Full text: Lübeckische Anzeigen 1911 (1911)

rortiegenden Entwurf eines Versicherunasgesetes für Angestellte 
uchen Sie jedoch diese Grenze vergeblich. Denn es wird nie— 
nand behaupten wollen, daß ein Erwerbstätiger mit einem 
Berufseinkommen von 5000 Meunoch des besonderen Schutzes 
iner staatlichen Versicherung bedürftig ist, und auch niemand, 
»aßz gerade ein Privatangestellter mit einem Gehalt zwischen 
2000 und 5000 M dieses staatlichen Versicherungsschutzes bedarf, 
in Arbeiter dagegen, ein selbständiger Gewerbetreibender, ein 
ßelehrtet aber nicht. 
Gesetzt den Fall, der Entwurf würde in der vorgeschlagenen 
Form Gesetz, so wird die bevorzugte Behandlung der Privat⸗ 
ingestellten von der Arbeiterklasse als soziale Ungerechtigkeit 
npfunden werden, und es kann dann gar nicht ausbleiben, 
vahß die Arbeiter die gleichen Versicherungsleistungen auch für 
ich beanspruchen werden. (Es bedarf keiner weiteren Aus— 
ührung, datß einem solchen Verlangen niemals wird ent⸗ 
prochen werden können, wenn Deutschland nicht aus dem 
nternationalen Wettbewerb einfach ausscheiden soll.) Eine Pro⸗ 
aganda wird unter den Arbeiterschichten einsetzen, gegen welche 
zie Agitation des Hauptausschusses das reine Kinderspiel wäre. 
Und könnte man das den Arbeitern verdenken? Mit welchen 
Fründen wollte man den Arbeitern vorenthalten, was man den 
Angestellten gewährt? Warum soll die geschidte Näherin sich 
mit den Leistungen der allgemeinen Invalidenversicherung be— 
znügen, während das Ladenmädchen als Handlunasgehilfin 
zei vielleicht niedrigerer Bezahlung daneben noch die Wohltaten 
der Angestelltenversicherung genießt? 
Aber — der Hauptausschuß wünscht Renten, wie sie den 
höheren Leistungen und Lebensverhältnissen des Privatbeamten⸗ 
landes“ entsprechen. 
Wie steht es denn mit diesen höheren Leistungen und 
debensverhältnissen, mit der soꝛialen und wirtschaftlichen Stel⸗ 
ung der Privatangestellten? Hierüber gibt die Begründung des 
kntrrurfs in einer Statisik über die Verteilung der Angestellten 
muf die verschiedenen Gehaltsklassen näheren Aufschluß: fast 
⸗ↄ ẽaller männlichen Angestellten bezogen ein Einkommen bis 
u 3000 M, 63.2 0 sogar nur bis zu 2000 M, nur 10 
amen über 3000 Muhinaus. Von den weiblichen Angestellten 
hatten 99 bis zu 3000 M. 87,5 ⸗0 mir bis zu 2000 MEin⸗ 
lommen und nur 166 stieg über 3000 M. 
Diese nüchternen Zahlen beweisen, daß die Forderung des 
hauptausschusses, die Angestellten sozialpolitisch gesondert zu 
ehandeln, der inneren Berechtigung entbehrt, und daß der 
roße Durchschnitt der Angestellten hinsicht ich der wirtschaft⸗ 
ichen Lage sich von diem qualisizierten und höher entlohnten 
Urbeiter kaum unterscheidet. Es kann auch nicht anerkannt 
verden, daß die große WMenge derjenigen Angestellten, die eine 
ein mechanische Wätigkeit ausüben, vollswirtschaftlich höhere 
deistungen verrichtet als ein geübter Arbeiter. 
