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Nachrichten für das Herzogtum Tauendurg, die
zürstentümer Ratzeburg, Lübeck und das angren⸗
jende medlenburgische und holsteinische Gebiet.
Hrug und Verlag: Gebruder Borsers G. mb. 8. in Lübedn — Seicaftstelle Adreß baus Goniastt — ———
Beilagen: Vaterstädtische Blätter. — Der Familiensreuns.
1614. Jahrgang
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ι,
Amtsblatt der freien und Hansestadt Lübed
Beiblatt: Gesetz· und Verordnungsblatt t
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aAuc
Grotze Ausgabe) Freitag, den 28. April 191.
Abend⸗Blatt Nr. 213.
Blatt. hierzu , Blatt,
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esetz⸗ und Verordnungsblatt —
r freien und Bansestadt Lübeck, Nr. 20
enthaltend:
Nachtrag zum Gesetz vom 16. Januar 18895, betreffend
die allgemeine Kirchenkasse für die evangelisch-Iutheri⸗
jschen Kirchengemeinden der Stadt Lübeck und deren Vor⸗
tädte. — Bekanntmachung, die Gehaltsordnung für die
in den städtischen und vorstädtischen evangelisch-lutherischen
Kirchengemeinden Lübedss angestellten Geistlichen be—
reffend. — Zweiter Nachtrag zu der Verordnung für die
ꝛwangelisch⸗ lutherischen Kirchengemeinden der Stadt Lübeck
ind deren Vorstädte vom 8. Dezember 1897. — Zweiter
Nachtrag zu dem Kirchengesetze vom 2. April 1898, be—
reffend die Versetzung von Geistlichen der evangelisch⸗
utherischen Kirchengemeinden in den Ruhestand. — Zwei⸗
ter Nachtrag zu dem Gesetze vom 6. Februar 1905, be—
treffend die kaufmännische Fortbildungsschule in Lübeck.
— Bekanntmachung, betreffend die Aufhebung der Trans—
vortkontrolle für Salz im lübedischen Grenzbezirk.
Umfang der heutigen Nummer 6 Seiten.
EEm⸗ ch äää ä ä ä X ’σä ôäàäôôiä αααοXuαOäuαιια αιαàι ααααααιαxN Xæn Jae
III
Nationale Arbeiter über die rote
„Maifeier“.
N. Lübeck 28. April.
Die Sozialdemokratie hält mit aller Zähigkeit an der
Idee des „Weltfeiertages“ vom 1. Mai fest, obwohl sie doch
wahrlich klüger täte, das Mißlingen dieser völlig zum Rummel
gewordenen Veranstaltung einzuräumen, um sich nicht zu Be—
ninn eines jeden neuen Wonnemonds auch eine neue Blamage
zu holen. Dabei ist noch ganz zu schweigen von der Rücdlsicht
auf die Folgen, welche die vertragswidrige Arbeitseinstellung
für Hunderte und Tausende von Arbeiterfamilien regelmäßig
mit sich bringt. Es fehlt denn auch jetzt nicht an Anzeichen
dafür, daß die verständigen, die virklichen
Arbeiter mehr und mehr anfangen, das Spiel zu durch—⸗
schauen, das man mit ihnen treibt. So richtet jetzt das
SZüdwestdeutsche Arbeiterblatt, Organ der vater—
ländischen Arbeitervereine Badens, Hessens und der Pfalz, an
die Arbeiter, die zur Teilnahme an dem Maifeierunfug auf—
gefordert werden, folgende Mahnung:
„Wenn die Herren von der sozialdemokratischen
Agitation tatsächlich ein Herz für den Arbeiter hätten,
jo würden sie aufhören, ihn zu solchen hirn-⸗ Und zwec⸗
losen Demonstrationen zu verleiten. Unzählig sind
—
die Unannehmlichkeiten, die Tausenden und Abertausenden von vor Kiel liegen wird, so haben die Amerikaner Gelegenheit,
Arbeitern erwuchsen, unermeßlich ist der Ausfall an die ganze Hochseeflotte in Augenschein zu nehmen, da ja das
Arbeitsverdienst, der durch die Feier des Tages so⸗ weite Geschwader in Kiel seinen Standort hat und die Kreuzer
vohl, wie auch durch Maßregelungen seitens der Arbeit⸗ leichfalls anwesend sein werden. Das amerikanische Geschwader
jeber entstanden. Wir haben genug Feiertage und vird nach den bisherigen Dispositionen 7 Tage lang, also bis
zrauchen den 1. Mai absolut nicht. um 27. Juni, in Kiel weilen und dann die Weiterreise an—
Was 'geschieht denn an diesem Tage? Es wird ge— reten. Der Kaiser, der sich mit dem „Meteor“ an den Re—
ungen, getanzt und dergleichen, was man an einem anderen jatten beteiligt, wird bis zum 29. Juni in Kiel bleiben, um
cage gerade so gut tun könnte. Es werden Reden gehalten, sich dann zur Segelregatta nach Travemünde zu begeben und
ie, ganz abgesehen davon, daß sie durch ihren Schwulst die Segelregatten an der Ostseeküste mitzumachen. Voraus—
ind Bombast nur zu deutlich die innere ichtlich wird im Anschluß daran die Nordlandreise des Mon—
zerlogenheit auf der Stirn tragen, bei einer anderen archen beginnen.
