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Ausgabe 8
wwurgericht
DTag.
VM Lübeck, 1. Mai.
Landfriedensbruch.
(Fortsetzung der Beweisaufnahme.).
Angeklagter Klähren: Ich war am Abend des 24. Sept.
inbewaffnet. (Cramer ruft dazwischen, Klähren habe sich einen
Revolver von einem Beamten der Wach- und Schließgesell⸗
chaft besorgen lassen, den ihm ein Kriminalbeamter später
Wbgenommen habe.) Klähren bestreitet dies entschieden und
sagt weiter aus: Wir sind erst bei Klussendorf gewesen, dann
n der Elemenstwiete. — Vorsitzender: Wie viele Arbeits⸗
willige sind wohl an dem Abend in die Stadt gegangen?
Angeklagter: Wohl etwa 70. Als wir, ich mit Schneider
ind einem Taubstummen, in einer Wirtschaft in der Clemens-
wiete saßen, wurde gerufen: „Kollegen, draußen ist Krach!“
Wir haben uns aber nicht daran beteiligt, sondern gingen
nach der „Ewigen Lampe“. Da wir dort nicht nach unserm
Heschmack bewirtet wurden, gingen wir nach Puls. Dort kam
es mit dem Wirt zu Meinungsverschiedenheiten wegen des
Preises des Bieres, der uns zu hoch war. Ueber die weiteren
Vorgängen will Angeklagter keine näheren Angaben machen
sönnen. — Vorsitzender: Es sieht nach der Voruntersuchung
zus, daß Sie sich zwar Ihres taubstummen Kollegen ange⸗
ommen haben, andererseits aber auch mitgemacht haben. —
Angeklagter: Ich kann keinen beschuldigen, daß er geschlagen
oder geschossen hat. — Vorsitzender: In Ihrem Bett ist
in Revolver gefunden worden. — Angeklagter: Der gehörte
aicht mir. — Vorsitzender: Das ist wenig wahrscheinlich. Haben
Sie nicht bei der „Ewigen Lampe“ geschossen? — Angeklagter:
Nein, ich hatte meinen Revolver zwei Tage vorher verkauft.
Vorsitzender: Hümerbein will Sie auch vor dem Kellerein⸗
Jjang bei Puls gesehen haben. — Angeklagter: Das muß ich
zestreiten. — Vorsitzender: Sind Sie von hiesigen Streikenden
zelästigt worden, insbesondere an diesem Abend? — Ange⸗
lagter: Im allgemeinen kann ich das nicht behaupten; aller—
dings sind einige unter den Streikenden gewesen, die uns durch
Redensarten belästigt haben. — Angeklagter Hünerbein er—
klärte hierauf auf Befragen, daß er heute nicht mehr wisse,
ob Klähren bei Puls im Keller gewesen sei.
Angeklagter Lamottke behauptet, während der ganzen
Nächt zum 25. Sept. in der Clemenstwiete gewesen zu sein. —
Vorsitzender: Cramer behauptet, Sie hätten bei Puls in den
Keller geschossen. — Angeklagter: Ich bin bei Puls in dieser
Nacht überhaupt nicht gewesen. — Vorsitzender: Puls er—⸗
kennt Sie aber auch als den Hauptschützen wieder. Auch sollen
Sie Ihren Kollegen Bay gebeten haben, Ihnen seinen Re—
olver zu leihen. — Angeklagter: Gerade umgekehrt ist es
zewesen, Bay hat einen Revolper von mir leihen wollen. Ich
agte ihm aber, den brauchte ich selber. — Vorsitzender:
Haben Sie nicht auch einen Gummischlauch bei sich gehabt? —
Angeklagter: Nein. — Vorsitßender: Tie Mädchen in der Cle—
menstwiete behaupten das aber. Auch sollen Sie sich mehr—
fach auf die Straße begeben haben. — Angeklagter: Das ist
alles nicht richtig. — Vorsitzender: Haben Sie von den ganzen
Krawallen nichts gehört? — Angeklagter: Nein. — Vor—
sitzender: Sie behaupten ferner, als Sie aus der Clemens—
twiete fortgingen, hätten Sie Streit mit zwei Streilenden
gehabt, die Ihnen Ihren Revolver hätten fortnehmen wollen.
