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Montag, den 8. Mai 1911. Abend⸗Blatt Nr. 251.
Ausgabe A.
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Aus den Rachbargebieten. 4
vanfestadte.
Hamburg, 8. Mai. Großherzog Friedrich Franz
pon Meglenburg⸗-Schwerin ist hier eingetroffen und
imm HGotel „Atlantic“ abgestiegen, um Sonnabend und Sonntag
der Pferdeschau des Hamburger Poloklubs beizuwohnen.
dee Senfor ver Samburger Aerzte, Dr. med.
Dehrens, vollendete Freitag sein 80. Lebensiahr und wurde
zus diesem Anlaß vielfach geehrt. Der Senat hatte in einem
Schreiben seine Glüdwünsche und setne Anerkennung für die
Verdienste des Jubilars zum Ausdruck gebracht. Zu den
weiteren schriftlichen und telegraphischen Beglückwunschungen ge⸗
sellte sich die des Bürgermeisters Dr. Burchard. Die Heimhuder⸗
straße Nr. 6 belegene Wohnung hatte sich mit zahlreichen
Blumenspenden gefüllt und war das Ziel zahlreicher Ab—
ordnungen, u. a. hatten die Aerztekammer, die Bürgerschaft,
die Geographische Gesellschaft, die Blindenanstalt von 1830 usw
solche entsandt.
Erweiterungsbau der Kunsthalle. Der Aus⸗
schuh der Bürgerschaft hat ˖ beantragt, die Bürgerschaft wolle
beschliehen und den Senat um seine Mitgenehmigung ersuchen,
bdaß, in Abänderung des vom Senat gestellten Antrages,
nreben der Kunsthalle ein Neubau zu ihrer Er⸗
weiterung nach Maßgabe der durch die mit Anschreiben vom
17. März 1911 übersandten vier Zeichnungen veränderten vor⸗
gelegten Pläne und Kostenanschläge ausgeführt und der auf
2300 000 M veranschlagte Kostenbetrag auf Anleihe genommen
verde.
Der Streik der Bädergesellen ist von der am
Sonntag vormittag tagenden Mitgliederversammlung des Ver⸗
handes der Bäcker und Konditoren von Hamburg und Altona
heschlossen worden, da das Angebot der Innung einstimmig
ils unannehmbar bezeichnet worden war.
(Kleine Nachrichten) Ein äußerst verwegener
Geidschrankraub ist in der Nacht zum Sonnabend an der
Alsterkrugchaussee ausgeführt worden. Dort sind Einbrecher nach
Anbohren eines Fensters in das Kontor der Spirituosenfabrik
Reinbold eingedrungen. Die Täter, es müssen ihrer mindestens
drei gewesen sein, öffneten die Kontortür von drinnen,
schleppten den schweren Geldschrank aus dem Haus und luden
ihn auf eine schottische Karre, die sie einem in der Nachbar⸗
schaft wohnenden Schmied weggenommen hatten. Der Schrank
wurde auf der Wiese beim Borsteler Schießplatz erbrochen auf—
Jefunden. Die Täter hatten sich mit dem Barinhalt, etwa
2000 M, zufrieden gegeben und die Wertpapiere, sieben
Sparkassenbuücher usw unberührt gelassen. — Gas—
dergiftung. Um den Kessel des an der Vulcanwerft
liegenden Dampfers „Cobra“ nachzusehen und eventuell zu
reinigen, begaben sich der Maschinistenassistent F. Wehlau und
der Arbeiter Graudowski in den Kessel, sanken aber nach
einiger Zeit ohnmächtig zusammen. Da auch die Arbeiter,
»ie eine Rettung versuchten, unwohl wurden, wurde die Feuer⸗
wehr, Zug 8, requiriert. Bevor diese eintraf, hatte die
Feuerwehr der Vulcanwerft den Arbeiter bereits herausgeholt.
Der Assistent wurde dann durch die Berufsfeuerwehr gerettet;
zeide fanden Aufnahme im Hafenkrankenhaus. Eine Lebens⸗
Jefahr liegt nicht vor. Der Unfall ist wahrscheinlich auf die
kntwichelung von Kohlengas zurückzuführen.
Schles wig⸗ Holftein.
Kiel, 8. Mai. Ein Gas⸗ und Elektrizitäts—
werk zu bauen planen die Gemeinden Möltenort und Heiken⸗
dorf an der Kieler Förde. — Zweischwere Einbrecher.
der Koch Tresp und der Kellner Ohlendorf, wurden verhaftet.
