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4.
Wöchentlich 13mal xvochentags morgens und
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Amtsblatt der freien und Hansestadt Lübed
Beiblatt: Gesetz und Verordnungsblatt Bt
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161. Jahrgang Nadhrichten für das Herzogtum Tauenburg, die
edndeene eeenz Fürstentümer Ratzeburg, Lübeck und das angren⸗
ααι, zende medlenburgische und holsteinische Gebiet.
Hrud und Verlag: Gebrüder Borsers G. m. b. H. im Lũbed. — Geschãftsstelle Adreß haus (Köniasftr. a4ß. Fernivrecher oooo u. oon.
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Ausgab
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A In den Osterfeiertagen fallen aus
am Montag die Morgen⸗ und Abend-Ausgabe,
am Dienstag die Morgen-Ausgabe
der „Lübeckischen Anzeigen“.
Die Expedition ist geöffnet am ersten Ostertage
bormittags von 8 bis 9 Uhr und am zweiten Oster⸗
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Gebrüder Borchers 6. m. b. .,
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Umfang der heutige
Vom Nationalqefühl im deutschen Arbeiter.
N. Lübeck 15. April.
Es gibt Leute, die überhaupt nicht mehr daran glauben.
Und dennoch existiert es und konnte durch keinerlei sozialdemo—
kratische Minierarbeit gemindert oder gar erstickt werden.
Wer mit wirklichen Arbeitern nahe und dauernde Fühlung
hat, dem ist's kein Geheimnis. Aber auch ihm kam es nur
wertvoll sein, diese seine Erfahrung durch das Zeugnis eines
Mannes bestätigt zu finden, der, wie selten jemand, Ge—
legenheit hatte, deutschen Arbeitern in die Seele zu sehen.
Es ist der Karlsruher Oberregierungsrat Dr. Bittmann,
eine Persönlichkeit, der ihr warmes Herz die Klarheit und
Ruhe des Urteils nicht beeinträchtigt hat. Er stellt im Tag
auf Grund langiähriger, persönlicher Berührung (erst in der
Industrie, dann im Staatsdienst) mit der Arbeiterschaft die
beiden Sätze auf, die viele überraschen mögen: „Im Gedanken—
kreis der Werktätigen spielt die rote Internationale keine⸗
größere Rolle, als der Regenschirm im Leben der Gelehrten“
und „Niemals stand der deutsche Arbeiter, der geistig rege,
von Seimatgefühl, nationalem Empfinden, Deutschtum hinter
anderen Ständen zurück; hieran ändert auch die „rote Inter⸗
nationale“ nichts...“ Das ist, wie gesagt, der Niederschlag
langjiähriger Beobachtung und persönlichen Erlebens.
Aber Dr. Bittmann behauptet nicht nur, sondern er be—
weist auch. Er hat eine Schar von 127 Arbeitern jeder
Art, gelernte und ungelernte, organisierte und unorganisierte,
unter ihnen 52 Sozialdemokraten, im amtlichen Auftrage
auf die Brüsseler Weltausstellung geführt und dabei eben
Frfahrungen gemacht, die er in die mitgeteilten Sätze zu⸗
sammenfaßte. Es sind ihm von sämtlichen Teilnehmern auf
sein Ersuchen die Reiseeindrücke in Rriefforr
rr
Große Ausgabey Sonnabend, den 15. April 191.
Abend⸗Blatt NRr. 192.
geschildert wonden, und aus allen diesen Schrei—
ben, deren er eine große Zahl mitteilt, klingt die natür—
iche Freude am Vaterlande, der Stolz auf das
Unfehen deutscher Arbeit und die Genugtuung dar—
ber heraus, selbst zu bescheidenem Teile dabei mitgewirkt
aben zu können; und zwar genau in gleicher Weise bei den
zozialdemokraten, wie bei den Christlichen, Nationalen und
tichtorganisierten. Ein Zigarrenarbeiter ruft aus: „Wie
ielseitig ist doch die Beschäftigung des deutschen Volkes!
dann es da wundernehmen, wenn ein erhebendes Gefühl
nsere Brust bewegt bei dem Gedanken, daß alle, die hier
nitgearbeitet haben, Söhne Deutschlands, Arbeiter sind!“ Mit
inderen Worten sagt ein Tapezier dasselbe: „Ueberwältigen—
»es und Großartiges hat die deutsche Industrie geleistet.
