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Beilagen: Vaterstädtische Blätter. — Der Familienfreund.
Amtsblatt der freien und Hhansestadt Lübeck 161J. Jahrgan
Beiblatt: Gesetz· und Verordnungsblatt t. — tge 8
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Nachrichten pur das Herzogtum Tauenburg, die
Fürstentümer Ratzeburg, Lübeck und das angren⸗
zende medlenburgische und holsteinische Gebiet.
»ruck und Verlag- Gebrüder Borsers S.m.b. 5. in Lübed. — Gelchitsstelle Aretz baus⸗ ¶Koniastr. a6. Fernirecher — oooi.
Morgen⸗Blatt Nr. 229.
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(Große Ausgabe)
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Erstes Blatt. hierzu . Blatt
sowie „Vaterstädtische Blätter“ Nr. 18.
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Umfang der heutiger Numn12 Seiten.
nPtaritliꝝer Teii.
die drohende Einverleibung Finnlands in
das russische Zollgebiet und die deutschen
—A
O Lübeck 7. Mai.
Im Sinblick auf die mannigfachen Wirtschaftsbeziehungen,
die Lübeck nach Finnland unterhält, dürften die neuen russischen
Bestrebungen, die auf eine Einverleibung Finnlands hinzielen,
hier von besonderem Interesse sein. Die jetzigen Verhältnisse
liegen etwa folgendermaßen:
Finnland nimmt im Gegensatz zu anderen Teilen Rußlands
nicht nur in staatsrechtlicher, sondern auch in wirtschafts—
golitischer Beziehung eine Sonderstellung ein. Der
allgemeine russische Zolltarif findet nämlich auf die Einfuhr
nach Finnland keine Anwendung, und da die finnischen Zoll—
ätze weit niedriger als sogar die russischen Vertragssölle sind,
ist die Einfuhr nach Finnland verhältnismäbig
viel lebhafter als diejenige in das übrigeRuß—
rand und erschwert dem russischen Handel den Wettbewerb
mpfindlich.
Das Wreben Umn LPeten urger Regierung geht nun sei
ängerem dahin, diesem finnischen Vorrechte ebenso wie vielen
anderen ein Ende zu bereiten. Schon in einem Notenwechsel
hbei Gelegenheit des Abschlusses des deutsch-zrussischen
Handelsvertrages von 1894, der an sich auch für
Finnland gilt, brachte sie ihre Absicht, die Zolltarife Rußlands
und Finnlands einander gleichzustellen, zum Ausdruck und be—
hielt sich vom 31. Dezember 1903 ab völlige Freiheit hin—
ichtlich der endgültigen Gleichstellung vor, nachdem sie ver—
prochen hatte, sie nur schrittweise vorzunehmen. Seitdem
droht andauernd das Gespenst der Einverleibung des
finnischen Zollgebietes in dasjenige des russischen Reiches, o hne
»ab bisher auch nur eine teilweiseGleichstellung
ver beiden Zolltarife erfolgt wäre, soweit nicht
die finnische Regierung selbst Sätze des sinnischen Tarifes
erhöht hat.
Nun hat sich Rußland allerdings in dem Protokoll des
1904 abgeschlossenen Zusatzvertrages verpflichtet, die deutsche
Regierung mindestens zwei Jahre vorher von
der Entschließung, das finnische Zollgebiet ein—
zuverleiben, zu verständigen. Das ist aber bisher
nicht geschehen, und so bedeutet der neue russische Zoll—
—
und des Staates gedeckt, die Beiträge der Arbeiter ebenfalls
durch Einkleben von Marken eingezogen. Die Beitrafs—
pflicht der Arbeitgeber wird von der „Times“ auf gegen
200 Mill. Mijährlich geschätzt. Unklar ist noch, wie die Vor—
lage sich die Belastung der Arbeiter denkt. Der umfassendt
Tharakter der Vorlage hat allseiiig überrascht. Selbst die
Arbeiterpartei hatte einen so bedeutenden Schritt vorwärts
kaum erwartet.
tarif, der besonders für deutsche Einfuhrwaren ve—
trächtliche Zollerhöhungen bringt, für Deutschlands
Finfuhr nach Finnland keine unmittelbare Gefahr.
Aber die Verständigung kann jederzeit erfolgen,
und dann bleiben nur noch zwei Jahre Frist.
Deutschlands Handel mit Finnland ist nicht unbedeutend.
1910 sind Waren im Werte von 73,9 Mill. Munach Finnland
ausgeführt worden. Der Wert überstieg denjenigen der
Ausfuhr nach Rumänien, nach Spanien und sogar den Wert
der Ausfuhr nach der europäischen Türkei. Acht Jahre vorher
zetrug der Ausfuhrwert dagegen nur 28,4 Mill. M. Die
Finfuhr aus Finnland ist demgegenüber geringfügig und hat
1910 nur 26,2 gegen 13,2 Mill. Meim Jahre 1902 erreicht.