— Angeklagter: Das ist richtig. Als ich um 3 oder 4 Uhr
norgens nach der Maschinenbaugesellschaft zurückkehren wollte,
fragte ich dinen Shutzmann nach dem Wege. An der Dreh⸗
brücke wurde ich von zwei Männern angehalten, die meinen
Revolver forderten und verlangten, ich sollte ihnen meine
Papiere zeigen. Das wollte ich aber nicht, ging deswegen
wieder zurück und bat den Schutzmann, mich nach der Ma—⸗
schinenbaugesellschaft zu begleiten. Er ging mit mir bis zur
Klappbrücke. 2
Angeklagter Weitner ist mit verschiedenen Kollegen erst
bei Klüssendorf und danach in der Clemenstwiete gewesen.
Wie der Krawall in der Clemenstwiete entstanden ist, weiß
ich nicht. Als ich auf die Straße kam, war der Krawall schon
im Gange. Es lag bereits jemand auf der Straße. Stauber
und Hünerbein, das weiß ich bestimmt, haben geschossen. Von
hier begaben wir uns nach der „Ewigen Lampe“. Wer hier
geschossen hat, weiß ich nicht. Bei Puls hat Schneider in den
Keller hinein geschossen. — Vorsitzender: Daß Sie sich an
den Schießereien und Sachbeschädigungen beteiligt haben, ist
nicht nachgewiesen; aber Sie haben den ganzen Radau mit—
zemacht. Bei Puls sollen Sie auch gerufen haben: Die Hunde
(damit meinten Sie Puls und Buschow) müssen zerstückelt werden.
Auch ist bei Ihnen ein großes Messer gefunden worden, das
bünerbein in der Clemenstwiete verloren haben soll. — Der
Angeklagte bestreitet das und Hünerbein stellt in Abrede, daß
hm das grohße Messer jemals gehört hat. Weitner habe ihn
dielmehr gebeten, auszusagen, er hätte das Messer gefunden.
Angeklagter Hünerbein will zwar einen Revolver bei
ich gehabt haben, auch Uberall dabei gewesen sein und zwei
Schrechschüsse abgegeben haben, im Übrigen aber unbeteiligt
ein und nichts Näheres wissen. — Vorsitzender: Nach dem, was
vorliegt, müssen Sie besonders über die Vorgänge bei Puls
janz genau Bescheid wissen. — Angeklagter sagt dann auch
4. a. aus: Ich glaube, Schimanski war es, der den Buchdrucker
Potenberg, der mit uns gar nichts zu tun hatte, in der
Clemenstwiete mit einer an einer Drahtschnur befestigten eiser⸗
nen Kugel niedergeschlagen hat. An der Untertrave habe ich
ediglich aus lauter Radaulust zwei Schrechschüsse abgefeuert.
Von hier begaben wir uns nach der „Ewigen Lampe“. Dort
hatte Cramer einen Wortwechsel mit dem Aufwärter Buschow,
und andere von uns bekamen mit den Gästen Streit, wes⸗
wegen der Wirt das Lokal durch Schutzleute räumen ließ.
Wie wir bei Puls saßen, kamen Buschow und Gamp aus der
„Ewigen Lampe“ herein, gingen aber sofort wieder hinaus.
Gleich darauf ging auch Cramer hinaus, kam aber im nächsten
Augenblichk wieder herein und sagte. der Buschow hätte ihm
seinen Hut weggenommen. Da liefen wir alle hinaus, worauf
Buschow sich in den Keller flüchtete. Cramer schoß zweimal
hinterher. Soder warf mit einer Bierflasche. Ich habe auch
wei Schüsse in den Keller abgefeuert. — Vorsitzender: Haben
Zie nicht auch gesagt, im Keller sei einer totgeschossen worden ?
uuAnaellagten Das habe ich nicht gelaut. & Angellaater
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Dienstag, den 2. Mai 1911.