Wenn also für das Gros der Angeltellten die Einkommens⸗ 
zerhältnisse und die wirtschaftlichen Aussichten nicht wesentlich 
anders liegen als für die qualisizierten Arbeiter, so müssen es 
die letzteren um so mehr als eine Ungerechtigkeit empfinden, 
venn den Angestellten höhere Renten und Wwar im Falle der 
zlohen Berufsunfähigkeit bezw. vom 65. Lebensjahre ab ge— 
xährt werden, während die Arbeiter lich mit den niedrigeren 
kenten der Invalidenversicherung begnügen müssen und diele 
erst bei allgemeiner Erwerbsunfähigkeit bezw. vom 70. Jahre 
w erhalten. * 
Dazu kommt noch ein Anderes. Mit dem weiteren Aus— 
hau unserer deutschen Sozialversicherungsgeseßgebhung — und 
nicht nur dieser, sondern man Tann ruhig sagen: unserer wirt⸗ 
chaftlichen Gesetzgebung überhaupt — hat sich uns in den letzten 
zahren immer mehr die Frage eufgedrängt: leidet unsere 
Zozialpolitik nicht schon längst an dem Fehler, daß sie zu 
rinseitig die Interessen der Arbeitnehmer betont und zu 
wenig die der Arbeitgeber berüchichtigt? Namentlich der 
fleinere selbständige gewerbliche Mittelstand, der Handwerker, 
der Detaillist, gerät immer mehr ins Hintertrefften. Zwischen 
den kapitalkräftigen Großbetrieben auf der einen und den 
tark organisierten und von allen Varteien umworbenen Arbeit⸗ 
zehmermalsen auf der anderen Seite ist dieser gewerbliche und 
ausmännische Mittelsiand in Gefahr. erdrüdt zu werden und 
zat schwerer denn je um seine Ezistenz zu ringen. Tiese 
lleberlegung sollte man lich bei jeder neuen wirtlchaftspoli⸗ 
ischen Gesetzesvorlage vor Augen halten und zum weniglten 
Ales vermeiden, was dahin führen lönnte, die Bevorzugung der 
Arbeitnehmerinteressen noch weiter zu überspannen. 
Insbesondere angesichts der jetzigen Vorlage! Denn es 
n auch zahlenmähig nachzuweisen, daß die grobe Mehrheit der 
elbständigen Gewerbetreibenden wirtschaftlich keineswegs gün⸗ 
tiger gestellt ist als die Privatangeltellten. Das Durchschnitts⸗ 
inkommen der letzteren berechnet die Tegründung des Entwurfs 
ruf rund 2000 Me(für die männlichen). Ueber das Durchschnitts⸗ 
inkommen der selbsiändigen Gewerbetreibenden gibt die amt⸗ 
iche preußische Gewerbesteuerstatistik einigen Aufschluß. Tanach 
varen im Jahre 1907 in Preußen 80 der gewerbelt euerpflich⸗ 
igen Personen mit einem Betrage zur Gewerbesteuer veranlagt, 
zer einem Durchschnittseinkommen ron nur 1610 Meentspricht. 
3wei Drittel aller selbständigen Gewerbetreibenden waren über⸗ 
yaupt nicht zur Gewerbesteuer veranlagt, hatten also nur ein 
rewerbliches Einkommen von weniger als 1800 M. 
Angesichts solcher Zahlen liegt es auf der Hand, daß auch 
zer selbsiändige Unternehmer-Mittelstand ebenso wie die Ar— 
veiterklasse eine bepvorzugte Behandlung der Angestellten, wie lie 
der jetzige Entwurf vorschlägt, als eine unbillige Zurüdsetzung 
impfinden muß und nicht ruhen wird, dis die aleichen Ver⸗ 
rünstigungen auch ihm — fragt sich nur, auf wessen Kosten — 
ugehilligt werden. 
Man muß sich also darüber klar sein, daß man auf die Dauer 
veder dem Arbeiter noch dem kleineren Unternehmer wird vor⸗ 
mthalten können, was man dem Privatangestellten hente zu 
zeben im Begriff stehht. Zu welchen Konsequenzen gelangen 
vir dann! Ich wiil zunächst einmal ganz absehen von dem 
ieuen Begriff der Berufsinvalidität, von der neuen Altersgrenze 
on 65 Jahren und von den höheren Renten und Beiträgen, die 
die Angestelltenversicherung im Gegensatz zur Invaliden versiche⸗ 
nung vorsieht, und möchte Sie nur daran erinnern, daß der Ent⸗ 
wurf auch die höheren Einkommen von 3— bis 5000 Miin den 
Versicherungszwang einbezieht. Ein wirkliches Bedürfnis, An⸗ 
zeflellte dieser Gehaltsklassen der staatlichen Zwangsverliche⸗ 
rung zu unterwer'en, besteht zweifellos nicht. Wohl aber be— 
deutet es einen folgenschweren Schritt zur allgemeinen Staats⸗ 
versicherung und zum Rentenstaat und ein Preisgeben der bis- 
zerigen Zien einer gesunden Sozilalpolitik, wenn die Versiche- 
rungspflicht auf Rerölkerungsschichten ausgedehnt wird, die wirt⸗ 
chaftlich befähigt lind und sein müssen, für sich selbst zu sorgen. 