Es steht also bei einer Einverleibung des finnischen Zoll—
gebietes für Deutschland sehr viel auf dem Spiel,
für Finnland bezw. Rußland jedoch um so weniger, als die
Meistbegünstigung bei der Einfuhr nach Deutsch—
land dadurch nicht berührt wird
Beæ——2———
Politische Wochenschau. —
Der Reichstag hat am vorigen Dienstag unter fried—
lichen Aspekten seine Sitzungen wieder aufgenommen, obwohl
die erste Lesung des Entwurfes eines Einführungsgesetzes zur
Reichsversicherungsordnung wegen der Bestimmaingen
über die Kassenbeamten Anlaß genug zu hefligen Debatten
hätte geben können. Aber die Erklärung des Abg. Bebel
im Seniorenkonvent, die Sozialdemokratie denke nicht an die
Obstruktion gegen die Reichsversicherungsordnung. ist ein
zeutliches Anzeichen dafür, daß die sozialdemokratische Neichstags-
fraktion sich außerstande sieht, das agitatorische Auftreten gegen
die Reichsversicherungsordnung, das außerhalb des Parlaments
m Schwange ist, mitzumachen. Die Fortschritte des großen
Werkes sind auch im Lager der Sozialreformer trotz
veiterachender Wünsche willig anerkannt. Sie sind zu be—
deutsam, als daß die Sozialdemokratie es wagen dürfte, ihnen
vie einfache Negation in brutalster Gestalt entgegenzusetzen.
Nach dem neuesten Stande der Dinge scheint sich ein Kom—
»romiß der bürgerlichen Parteien vorzubeceiten. Dabei handelt
s sich in der Hauptsache um die Krankenkassen, und wenn
aun noch die Verständigung auch über die Halbierung der
Beiträge erzielt- wird, wie man stellenweise annimmt, so
wäre immerhin die Möglichkeit gegeben, daß die umfangreiche
Vorlage bis Pfingsten erledigt werden könnte. Der Reichstag
önnte dann bald über den neuen deutsch-schwedischen
zandelsvertrag verhandeln, der Mittwoch von den
degierungsvertretern beider Staaten unterzeichnet wurde. So—
veit wir die vorliegenden Bestimmungen und Preßstimmen
iberschauen können, scheint man mit dem neuen Vertrage durch—
veg verhältnismähßig zufrieden zu sein, und auch in den
kKeichstagen beider Länder dürfte er die Billigung der Maiori—
iäten finden.
Die Verhandlungen des preuß. Abgeordnetenhauses
zaben in der abgelaufenen Woche das selten gewordene Bild einer
Trennung des Zentrums von den Konservativen
jeboten. Letztere waren allein der Ansicht, daß das ehren⸗
Jerichtliche Verfahren gegen den Abg. Liebknecht fortzu—
setzen sei. Was im Punkte der Einstellung eines Strafverfahrens,
das gegen Parlamentsmitglieder anhängig gemacht wurde,
parlamentarischer Brauch geworden ist, läuft freilich den Be—
dürfnissen der Rechtspflege und dem Rechtsbewußtsein oft genug
zuwider. Allein ohne vorherige grundsätzlihe Regelung dieser
An
Ver erst 52jährige Künstler, einst Schüler von Borchers und
Stockhausen, bekam einen Weltruf in der Rolle des Hans
Sachs, den er unter Hans Richter 1828 zum ersten Male
in Bayreuth sang. Seit 1886 gehört Scheidemantel der Dres—
dener Oper an; vorher war er Mitglied der Weimarischen
Hofbühne gewesen. Scheidemantel war nicht nur einer der be—
deutendsten Sänger der Hofoper, sondern auch jederzeit eines
ihrer pflichtreinsten, eifrigsten Mitglieder. Er verläßt die Bühne
in dem Augenblicke, wo seine hochansehnlichen Mittel anfangen,
an Schönheit einzubühßen. 170 Partien hat der Künstler in
den Jahren 1878 bis 1911 gesungen; die erste war Wolfram
im „Tannhäuser“, die letzte Faninal im „Rosenkavalier“.