zelegenheit gehalten werden könnten. Durch diese
temödienspielereien wird der Staat nicht aus den Angeln
ehoben. Das GelBd aber, das den Arbeitern bei
ieser Gelegenheit abgeknöpft wird, könnten
iese besser für sich und ihre Familien gebrauchen. Die
oten Herrschaften mißachten übrigens alles, wofür sie demon⸗
trieren. Sie sind für den Achtstundentag; aber
nmehr als einem sozialdemokratisch geleiteten
zetriebe müssen Arbeiter streiken, um den Zehnstunden—
ag zu kriegen. Sie sind gegen Militarismus; aber ihre
Aganisationen sind straffer und hartherziger verwaltet. als
rgendeine militärische Organisation. Sie sind für Völker—
rieden; jahraus, jahrein aber kämpfen sie mit Gift
und Galle, mit Lüge und Brutalität gegen
hre eigenen Volksgenossen. Mancher deutsche
Irbeiter hat durch fanatisierte Genossen bluten müssen. Nein,
in verständiger Arbeiter arbeitet am 1. Mai und
äßt ihn Leute feiern, die naiv genug sind, und die glauben,
u viel Geld in der Tasche zu haben.“ —
Natürlich wird diese eine Stimme nicht viel vermögen,
umal sie den sozialdemokratischen, zum Bezug der Vartei—
lätter gezwungenen Arbeitern schwerlich zu Gesicht kommt.
krotzdem denken auch viele von diesen so, und wer Gelegen—
jeit hat, die „Maifeiernden“ einmal aus der Nähe zu be—
„bachten, der weiß, daß sie sich heute fast nur noch
rus Arbeitslosen und großstädtischem Janhagel
ekrutieren. Und das nennt man dann — „Weltfeiertag“!
Deutschland und Frankreich in Marokko.
Die Unterredung, die der französische Bot—
schafter Cambon am Mittwoch mit dem Reichskanzler
zatte, galt, wie bereits offiziös bekanntgegeben worden
ist, in ihrem Inhalte dem bevorstehenden Einmarsch fran—
zösischer Truppen in Marokko. Es kann als feststehend gel—
en, daß diese Aussprache einen durchaus freundlichen Cha—
rakter gezeigt hat, in der sowohl der Vertreter der fran—
õosischen Regierung wie der oberste Leiter der deutschen Politik
inander zu überzeugen suchten, daß die Absichten de.
deiden Mächte in Marokko sich völlig im Rahmen
der Algecirasakte bewegten.
Mun darf man allerdings vermuten, daß die Klar—
egung einer solchen Anschauung Herrn v. Bethmann-Hollweg
leichter gefallen ist als dem französischen Diplomaten, da
das französische Kabinett in seiner Marokkopolitik, wie es
scheint, mehr den Buchstaben des Vertrages als seinen Geist
zu erfüllen sucht. Immerhin darf an dieser formell loyalen
Politik Frankreichs nicht gezweifelt werden und es besteht auch
durchaus nicht die Absicht bei der deutschen Regie—
rung, den Franzosen HSindernisse in den Weg
zu legen. Solange Frankreich den Beweis erbringen lann,
daß es ihm lediglich um die Wiederherstellung der Ruhe und
Ordnung in Marokko zu tun ist, wird man ihm von deutscher
Zeite nicht gewaltsam in den Weg treten. Verständige
Katschläge und Ermahnungen, auf die Einhaltung
der Algecirasakte peinlich bedacht zu sein, sind der fran—
zöfischen Regierung nicht nur von Deutschland, sondern
»bensosehr von Englandzuteil geworden und man
darf hoffen, daß diese Worte nicht in den Wind gesprochen
worden find. In keinem Falle besteht ein Anlaß zu einer
erregten Sprache der deutschen Presse gegenüber Frankreich,
»der zu einem publizistischen Tadel der deutschen Regie—
rung, als ob diese in der Wahrung deutscher Rechte in
Marokko lau und lässig wäre. Das Gegenteil ist der Fall.