Abend⸗Blatt Ur. 220.
geschlagenen Potenberg zu run gehabt haben, aber in der
„Ewigen Lampe“ und bei Puls nicht mit dabeigewesen sind.
Damit war die Vernehmung der Angeklagten beendet und
es wurde eine Mittagspause gemacht.
Die Zeugenvern ehmung.
Nach der Mittagspause wurde sofort mit der Vernehmung
er Zeugen begonnen und zwar zunächst derienigen, die bei
ämtlichen Krawallen zugegen gewesen sind. Der Vorsitzende
eilt zuvor noch mit, daß der Besitzer des „Uniwver jum“, Puls,
ztrafantrag gestellt hat, der Besitzer der „Ewigen Lampe“,
zucmann, dagegen nicht.
Zeuge Schutzmann Martens hat bei der Maschinenbau⸗
esellschaft vielfach Posten gehabt. Vorsitzender: Haben die
Ztreikenden die Arbeitswilligen belästigt? — Zeuge: Bei der
rabrik ist mir davon nichts bekannt geworden. — Vorsitzender:
zaben die Angeklagten glauben können, daß, wenn sie zur
ztadt gingen, sie angegriffen werden wüurden? — Zeuge: Ich
laube, sie brauchten sich überhaupt nicht zu fürchten. Die
lrbeitswilligen haben sich auch nie darüber beklagt, daß sie
elästigt worden sind. Dagegen ist es häusiger vorgekommen,
aß die Arbeitswilligen auf der Fabrik schossen. — Ingenieur
zehren s: Anläßlich des Streikes sind etwa 200 Arbeits-
illige herangezogen worden. — Vorsitzender: Es waren wohl
icht die allerbesten Elemente? — Zeuge: Darüber läßt sich
ichts besonderes sagen. — Vorsitzender: Sind die Arbeits—
ailligen von den Streikenden belästigt worden? — Zeuge: Als
ie Arbeitswilligen kamen, sind aulerdings Belästigungen vor—
ekommen. Auch suchten die Streikenden die Arbeitswilligen,
venn sie über die Straße oder die Schienengleise mußten,
u verhindern. Aber angefaßt haben die Streikenden die
lrbeitswilligen meines Wissens nicht. Ich fand es aber be—
·reiflich, daß, da sich die Streikenden in größerer Zahl bei der
zjabrik aufhielten, die Arbeitswilligen sich vorsahen. — Zeuge
dolonnenführer Löhmann: Die Arbeitswil igen glaubten,
»aß sie von den Streikenden Angriffe zu erwarten hätten.
daß tatsächlich aber Belästigungen stattgefunden haben, ist
nir nicht bekannt; auch glaube ich nicht, daß die Arbeits-
villigen solche zu erwarten hätten. — Zeuge Schutzmann
doerl soll darüber aussagen, wie sich die ganzen Krawalle
ntwickelt haben und ob die einzelnen Krawalle miteinander
usammenhingen oder nicht. Er sagte u. a.: Als ich zu Luckmann
n der Unlertrave gerufen wurde, befanden sich in seinem
zokal etwa 40 Arbeitswillige. Sie hatten sich geweigert, das
rokal zu verlassen. Auf meine Aufforderungen, sich zu ent⸗
rnen, gingen sie fort. Sie begaben sich sodann nach der
lemenstwiete. Das war um etwa 1 Uhr nachts. Da die
ortigen Wirte die Leute nicht haben wollten, mußte ich sie
us den Lokalen entfernen. Sie gingen auch gutwilig. Gegen
Uhr nachts hörte ich in der oberen Clemenstwiete am unteren
znde der Straße ein Schreien. Als ich dort hinkam, lag vor
em Hause Nr.8 ein Mann auf der Erde. Ihn umstanden
twa 50 Personen. Zu der gleichen Zeit hörte ich auch an
nderen Stellen der Tlemenstwiete Schreie und Schläge. Ich
orderte daher die Leute auf, die Straße zu verlassen. Einige
ingen, andere blieben. Plötzlich stoben alle aus der Clemens—
wiete heraus und liefen die Böttcherstraße und Beckergrube
ntlang nach der Untertrave. Dort fielen fünf Revolver—⸗
chüsse. Dann stürmten die Leute von der Untertrave her
hieder in die Clemenstwiete hinein. Was aus dem Verletzten
vurde, der vor dem Hause Nr. 8 lag, weiß ich nicht. Als
h abgelöst wurde durch zwei Kollegen. haben wir die Leute
bermals aus der Clemenstwiete vertrieben. Sie liefen die
zeckergrube hinauf und begaben sich nach der „Ewigen Lampe“.