An die Stelle des Bewußtseins der Selbstverantwortlichleit, der 
reien Entfaltung der Perssnlichkeit und des Willens, sich das 
SZchidsal selbst zu gestalten, muß auf diesem Wege notwendig 
mmer mehr das blinde VBertrauen auf die Fürsorge der Ge— 
amheit. des Staates treten 
Alle diese Ueberlegungen müssen dazu führen, grundsätz- 
ich die Schafsung einer Sonderveilicherung der Privatange— 
ellten ebenso wie die übertriebene Ausdehnung der Versicherungs⸗ 
slicht abzulehnen. Statt dessen wird zu prüfen sein, ob sich 
icht ein Ausbau der bestehenden Invalidenverlicherung durch 
Ingliederung neuer Lohnklassen bis zu 3000 Muund Zulassung 
reiwilliger Weiterversicherung empfiehlt. 
Natürlich müßte eine solche Erweiterung der Invalidenver— 
icherung allen jetzt in ihr Versicherungspflichtigen zugute kommen. 
F ist bekannt, daß schon jetzt die Wünsche höher entlohnter Ar— 
eiterklassen auf eine Angliederung neuer Lohnklassen abzielen, 
a die letzte Klasse der Invalidenversicherung heute alle Ein— 
ommen von 1150 Muund mehr umfaßt. Bedenkt man ferner, 
atz 1907 nur 18 66 aller in der Invalidenversicherung Versiche— 
ungspflichtigen 1150 Mäund mehr Arbeitseinkommen hatten, so 
ird man, glaube ich, sich zu einer solchen allgemeinen 
zerbesserung der Invalidenversicherung entschließen und ihre 
dosten als erschwinglich bezeichnen können. Jedenfalls ist das 
ine sicher, daß diese Kosten hinter denen einer Sonderversiche⸗ 
ung der Angestellten weit zurückbbleiben werden.“ 
Auf den Rest der Ausführungen haben wir bereits in 
inem kurzen Artikel am Freitag hingewiesen. Ebenso brachten 
vir schon die den Inhalt kurz zusammensalsende Resolution 
um Abdruck. — 
Urberliner humor. 
Von Hans Ostwald. 
nge. In dem Berlin der B'edermeier!?age itt der eigent— 
che berlinische Witz zum erstenmal in die Erscheinung 
etreten. Die verschiedenen fremden Elemente, aus denen 
a Berlins Bevölkerung schon leit Jahrhunderten besteht, 
atten sich damals in den führenden Kulturkreisen ganz 
ingewurzelt. Die künstlerisch reglamen gruppierten sich um 
en alten Schadow, um Rauch, Krüger — alles echte 
zerliner. Die politisch Rezjsamen verkehrten bei Varnhagen 
Iind Rahel. Wissenschaftlich Interelsierte traten mit den 
„eiden Humboldts, mit Schelling und den anderen Größzen 
&er Berliner Universität in Verbindung. Alle diese Kreise 
erührten einander. 
Berlin war noch klein. Wer in der Leipziger Straße 
pohnte, wie Mendelssohn, der wohnte schon weit draußen. 
das geistige Berlin lebte zwischen dem Schloß und der 
Nauerstraße. So konnten alle in kurzer Zeit zusammen⸗ 
ommen und in persönlichem Verkehr sich anregen. 
Das Leben der ganten Skadt hatte etwas Einheitliches, 
zas ihm heute fehlt: es war bürgerlich. Das Bürgertum 
atte durch fleiß:ge Arbeit die Aristokratie ziemlich über⸗ 
dunden. Viele vornehme Familien hatten in den napo— 
eonischen Kriegen ihre Besitzungen verloren. Und so war 
berall ein bürgerlicher Zuschnitt des Lebens. Selbst am 
ofe war er beliebt. 
Die Haupteigenschaften des Berlinertums aber waren 
eine Lustigkeit, sen Witz und seine Satire. Schon bei 
hodowieckt waren sie manchmal in die Erscheinung ge— 
reten. Er hatte sich über die kranke Frau lustig gemacht, 
ie sofort gesund wird, wenn das neue Kleid kommt; er 
atte über „disputierende, nicht zankende Schöne“ gescherzt; 
ruhatte die Berliner Kleinbürger gezeichnet, wie sie, mit 
Zrovp'ant beladen. nach Faanzösisch Buchholz ziehen, als hätten 
ie eine wochenlange Wallfahrt vor sich. 
