Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

Sypotheken nur unter groben Schwiexrigkeiten und Kosten 
oglich sei, von dritten und vierten Hypotheken gar nicht 
u reden. Wenn es möglich wäre, ein Geldinstitut zu 
shaffen, das diese Sypotheken gegen Realkredit ohne viele 
Umstände und gegen einen mittleren Zinsfuß hergeben könne, 
io würden das nicht nur die Sausbesitzer, sondern auch 
Ale hiesten VBanten mit aroßer Freude begrüßen. Aber 
ein solches Institut auf genofsenschaftlicher Grundlage zu 
bilden, sei ein Ding der Unmöglichkeit, und ein Versuch dazu 
nafse geradezu als ein Mißbrauch des Genossenschaftswesens 
hegeichnet werden. Indessen der Vorschlag des Herrn Paulig 
ziele bei genauerer Setrachtung gar nicht ab auf die Schaffung 
ines Realkreditinstituts, fondern empfehle die Bildung eines 
Perfonastredit⸗ Unternehmens solche seien hier aber bereits 
in ausreichendem Maße vorhanden, und könnten kreditwürdige 
Hausbesitzer bei diesen Instituten jederzeit Darlehen zu an— 
Femessenen Bedingungen erhalten; kreditunwürdigen Haus— 
nd Erundbesitzern werde aber auch weder eine Real⸗ noch Per⸗ 
sonal⸗Kreditgenossenschaft des Haus⸗ und Grundbesitzer⸗Vereins 
weder auf kurze noch gar auf längere Zeit Darlehen geben 
können. — Sodann sprach Herr Paulis über die Hypo⸗ 
hetkennotund MittelzuihrerBeseitigungs. Redner 
kam zu dem Schluß, daß Selbsthilfe der Haus⸗ und Grundbelitzer 
auf diesem Gebiete ausgeschlossen sei und empfahl daher, die 
eansaen saebesitzer mochten Senat und Bürgerschaft 
eranlafsfen, staatliche Mittel zur Gründung 
iner Sypothekenbank zu bewilligen, denn was in 
anderen Stiaaten und großen Städten möglich gewesen sei, müsse 
auch in Lũbed durchführbar sein. In der Aussprache über diesen 
Horschlag wurde ausgeführt, daß bereits bald nach Gründung 
des Haus⸗ und Grundbesitzervereins zwecks Grimdung einer staat— 
lichen Hypothekenbank Verhandlungen mit dem Senat stattge⸗ 
runden hätten, diese aber derzeit die Unmöglichkeit der Durch- 
führung des Planes ergeben hätten. Und so sei es auch noch 
heute. Demgegenüber wurde auf die Beteiligung des Staates 
am Hochofenwerk, an der Segeberger Bahn usw. hingewiesen 
und daraus gefolgert, daß, wenn der Staat Geld habe, private 
Unternehmen durch Aktienübernahme zu fördern, er auch Mittel 
zaben müsse, dem seßhaflen Grundbesitz durch Hergabe billiger 
zypothekendarlehen zu helfen und ihn steuerkräftig 
un erhalten, denn das liege ebenso sehr im In— 
teresse der Stadt und des Staates, wie die Vör— 
derung der Industrie wie des Werlehrs und des Han— 
dels. Dieser Vergleich wurde aber als nicht zutreffend erachtet. 