dach eiwa einer halben Stunde wurde in der Kanzleiwache
son dem Wirt um Hilfe gebeten. Ich begab mich mit einem
dollegen dorthin und räumte mit dem bereits anwesenden
dollegen Charles das Lokal. Die Leute entfernten sich in
ßruppen. Kurz vor 4 Uhr kam der Wirt Puls und bat um
zilfe, da in seinem Lokal geschossen worden sei. Ich begab
nich mit einigen Kollegen dahin. Als wir kamen, gingen
ie Leute schon von selbst. Puls sagte dann, es wären noch
inige im Keller. Als ich mich mit Puls dorthin begab, kam
ins Cramer enigegen, der verhaftet wurde. Da verlangten
ie übrigen die Freigabe des Cramer. Tas wurde nauürlich
erweigert und da sie sich nicht freiwillig entfernten, machten
ir von unseren Säbeln Gebrauch und trieben die Leute nach
er Maschinenbaugesellschaft zurück. — Vorsitzender: War das
zanze ein sich fortsezender Tumult, oder waren es voneinander
nabhängige Exzesse? — Zeuge: Ich glaube, es war ein zu—
mmenhängendes Ganzes. Mir scheint, daß die Arbeitswilligen
on den Streilenden belästigt worden sind. — Vorsihender: Wo—
wuus schließen Sie das? — Zeuge: Ein Streikposten kdam
it seinem sareunde auf die Wache und ließ
hu verbinden. Er muß also in die Schlägerei ver—
„ickelt gewesen sein. — Zeuge Schutzmann Koch: Als ich
egen 2 Uhr nach der Clemenstwiete kam, war der obere Teil
rit Menschen dicht gedrängt voll. M. E. waren es an 80 Ar—
eitswillige und auch andere. Schutzmann Baur, Koerl und
h forderten die Leute auf, die Straße zu räumen. Die Ar⸗
eitswilligen gingen allmählich weg die Beckergrube hinauf.
doerl und ich gingen hinierher bis zur Johannisstraßßze, wor⸗
uf wir uns zur Wache begaben. Nach einer Viertelstunde
amen zwei Mädchen im Auftrage des Wirtes Ludmann von
er „Ewigen Lampe“ und baten um Hilfe. Wir hörten auf
er Straße zwei Schüsse. Als ich nach dem Lokal kam, waren
ie Leute bereits auf der Straße. Sie versprachen uns, nun⸗—
rehr ruhig nach Hause zu gehen. Nach etwa dreiviertel Stunden
am der Wirt Puls und bat um Hilfe, da in seinem Lokal ge4y
hossen würde und eine starke Schlägerei im Gange sei. Die
beiteren Vorgänge erzählte Zeuge dann in der gleichen Weise
die der vorhergehende Zeuge. — Vorsitzender: Haben Sie
n der Clemenstwiete einen Mann auf der Erde liegen se hen?
Zeuge: Nein. Ich habe nur gesehen, daß ein Mann einen
inderen mehrfach mit der Faust in den Nacken schlug. Wer
as gewesen ist, weiß ich nicht. — Vorsitzender: Wieviel Mann
varen bei der ‚Ewigen Lampe“? — Zeuge: Eiwa 25 Mann.