Sie haben zehn Einbrüche in der Brunswiek verübt. Tresp
wurde bei einem Diebstahl auf frischer Tat ertappt; Ohlen⸗
dorf wurde in Hamburg festgenommen. — Wegen ver—
fuchter Tötung verurteilte das Schwurgericht Freitag den
Produltenhändler Wilhelm Bartel zu 13 Jahr Gefängnis. Er
hatte auf seine Frau, mit der er in unglücklicher Ehe lebte,
mehrere Schüsse aus einem Revolver abgefeuert.
Plön. 8. Mai. An Kreissteuern werden für das
laufende Rechnungsiahr 33124 60 der Staatseinkommensteuern
und der Realsteuern erhoben. Die Gemeinden des Kreises
haben 105 109,48 M, die Gutsbezirke 74 865,86 Meaufzubringen.
Flensburg, 8. Mai. Der Kinderhilfstag und
Margaretentag, der hier Sonnabend abgehalten wurde,
trug den Charakter eines Volksfestes. Die beschafften künst—
Von 15 Fällen der Antlage haben 44 zur Freisprechung geführt,
nur der 15. der Fall Haake, führte zur Verurteilung. Gegen
dieses Erkenntnis wird nun der Verteidiger des Angeklagten,
Justizrat Richard Wolff, Revision einlegen. Marlitt selbst
weilt, wie schon berichtet, augenblichlich in Kiel. Wie viel
er aus den Trummern seines früheren recht erheblichen Ver—
mögens gerettet hat, läßt sich noch nicht übersehen. Vor
allem wird beabsichtigt, gegen die Firma Louis Wolff
in Lüubecd vorzugehen, um, soweit es gesetzlich möglich ist,
die Verträge anzufechten. Justizrat Tr. Wolff ist bereits beauf⸗
tragt, nach dieser Richtung Schritte zu tun. — Eine Stu⸗
dienreise der Stettiner Landwirtschaftskammer
durch Vorpommern und Mecdlenburg. Eine land⸗
wirtschaftliche Studienreise in Automobilen durch Vorpommern
und Mecklenburg soll in der Zeit vom 12. bis 17. Juni d. J.
von der Landwirtschaftskammer in Stettin veranstaltet wer⸗
den: Der erste Tag bringt eine Besichtigung der Versuchs—
felder der Stettiner Landwirtschaftskammer. Am 11. Juni
solat eine Fahrt über Pasewalk nach Löwitz, Eldena, Stral⸗
und, des weiteren folgen Rügen, Hoevst, Gr.-Lüsewitz, Rostock,
Arpshagen, Kalkhorst, Schwerin, Schlieffenberg, Basedow, Neu—⸗
brandenburg und — als letzte Station — Schöningen. Führer
der Studienreise wird Dr. Bischoff⸗Stettin sein.
Wis mar, 8. Mai. Jubiläum. Konmmerzienrat
Senator Witte wurde am Sonnabend von der Stadt—
kapelle ein Ständchen dargebracht, da er vor 50
Jahren in die Sinstorffsche Hofbuchhandlung, deren
Befitzer er 1880 wurde und bis 1907 blieb, als Lehrling
eintrat. Seit 18092 ist er Mitgiüed des Rates, 1904 erhielt
er den Titel als Kommerzienrat. Der Erinnerungstag
gab vielen städtischen Beamten usw. Anlaß, Kommerzienrat Se⸗
nator Witte ihre Glückwünsche darzubringen.
Plau, 8. Mai. Der Großherzog und die Groß⸗
herzogin werden, wie verlautet, voraussichtlich am 31. Mai,
rachmittags 4 Uhr, mit dem Regierungsdampfer, von Röbel
rommend, hier eintreffen. Die Allerhöchsten Herrschaften wer den
die Burg, die Kirche, das Amtsgericht und Klüschenberg be—
sichtigen und sich dann ins Rathaus begeben.
Stuer, 8. Mai. Verkauft wurde das Rittegut Suckow
von Baron v. Nolten an Fürst Hohenlohe⸗-Schillingsfürst. Der
rühere Besitzer und jetzige Pächter Koch gibt die Pachtung zu
Johannis d. J. ab. Wie verlautet, soll das Gut von dem neuen
Besitzer aufgeforstet und als Jagdaut hergerichtet werden.