Schaufpieler als Schützer der Sittlichkeit. In Pest hat
sich der seltene Fall ereignet, daß Schausrieler ein Stück ab⸗
ehnten, weil es ihnen zu — unsittlich war! Im Lustspiel—
heater sollte die französische Posse von Paul Gavault„Mon⸗
rsieur Zeno“, die in der Pariser Variets mit großem Erfolge
aufgeführt wurde, als Neuheit gegeben werden. Die Rollen
wurden an die Herren Hegedüs, Szeremy und Tanay und die
Damen Messaros und Pallay verteilt. Vor einigen Tagen
erschienen diese Herren und Damen beim Direktor Faludi und
Zerr Hegedüs erklärte als Slprecher der Deputation, daß
die Novität „Monsieur Zeno“ solche Cochonnerien enthält,
die nicht einmal ein ausgedienter Wachtmeister über seine
Lippen bringen könnte, ohne zu erröten. Man dürfe von
Künstlern von Geschmack nicht verlangen, solche Dinge nach⸗
zusprechen. „Ich“, schloß Hegedüs seine Rede, „bin nicht ge—⸗
neigt, die Vorliebe des hauptstädtischen Publikums für über—
triebene Schw— auf der Bühne zu fördern, und ersuche im
Namen der Kolleginnen und Kollegen um Absetzung des
Stückes“. Direktor Faludi war zwar überrascht, billigte aber
den Standpunkt der Schauspieler und ,Monsieur Zeno“ wanderte
ins Theaterarchiv.
Wagners „Parsifal“ wird in diesem Jahre in Bayreuth
neu inszeniert werden. Den dekorativen Teil bereitet
Prof. Max Brückner-Koburg nach den Angaben Siegfried
Wagners vor. Wie eine Besucherin des Brücnerschen Ateliers
mitteilt, gehen die Arbeiten jetzt ihrer Vollendung entgegen.
die günstigen Aussichten für die Arbeiterversicherung
in England.
Lloyd Georges Versicherungsvorlage findet
zei allen Gruppen der Polisek und Presse in England eine
reundliche Aufnahme, obgleich bii der strengen Geheimhaltung
der Bill bis zum Moment der Einbringung bisher noch nie—
nand den Inhalt genau erfaßt hat. Gestern konnten wir
ereits als Resultat mitteilen, daß das Unterhaus die Bill in
rster Lesung angenommen hat. Namens der Konservativen
Partei sprach Austen Chamberlain seine Bereitwillig—
eit zur Mitarbeit an dem Gesehe aus, und die TFührer der
rischen und der Arbeiterpartei drüdten lebhatt ihre Bewunde,
ung für die Bill aus; auch in den privaten Aeußerungen
er Verireier der Arbeiterschast kommt fast durchgängig die
zroße Befriedigung zum Vorschein. Selbst Herr Keir Hardie,
er wenig geneigt ist, der Regierung Komplimente zu machen,
agte: „Es ist eine sehr gute Bill“. Die Vertreter der Arbeit—
eber scheinen sich mit wenigen Ausnahmen bisher ebenfalls
rünstig zu stellen, doch wird auch schon von manchen Seiten
ruf die große Belastung, die der Industrie entsteht, hinge—
wiesen. Damit scheinen die Aussichten sehr günstig zu sein.
Die Bill zerfällt in zwei Teile, einen für Versicherung
jzegen Krankheit und einen zweisten, der die Fürsorge gegen
Urbeitslosigkeit enthält. Letzterer beschränkt sich vor—
äufig auf das Bau- und Maschinengewerbe, d. h.
zuf zusammen gegen 224 Mill. Arbeiler. Däesem Teil der
Vorlage kommt mehr ein experimenteller Charakter zu. Sie
st im wesentlichen ein Krankheissversicherungsgesetz, das offen⸗
ichtlich durch das deutsche Vorbild stark beeinflukt
porden ist. Wie in Deutschland gibt es auker der obliga⸗
orischen noch eine freiwillige Versicherung. Die
Kosten werden durch Beiträge der Versicherten, der Arbeitgeber
CTheater, Kunst und Wissenschaft.
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Westkirch, Luise, Niedersächsische Leute. Leipzig o. J.
Operndireltor Lohse hat, wie der B. L.⸗A. aus Köln
meldet, einen glänzenden Vertrag mit dem Brüsseler Théatre
de la Monnaie angenommen, und zwar auf acht Monate mit
inem Urlaub von vier Wochen. Den Urlaub wird Lohse
in Hamburg verbringen, wo er sich als Operndirigent betätigen
vird. Infolge des Fortganges des Hamburger Kapellmeisters
Brecher wird die Hamburger Oper sich mit Gastdirigenten
n der nächsten Saison begnügen müssen, bis es gelungen
st, einen neuen Leiter zu gewinnen.
Künstlernachrichten. Kapellmeister Eugen Gottlieb,
»er mit großem Erfolg kürzlich den Nibelungenring an dem
öniglichen Theater zu Madräid zur Aufführung brachte,
jt auf drei Jahre als erster Kapellmeister vom Stadttheater
Bremen verpflichtet worden. — William Wauer vwird
»om Jahre 1912 alljährlich drei Monate in dem neu zu er—
‚auenden Westerlander Stadttheater Vorstellungen
zeranstalten. — Carl Scheidemantel, der berühmte Ba—
iton der Dresdener Hofoper, wird sich in einigen Tagen
om Dresdener Publikum verabschieden, um sich in Weimar,
einer Vaterstadt, nur mehr gesangspädagogisch zu betätigen.