Das Kleinbürgerrum gab auch der folgenden Künstler⸗ 
eneration Gelegenheit, ihre Berlinische Vergnügtheit zu 
eigen. Gottfried Schadow machte sich besonders gern über 
je Franzosen hustig. Sein Blatt, auf dem eine französische 
Icheldwache mit dem Bajonett auf eie Waschfrau losgeht 
nd sie ihm zuruft: „Jott, hab sie lich nich, la Vache!“ 
t bekannt. Schadows Blätter leiteeen ganze Serien von 
atirischen Schilderungen aus dem Berliner Leben ein. An 
hnen beteiligten sich alle bekannteren Künstler, auch Franz 
drüger, der elegante Maler der Paraden und Reitaus— 
üge. Er schilderte z. B. die Kremser, die vor dem 
Zrandenburger Tor hiel'en und die Berliner zu Ausflügen 
ach dem idyllischen Charlottenburg einluden, einem Dorf, 
as damals noch weit hinter dem Tiergarten lag. Ein 
eliebter Ausruf dieser Kremserkutscher war: „Herr Baron, 
ahren Sie mit, es fehlt bloß noch eene lumpigte Person!“ 
uin anderes Blatt zeigt einen gefallenen Droschkengaul, 
er trotz aller Hilfe nicht w'eder aufstehen will. „Det 
uder is rückssch!“ sagt der Kutscher von dem elenden 
kier. Die Berliner Droschkenpferde waren eben selbst in 
en behäbigen Biedermeiertagen nicht wegen allzu großer 
Ichnelliglkeit berühmt. Holt da ein Kutscher eine junge 
dame von der Oper ab. Es regnet, und große und 
etne Psfutzen bededen das recht fragwürdige vormärzliche 
zerliner Pslaster. Kommen Sie man, Fräuleinken“, sagt 
er Kutscher zu der zierlich beschuhten Dame, ich habe 
ziiebeln an!“ 
Die Berliner Marktweiber waren allezeit geüürchtet ob 
zer furchtlosen Rede. Dörbed hat eine gezeichnet, wie 
e zwischen ihrem Kram fsitzt und herausfordernd fragt: 
Wat, Sie will mir?“ 
In diesen Worten liegt die ganze kriegerische Stimmung 
es Berliner Marktweibes. 
Aber nicht nur die Frauen waren so drastisch. Die 
Nänner gaben sich auch keine Mühe, liebenswürdig zu 
hren Käuferinnen zu sein. Das schöne Wort von den 
Ichsen, die noch nicht auf Bratwürlten laufen, stammt 
von einem Berliner Marktfleischer. 
Die grohßwerdende Stadt hatte natürlich auch in den 
interen Schichten eine gewisse Halbbildung erzeugt, die 
st ein Ziel des Spottes war. Auf einem hübschen Hose— 
ann-Blatt fragt eine Bäuerin eine Sölerin, was für eine 
zuppe auf dem Brandenburger Tor fahre. „Ja nu, wat 
ird det sind! Alte römische Gelchichte, Kurfürsten von 
zrandenburg, siebenjähriger Krieg, det is det!“ antwortet 
ie Hölerin. e 
In den Zeiten, als noch keine Prebfreiheit den Ausdruck 
der belichigen politischen Meinung erlaubie, als selbst 
e Werke von Bettina von Arnim schilanösen Verfolgungen 
er Polizelorgane ausgesetzt waren, mußte die Karikatur 
uch politischen Anspielungen denen. Auf einer Lithographie 
us dem Vormärz verteidigt sich eine Reinigungsfrau gegen 
nen strammen Polizisten: x, Ich sage ja keen Wort, 
derr Kumzarjus!“ 
„Halt Sie's Maul!“ faͤhrt er sie an. „Sie rälonniert 
wendig!“ 
Aber solche Blätter sind jelten. Niemand mochte lich mit 
er allmächtigen Polizei einlassen. Höchstens wurden die allge⸗ 
neinen öffentlichen Zustände gegeihelt. Die Mangelhaftigkeit 
es Berliner Straßenpflasters war sprichwörtlich. Auch eine 
ichtstadt wie heute war Berlin damals nicht. Von der 
zanalisation wuhzte kein Mensch das geringlte. Aber die 
Düfte, die bei der nächtlichen Reinigung der Gruben den 
kimern entströmten, veranlaßten die Berliner doch, von „trag⸗ 
arem Gas“ zu sprechen. Redensarten derber, doch harm⸗ 
oser Natur zirkulierten damals überhaupt zahllos. Die Dienst- 
nädchen gaben besonders vlel Anlässe zu solhen Aussprüchen. 