Schönberg, 8. Mai. Personalnachricht. Dem
seit Ostern 1906 ucn der hiesigen Realschule tätigen Lehrer
Wesemann ist zu Johannis die Pfarrstelle in Wokuhl übertragen.
xEr wird hier Nachfolger seines Vaters, der mit diesem Zeit—
punkt wegen Kränklichkeit in den Ruhestand tritt. — In der
Bersammlung des Kriegervereins für das Für—
stentum Ratzeburg wurde Kantor Neumann zum Abge—
ordneten für den Delegiertentag der Mecklenburg-Strelitzschen
Kriegerkameradschaft in Neubrandenburg gewählt. Zu dem
daselbst stattfindenden Kriegerfeste wird auch die Fahnensektion
entsandt. Mit der Vertretung des Vereins bei der Fahnenweihe
n Herrenwiyk wurde Kaufmann Freitag betraut. Die Ein—
ladung zum Artilleristenappell in Kiel wurde abgelehnt. Der
ßeburtstag des Großherzogs am 22. Juli wird
durch einen Kommers festlich begangen werden. Zum Schluß
hielt der Vorsitzende Rechtsanwalt Hall einen Vortrag über
„Die Stellung des Deufschtums in der Ostmark“
luichen Wargareenblumen waren dvereirs vormittags 10 Uhr
ämtlich verkauft, obgleich insgesamt 150 000 Stück vorgesorgt
varen. Naturblumen und Postkarten wurden als Ersatz ge⸗
ommen. Wie das Komitee versichert, wird der Ertrag derart
berraschend sein, wie er nicht im entferntesten erhofft worden
war. Telephonisch wurden von auswärts Margaretenblumen
erbeten.
Neumünster, 8. Mai. Für den Posten eines
zesoldeten Stadtrates sind präsentiert: Magistrats⸗
issessor Heitkamp-Bielefeld, Amts⸗ und Gemeindevorsteher
Dr. Kruse-Rosenthal bei Berlin und Gerichtsassessor Schmidt⸗
Flensburg.
Gtoßherzogium Oldenbnurg, Fürstentum Lubed.
Pr. Eutin, 8. Mai. Verhaftet wurde Sonnabend
»in Hausdiener in Gr., der seiner Herrschaft eine Hose und
in Paar Stiefel stahl. — Verkauft hat Ehefrau Bremer
hr Grundstück zu Fissaubrück an Schlachter Wahrhusen ir.
zier. — Der Landesverband hat vom Kunstmaler Vahldiek,
—
es Geländes aam Kellersee und an der Schwentine einige
Frundstückflächen erworben. — Verkauft hat Maurer Breede,
Malente sein Haus an Arbeiter Meetz, Sieversdorf. Breede
zjat von den Goosschen Erben einen Bauplatz wieder erworben.
Der Landesverband kaufte ferner zu Chausseezwedcen
von HSufner Muhs, Gothendorf, eine ca. 6 To. große Parzelle
ind vom Hufner Koch, Malenie, ca. 2 To. Land. — Ver⸗—
auft hate inen Bauplatz Hufner Wehde, Hutzfeld an Schmied
Aug. Meyer.
E Schwartau, 8. Mai. Kurhaus. Den Hotel⸗
zetrieb des hiesigen Solbades und Kurhauses übernimmt am
15. Juni der frühere Besitzer vom Zentralhotel in Lübeck,
Ihrberg. — Selbstmord. In seiner Wohnung am Riese—
usch eischoß sih der füsere Hofbesitzer in S eretz, Privatier M.
zäusliche Verhältnisse dürften die Ursache sein, daß der in
zuten Verhältnissen lebende M. freiwillig aus dem Leben ge⸗
chieden ist. — Schöffengericht. Ehefrau R. in Nien⸗
orf a. O. wurde wegen Betrugs — Entnahme von Waren
ruf den Namen anderer — zu 50 MeGeldstrafe verurteilt. —
Malergehilfe R. zu Schwartau erhielt wegen in der Trunken⸗
Jeit verübter Etachbeschädigung 3 MGeldstrafe. — Wegen
fẽntwendung von Streu erhielt Arbeiter G. zu Schwartau 1 Tag
hefängnis. — Arbeiter P. und B., beide hier in Haft, haben
m Forst Tannen geschlagen, um sie nach Lübeck zu verkaufen.
Urteil je 60 MeGeldstrafe. außerdem P. 2 Monate und B.
2 Wochen Gefängnis.
Lauenbura.