Bei der Beteiligung des Staates an wirtschaftlichen Unterneh— 
mungen handle es sich um werbende Kapitalanlagen, deren Um— 
fang von vornherein zu übersehen sei; bei einer staatlichen 
Hypothekenbank treffe aber alles dies nicht zu, sondern der Staat 
uüͤbernehme in dem Augenblick, wo er eine vhpolthelenbant ins 
Leben rufe, zum mindesten die moralische Verpflichtung, allen 
seinen Steuerzahlern Hypotheken gewähren zu müssen Ind wo⸗ 
hin das selbst bei vorsichtigster Geschäftsgebarung fuhren solle, 
lei gar nicht abzusehen. Auch die übrigen von Herrn Panis 
vorgeschlagenen kleineren Mittel zur Hebung der Hypothekennot, 
als Gewährung von staatlichen Mitteln an die Spar⸗ und —* 
leihekasse der Ges. z. Bef. gemeinn. Tät. oder Gründung 88 
genossenschaftlichen Hypotheken⸗Sparbank oder einer Genossen- 
schaft zur Vermittelung von Sypotheken seien schon deswegen 
wenig empfehlenswert, weil weder auf dem einen noch dem —* 
— eeene Abhilfe der Hypothelennot, die 
in den i ältni 
e odi —8 iseeinen wirtschaftlichen Verhältnissen 
Fur den 8. Verbandstag der Sulfsschulen Deutschlands, der 
r 18. bis 20. April in der alten Hansestadt Lübeck stattfindet, 
zibt sich in allen Teilen unseres Vaterlandes und auch im 
Auslande reges Interesse kund, wie die bis jetzt vorliegende 
Meldungen beweisen. Die reichhaltige eee F 
piele Anregungen: In der Versammlung am —— c 
18. April, nachmittags 3 Uhr, werden folgende —— 
alten: 1. Werk- und Arbeitsunterricht in der —— 
Ref.: Hilfsschulleiter Raatz, Charlottenburg. 2. Die Diszi * 
in der Hilfsschule. Ref.: Rektor Kruse Altona. 8 zuneee 
statistik. Ref.: Schulvorsteher Winlernann —* an 
8 Uhr: Begrühungsabend in der Siadthaile In ber da t⸗ 
versammlung am Mittwoch, dem 10. April werden di Ic 
deutungs vollen Themen bearbeitet: 1. Die geistige vi d 
wertigkeit im deutschen Strafrecht, Strafprozeßrecht den 
rollzuge. Ref.: Staatsanwalt Niehoff, Braunschwei 
Schulinspeltor Kielhorn, Braunschweig. 2 —— nn 
bei jugendlich Abnormen. Ref.: Prof * We —* 
zurga. 3. Der hauswirtschaftfliche a 33 —— 15 
3 0 1fale 
ver gestrigen Darbietung dieser Nolle war. Doch Weephistopheles 
versank in den Feuerwolken, aus denen er hervorgetreten, und 
vor uns öffnete sich das bekannte Studiergemach Faustens. 
verr Grube hatte die Rolle übernommen. Bei den oft 
erwiesenen künstlerischen Fähigkeiten dieses Darstellers sah 
ich mit den besten Erwartungen seiner Lösung der an sich 
meines Erachtens rein schauspielerisch nicht allzuschweren Auf⸗ 
gabe entgegen. Aber zu meinem Leidwesen versagte der 
Künstler diesmal in fast allen wesentlichen Punkten. Sein 
Fehler war, daß er von Anfang an ein viel zu schnelles Tempo 
nahm und bewahrte. So ließ er weder sich noch dem Zuhörer Zeit, 
die tiefgründigen „faustischen“ Gedbanken auch nur halb⸗ 
wegs auszudenken. Kaum hatte der einsame Grübler ein 
Menschen- und Weltproblem aufgestellt, so voltigierte er 
auch schon mit hastendem Schwunge darüber hinweg. Zu dem 
schauenden Verlieren in die tiefen magischen Zeichen des 
Makro⸗ und Mikrokosmos blieben dem Aermsten kaum 
eiin paar Sekunden. Ebenso bedauerlich kurze Zeit hatte 
er nur zum Wandeln und Gesundbaden in dem lieben 
Lichte und Tau des Mondes und der Entschluß. nach dem 
Wagnerschen Aerger zu der Phiole zu greifen, deren Saft 
io eilig trunken machen soll, vollzog sich mit umso über— 
raschenderer Schnelligkeit, als zuvor die Erscheinung des 
Erdgeistes einen irgendwie sichtlichen, niederschmetlernden Ein— 
druck auf ihn kaum gemacht zu haben schien. So fehlte 
der Wiedergabe der Rolle ailes innerlich⸗tiefe Erleben, dessen 
hiter, an die eigentlich schauspielerische Detlaneen 
memischa Kraft kaum besondere Anforderungen stellender 
Ausdruck schon genügt, um eine sichere Wirkung zu erzielen. 