Wenn je ein Volk darauf Anspruch erheben darf, intelligent
jenannt zu werden, so dürfen wir Deutsche mit Stolz es tun.“
Bon tiefer Wirkung war das, was er sah und hörte, auf
inen Gärtner: „Gewiß hat jeder von uns in feierlicher
S5tunde den Entschluß gefaßt, stets ein würdiges Mitglied
es deutschen Arbeiterstandes und auf seine Pflicht bedacht
u sein zur Ehreseines Vaterlandes.“ Sicherlich nicht
ls der einzige bekennt ein anderer Arbeiter, ein Schrift—
etzer: „Von solchen Ausstellungen kehrt man nicht nur inner—
— V 0
haftsleben und die Beziehungen zwischen Arbeitgeber und
lrbeiter korrigieren sich“ Genugtuung über deutsche Stramm—
jeit, von der Reisegesellschaft häufig bei allen möglichen
nlässen geäußert, spricht aus der Bemerkung eines Satt—
ers: „Wir sahen Streckenarbeiter bei der Arbeit ihre Pfeife
»der Zigarette rauchen, und wir begriffen auf einmal, warum
vir gegen Reiseunfall versichert sind.“
Das ist der Grundton, der durch alle Schreiben geht.
Mancher wird daraus schließen, daß die Sozialdemokratie
a gar nicht so demoralisierend sein könne, wenn auch „Ge—
rossen“ zu Bekenntnissen solcher Art fähig sind. Wir möch—
en dagegen umgekehrt folgern, daß es der Sozialdemo—
ratie schon an dem guten Willen nicht fehlt, das National—
jefühl den Arbeitern auszutreiben. Aber unsere Arbeiter—
chaft ist eben im Kern gesund geblieben; sie empfindet
—V
zaftet nur an der Oberfläche. Sie spielt die Rolle
»es Regenschirms im Leben des Gelehrten; d. h. man glaubt,
ie immer mit sich führen zu müssen, vergißt sie ader
m der Regel. Allerdings hat Dr. Bittmann sein Diktum
und seine Beobachtungen ausdrücklich auf den
Kreis der geistig regen Arbeiter bezogen. Wo—
durch die alte Erfahrungihre Bestätigung findet, daß
die Sozialdemokratie in den stumpfsinnigen
Arbeiter tiefer einzudringen, mehr in ihm zu
rerstören vermag, daß sie also eine Partei der
1nbildung ist und daß die „sozialdemokratische Frage“
—Tebt quf ine Risldunaca- und Eraiohunacfrane hinguskom
— X—E —„—
Zu den Winzerunruhen in der Champagne.
Ueber die neuesten Vorgänge im Aufstandsgebiete liegen
bis zum Redaktionsschluß folgende Drahtmeldungen vor:
W. Epernay, 14. April. Nach Beseitigung der Barrikaden
in Venteuil haben die vereinigten Winzer einen Beschluß gefabt,
in dem sie die Gewalttätigkeiten billigen, allgemeine Verant—
vortlichkeit verlangen und sich dagegen aussprechen, daß nur
inzelne unter ihnen zur Verantwortung gezogen werden. Der
Verband der Syndikate der Winzer hat nach einer
Besprechung mit den Parlamentariern eine Proklamation er—
assen, in welcher erklärt wird, daß die Winzer mit Rücsicht auf
en Beschluß der Kammer, der die Abstimmung im Senat ver—
zessert habe, in Ordnung und Lonyalität die Entscheidung des
Staatsrats abwarten sollten. Infolge davon fordert der Ver—
»and die Munizipalräte, die ihre Aemter niedergelegt haben,
auf, ihre Demission zurückzuziehen.
W. Epeny, 14. April. Di ¶ Deputierten ud Sena—
oren der Marne hatten gestern eine lange Sezprechung mit
den Miiglietenn des Ausschusses des Winzerverbandes.
Das Ereignis dieser Besprechung und der Austünfte, die fie
nthielten, war der Eindruck bei ihnen, daß bei den Gewalt—
ätigkeiten von gestern die Helsershelfer und die Anstifter
deute gewesen seien, welche fremd in der Gegend oder zum
nindesften an der Frage des Weinbaues in der Champagne
zurchaus nicht interessiert sind. Gestern nachmittag begaben sich
die Parlamentarier nach Ay, um die niedergebrannten und
erstörten Häuser zu beichtigen. Der Munizipalrat von Ay
hat seine Demi sion zurückgezogen.
W. Bar fur Aube, 14. April. Abends 9 Uhr versuchten
die Demonstraten, rote Fahnen vor sich hertragend, unter Ab—
singen der Internationale sih zur Unterpräfektur zu begeben.