D. Sandesneben, 8. Mai. Frauenverein. Die Vor—
lißende, Frau Pastor Burmester. durch deren Aufopferung der
Berein zustandegekommen und auf die stattliche Mitglieder—
zahl von 4090 gestiegen ist, teilte in der Generalversammlung
nit, daß der Verein sich sehr günstig entwickelt habe, denn
es sei schon ein Barvermögen von 777 Muvorhanden. Der
Beitrag der Mitglieder betrug 900,20 M. Die Einnahme be—
rug 1910 1144,67 M, die Ausgabe 968,77 M. Dem Verein
st ein Schrank aus der Bismarckstiftung zur Verfügung ge—
tellt, die Pflegesachen aus demselben sind fortwährend in
den zum Bezirk gehörenden Ortschaften im Gebrauch. Die
Krankenpflegerin hat 1910 500 Besuche gemacht und fünf
Nachtwachen gehabt. Sie bekommt ein Gehalt von 480 M
iährlich und freie Arbeitskleidung.
Großherzogtümer Mecklenburg.
Schwerin, 8. Mai. Erster Bürgermeister Geh.
zofrat Tacert tritt nach 34jähriger Tätigkeit im Dienste
»er Stadt am 1. Okt. d. J. in den Ruhestand. Er wurde
im 7. Juli 1877 als Kammerarius und geschäftsführender
Senator angestellt, 18833 wurde er zweiter und 1888 erster
Zürgermeister. Er hat viele bedeutsame Einrichtungen ge—
schaffen. Auch der Oberstadtsekretär Daum, der 52 Jahre
lang im städtischen Dienste war, tritt zum 1. Juli in den
Rubestand. — Die älteste Einwohnerin Mecklen—
zurgs, Frau Beckmann in Wendorf bei Möllenhagen, vollendete
Freitag ihr 102. Lebensjahr. Sie geht noch allein spazieren.
— Die drittemeklenburgischeLandes-Gewerbe—
und Industrie-Ausstellung soll nun bestimmt am
24. Mai eröffnet werden.
Rostock, 8. Mai. Der Prozeß gegen John—
Marslitt wird nach dem Taa“ noch ein Nachspiel erhalten
7
Reisen, Bäder und Sommerfrischen.
294. Bad Flinsberg. Allenthalben grünt und blüht es
und die Gebirgsbäche unseres Bergtales rauschen in ihren
Schluchten mit mächtigen Mengen Schmelzwassers jugendfroh
ꝛernieder. Ueberall regen sich geschäflige Hände, um Häuser
und Anlagen instandzusetzen. Eine ganze Anzahl von Gästen
hat sich bereits durch die Gunst des Wetters angelockt einge—
unden. So werden unsere Heilquellen und die mannigfachen
Kurmittel, wie kohlensaure Stahlbäder, Fichtenrinden- und
Moorbäder, Inhalationen, wiederum ihre alibewährte Heil—
kraft bei Blutarmen, Nervösen, Gichtikern und Rheumatikern,
den mannigfachen Formen der Frauenkrankheiten, überhaupt
bei allen denen, welche sich in der frischen Bergluft von Krank⸗
heit und Arbeit erholen wollen, entfalten können. Auskunfts⸗
bücher, welche durch zahlreiche Bilder erläutert sind, versendet
die Badeverwaltung kostenlos
Ludwig Ganghofers Doktorexamen.“)
d. In dem Zimmer, in das ich geführt wurde, roch es
gut nach alten Büchern mit Lederbänden. In der Mitte ein
grün gedeckter Tisch.
Mir hämmerte das Herz ein bißchen. Aber schliekßlich
wurde ich ruhig. „Es wird schon gehen.“ Ich hatte doch die
drei Fächer gewählt, in denen ich relativ am besten beschlagen
war: Literaturgeschichte, alte Philosophie und Physik. Eine
etwas wunderliche Zusammenstelluna. Sie ergob sich aus mei—
nem doppelten Schulweg..
Der erste Examinator kam. Der Literaturhistoriker. Ein
feiner alter Gelehrtenkopf mit wohlwollenden Augen. „Nun,“
jagte er, „ich habe ja bereits aus Ihrer mit Fleiß gear—⸗
beiteten Dissertation ersehen, daß ich Sie gar nicht mehr zu
examinieren brauche.“ Dabei schmunzelte er ein bißchen. „Es
kann sich also zwischen uns beiden nur um eine kollegiale
Unterhaltung handeln. Ich vermute wohl, daß sie nicht
eigentlich ... im strengsten Sinne des Wortes ... Gelehrter
werden wollen?“ 433
„Sehr richtig, Herr Professor!“
„Was wollen Sie werden?“
„Schriftsteller.“
„Ein sehr bescheidenes Woit. Es aibt ein stolzeres:?