Wenn Herrn Grubes Faust bon de Erscheinung des Erd⸗ 
ge stes nicht eben niedergeschmeltert war, so hatle e dafür 
reilich einige Entschuldigung. Denn dieser Geist, den der 
Ler wandlumgsreiche Herr Brunow zu deben hatle, va 
wirklich alles eher, als überwärtigend. Er sprach in be— 
ingstigend gleichmãähigem, hohlem Grabeston, in dessen 
odlliger Ausdrudslosigkeit ver gewaltige Rhythmus der 
Dichterworte retlungslo⸗ versank. Dieser Geist, der im 
Tatenturm an der Golthent lebendigemn leide bt, doch 
vin Revenant, kein Gespenst Nun zum Osterspaziergang. 
dier, wie auch spaͤter, fonntg man sich den Wagner des 
nef.: Hilfsschullehrerin Biesenthal, Berlin. — Eine Aussteltung, 
je in einem der schönsten Schulgebäude Lübecks zur Aufstellung 
ommt, wird Gegenstände des Werkunterrichts, des Handfertig⸗ 
eitsunterrichts und der Mädchenhandarbeiten aus verschie denen 
zilseschulen Deutschlands zeigen. Lübed und seine Umgebung 
ieten eine Fülle des Schönen in Natur und alter wie neuer 
Zunst. Die Besucher des Kongresses werden mit den Schön— 
eiten der Landschaft und den historischen Bauten der Stadt, 
er altehrwürdigen Marienkirche, dem Dome, dem Schabbelhause, 
er Schiffergesellschaft uswp., bekannt gemacht. Am Donnerstag. 
O. April, geht es morgens an die See nach Travemünde und 
ller Voraussicht nach auch in die See. Am Nachmittage findet 
ine Fahrt nach Hamburg stait zum Besuch der Alster⸗ 
orfer Anstalten. Der Ortsausschuß hat nichts verab⸗ 
äumt, um der diesjährigen Stätte der Verbandsarbeit — 
rübed — eine freundliche und bleibende Trinnerung zu sichern. 
O Die Berufswahl für schulentlafsene Mädchen ist für viele 
xkltern ein Gegenstand ernster Sorge für die Zukunft. Es 
st daher dankbar anzuerkennen, daß die hanseatischen Ge⸗ 
verbekammern gemeinschaftlich für den billigen Preis von 
5 Pfa. einen Ratgeber für die Wahl von Mädchenberufen 
erausgegeben haben, der eine schnelle und praktische Orien⸗ 
erung auf den Gebieten des Handwerks, Gewerbes und des 
zandels, sowie der Beamtenlaufbahn, Hauswirtschaft. Kran— 
enpflege, Erziehung und des Unterrichtes bietet. Im An⸗ 
jang befinden sich noch der Entwurf eines Lehrver— 
rages für weibliche Lehrlinge und die gesetzlichen 
Jorschriften über das Lehrlingswesen. Die Lübeder Ge⸗ 
»erbekammer hat der Oberschulbehörde bereits 1500 Exem⸗ 
lare zur Verfügung gestellt, und eine ganze Anzahl ist bereits 
in junge Mädchen, welche die Schule verlassen haben, ausge— 
zändigt worden. Die Broschüren sind erhältlich auf dem 
Bureau der Gewerbekammer. 
Die Prufung zum Lokomotivführer hat bestanden: Loko— 
motivführerlehrling Brandt zu Lübec. 
Der neue Präsident des Reichs-Worlitärgerichts, Seneral 
zer Infanterie Graf v. Kirchbach, war von 18093 bis 
1896 Oberstit. beim Mecklenburgischen Gren.Reg. Nr. 89. 
1903 übernahm er das Kommando der 17. Division, 
das er beibehielt, bis er 1907 zum kommandierenden Ge⸗ 
eral des 5. Armeekorps ernannt wurde. General der 
Infanterie ist er seit dem 11. Sept. 1907. 
*Die Rückfahrkarten imn Verlehr mit Hollend sollen am 
l. Mat aufgehoben werden. Es werden dann, wie 
chon seit langem in Deutschland, nur noch Einzelfahrkarten 
erausgabt. 
SGebrauchsmusterschutz. Der Firma Hermann Schreiber, 
ierselbst, wurde auf ihren neu konstruierten Transport⸗ 
nuldenwagen, der große Zwecke innerhalb der Wurst— 
abrikations-Betriebe leistet, Gebrauchsmusterschutz erteilt. 