Nur liegt es nicht in der Art des Herrn v. Kiderlen-Wächter,
Rechte zu beanspruchen, deren tatsächliche Berechtigung zwei—
felhaft wäre., oder deren Durchsetzung sich nicht erzwingen
— ——
einer Zeit, da man sich unbeachtet in vertrautem Kreise
wähnte, über ihn gefallen wären, und die, wie man sich
habe überzeugen können, jeder tatsächlichen Begründung er—
mangelten.
Gerhard hatte das Schreiben verächtlich fortgeworfen.
Jetzt wanderten seine Gedanken zurüch zu Elisabeth Nüder,
und er las, in tiefes Sinnen verloren, noch einmal die An—
eige auf der goldumrandeten Karte durch. In seiner Er—
nmerung sah er das eben erblühte Mädchen in all seiner
dieblichkeit vor sich stehen, wie er zum erstenmal Abschied
»on ihr genommen hatte. Welch eine reine Freude hatte
ein junges, warmes Herz erfüllt! Sie war ihm als die
gerkörperung alles Schönen und Guten erschienen! Und her—«
iach, als sie zu einer schönen, sich ihrer voll bewußten Jung-
rau herangereift war, hatte er der Hoffnung Raum gegeben,
n ihr und mit ihr alles zu finden, das ihn lebenslang
zeglücken könne. Aber er hatte gezögert, ihr davon zu
prechen. Seine Ansprüche waren zu hoch gespannt gewesen.
hatte er nicht auch leise gezweifelt an ihr — an sich? Das
atte sie empfunden, und ihr Stolz hatte sich geregt. Oder
jatte sie bloß warten wollen, wie seine Lage sich äuperlich
Jestalten werde?
Da war der andere gekommen, der ihr bot, was ihr
zegehrenswerter erschien als die bloße warme, reine Mannes⸗
iebe: eine vornehme, glänzende Stellung in der Geselischaft,
die ihre eigentliche Welt war und mit der einfacheren Welt
ßerhards ihren Vergleich nicht aushielt. Aber doch hatte sit
zeschwankt! Wie, wenn er in jener zauberischen Mondnacht,
ils er das Lied des Kranken gesungen hatte und sie sich ihm
uneigte, sie an sein Herz genommen hätte, ohne Zweifel,
»hne Schwanken? Würde sie nicht unter dem Einfluß einer
rarmen, reinen Liebe und eines starken, freudigen Glaubens
in ihr besseres Selbst gewachsen und stark genug geworden
ein zu einer treuen, hilfreichen Gefährtin in jeder Lebenslage?
rFreilich als sie meinte, er wolle sie in eine ihr fremde.,
nge Welt führen, in die sie nach Erziehung und Neiaung
iicht paßte, in die auch er selbst nicht mehr hineingepaßt
ätte, hatte sie sich von ihm gewandt und ihre innere Kälte
nthüllt. Nun mußte sie ihren selbstgewählten Weg gehen.
Ind er — hliebh einsam zurück
Der Kaiser und der amerikanische Flottenbesuch.
Wie wir hören, wird die amerikanische Flottendivision,
ie die Ostseehäfen besuchen wird, kurz vor dem 21. Juni in
Kiel eintreffen. Der Kaiser, der am 19. und 20. Juni an den
kegatten auf der Unterelbe teilnimmt, wird sich am 21. Juni
nit der „Hohenzollern“ nach Kiel begeben und die Meldungen
er »merikanischen Offiziere entgegennehmen. Voraussichtlich
vird der Monarch dann an einem der nächsten Tage die ameri—
anischen Schiffe einer Besichtigung unterziehen und die ameri—
anischen Ofsiziere auf der „Hohenzollern“ bei sich sehen. Da
—E
Ob fie wohl kommen wird?
Roman von Renata Greverus.
141. Fortsetzung.) Machdrud verboten.)
Anfangs befand er sich in slieter und fiebernder Erwar—
ung, die sich aber bald legte und abwechselnd dem Zorn,
dem Ekel oder einer tiefen Niedergeschlagenheit Platz machte.
Dabei fühlte er sich körperlich elender als je zuvor, und
Schlaf und Appetit flohen ihn. Er sehnte sich fort, weit fort
ind war doch außerstande, Bremen, ja auch nur seine Woh—⸗
rung zu verlassen.