Dichter. Sind Sie Luriker ?“
„Nein!“
Der Herr Professor lächelte zu der Energie, mit der ich
dieses Wort aus mir hervorgestoßen hatte. „Also Dra—-
matiker ?
„Ja ... vielleicht ...“
„„Nun, da könnten wir ja miteinander darüber plaudern,
vie die Kunstform des Dramas entstanden ist?“
Ich atmete auf. Darüber ließ sich etwas sagen. Ich sagte
ehr viel. Kam sogar auf die Indianertänze zu sprechen,
als auf eine mimische Entwicklungsstufe, deren unartikulierte
Frregungslaute embryonal als Urformen der dialoaisierten
Szene zu betrachten wären.
„Ein sehr guter Gedanke!“ warf der Professor freundlich
ein. „Es wäre nur in Rechnung zu ziehen, daß um die Zeit,
n welcher die Kunstform des Dramas entstand, Amerika noch
nicht entdeckt war. Aber Sie dachten hier vermutlich an
as englische Ausstattungsstüch, das während des letzten Jahr⸗
zehnts von Amerika herüber stark beeinflußt wurde.“
Mir verschlug es den Atem. Tenn ich merkte, wie er mich
vissenschaftlich einschätzte. J
„Im übrigen haben Sie mir viel Anerkemenswertes ge⸗
agt, obwohl ich Ihre Anschauungen nicht immer teilen konnte.
Denn ...
Und da hielt er mir nun für den Rest der Stunde«
einen prachtvollen Vortrag über die Geburt des griechischen
Tramas, bei der aller Jubel und Schmerz des Lebens, allet
Zorn und das Lächeln der Götter Paten waren.
Freundlich reichte er mir die Hanðd. „Es war mir ein
Bergnügen, Ihre Bekanntschaft zu machen. Und es freut mich,
Ihnen sagen zu können. dakß Sie bei mir recht gqgut bestanden
309B0o
Am
Als er zur Tür hinausging, dachte ich über die Gattung
homo sapiens viel zärtlicher, als eine Stunde früher.
Nun kam der Philosoph. Kühl, ruhig, persönlich völlig
unbeteiligt. Wer nicht gerade Spezialist für die Epoche der
Neuplatoniker und ihrer stoischen Vorläufer ist, möge sich
etzt ausmalen, was das heißt: ein dreiviertelstündiges Examen
iber Marc Aurel. Was man da weiß, kann ausreichen für
10 Minuten. Aber noch eine weitere halbe Stunde lang wurde
dieser unglücsselige Römer mit meinem Schweiß beträufelt und
auf dem Roste meiner heißen Pein gebraten. Schließlich war
er geschmort bis auf die Knochen. Ich aber auch.
An ein wohlwollendes Abschiedswort des Philosophen kann
ich mich nicht erinnern.
Der Physiker erschien. Ein flinkes, zähes Männchen mit
trengen Augen. Ich verstand gleich, daß dieser Blick mir sagte:
„Gehörst du herein, dann gut! Gehörst du nicht herein, dann
hinaus mit dir! Aber ich will dich prüfen bis auf die Nieren.
Was du weiht, wirst du zeigen können!“ In 45 Minuten
hetzte mich dieser Examinator durch das ganze Gebiet der
Physik. Gerade dem blieb ich teine Antwort schuldig! Gott
sei Dank — und meinem unvergehlichen Physilprofessor Beetz
in München! Was man von einem Lebrer emyfing. den man
liebte, das sitzt!.
Um 6 Uhr wurde mir feierlich erdffnet, daß ich mein
Eramen bestanden hätte. Wie ein froher Rausch war es in
mir, als ich langbeinig in den Abend hinaussprang, der mitr
noch schöner dumkte, als ihn das klare Wetter machte.
Ich telegraphierte nach Hause: „Herzlichen Gruß. —
Poftor Qubwia Ganabofer
Das Maiheft der „Suddeutschen Monatshefte“ bringt
hie Fortsetzung von Ganghofers Lebensermnerungen: „Lebens—
sauf eines Optimisten“, denen wir diese kostliche Schilderung
leiner Leipzigee Pottopromofion entnehmen.
—ÜBXRD