Das Ergebnis des württembergischen Blumentages“. Der 
Württembergischen Zeitung zufolge hatten die Sammlungen 
mläßlich des „Blumentages“ in der Stadt Stuttgart ein 
Ergebnis von etwas über 100 000 M, von denen über 81000 
Mark durch Blumenverkauf und Postkartenabsatz allein auf⸗— 
kamen. Das Ergebnis im ganzen Lande beläuft sich, soweit 
die Feststellungen bisher möglich waren, auf rund 450 000 M. 
Großherzogtümer Medleuburg. 
Schönberg, 10. April. Die Genossenschafts⸗ 
neierei verarbeitete im März 213000 kg Milch und 
rzielte einen Ertrag von 10,9 Pf. für das kg. Der 
Durchschnittspreis für 1 Pfd. Butter stellte sich auf 1.80 
e. — Der Konfumverein hat sich nach mehrjährigem 
Bestehen am 1. April aufgelöst. — Wegen Diebstahls 
ines Hundes wurde ein Arbeiter aus Hamburg vom hiesigen 
zchöffengericht zu drei Tagen Gefängnis verurteilt. Der Ange⸗ 
lagte hatte sich bei einem Hauswirt in Lankow auf ein Jahr 
»ermietet. Am Tage nach seinem Dienstantritt entfernte er 
ich heimlich und lodte den Hofhund mit, den er im nächsten 
Dorf für 5M verkaufte. — Zur Abwehr der Maul— 
ind Klauenseuche wird amtlich bekannt gegeben, daß die 
Abhaltung von Viehmärkten und Tierschauen im Gebiete des 
Fürstentums noch bis auf weiteres verboten ist 
Buntes Allerlei. 
O. K. Ein neuer Salomo. Hugh Harn, der in Bayonne 
andere Richter über dem Buchstaben des '»Gesetzes grübeln, 
jetzt sich Hugh Harn über alle juristischen Formalitäten hinweg 
und läßt seinen gesunden Menschenveritand entscheiden. Stand 
— — — 5 ———— 
oerrn Bram Meynadier gut gefallen lassen. Auch der 
raust konnte passieren, wenn auch störende falsche Be— 
onungen nicht ausblieben. Aber während bei der Dar— 
tellung des Faustischen Studierzimmers die Regie einwandfrei 
jewaltet hatte, ließ sie es hier m. E. fehlen. „Aus der 
Straßen quetschenden Enge sind sie alle ans Licht gebracht“ 
* deshalb muß sich Faust und sein Begleiter aber auch 
m Freien befinden und nicht wieder zwischen zwei eng 
aufeinander drüchenden alten Häusern, zwischen denen heraus 
)as Fliehen des Winters und später das Versinken der Sonne 
on Faust beobachtet zu sehen, uns nicht ganz glaubhaft er— 
cheinen will. Auch blieben die Volksszenen „unter der Linde“, 
sie ja doch wohl etwas vorzeitig grün geworden war, ohne 
echtes natürliches Leben. Es war eben alles zu nahe auf— 
ꝛinander gedrängt, so daß die Menge immer wie auf Kom— 
nando schweigen mußte, wenn Faust zu Worte kommen sollte. 
Fin wenig zu sehr nur auf das Stichwort lustig waren 
auch die vier Gesellen in Auerbachs Keller, wenn auch sonst 
die Szenerie hier gut gelungen war. Nur hätte ich die Lieder 
auch gern gesungen gehört und nicht nur rezitando vorge⸗ 
ragen. Wenn irgendwo Realismus am Platze ist, so ist er es 
doch hier, und wer hätte je bei einem Saufgelage Rezitieren 
zehört? Gespielt wurden die Vier im übrigen aber gut, 
allen voran Herr v. Schendk als Siebel und Herr Fuchs 
ils Frosch. Endlich noch zuruͤdgreifend ein Wort über den 
Glocenklang und Chorgesang“. In dem erlten vermißte 
nan alles „tiefe Summen“, sie klangen viel zu dünn; die 
Worte des zweiten waren völlig unverstanduch. Der dichler 
vill sie aber doch verstanden sehen, und sie verdienen es 
vahrlich, es zu werden. Unverstanden, soweit sie überhaupt 
iicht ganz ausgefallen waren, blieben auch die Gesänge der 
Mephistophelischen Geister, die dem entschlummerten Fault ein 
illerdinas etwas bescheidenes Sinnenglüd vo rzuspiegeln ver⸗ 
uchten. Doch konnte man sich mit diesem Ausfall am Ende 
wohl abfinden. Das vollbesetzte Haus hielt übrigens mit 
Beifall nicht zurück. Mit Interesse sehen wir den beiden 
Fortselungen entgegen Momos. 