Vorsitzender: Waren es überall nur Arbeitswillige oder
varen auch andere dabei, die sich bei den Krawallen ange—
ammelt hatten? — Zeuge: Das kann ich nicht sagen, mag
ber wohl sein. — Geschworener Braumeistet Lück: Waren in
er Pulsschen Wirtschaft auch noch andere Leute als die Arbeits⸗
oilligen? Zeuge: Ja. Gortsetzung solgt,)
Cramer: Es ist unrichtig, daß Lamottke und Hünerbein ihre
Kevolver verloren haben wollen, sie haben sie vielmehr bei
»en Mädchen in der Clemenstwiete abgegeben. Beide Ange—
lagte bestreiten das und andere Mitangeklagte bestätigen, dak
de erstgenannten am frühen Morgen des 285. Sept. gesagt
aben, ihre Waffen verloren zu baben. — Angeklagter Cramer
dehauptete weiter: Hünerbein kam aus dem Pulsschen Keller
erausgesprungen und sagte, er garantiere, daß einer im
zeller läge (d. h. niedergeschossen worden sei). — Angeklagter
uünerbein bestreitet das. — Vorsitzender: Auf der Fabrik ist
esagt worden, Sie hätten viermal geschossen, und an Ihre
zchwesser haben Sie geschrieben, es täte Ihnen ganz gut,
aß Sie jetzt einmal eine Abkühlung bekämen. — Ange—
lagter: Letzteres ist richtig, ersteres aber nicht.
Angeklagter So der: Der „wilde Toni“ war der Anführer.
— Vorsitzender: Das mag sein, aber wir haben ihn leider
icht erwischen können. — Angeklagter: In der Clemens-
viete wurde ich von hiesigen Leuten als Spitzbube und
ztreikbrecher geschimpft. Tas ärgerte mich und es
hlte nicht viel, daß es in der Stube zur Schlägerei ge—
Inmen wäre. Von dem Streit auf der Straße habe ich
ichts gehört. Als ich die Clemenstwiete verließ, waren nur
och wenige auf der Straße. An einer Hausmauer sah ich
mand liegen. Die „Ewige Lampe“ habe ich verlassen, bevor
⸗zu Krawallen kam. Auf der Straße bin ich mehr—
ach von Streikenden belästigt worden. Bei Puls
zrte ich Schüsse auf dem Hofe. Das veranlaßte mich, auch
inauszugehen. Da hörte ich auch Schüsse im Keller. Ich
ing daher auch in den Keller. Dort habe ich mit einer Flasche
eworfen, denn ich war ärgerlich, daß die Streikenden uns ver⸗
lgten und belästigten.
Angeklagter Stauber sagt, er sei zwar überall dabei
ewesen, habe aber nichts getan. — Vorsitzender: Haben Sie
icht bei Puls im Keller geschossen? — Angeklagter: Ja,
inmal. — Vorsitzender: Sie sollen vorne an im Keller auf
en Knien gelegen und mehrere Schüsse abgefeuert haben. —
Angeklagter Cramer: Das ist nicht Stauber, sondern Hüner⸗
ein gewesen. — Angeklagter Stauber bestätigte diese Be—
auptung und fügte hinzu, daß er absichtlich nicht auf den
zimmermann Buschow, sondern in die Kellerdecke geschossen
abe.
Angeklagter Bonin: Auf dem Wege zur Stadt bin ich
ruch einmal mit einigen Kollegen Streikbrecher genannt
vorden. Einer meiner Kollegen wollte mit einem Revolver—
chuß antworten, was ich aber verhinderte. Am Abend des
»4. Sept. waren wir zuerst bei Lucmann an der Untertrave
nd dann in der Clemenstwiete. Dort wurde geschrien:
Kommt mal heraus, die Lübecer sind hier, die
rollen uns verhausen.“ — Vorsitzender: Nun, das sollen
jerade Sie gerufen haben. — Angeklagter: Nein, das ist
uicht wahr. Ich ging auf den Ruf hinaus und sah, daß ein
ie Straße hinunterlaufender Mann schoß, ein anderer war
iedergeschlagen worden und lag auf der Straße. An den
drawallen in der „Ewigen Lampe“ habe ich nicht teilge—
sommen.Bei Puls hörte ich Schießen auf dem Hof, worauf
h mit anderen an die Tür ging und hörte, daß jemand
agte: „Nun habe ich ihn niedergeschossen.“ Wer das gesagt
at, weiß ich nicht. — Vorsitzender: Es ist richtig, daß Ihnen
ne aktive Beteiligung nicht vorgeworsen wird, sondern nur,
aß Sie den Zusammenrottungen beigewohnt haben. — Ver—⸗
eidiger Tr. Ihde: Was ist den Arbeitswilligen auf der
Fabrik gesagt, wie sie sich beim Zusammentreffen mit Streikenden
u verhalten hätten? — Angeklagter Stauber: Die Transport⸗
ührer haben uns geraten, uns für die Verteidigung einzu—
ichten. Mir haben Streikende meinen Revolver abgefordert,
hn aber nicht erhalten.
