und Blut!“
Ehrhard nahm den Blöden in Empfang. Er gab dem
unker keine Antwort, sondern blidte zornig vor sich hin.
Mondelin kehrte nach dem Ritterzelt zurück. Auch vnn
vort aus hatte man den Vorgang beobachtet, wenn auch
aus einiger Entfernung. Der alte Marquardsdorf mußte den
zdelleuten auf ihre Fragen Auskunft geben, und es war
hm außerordentlich unangenehm, daß sein eigener Sohn dabei
ne so eigenartige, Rolle spielte. Er geriet dadurch in eine
erärgerte Stimmung, die ihn jfür diesen Tag nicht wieder
erließ. Er empfing deshalb auch den zurückkehrenden Wen—
„elin mit Blicken des Unwillens, sagte jedoch nichts wegen
er Gäsle.
Wendelin aber war erst recht in eine gehobene Stimmung
eraten, einesteils, weil er sich bewußt war, eine edle Tat
retan zu haben, andererseits, weil er — eigentlich zum ersten
Rale — Gelegenheit gehabt hatte, vor der Volksmenge als
ditter aufzutreten. So trat er mit frohem Stolz unter die
dligen Gäste und fühlte sich beglückt, als Pful ihm die
zand schüttelte und ihm seine Anerkennung aussprach, in
ie auch ein großer Teil der Edelleute einstimmte. Dabei
zemerkte er sehr wohl des Vaters Blicke und las ihm dessen
Mißbilligung vom Gesicht ab.
Aber die Ereignisse drängten sich heute in raschem Wechsel
ind ließen niemand zur Ruhe und zum beschaulichen Nach
enken kommen. Denn sogleich verkündigten die beiden Bürger⸗
neister nach kurzer Beratung, daß nun der geplante Umzug
in die neu befestigte Stadt gehalten werden sollte. Zinken
ind Trompeten schmetterten Signale und riefen zum Ordnen
es Zuges. Die Absicht der meisten Edelleute, hoch zu Roß
ie Stadtmauern zu umreiten, mußte unterbleiben; denn es
rwies sich als völlig unmöglich die Pferde durch die Menge
zerbeizuschaffen.
Es dauerte auch wegen des flutenden Gedränges eine ge—
aume Weile, bis der Festzug einigermaßen zur Aufstellung
edieh:; und schließlich ordnete er sich doch ganz anders, als
tan es gewoltt hatte. Ja, als sich die Spitze mit den
Musikanten in Bewegung setzte, hatte sich kaum der zehnte
deil zum Abmarsch geordnet. So drängte denn alles bunt
urcheinander nach. Und doch nicht alles. Denn als die
zpitze des Zuges sich schon so weit vom Festplatz entfernt
atte, daß man dort den Schall der Trompeten nicht mehr
ernahm. da fkam ein Witzbosd. der am weitesten entfernt