a ein Ehepaar vor den Sqhranken seines Gerichtes. Die Frau 
zatte ihren Mann, Gall aus Bayonne, verhaften lassen wegen 
zZedrohung mit Waffen und Verletzung seiner Unterhaltspflicht 
egen die Ehefrau. Der Salomo von Bamyonne ließk sich den Fall 
rzählen. Der Ehemann berichtete, wie er stels am Letzten 
»es Monats seiner Frau sein ganzes Monatsgehalt von 65 
dollar ausgeliefert habe; nur 15 Cents behielt er zurück, 
im Tabak zu kaufen. „Und wegen dieser 15 Cents“, so 
rklärte der Ehemann, „machte meine Frau einen wüsten 
Zpektakel, wollte nichts mehr von mir wissen und weigerte 
ich, mir einen Kuß zu geben.“ Der Friedensrichter begriff 
zie Situation sofort, und gauz im Gegensatz zu den sonlt 
blichen richterlichen Prakliken wandte er sich ernst und ein⸗ 
ringlich an die Frau: „Frau Gall, lieben Sie Ihren Mann?“ 
Aber gewiß“, begann die Klägerin und wollte wohl weitar 
prechen, doch Hugh Harn hatte sich schon an den Gatten 
rewandt und stellte ihm die gleiche bedeutungsvolle Frage: 
Herr Gall, lieben Sie Ihre Frau noch?“ „Trotz allem, 
hrlich gesagt, ja, ich liebe sie noch.“ „Dann“, so entschied 
der weise Richter, „fordere ich Sie auf, sich jetzt zu küssen, 
Frieden zu schließen und nach Hause zu gehen.“ Und alsw 
geschah es, das Urteil ward sofort vollstreckt 
Neueste Nachrichten und Telegramme. 
Das amerikanische Geschwader kommt nach Kiel. 
W. Wachington, 10. April. Das Marinedepartement ver— 
zffentlich das Programm für die Kreuzfahrt eines Ge— 
chwaders in der Ostsee. Darnach soll dieses deutsche Häfen, 
inschließlich Kiel, sowie dänische, schwedische und russische 
Plätze besuchen, während alle vier Divisionen der atlantischen 
ylotte während der Monate Oktober, November und Dezember 
im Mittelmeer kreuzen sollen. 
Alter Temopel auf Korfu auegegraben. 
W. Korfu, 10. April. Bei dem Dorfe Garitza unweit 
jer Stadt Korfu, wo einst der Markt des altgriechischen 
Torkyra gelegen, wurden die Reste eines Tempels vom An— 
'ang des sechsten Jahrhunderts vor Christus zutage ge— 
ördert. Die gut erhaltenen Sltulpturen der Giebelfelder stellen 
FKampfszenen der Götter gegen Giganten dar. Eine Platte 
enthält einen über einen halben Meter langen Löwenkopf, 
eine andere ein großes Gorgonenhaupt. 
Entdedung einer Geheimverbindung in Wien. 
W. Wien, 11. April. Bei einer Haussuchung in den 
Wohnungen urkrainischer Studenten in Stanislaus wurde das 
Bestehen einer geheimen, revolutionären Organisation ent— 
zeckt; sie trägt den Namen des Mörders des früheren Statt— 
jalters, Grafen Potocki. Manifeste aufreizenden Inhalts, 
velche zur Verbreitung unter den ruthenischen Studenten be— 
timmt waren, wurden konfisziert. Die Geheimverbindung 
oll namentlich auch unter der ruthenischen Gymnasialjugend 
veit verbreitet sein. 
Zum franzs ifschen Do umentendiebstahl. 