Sie warfen mit Steinen nach den Truppen, wurden aber schließ—
ich von den letzieren zerstreut. Ein Kommissar und mehrere
Offiziere wurden durch Slei iwürse verletzt. Um elf Uhr abends
var die Ordnung wieder hergestellt.
W. Epernen, 14. April. Der zweite der beiden Haplau—
tifter des Wineraufruhrs Lagache, ist in dem Augenblick, als
r vor der Unterpräfektur erschien, um sich als Gefangener zu
tellen, von Gendarmen verhaftet worden.
W. Paris, 14. April. Bei Epernay landeten hrute, wie
»on dort gemeldet wird, zwei im Lager von Chalon aufcflogene
Offiziere mit ihren Eindeckern. Sie haben den Auftrag, im
rufrührerischen Winergebiet Aufslärungs lüge zu unsernehmen.
Um die Gründe zu verstehen, die zu den letzten blutigen
Rewvolten gesührt haben, muß man wissen, daß bereits seit ge—
raumer Zeit zwischen dem französischen Süden, der Marne und
der Aube, soweit sie von der Weinprodultion leben, ein er—
zitterter Kampf tobt, dessen Beilegung deswegen schier unmög—
lich erscheint, well das Brot des einen des anderen Tod sein
rut Bereits vor zwei Jahren kat die fran z'ische Regierung
—
Sie alle hier es meinem Bruder vorjtellen, wie wenig es
ihm taugen würde, draußen zu bleiben auf dem Hofe, und
seinen Beruf zu wechseln. Sie kennen Gerhard schon so lange,
und er wird gewiß auf Ihren Rat hören.“
Da hatte Liesbeth lebhaft aufgeschaut und gefragt: „Herr
Friesing will seinen Beruf wechseln? Wieso das?“
„Ob er's wirklich will, das weiß ich noch nicht. Er ist
'o verschlossen und eigensinnig jetzt. Ter Arzt hat ihm ja
Landluft verordnet, und an unserer Heimat hat er immer sehr
jehangen. Jetzt, nach HSinrichs Tode. ist ihm ja die Stelle
ugefallen. .“—
„Uund Sie glauben, daß Ihr Bruder nun denkt, Landwir!
u werden?“ fragte die alte Rätin.
„Es wäre sehr unversrändig von ihm, wenn er's täte! Es
vürde sich dann auch schwer eine passende Frau für ihn
inden. Eine einfache Landmannstochter, wie ich es bin.“
Lhristiane richtete sich hierbei mit Würde auf, „genügte mei—
tem Bruder wohl nicht mehr;, und eine feine Stadtdame fände
sich auf einem Bauernhofe nicht zurecht, wo die Frau, wenn
die Wirtschaft nicht rüdwärts gehen soll, alle Arbeit ver—
sttehen und selbst mit anareifen muk. wenn sie sich auch Leute
halten kann.“
Christianens Blicke hatten nie zufällig Fräulein Rüder
gestreift; Liesbeths blaue Augen sprühten, aber sie blieb
freundlich und höflich. „Ein feingebildetes Stadtmädchen würde
reilich wohl schlecht zu einer Bauernfrau passen,“ rief sie
lachend.
„Das glaube ich auch, Fräulein,“ sagte Christiane mit
einer Entschiedenheit. welche Liesbeth mißverstand und sie
irreführte.
„Also würde er den Besitz verlaufen?“ fragte sie?
„Tas halten mein Bräutigam und ich für das Nichtigste,
uind wenn er sich dazu entschließt, nöchten wir selbst die Stelle
aufen. Wir beide sind bei der Landwirtschaft groß geworden;
vir verstehen alles, was dazu gehört, und so bliebe das Gut,
an dem wir alle hängen, doch in der Familie.“
Die alte Rätin erzählte mit freundlicher Anteilnahme, daß
ie mit ihren Töchtern im vorigen Sommer an dem Friesing—
ichen Besitz vorbeigekommen sei auf einer Landtour, die ihr
Schwiegersohn in Amtssachen zu machen gehabt habe.
Du erinnersit dich des stattlichen Hauses wohl auch. Lies
Ob sie wohl kommen wird?
Roman von Kenata Greverus.
(31. Fortsetzung.) Machdruck verboten.)
13. Kapitel.
Karl empfing den Freund am Bahnhofe in der alten
Herzlichkeit. Er nahm ihm den Handkoffer ab, und sie gingen
ziemlich schweigsam der Wohnung zu.
„Armer, alter Junge! Gut, daß ich dich wieder habe! Du
iehst nicht gut aus, deine Schwester hatte mich schon darauf
porbereitet.“
Gerhard zuckte unmutig zusammen. „Ich hatte keine
Ahnung von ihrer Absicht, zu euch zu gehen,“ saate er.