luf einem Blatt ist einer festgehalten. Ein Dienstmädchen, 
as eine Torte trägt, ist von einer blinden Harfenspielerin 
ngerannt worden. Sie ruft der Blinden zu: „Kann Sie 
nich sehen, Sie blinde Kammermusikufsen?“ 
Doch blieben auch die höheren Kulturgebilde nicht von 
zer Ironie verschont. Im biedermeierschen Berlin hatte jede 
essere bürgerliche Familie allwöchentlich ihren Teeabend, an 
em die Freunde des Hauses teilnehmen mußten. An diesen 
keeabenden wurden nicht nur schöngeistige Gespräche gefübrt, 
nit besonderer Vorliebe wurde zuch Musik gemacht. Und die 
iel dann nicht immer so köstlich aus wie im Salon der Rabel, 
ro die Milder und alle anderen Größen der Oper und des 
Zonzertsaales die anspruchsvollen Ohren der Gäste erfreu“en. 
zn den bürgerlichen Familien traten besonders die Di'ettanten 
n Aktion. E. T. A. Hoffmann schildert in seinen Shriften 
»es Kapellme'isters Kreisler einmal spöttisch, wie die Töchter 
es Hauses sich von den Gästen auälen lassen, wie sie sich 
eren und drehen, nur um zum Gesang genötigt zu werden,. 
Das Talent des Fräulein Röderlein ist wirklich niht das 
eringste. Ich bin nun fünf Jahre hier und 43 Jahre im 
öderleinschen Hause Lehrer. Für diese kurze Zeit hat es 
zräulein Nanette dahin gebracht, daß sie eine Melodle, die 
je nur zehnmal im Theater gehört und am Klavier dann 
öchstens noch zehnmal durchproblert hat, so wegfingt, daß 
nan gleich weiß, was es sein soll ...“ 
Die ganze Sktala der kulturellen Erscheinungen reizte das 
zerlinertum der Biedermeiertage, seinen Witz leuchten zu lassen. 
Wo aber der Witz so hoch im Kurse steht, da ist Rähriakeit, 
za gehen die Ideale des Lebens nicht in genügsasner Beibg⸗ 
eit unter. Und einen solchen Witz besaß Berlin in den Vireder⸗ 
netertagen. Die besten Persönlichkeiten schufen ihn und er—⸗ 
reuten sich an ihm. Das war die Glanz'eit des Urberlines 
Sportnachrichten. 
Für den grohen Preis von Samburg (100000 M) sind 
27 Pferde stehen geblieben bei der letzten Reugelderklärung. 
Rennen in Baden-Baden. Für die Zweizährigen-Prüfung, 
ür die 26 000 MuPreise zur Verfügung stehen, sind 27 deutsche 
zferde, darunter 7 von Graditz, gemeldet, während 35 fran⸗ 
özsische Pferde beim Nennungsschluß angemeldet waren. Für 
en Stiftungspreis sind 22 deutsche und 36 französiscee VPferde 
emeldet, für „Prinz Hermann von Sachsen⸗Weimar Memoxrial“ 
29 Pferde. 
ar. Erfolge deuticher Tennissrieler in Cannes. Rahe ge⸗ 
hann in Cannes die Herrenmeisterschaft gegen den Enoländer 
zeath nach aufregendem Kampf 6: 4, 634, 7: 8, 6: 4. Leichter 
atte es Frau Dr. Neresheimer, die Miß M. Tripp 
nder Damenmeisterschaft 624, 6:2 schlug. Im gemischten 
doppelspiel endlich siegten 5. Kleienschrot h—Frau Dr. 
deresheimer mit 735. 6320 über W. Meyers — Miß J. 
Tripp. Im Herren-Doppelsriel haben Rash e—Mavrogordate 
och gegen Wilding — Meyers, die R. Kleinschroth —Salm in 
»er Vorschlußrunde 6: 3, 6: 4 abfertigten, um die Entscheidung 
u kämpfen. 