W. Paris, 10. April. In dem Verhör vor dem Unter—⸗ 
uchungsrichter wurde Maimon über die Klauseln der Pots-— 
damer Konvention befragt; er sagte aus, die Klauseln hätten 
ür ihn ein doppeltes Interesse gehabt, da es sich um die 
Aufteilung Kleinasiens handelte. Er habe durch die Mit— 
eilung der Klauseln an eine englische Zeitung sowohl seinen 
Interessen in der Frage der Homs-Bagdadbahn, sowie den 
ranzösisch⸗englischen Interessen gedient. Bezüglich der Pots— 
»amer Beschlüsse hatte er niemals Originaldokumente in 
zänden. Der Untersuchungsrichter begann nachmittags in 
ßhegenwart von Beamten des Ministeriums des Aeußern mit 
»er Sichtung der zahlreichen, bei Maimon beschlagnahmten 
Papiere. Die Sichtung wird vermutlich mehrere Wochen 
beanspruchen. 
Diaͤre spanische Expedition nach Maroklo. 
W. Madrid, 11. April. Aus Alcey trafen Mannschaften 
zur Verstärkung der Insanteriebrigade ein, die ersorderlichen- 
falls sofort nach Melilla abgehen soll. Aus Ternel, Castellon 
und Cartagena kamen Mannschaften mit Maultieren hier an, 
die zur Einschiffung vorbereitet werden. 
Amerikausche Ernteschütungen. 
W. Washington, 11. April. Tas Acerbaubureau schätzt den 
Turchschnittsstand des Winterweizens am 1. April auf 83,3 
zegen 82,5 0 am 1. Dez. 1910 und 80,8 0 am 1. April 1910, 
den Turchschnittsstand des Winterroggens auf 89,3 gegen 92,6 
hezw. 92,3 00. 
W. Berlin, 11. April. Der vormalige Kolonialstaatsse!retär 
Dernburg veröffentlicht im Tageblatt einen Artikel, in welchem 
er aucführt, daß unsere Zukunft in der Welt die 
binnenwirtschaft ist. 
W. Berlin, 11. April. Ebenso wie das Siemens Schudert⸗ 
che Luftschiff erledigte „M 3“ abermals eine Geschwindigkeits— 
üsung und erreichte dabei eine Geschwindigkeit von 
46 Sekundenmetern. 
W. Berlin, 11. April. Verschiedene Blätter heben hervor, 
dahß bei der Reichstagsersatzwahl im Singerschen Berliner Wahl⸗ 
reise die sozialdemokratischen Stimmen trotz ungeheuerer 
Agitation um rund 12000 gegen 1907 zurückgegangen seien. 
Man sieht daraus einmal wieder, daß der Personenkultus 
n der sozialdemokratischen Partei eine sehr große Rolle spielt. 
Der gewählte Otto Buchner ist eben kein Singer! Anm. d. Red.) 
W. Madrid, 11. April. Der Ministerrat hielt gestern 
wend eine Sitzung ab, in welcher er sich hauptsächlich mit 
der Marokkofrage beschäftigte. 
.M. Malaga, 10. April. Rei dem Aufruhr in Camillas 
»e Accituro wurden zwei Personen getötet und fünf ver— 
vundet, darunter ein Gendarmeriewachtmeister. Der Grund 
»es Zusammenstoßes war die Beschlagnahme von Viehwagen 
vegen nicht entrichteter Fleischsteuern. Als ein Mann, der 
ich beim Bürgermeister hierüber beschwerte, verhaftet wurde, 
am es zu einem Volksauflauf, den die Gendarmerie zu 
erstreuen versuchte, wobei sie genötigt wurde, die Schußwaffe 
uu gebrauchen. ——— 
WV. Vetersburg, 10. April. Am 14. April findet die 
Sißung des Reichsrates statt, in welcher Ministerpräsident 
Stolypin die Interpellation betreffend die Anwendung des 
Artikels 87 der Grundgesetze beantworten wird 
W. Berlin, 11. April. In dem Prozeß gegen die Diebe 
iner Schadowschen Reliefkopie aus dem Kunstgewerbemuseum 
vurde ein Angeklagter freigesprochen, einer zu einem Jahre Ge— 
ngnis und einer zu vier Monaten Gefängnis verurteilt.
	        
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