„Sonst ...“
„Sonst?“ fragte Karl.
„Sonst hätte ich es nicht zugelassen; es war mir so äukerst
heinlich und unangenehm.“
„Aber warum denn, alter Junge? Warum sollte deine
Schwester, die mich doch lange kennt und durch dich uns alle,
nicht zu uns kommen, wenn sie um dich besorgt war und
meinte, ich könnte dir raten und helfen?“
„Sie braucht sich um mich nicht zu sorgen; sie sorgt auch
am liebsten für sich selbst!“
„Aber Gerhard,“ mahnte der Freund, „du bist unge⸗
recht. Du leidest in dem Gefühle des Alleinseins und bist
doch unwillig über einen Akt der Fürsorge. Das ist ein
Widerspruch.“
Gerhard blieb stehen. Sie waren vor der Gartenpforte
angelangt, von der ein buntgemusterter, zierlicher Fliesenpfad
auf das von der Familie Rüder bewohnte Haus zuführte.
„Komm noch für einen Augenblick mit mir in den Schloß—
darten, ehe wir eintreten, und erzähle mir alles, was Christiane
Jesprochen hat. Du erleichterst mir damit das Gemüt und den
Eintritt in euer Haus,“ bat er.
Karl brachte den Handkoffer in den abgeschlossenen Haus—
lur. „Mutter erwartet uns gegen 5 Uhr zum Kaffee,“
agte er. „Jetzt ist's 24 Uhr, wir können also noch eine
Zeitlang gehen.“
Sie schritten die breite, ruhig vornehme Gartenstraße en“—
lang mit ibren stattlichen nicht prunkvoll, aber arifofrotisch
aussehenden Häusern rechts, die in weiten, wohlgepflegten
Gärten lagen. An der linken Seite lies eine hohe, selten
schöne Pappelreihe hin; dahinter lagen die Parkanlagen des
herrlich gehaltenen Schloßgartens, der den Spaziergängern
is abends hin täglich zugänglich war. Ein eisernes Gitter
ief hinter den Pappeln her; die großen Eingangspforten
zei dem alten Torwärterhause standen weit offen, und sie traten
n die schattigen Anlagen, die mit ihren prächtigen Baum—
ruppen, den wohlgepflegten, weiten Rasenflächen und den
ius seltenen Pflanzen und Büschen bestehenden Bosketts eine
zauptzierde der Stadt sind, und so leicht nicht ihresgleichen
inden. Durch die breiten, sauber gehaltenen Spazierwege,
ie keine Kiesanfuhr verunzierte, schritten die Freunde unter
em Schatten der mächtigen alten Bäume dahin. DTa, wo es
on dem vornehmeren Schloßgarten allmählich hinübergeht in
as schattigere, waldartigere Everstenholz, machten sie auf
inem halbrunden, von einer herrlichen Plantane beschatteten,
rottenartig hergerichteten Platze Halt, in dem künstlich auf⸗
ebauten Gestein wuchsen Tannen und Schlinggewächse. Die
rreunde nahmen auf einer bequemen, halb verborgenen Bank
Platz. Karl, dem Gerhards Unruhe nicht entgehen konnte, fing
ogleich an, sich alle Einzelheiten von Christianens Besuch und
„ie stattgehabten Gespräche ins Gedächtnis zurüctzuruien und
erichtete getreulich etwa folgendes:
Gegen Mittag war Christiane geiommen und hatte zunächst
iach ihm gefragt; er war bereits von der Schule frei ge—
vesen und hatte sie im Salon empfangen. Ohne viele Um—
chweife zu machen, hatte sie ihn gebeten, sich Gerhards aus
ilter Freundschaft noch ein wenig zänger anzunehmen. Er habe
ich des Bruders Tod mehr zu Herzen genommen, als sie
zedacht; jetzt mache ihn das Grübeln und die Einsamkeit ganz
rübsinnig.
Das war eine ganz verständige Anknüpfung und Ein—
eitung gewesen. Karl fügte hinzu, daß Christiane sich wirklich
nit vieler Würde in die Erscheinung habe setzen können, auch
ils er auf ihre Frage nach dem Befinden der DTamen die
Mutter und Schwester hereingerusen habe, um sie zu begrüßen.
„Ich wollte Sie noch bitten, Frau Rätin,“ hatte Christiane
m Laufe der Unterhaltung gesagt, nachdem über des Bruders
vorläufiae Rckehr genügend gesprochen worden war, ‚„daßk