Ein interngtionales Fecht-Turnier für Amateure findet in 
Vien unter dem Protektorate des Erzherzogs Leopold Sal⸗ 
„ator vom 19. bis einschl. 28. Mai 1911 statt. Es werden 
kinzel⸗Konkurrenzen auf Fleuret. Säbel und Duelldegen, und 
Nannschafts-⸗Konkurrenzen für Mannschaf“en (é60nipes) als Re⸗ 
räsentanten verschiedener Länder auf Säbel und Duelldegen 
usgetragen. 
Der Norddeut'che Regattaverein gibt soeben sein Jahrbuch 
eraus, das wieder mit reichem Bilderschmuck versehen ist. Wie 
er Bericht besagt, hat auch im verflossenen Jahr die Ent— 
bicklung des Vereins weitere Fortschritte gemacht. Die Mit— 
liederzahl hat 1500 erreicht, und die Einnahmen haben 
ich so günstig entwickelt, daß sich trotz großer notwendiger 
Mehrausgaben ein Ueberschuß von 81831 Muergeben hat, der 
s ermöglicht, eine Extra⸗Amortisation von 50590 MuAnteil⸗ 
cheinen vorzunehmen. Dadurch ermäßiat sich die ursprünaglich 
30 000 Mubetragende Anleihe auf 47 500 M, denen der Re— 
ervefonds von 18006 Misowie das Klubhaus mit Inventar 
egenübersteht. Von befreundeter Seite sind dem Vesein nam—⸗ 
zafte Mittel zur Verfügung gestellt, und diese, zusammen mit 
inem Beitrag aus Vereinsmitteln, sollen ausgesetzt werden 
ils Punktpreise von 750 Miäin har für die 8m-R.«Klasse, 
00 Miin bar für die 7m⸗-R.-Klasse. 500 Mäin bar für die 
m⸗R.Klafse, a400 Muin bar für die ßm-⸗R.Klasse. Da außer⸗ 
dem der Senatspreis zur Aussegelung kommt, dürfte sich eine 
Frpedition zur Hamburger Woche lohnen. 
Neue Weitfahrt. Der Norddeutsche Regattaver⸗— 
zin wird, vielfachen Wünschen entsprechend, Mittwoch, 28. Juni, 
eine neue Wettfahrt für die 7, 6 und SmeKlassen veranstalten, 
damit diese nicht untätig vom Montag bis Donnerstag still zu 
liegen brauchen. 
hermischtes. 
Die falsche Hofdame von Potsdin, Grähin Manuela 
on Arnim“, recte Kaufmann Franz Eichbaum, wird die 
ßerechte noch einmal beschäftigen. Wie berichtet, war Eich⸗ 
aunm wegen vollendeten Betrugs zu einem Monat Ge— 
ängnis, sein Komplize Klennt wegen Beihilfe zu einer 
heldstrafe von 200 Muvom Schöffengericht in Potsdam 
erutteilt worden. Beide wollen Berufung einlegen, so 
»ahz die Sache, die namentlich vom piychologischen Stand- 
unkt aus großes Interesse erregt hat, noch einmal vor 
»em Potsdamer Landgericht zur Verhandlung kommt. 
Ueber den Riefenbrand in Konstantinopel wird weiter 
nus Konftantinopel berichtet: Die Polizei, die zwei Brand⸗ 
tifter ijn lagranti ertapote, ift überzeugt, dah die Feuers⸗ 
runst von Kadikdi an verschiedenen Punkten zugleich von 
erbtecherischer Hand angelegt ilt. Dafür scheint auch der 
Imstand zu sprechen, deß der eine Brandherd, an dem 
ich hauptsächlich die Baraden armer Armenier, Griechen 
ind Juden nesanden, fast 2 Kilometer entfernt von dem 
»ornehmen Viertel Moehunerdar ist, in dem 70 große zum 
deil sehr elegante Konals und VRillen verbrannten, die 
orwiegend reichen und guiversicherten Armeniern gehörten. 
llerdinas liegt der zweite Brandherd in der Windrichtung 
es ersten, und es ist nicht ausgeschlossen, daß der scharfe 
Züdost die Funlen so weit getragen hat. Die wundervollen 
zärten, die im ersten Frühlingsschmuck prangten, lind ver— 
engt und verwüstet. Es wird lange dauern, bis wieder 
— 
e Unterbrinaung der Obdachlosen ist aile Vorlorge getrofssen 
vorden. Eine strenge Untersuchung ist int Gan 
—
	        
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