Angeklagter Schimanski gibt zu, bei allen Krawallen
ugegen gewesen zu sein, sich aber nicht aktiv beteiligt zu
zaben. Erst als auf dem Hof bei Puls etwa 5 Schüsse
zefallen waren, ging ich hinaus. Auf meine Frage, wer ge—
chossen habe, sagte mir Weitner, die Streikenden. Auf meine
Feranlassung ging Puls hin und holte die Polizei. — Vor—⸗
itzender: Sie sollen bei Puls doch sich recht bemerkbar ge⸗
nacht haben. Wir werden das von den Zeugen wohl noch
ören.
Vorsitzender: Angeklagter Schneider, nun erzählen Sie
inmal kurz, was vorgefallen ist. — Angeklagter: Ich war so
esoffen, daß ich überhaupt von nichts weiß. — Eine Reihe
er Mitangeklagten bestätigten, daß Schneider stark betrunken
var. — Vorsitzender: Sie wissen aber, daß Sie mit in der
FEwigen Lampe“ und bei Puls wacten und in der Clemens—⸗
wiete einen Ihrer Kollegen ins Gesicht geschlagen haben.
— Angeklagter: Das ist richtig. — Vorsitzender: Bei Puls
ollen Sie auch geschossen haben und Weitner sagt sogar,
Zie hätten gesagt, im Keller einen Menschen niedergeschossen
u haben. Hünerbein will auch gesehen haben, daß Sie
hossen. — Angeklagter Schneider: Weitner und Hünerbein sagen
»ie Unwahrheit, denn ihnen kommt es auf einen falschen
kid nicht an. — Vorsitzender: Merkwürdig ist aber doch,
»aß Sie vollständig betrunken gewesen sein wollen und doch
jenau wissen, was vorgegangen ist.
Angeklagter Dillmann ist gleichfalls überall dabei ge—
vesen. Er sagte aus: Als wir uns in einer Wirtschaft in der
lemenstwiete befanden, hieß es, draußen sei großer Krach.
zch muhßte deswegen hinaus. — Vorsitzender: Warum
wutzten Sie hinaus? — Angeklagter: Ich mußte doch bei
ieinen Kollegen bleiben; wäre ich allein geblieben, hätte ich
Zrügel e rwarten können. Von dem Krawall in der „Ewigen
Lampe“ habe ich nichts gesehen. Als ich in die Pulssche Wirt⸗
chaft sahß, hörte ich auf dem Hof vier Schüsse. — Vorsitzender:
Zie hatten Ihre Zither bei sich? — Angeklagter: Ja. — Vor—
itzender: Als Puls aus dem Keller kam, sollen Sie Puls mit
em Instrument vor den Leib geschlagen und kommandiert
saben, der Keller solle offen bleiben. — Angeklagter bestreitet
as und behauptet, nicht in die Stadt gegangen zu sein, um
kadau zu machen.
Vorsitzender: Angeklagter Wegener, Sie sollen sich mit
inem Schiffsmesser und einer angespitzien Feile bewaffnet
yaben. — Angeklagter gibt das zu und sagt weiter aus:
Als wir in einer Wirtschaft in der Clemenstwiete saßen, wurde
zerufen, draußen ist Krakehl. Wir gingen hinaus und da
as schon jemand auf der Straße. Nach der Trave hin fielen
chusse. Vorlitzender Es slcheint lo. dan Sia mit dem nieder⸗