Von Christiane hatte er ein kurzes, herzlich gehaltenes
Schreiben erhalten, das ihrer Freude über die endliche Re—
jelung ihrer Angelegenheiten bezüglich des Verkaufs der väter—
ichen Stelle Ausdruch gab. Gerhards verbitterte Gemüts-
timmung ließ ihn in den Zeilen der Schwester die Herzlich-
eit und berechtigte Freude übersehen und sah nur den be—
riedigten Ehrgeiz, die Genugtuung über die Erreichung des
ꝛrsehnten Zieles.
In dieser Stimmung schrieb er an Karl Rüder, und
derhehlte ihm nichts von seiner inneren Zerrissenheit. Am
Schlusse dieses Briefes schrieb er dem Freunde, daß er, falls
sich hier nichts weiter ereignete, zum Sonntag nach Oldenburg
urüdlehre, um mit seinem alten Castor gemeinsam seinen
Reiseplan zu entwerfen.
Während des Schreibens zogen noch einmal alle Erleb—
e und Personen, die auf der heimatlichen Scholle seinem
eben Inhalt und Wert gegeben hatten, an feiner Seele
——A— liebe Bild der heim—⸗
Jegangenen Mutter vor ihn hin die ein Typus jener ver⸗
tehenden, helfenden Liebe gewesen war, mit der sie den
Satten umgeben hatte, und die ibhm hoöher stand, alus aller
beidenschaftszauber, der die Geschlechter zueinander treibt. Der
räftige, das Leben nach allen Richtungen hin begehrende
Vater, der den Tod gefürchtet hatte, und der schwer am
Ldeben tragende Bruder, dessen Herz sich ihm eben zu er—
chließen begonnen hatte, standen vor ihm. Und dann mußte
r der schlichten, aber Verständnis habenden und treuen Luise
Wendelborn gedenken, die seinem armen Bruder so gern hatte
helfen wollen, und die nun durch die Uebergabe des Hofes
an die Schwester wieder heimatlos wurde.
Da kam seinem gerechten, mitfühlenden Herzen der Gedanke,
ie zu entschädigen für das, was sie verlor, und er ordnete
in, daß man ihr von der Kaufsumme der Stelle zweitausend
Mark als Anerkennung ihrer treuen Dienste auszahlen solle.
Iber wie er diesen Satz niederschrieb, fiel sein Blick zufällig
uf die bereit liegende Schußwaffe, und die widerwärtigen Ver—
eumdungen derer, für die sie hervorgeholt worden war, zogen
in seinem Geiste vorüber. Würde man ihn oder seinen ver—
lorbenen Bruder nicht mit neuem Schmutz bewerfen, wenn
nan von dieser Zuwendung hörte? Finster blickte er vor sich
sin; dann aber kam Ruhe über ihn. Er setzte die Feder
nergischer an, strich die Zahl Zweitausend durch und schrieb
nit fester, klarer Schrift: Dreitausend. Er fügte hinzu, das
usgesetzte Legat sei eine Anerkennung für die treue Arbeit
ind Pflege der Mutter während ihrer letzten Lebensjahre und
ie tüchtige Verwaltung des Marschenhofs zur Zeit des letzten
Zesitzers. Die ausgesetzte Summe solle ihr zu irgend einer Art
von Selbständigkeit verhelfen.
18. Kapitel.
Kaum war sein Brief an den Freund befördert, als
eine Nachricht an Gerhard Friesing gelangte, die ihn wohl
och vor kurzer Zeit innerlich ecschüttert hätte. Es war die
stachricht von der Verlobung des Regierungsrates Garbrecht
nit Elisabeth Rüder..
Natürlich konnte er unmittelbar nach diesem Ereignis
icht nach Oldenburg zurückkehren, um wieder Tagesgast in
er Rüderschen Familie zu sein. Unruhig schritt Gerhard im
zimmer auf und ab. Was sollte er beginnen? Hier bleiben
onnte er nicht. Er hatte gewartet, ob nicht einer jener Maul⸗
elden erschiene; es wäre ihm sast eine Erlösung gewesen,
denn es zu irgend einer „befreienden Tat“, wie er es
merlich nannte, hätte kommen können. Aber sie alle hatten
ich gesürchtet, auch hatte keiner den Mut gefunden, seine
derzeihung persönlich zu erbitten. Nur ein steifes, formelles,
denn auch höflich gehaltenes Schreiben war eingetroffen, das
m Namen aller Beteiligten Herrn Friesing ein aufrichtiges
zedauern aussprach über die unüberlegten Reden, die zu